TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/30 92/11/0247

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Veröffentlicht am 30.03.1993
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §109 Abs1 litb;
KFG 1967 §116 Abs1;
KFG 1967 §116 Abs5;
KFG 1967 §117 Abs1;
StGB §201;
StGB §202 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des W in A, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 23. September 1992, Zl. 415.015/2-IV-1/92, betreffend Entziehung der Fahrschullehrerberechtigung und Fahrlehrerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 23. September 1992 wurden dem Beschwerdeführer gemäß § 116 Abs. 5 KFG 1967 die Fahrschullehrerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B und gemäß § 117 Abs. 1 KFG 1967 die Fahrlehrerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B und C entzogen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde begründete im angefochtenen Bescheid die genannten Entziehungsmaßnahmen damit, daß der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil vom 6. Februar 1992, schuldig erkannt wurde, am 20. September 1991 in W dadurch, daß er in seiner Eigenschaft als Fahrlehrer eine namentlich genannte minderjährige Fahrschülerin während einer Übungsstunde gewaltsam über der Kleidung im Brust- und Genitalbereich abtastete, ihre Hand erfaßte und zu seinem Geschlechtsteil führte, außer den Fällen des § 201 StGB eine Person mit Gewalt zur Vornahme und Duldung einer geschlechtlichen Handlung genötigt und dadurch das Vergehen der geschlechtlichen Nötigung nach dem § 202 Abs. 1 StGB begangen zu haben. An diese rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung sei die Behörde gebunden, auf Grund der Straftat liege beim Beschwerdeführer ein Mangel an Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 vor, sodaß eine wesentliche Voraussetzung für die genannten Berechtigungen des Beschwerdeführers fehle.

Zutreffend ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß die Vertrauenswürdigkeit (§ 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967) sowohl in Ansehung der Fahrschullehrerberechtigung als auch der Fahrlehrerberechtigung Erteilungsvoraussetzung (§ 116 Abs. 1 erster Satz bzw. § 117 Abs. 1 erster Satz KFG 1967) ist. Ihr Wegfall hat daher zur Entziehung dieser Berechtigungen nach § 116 Abs. 5 erster Halbsatz bzw. § 117 Abs. 1 letzter Satz KFG 1967 zu führen.

Der Beschwerdeführer stützt sich im wesentlichen darauf, daß sich die belangte Behörde nicht damit hätte begnügen dürfen, ihrer Entscheidung das genannte Strafurteil zugrundezulegen, sie hätte vielmehr eigene Ermittlungen anstellen und die Richtigkeit der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen, die er "bis zuletzt energisch bestritten" habe, überprüfen und selbst eine Beweiswürdigung vornehmen müssen.

Mit dem rechtskräftigen Strafurteil stand für die belangte Behörde jedoch bindend fest, daß der Beschwerdeführer die in Rede stehende strafbare Handlung begangen hat. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Aufhebung des § 268 ZPO durch den Verfassungsgerichtshof geht ins Leere, weil diese Bestimmung - abgesehen davon, daß sie im Verwaltungsverfahren gar nicht anzuwenden war - wegen der bindenden Wirkung des Strafurteiles auch gegenüber am Strafprozeß nicht beteiligten Parteien eines zivilgerichtlichen Verfahrens als verfassungswidrig erkannt worden ist. Im vorliegenden Fall geht es jedoch nur darum, daß der Beschwerdeführer die Rechtskraft des an ihn ergangenen Strafurteiles auch im Verwaltungsverfahren gegen sich gelten lassen muß.

Daß die im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit begangene strafbare Handlung des Beschwerdeführers seine Vertrauenswürdigkeit als Fahrlehrer und Fahrschullehrer zu erschüttern geeignet ist, wurde von der belangten Behörde zutreffend erkannt. Der Beschwerdeführer hat während einer Übungsstunde eine minderjährige Fahrschülerin geschlechtlich genötigt. Dieses strafbare Verhalten war derart schwerwiegend, daß es seine negative Einstellung zu den vom Gesetz geschützten Werten zeigt und damit in diesem Sinne auch auf sein Charakterbild schließen läßt. Wenn jemand - wie der Beschwerdeführer - ein solches Verhalten setzt, dann kann er nicht mehr als vertrauenswürdig im Sinne des § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 angesehen werden. Wenn der Beschwerdeführer andeutet, daß es zur Anzeigeerstattung gegen ihn erst auf Grund eines Schreibens seines Anwaltes an die Familie des betreffenden Mädchens kam, so ist daraus für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil es auf die Umstände der Anzeigeerstattung nicht ankommt.

Wenn der Beschwerdeführer auf seine "nahezu 30 Jahre" währende Unbescholtenheit hinweist, ist ihm zu erwidern, daß - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - auch eine einzige strafbare Handlung, die in auffallendem Gegensatz zu dem sonstigen jahrelangen Verhalten eines Fahrlehrers stehen mag, sein gesamtes Charakterbild so verändern kann, sodaß daraus folgt, daß die bis dahin nie in Zweifel gezogene Vertrauenswürdigkeit nicht mehr vorhanden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1984, Zl. 83/11/0168, mit weiteren Judikaturhinweisen). Dies trifft auch beim Beschwerdeführer zu. Schließlich ist aus einem allfälligen Wohlverhalten des Beschwerdeführers nach der Tat im Hinblick auf die Kürze der seit der Tat (20. September 1991) Zeit nichts gewonnen.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992110247.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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