Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ApG 1907 §10 Abs2 idF 1984/502;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des Mag.pharm. R in S, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des BM für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. Februar 1989, Zl. 562.051/2-VI/15-1989, betrKonzession zur Errichtung und zum Betrieb einer dritten öffentlichen Apotheke in S (mP: Mag.pharm. E in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport- und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.960,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 12. August 1987 erteilte der Landeshauptmann von Tirol dem Mitbeteiligten gemäß §§ 9, 10 und 51 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung BGBl. Nr. 502/1984 (im folgenden: ApG), die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen (dritten) öffentlichen Apotheke in der Stadtgemeinde S mit der in Aussicht genommenen Betriebsstätte Dr. D-Straße Nr. 1 und einem folgendermaßen umgrenzten Standort: Bundesstraße 2 von der Autobahnausfahrt in Richtung Osten - A-Straße - B-Straße - H-Straße - F-Straße - Q-Straße sowie die Gemeinden X und Y und ein Teil von der Gemeinde Z. Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
1.2. Mit Bescheid vom 17. Februar 1989 wies der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst diese Berufung als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß unter anderem der Standort der neu zu errichtenden Apotheke wie folgt begrenzt werde:
"Dr. P-Straße vom Schnittpunkt mit der A-Straße in nordöstlicher Richtung bis zum Schnittpunkt mit der Dr. D-Straße - L-Straße vom Schnittpunkt der Dr. P-Straße mit der Dr. D-Straße in südöstlicher Richtung zur N-Straße - N-Straße bis zum Schnittpunkt mit der A-Straße - A-Straße in nordwestlicher Richtung bis zum Schnittpunkt mit der Dr. P-Straße."
Nach der Begründung dieses Bescheides habe der Mitbeteiligte den nordöstlichen Teil von S als Standortgebiet beantragt, ebenso die Gemeinden X, Y und einen Teil von Z. Diese Standortumschreibung entspreche nicht dem § 9 Abs. 2 ApG, wonach der Standort nur in einer Gemeinde liegen dürfe. Daher sei von der Berufungsbehörde das Standortgebiet spruchgemäß festgesetzt worden.
In dem angenommenen Versorgungsgebiet wohnten laut Bericht der Stadtgemeinde S 5.271 Personen. Dieses Versorgungsgebiet sei gegen das Zentrum von S von folgenden Straßenzügen begrenzt: Bundesstraße 2 - M-Straße bis
I-Straße/J-Straße - J-Straße bis zur Kreuzung mit der Dr. D-Straße - Dr. D-Straße bis zur Kreuzung mit der K-Gasse - K-Gasse bis zur H-Straße - H-Straße südlich bis zur Kreuzung mit der J-Straße, F-Straße ostwärts bis zum Schnittpunkt mit der R-Gasse. In diesem Gebiet ordinierten zwei praktische Ärzte. Im Stadtgebiet von S ordinierten insgesamt neun praktische und sechzehn Fachärzte. S sei der Sitz der Bezirksverwaltungsbehörde und habe 11.758 Einwohner und eine für derartige Bezirksstädte typische Infrastruktur, auf Grund derer die Bevölkerung der umliegenden Gemeinden X, Y und Z regelmäßig die Bezirksstadt aufsuchten, um Güter des täglichen Bedarfes zu besorgen. Darunter falle auch der Kauf von Medikamenten. Auf Grund der örtlichen Gegebenheiten werde angenommen, daß in erster Linie von den Bewohnern der umliegenden Gemeinden die Apotheken im Zentrum in Anspruch genommen würden. Es sei jedoch davon auszugehen, daß ein Teil davon, insbesondere Patienten des in der Nähe der neuen Apotheke ordinierenden Arztes und Besucher des T-Marktes die neue Apotheke aufsuchen würden. Wenn dies auch nur etwa 10 % der aus den umliegenden Gemeinden kommenden Besucher - eine exakte Schätzung lasse sich naturgemäß nicht anstellen - seien, wäre damit die vom Gesetz geforderte Anzahl der zu versorgenden Personen bereits überschritten. Auf Grund des Berichtes des Landeshauptmannes (Bezirkshauptmannschaft S) versorge sich die Bevölkerung von Y zu 80 %, von X zu 90 % und von Z zu 100 % in S-Apotheken mit Medikamenten, sodaß 5.562 Personen insgesamt aus dem S-Einzugsgebiet zu den Einwohnern von S hinzuzurechnen seien. Diese Personen würden nicht zu gleichen Teilen die drei öffentlichen Apotheken in S aufsuchen. Auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung und der zentralen Lage der beiden bestehenden Apotheken sowie der Lage der beantragten Apotheke sei anzunehmen, daß etwa doppelt so viele Personen eine der bereits bestehenden Apotheken als die beantragte Apotheke in S-Ost in Anspruch nehmen würden. Somit wären den beiden bestehenden Apotheken je zwei Fünftel der 5.562 Bewohner der umliegenden Gemeinden und der neuen Apotheke etwa ein Fünftel (1.112 Personen) zuzuordnen. Insgesamt sei für die neue Apotheke eine Anzahl von etwa 6.400 Kunden zu erwarten.
Sicherlich werde die neue Apotheke in erster Linie für die Einwohner des nordöstlichen Bereiches von S eine Erleichterung in der Arzneimittelversorgung bringen. Da somit von der neuen Apotheke insgesamt ca. 6.400 Personen zu versorgen seien, liege Bedarf nach einer dritten öffentlichen Apotheke in S vor. Bei der genannten Einwohnerzahl im städtischen Versorgungsbereich sei die Bevölkerung von Ä und Ö nicht miteinbezogen worden, ebenso nicht das Gebiet zwischen J-Straße und K-Gasse. Wenn man dem Argument des Beschwerdeführers folge und die Bevölkerung von Y als Verkehrspublikum "dazurechnet" (gemeint offenbar: ebenso wie die vorgenannten Bevölkerungsgruppen abzieht), "werden ca. 5.700 Personen zu versorgen sein".
In der Frage der Existenzgefährdung schließe sich der Bundesminister dem vollständigen und schlüssigen Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer vollinhaltlich an, wonach eine Existenzgefährdung des Betriebes des Beschwerdeführers nicht absehbar sei.
1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1.1. In der Beschwerde wird zunächst geltend gemacht, daraus, daß die Standortfestsetzung im Ermessen der entscheidenden Behörde liege, folge nur, daß sie im Rahmen eines ordnungsgemäß beantragten Standortes das Recht habe, den Standort allenfalls kleiner festzusetzen als beantragt. Sie dürfe ihn aber ohne neuerliche Kundmachung jedenfalls nicht vergrößern und sei auch nicht berechtigt, wenn der beantragte Standort von vornherein dem § 9 Abs. 2 ApG (wie hier) nicht entsprochen habe, ihn "anstelle des Antragstellers überhaupt sozusagen originär von sich aus zu bestimmen". In einem solchen Fall hätte bereits die Verwaltungsbehörde erster Instanz den Antragsteller zu einer Richtigstellung anleiten müssen. Hätte dieser der Aufforderung nicht entsprochen, hätte der Antrag gemäß § 47 Abs. 1 ApG zurückgewiesen werden müssen. Die Berufungsbehörde sei nicht berechtigt gewesen, "den erforderlichen Berichtigungsantrag durch einen eigenen Verwaltungakt zu ersetzen, sodaß das durchgeführte Verfahren an einem ganz erheblichen Mangel" leide.
2.1.2. § 9 Abs. 2 ApG bestimmt:
"In der Konzessionsurkunde ist als Standort der Apotheke eine Gemeinde, eine Ortschaft, ein Stadtbezirk oder ein Teil eines solchen Gebietes zu bestimmen. Bei Apotheken, welche schon früher betrieben worden sind, ist der bisherige Standort aufrechtzuerhalten. Die Konzession hat nur für den Standort Geltung."
§ 48 Abs. 1 ApG lautet:
"Längstens innerhalb 14 Tagen nach Einlangen eines Gesuches um die Bewilligung zum Betriebe einer neu zu errichtenden Apotheke hat die politische Landesbehörde, falls das Gesuch nicht im Sinne der Bestimmungen des vorhergehenden Paragraphen ohne weiteres Verfahren abgewiesen worden ist, die Bewerbung unter Anführung des Namens, der Berufsstellung und des Wohnortes des Gesuchstellers und des für die Apotheke in Aussicht genommenen Standortes auf Kosten des Gesuchstellers in der für amtliche Bekanntmachungen bestimmten Zeitung zu verlautbaren."
Wie der Beschwerdeführer zu Recht ausführt, handelt es sich bei der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke um einen antragsbedürften Verwaltungsakt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. April 1982, Zl. 81/08/0067 = ZfVB 1983/3/1008). Gegenstand des Antrages ist unter anderem der in Aussicht genommene Standort. Es handelt sich um das abgegrenzte Gebiet, innerhalb dessen die Apotheke auf Grund der Konzession zu betreiben ist. Die Wahl des Standortes im Antrag wie auch dessen Bestimmung im Konzessionsbescheid ist auch nach der Apothekengesetznovelle 1984 ein wesentliches Merkmal von Antrag und Konzession, weil das Gesetz daran nach wie vor bestimmte Rechtsfolgen, z.B. in den §§ 14, 46 Abs. 5, 47 Abs. 2, 49 Abs. 1 und 51 Abs. 1 ApG, knüpft.
Wenn der Beschwerdeführer zwar einräumt, daß die Behörde den beantragten Standort einschränken könne, den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig erachtet, weil die Behörde nicht berechtigt gewesen wäre, den Standort "anstelle des Antragstellers überhaupt sozusagen originär von sich aus zu bestimmen", so entfernt er sich von dem im Beschwerdefall zu beurteilenden konkreten Verwaltungsgeschehen. Es trifft nämlich nicht zu, daß die Konzessionsbehörde den beantragten Standort, wie er dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde gelegt wurde, aus eigenem verändert, im konkreten Fall eingeschränkt, hätte. Vielmehr liegt der Standortfestsetzung des angefochtenen Bescheides die entsprechend beantragte (einschränkende) Standortumschreibung durch den Mitbeteiligten in dessen Eingabe an die Berufungsbehörde vom 23. Februar 1989 zugrunde. Es fehlt also dem antragsbedürftigen Verwaltungsakt nicht der diesbezügliche Antrag(sinhalt). Der geltend gemachte Mangel des Verfahrens, den der Beschwerdeführer darin erblickt, daß "auch dem Bescheid der belangten Behörde die rechtswidrige Standortumschreibung im ursprünglichen Konzessionsantrag zugrunde zu legen ist und sie nicht berechtigt gewesen ist, den erforderlichen Berichtigungsantrag durch einen eigenen Verwaltungsakt zu ersetzen", liegt daher nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich allerdings mit dem Inhalt des vom Beschwerdeführer für seine Auffassung ins Treffen geführten Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juli 1963, Zl. 214/63, auseinanderzusetzen, mit dem eine Säumnisbeschwerde gegen den im Devolutionsweg zuständig gewordenen Bundesminister mangels Ablaufes der Sechs-Monate-Frist zurückgewiesen wurde. Es ist danach zu fragen, ob aus diesem Beschluß die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes abzuleiten ist, daß eine Standorteinschränkung ein neuerliches erstinstanzliches Verfahren auf Grund einer neuerlichen Verlautbarung nach § 48 ApG erfordert und bejahendenfalls, ob dies auch noch für die Rechtslage nach der ApGNov 1984 zutrifft. Im genannten Beschluß vom 2. Juli 1963 heißt es:
"Entscheidend ist nun die Frage, ob nicht die Standorteinschränkung als ein neues Ansuchen aufzufassen ist. Der Verwaltungsgerichtshof glaubt dies bejahen zu müssen. Nach § 9 des Apothekengesetzes ist die Bezeichnung des Standortes mit ein wesentlicher Teil des Ansuchens. Wird der Standort geändert, so wird damit ein wesentlicher Punkt des Ansuchens geändert. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um eine Erweiterung oder wie im vorliegenden Fall um eine Einschränkung des Standortes handelt. In beiden Fällen können sich durch die Standortänderung die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession ändern und eine neuerliche Prüfung derselben notwendig machen. In der am 15. Jänner 1963 erfolgten neuen Standortfestlegung ist daher ein abgeändertes Ansuchen um Konzessionserteilung zu erblicken. Damit beginnt aber die im § 73 AVG festgelegte Frist von sechs Monaten neu zu laufen."
Eine Aussage darüber, daß der geänderte Antrag als neuerlicher Antrag bei der Behörde erster Instanz einzubringen wäre, enthält der Beschluß nicht. Die Zitierung der Frist nach § 73 AVG scheint statt jener nach § 27 VwGG erfolgt zu sein, wie sich aus dem folgenden Absatz des Beschlusses zu ergeben scheint, der nicht von einer Unzuständigkeit des Bundesministers, sondern, seine weiterhin gegebene Zuständigkeit als Devolutionsbehörde voraussetzend, von dessen noch oder wieder offener Entscheidungsfrist spricht. Dort heißt es nämlich weiter:
"Daraus ergibt sich, daß die belangte Behörde mit ihrer Entscheidung über den gestellten Antrag um Erteilung einer Konzession zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke mit dem eingeschränkten Standort noch nicht in Verzug geraten ist, weil die festgelegte sechsmonatige Frist unter Berücksichtigung der am 15. Jänner 1963 vorgenommenen, einen wesentlichen Punkt des Ansuchens betreffenden Änderung im Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde am 5. Februar 1963 noch nicht abgelaufen war. Die Säumnisbeschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen."
Dafür, daß der Antrag auf Standorteinschränkung zwingend bei der Erstbehörde einzubringen und von dieser zu behandeln wäre, läßt sich jedenfalls keine zweifelsfreie Aussage entnehmen. Dazu kommt aber jedenfalls für die Rechtslage nach der ApGNov 1984, daß eine Standorteinschränkung kein neuerliches Ermittlungsverfahren betreffend die Bedarfsfrage und die Frage der Existenzgefährdung von Nachbarapotheken mehr notwendig macht (was nach dem zitierten Beschluß das Entscheidende war), da es bei der Prüfung dieser Konzessionsvoraussetzungen nunmehr auf andere Tatbestandsvoraussetzungen (Betriebsstätte, 4 km-Umkreis - § 10 Abs. 2 ApG) ankommt. Da das Apothekengesetz in der Fassung der ApGNov 1984 weder ausdrücklich vorsieht noch nach seinem Zweck erkennen läßt, daß ein Antrag auf Standorteinschränkung als eine einem Neuantrag gleichkommende Modifizierung des Konzessionsantrages zu behandeln ist, kann eine solche auch noch im Berufungsverfahren vorgenommen werden. Eine Mangelhaftigkeit des angefochtenen Bescheides aus diesem Grunde ist daher nicht zu erkennen.
2.2.1. Nach dem weiteren Beschwerdevorbringen führe die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zwar aus, eine der Bewilligungsvoraussetzungen sei eine Mindestentfernung von 500 m zwischen den Betriebsstätten der Apotheken, der angefochtene Bescheid enthalte aber keinerlei Feststellungen, wieweit nunmehr tatsächlich die festgesetzten Standortgrenzen sowie auch die beantragte Betriebsstätte von den Betriebsstätten der in S bestehenden öffentlichen Apotheken entfernt seien.
2.2.2. Ungeachtet des Umstandes, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Hinblick auf die Strittigkeit der Entfernungen im Verwaltungsverfahren verpflichtet gewesen wäre, eine klare Feststellung des von ihr als erwiesen angenommenen Sachverhaltes zu treffen, läßt der Bescheid doch erkennen, daß sich die belangte Behörde auf einen im Berufungsverfahren eingelangten Bericht der Tiroler Landesregierung stützte, in dem die Entfernung von der beantragten Betriebsstätte zur V-Apotheke 1,24 km und zur Ü-Apotheke 1 km betrage. Der Beschwerdevorwurf entbehrt somit der erforderlichen Konkretisierung und Präzisierung, zumal der Beschwerdeführer selbst der Beschwerde einen Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft S beilegt, aus der ebenfalls die eben genannten Entfernungen ersichtlich sind, ohne sich mit diesen Beweismitteln auseinanderzusetzen.
Auf die Entfernung zwischen Betriebsstätte und Standortgrenzen kommt es nach dem Gesetz nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Zl. 88/08/0105 = ZfVB 1992/5/1796).
Aus diesen Erwägungen und im Hinblick darauf, daß die in Frage kommenden Entfernungen nach den vorgelegten Stadtplänen unzweifelhaft größer als 500 m sind, erweist sich der gerügte Feststellungsmangel als nicht relevant.
2.3.1. In der Beschwerde wird ferner die Auffassung vertreten, daß in Orten, in denen sich bereits eine Apotheke befinde (§ 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG), die von einer neuen öffentlichen Apotheke zu versorgenden Personen ausschließlich in dem betreffenden Ort ansässig sein müßten. Selbst wenn man diese Auffassung aber nicht teile, könnten höchstens die innerhalb eines Umkreises von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke ansässigen Personen berücksichtigt werden. Dies betreffe hier die Einwohner von Y, Z und X.
2.3.2. § 10 Abs. 2 ApG (in der Fassung vor der Apothekengesetznovelle 1990) lautet:
"(2) Bei der Prüfung des Bedarfes sind insbesondere die Anzahl der zu versorgenden Personen unter Berücksichtigung der ständigen Einwohner und die Entfernung zur nächstgelegenen Apotheke zu berücksichtigen. Ferner sind die Lebensverhältnisse der Bevölkerung sowie der Verkehr im Standort und in der Umgebung, die vorhandenen Krankenanstalten, Heime, Schulen und Erziehungsanstalten, größere gewerbliche und industrielle Betriebe, der Umfang des Geschäftsbetriebes der im Standort und in der Umgebung bestehenden öffentlichen Apotheken sowie deren Turnusdienst in Betracht zu ziehen. Ein Bedarf ist jedenfalls nicht anzunehmen, wenn
1. a) in Orten, in denen keine öffentliche Apotheke besteht, die Zahl der in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5500 beträgt oder
b)
in Orten, in denen eine oder mehrere öffentliche Apotheken bestehen, die Zahl der von der neuen Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5500 beträgt und
2.
die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen Apotheke weniger als 500 m beträgt. Diese Entfernung darf ausnahmsweise unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten."
2.3.3. Die Rechtsauffassung des Beschwerdeführers ist unzutreffend.
Gemäß § 10 Abs. 2 erster Satz ApG ist bei der Prüfung des Bedarfes insbesondere auf die Anzahl der zu versorgenden Personen unter Berücksichtigung der ständigen Einwohner Bedacht zu nehmen. Hierauf liegt das Schwergewicht der Prüfung. Das ergibt sich aus der Zielsetzung des Apothekenrechtes, eine flächendeckende, optimale Versorgung der Bevölkerung mit Heilmitteln zu gewährleisten und bei Bedachtnahme auf den Sinn des Konzessionssystems mit Bedarfsprüfung, im Interesse einer optimalen, kontinuierlichen Heilmittelversorgung der Bevölkerung, die Zahl der Apotheken zu beschränken und ihre Standorte so festzulegen, daß auf Dauer existenzfähige Apotheken bestehen, die der ihnen im Interesse der Heilmittelversorgung obliegenden Betriebspflicht auch nachkommen können.
Zu den zu versorgenden Personen zählen zunächst die ständigen Einwohner des Ortes (hier: der Stadt S), die sich voraussichtlich der neuen öffentlichen Apotheke als zukünftige Kunden zuwenden und sich nicht weiterhin durch die bestehenden öffentlichen Apotheken versorgen werden.
Dazu muß aber auch noch auf andere potentielle, außerhalb des Ortes im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG ständig wohnende Apothekenkunden Bedacht genommen werden; wegen der territorialen Beschränkung nach § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG sind dies aber nicht alle, sondern nur solche, die durch bestimmte, im § 10 Abs. 2 zweiter Satz ApG beispielsweise genannte Umstände und Einrichtungen veranlaßt werden, in den Ort im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG einzufluten, und die anläßlich dieses Einflutens voraussichtlich ihren Heilmittelbedarf in der neuen Apotheke decken werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. April 1992, Zl. 87/08/0002 = ZfVB 1992/5/1789, und vom 16. Juni 1992, Zl. 88/08/0105 = ZfVB 1992/5/1796.
Wie sich aus der Gegenüberstellung der Regelungen des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG einerseits und der lit. b andererseits klar erkennen läßt, ist für den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG der 4-km-Umkreis ohne Bedeutung. Im übrigen ist im Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG das Versorgungspotential der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke nicht auf die ständigen Einwohner im 4-km-Umkreis eingeschränkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1990, Zl. 88/08/0257 = ZfVB 1990/5/2058). Insofern entspricht diese Regelung jener des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG, derzufolge das Versorgungspotential nicht auf die ständigen Einwohner des "Ortes", in welchem die neue öffentliche Apotheke neben bereits bestehenden öffentlichen Apotheken errichtet werden soll, beschränkt ist.
2.4.1. In der Beschwerde wird schließlich ausgeführt, die Bezirkshauptmannschaft S habe mit Bericht vom 28. September 1988 mitgeteilt, daß sie sich nicht in der Lage sehe, die von der belangten Behörde gewünschte Prognose, zu welchem Anteil sich die Bevölkerung von Y, X und Z in der neuen öffentlichen Apotheke versorgen werde, fachgerecht zu erstellen. Die gewünschten diesbezüglichen Auskünfte müßten von einem Marktforschungsinstitut erhoben werden. Ungeachtet dessen habe die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid eine Prognose angestellt. Dies sei umso verwunderlicher, als der Beschwerdeführer wiederholt vorgebracht und unter Beweis gestellt habe, daß die Verbindungsstraßen von Z und X nach S genau in das Zentrum von S und nicht nach S-Ost führten und sich im Zentrum von S genügend Parkmöglichkeiten befänden, die es den Bewohnern dieser Ortschaften ohne weiteres möglich machten, die Geschäfte und Arztordinationen im Zentrum von S aufzusuchen und aus diesem Anlaß auch in den Zentrumsapotheken die Medikamente zu besorgen. In der Nähe der beantragten Betriebsstätte des Mitbeteiligten betreibe nur ein prakischer Arzt seine Ordination; acht praktische Ärzte und sechzehn Fachärzte hätten ihre Ordination im Zentrum. Die belangte Behörde wäre somit zur Begründung verpflichtet gewesen, warum sie ein Fünftel der Einwohner der genannten Orte dem Versorgungspotential der neuen öffentlichen Apotheke in S-Ost zurechne. Sie habe sich jedoch nur auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen.
2.4.2. Dieser Beschwerdevorwurf ist im Ergebnis berechtigt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem, die geplante zweite öffentliche Apotheke von O betreffenden Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Zl. 88/08/0105 = ZfVB 1992/5/1796, die Prognose der belangten Behörde, es könne "realistischerweise mit einer Teilung des gesamten Kundenpotentials rund zur Hälfte gerechnet werden, sodaß die vom Gesetzgeber geforderte Mindestzahl an zu versorgenden Personen bei weitem überschritten" werde, als fehlerhaft beurteilt, denn das ApG ermächtige zu einer solchen "Divisionsmethode" nicht.
Auch im vorliegenden Fall läßt die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erkennen, auf Grund welcher tatsächlicher Umstände die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß sich je zwei Fünftel der potentiellen Kunden aus Y, X und Z in den beiden bestehenden öffentlichen Zentrumsapotheken und ein Fünftel (1.115 Personen) in der neuen öffentlichen Apotheke des Mitbeteiligten in S-Ost versorgen würden. Die bloße Bezugnahme auf die Lebenserfahrung erscheint hier nicht ausreichend, zumal der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren zu Recht unter Bezugnahme auf den Stadtplan darauf hingewiesen hat, daß die Kunden aus den nördlich des Eu gelegenen Orten Z, FF und X nach S nicht über den Stadtteil S-Ost gelangen werden, in dem die Betriebsstätte der neuen Apotheke des Mitbeteiligten in Aussicht genommen ist. Dadurch, daß die belangte Behörde nicht die - unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten - von der neuen öffentlichen Apotheke zu versorgenden Personen aus den einzelnen hier in Rede stehenden Orten ermittelt hat, sondern die Summe der in S zu versorgenden Einwohner dieser Orte gebildet und zu je 40 % auf die bestehenden zwei Apotheken und zu 20 % auf die neue öffentliche Apotheke verteilt hat, verkannte sie den gesetzlichen Auftrag, auf Grund einer geeigneten Sachverhaltsermittlung eine nachvollziehbar begründete Prognoseentscheidung zu treffen.
Ausgehend von der im angefochtenen Bescheid festgestellten Prognosezahl von 5.700 zu versorgenden Personen erweist sich dieser - sogenannte sekundäre (auf einer unrichtigen Auslegung des Gesetzes betreffend die Ermittlungsmethode beruhende) - Feststellungsmangel als wesentlich, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Fehlers zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
2.4.3. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.
Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere RechtsproblemeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1990100025.X00Im RIS seit
25.04.2001