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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BSVG §2 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des F in V, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 22. Dezember 1988, Zl. 126.754/1-7/88, betreffend Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung der Bauern (mitbeteiligte Partei:
Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer seit dem Jahr 1973 einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb mit einem (jedenfalls ab 1. Jänner 1980) den Betrag von S 33.000,-- übersteigenden Einheitswert auf eigene Rechnung und Gefahr führt. Er ist nach dem BSVG in der Unfallversicherung pflichtversichert.
Daneben stand er als Bediensteter der Österreichischen Bundesbahnen seit 1. November 1957 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis.
Mit Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 21. April 1980 wurde der Beschwerdeführer infolge seiner Beschäftigung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis aufgrund seines Antrages gemäß Art. II der 2. BSVG-Novelle, BGBl. Nr. 532/1979, ab 1. Jänner 1980 von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung der Bauern befreit.
Mit Bescheid vom 2. Mai 1988 sprach die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Bauern aus, daß der Beschwerdeführer ab 1. Jänner 1988 gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 und 3 BSVG in der Pensionsversicherung der Bauern pflichtversichert sei und stellte die monatliche Beitragsgrundlage mit S 10.179,-- fest. Begründend wurde darauf verwiesen, daß nach Art. III der 11. BSVG-Novelle, BGBl. Nr. 611/1987, die mit Bescheid vom 21. April 1980 ausgesprochene Befreiung mit Ablauf des 31. Dezember 1987 ihre Wirksamkeit verliere, sofern die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem BSVG nach den am 1. Jänner 1988 geltenden Vorschriften erfüllt seien.
Mit Schreiben vom 4. Mai 1988 teilte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Bauern dem Beschwerdeführer mit, daß seinem Antrag vom 25. April 1988 auf Aufschiebung der Fälligkeit der Beiträge zur bäuerlichen Pensionsversicherung gemäß § 33a BSVG nicht stattgegeben werde.
Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid vom 2. Mai 1988 Einspruch im wesentlichen mit der Begründung, es sei offensichtlich, daß er niemals eine Leistung von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern beziehen werde, da es ihm unmöglich sei, die im Gesetz vorgesehene Wartezeit zu erfüllen. Es werde daher verlangt, Beiträge zu bezahlen, für welche er niemals eine Gegenleistung bekommen werde. Darüberhinaus wendete er sich unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gegen die Abweisung seines Antrages auf Aufschiebung der Beitragsfälligkeit.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 13. Juli 1988 wurde dem Einspruch des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt bestätigt. Nach Darstellung des Verfahrensganges, Wiedergabe der Einspruchsbegründung und Feststellung des unstrittigen Sachverhaltes sowie Zitierung der in Anwendung gebrachten gesetzlichen Bestimmungen wurde ausgeführt, im Hinblick auf die unbestrittene Höhe des Einheitswertes von über S 33.000,-- des vom Beschwerdeführer geführten Betriebes bestehe eindeutig Versicherungspflicht, da Ausnahmebestimmungen im Rahmen der Pensionsversicherung nicht bestünden. Ob und inwieweit eine Leistung aus der Pensionsversicherung nach dem BSVG tatsächlich zukommen könne und ob diese Handhabung dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche, sei nicht Gegenstand des Verfahrens.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Berufung, in der er neuerlich darauf verwies, daß er mit Bescheid vom 21. April 1980 von der Pflichtversicherung der bäuerlichen Pensionsversicherung befreit worden sei und nunmehr infolge der in den letzten Jahren erhöhten Mindestdauer von ursprünglich sechs Monaten auf nunmehr fünfzehn Jahre weder er noch seine Gattin Gelegenheit hätten, in den Genuß einer Pension nach dem BSVG zu kommen. Er erblicke in der Vorgangsweise der Behörden auf jeden Fall eine Verfassungswidrigkeit und sei der Auffassung, daß der Gleichheitsgrundsatz in gröbster Weise verletzt werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach seiner Begründung sei unbestritten, daß der Beschwerdeführer zum 1. Jänner 1988 die Voraussetzungen für den Eintritt der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem BSVG erfülle; er führe einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb mit einem S 33.000,-- übersteigenden Einheitswert auf eigene Rechnung und Gefahr. In Übereinstimmung mit der Auffassung der Vorinstanzen sei somit seine Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung ab 1. Jänner 1989 (richtig: 1988) festzustellen gewesen. Dem Vorbringen betreffend die Rechtskraft des Befreiungsbescheides vom 20. April 1980 (richtig: 21. April 1980) sei entgegenzuhalten, daß Gegenstand der materiellen Rechtskraft stets der im Bescheid enthaltene Abspruch über eine verwaltungsrechtliche Angelegenheit sei und zwar aufgrund der Sachlage, wie sie in dem von der Behörde angenommenen maßgebenden Fall zum Ausdruck komme und der Rechtslage, auf die sich die Behörde in ihrem Bescheid gestützt habe. Die Rechtskraft eines Bescheides stehe der neuerlichen meritorischen Entscheidung dann nicht entgegen, wenn in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt oder in der für die Entscheidung maßgebend gewesenen Rechtslage - wie im gegenständlichen Fall - eine Änderung eingetreten sei. Durch die Bestimmungen des Art. III Abs. 1 der 11. BSVG-Novelle sei in der maßgebenden Rechtslage eine Änderung eingetreten, die in der Sache der Versicherungspflicht des Beschwerdeführers eine neuerliche Entscheidung rechtfertige. Die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung könne von der belangten Behörde nicht geprüft werden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Bauern hingegen erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z.2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß er auf seine Rechnung und Gefahr einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führt oder daß auf seine Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird. Seiner Ansicht nach könne jedoch nicht nachvollzogen werden, nach welcher Berechnungsmethode die festgestellte Beitragsgrundlage oder die dieser zugrunde liegenden Einheitswerte ermittelt worden seien. Es seien ihm auch allenfalls dem Sozialversicherungsträger vorliegende Ermittlungsergebnisse nicht zur Kenntnis gebracht worden.
Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Zunächst ist darauf zu verweisen, daß die in der Beschwerde vorgebrachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Art. III Abs. 1 der 11. BSVG-Novelle vom Verwaltungsgerichtshof bereits verneint wurden (vgl. hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1989, Zl. 89/08/0175), von welcher Ansicht abzugehen die Ausführungen der Beschwerde keinen Anlaß bieten.
Die Übergangsbestimmung des Art. II Abs. 1 der 2. BSVG-Novelle, BGBl. Nr. 532/1979, bestimmte:
"(1) Personen, die am 31. Dezember 1979 gemäß § 5 Abs. 3 Z. 1. 2 oder 3 gemäß § 5 Abs. 4 des Bauern- und Sozialversicherungsgesetzes in der am 31. Dezember 1979 in Geltung gestandenen Fassung von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung ausgenommen waren, sind auf Antrag von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Bauernsozialversicherungsgesetz zu befreien, wenn der Antrag bis 31. Dezember 1980 bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern gestellt wird. Die Befreiung gilt rückwirkend auf 1. Jänner 1980 für die Dauer des Bestandes der Voraussetzungen für die seinerzeitige Ausnahme von der Pflichtversicherung."
Die 11. BSVG-Novelle, BGBl. Nr. 611/1987, brachte in ihrem Art. III Abs. 1 folgende Neuregelung:
"(1) Für Personen, die gemäß Art. II Abs. 1 der 2. Novelle zum Bauern- und Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 532/1979, von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung befreit worden sind, verliert diese Befreiung mit Ablauf des 31. Dezember 1987 ihre Wirksamkeit, sofern die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Bauernsozialversicherungsgesetz nach den am 1. Jänner 1988 geltenden Vorschriften erfüllt sind."
Diese Bestimmung trat gemäß Art. IV der 11. BSVG-Novelle am 1. Jänner 1998 in Kraft.
§ 2 BSVG lautet (auszugsweise):
"(1) Aufgrund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:
1 Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird;
....
(2) Die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung besteht für die im Abs. 1 Z. 1 genannten Personen nur, wenn der nach dem Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, in der jeweils geltenden Fassung festgestellte Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes den Betrag von S 13.000,-- übersteigt.....
(3) Abs. 2 gilt für die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung mit der Maßgabe, daß anstelle des Einheitswertes von S 13.000,-- ein Einheitswert von S 33.000,-- tritt.
.... "
Unstrittig ist im Beschwerdefall, daß die Höhe des Einheitswertes der Liegenschaft zumindest ab dem 1. Jänner 1980 S 33.000,-- übersteigt. Im übrigen beschränkt sich der Beschwerdeführer zur Frage der Anwendung des Art. III Abs. 1 der 11. BSVG-Novelle auf den Beschwerdefall nur auf die im wesentlichen unstrittige Darstellung des Sachverhaltes. Substanzielle Ausführungen, aus denen die Unrichtigkeit der Anwendung der genannten Bestimmung oder der von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt errechneten Beitragsgrundlage abgeleitet hätte werden können, läßt die Beschwerde vermissen. Auch eine diesbezügliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist daher nicht zu erkennen.
Insofern der Beschwerdeführer die Frage des von ihm beantragten Aufschubs der Fälligkeit der von ihm zu entrichtenden Beiträge aufgreift, ist darauf zu verweisen, daß dies weder Gegenstand des Bescheides des Landeshauptmannes von Kärnten vom 13. September 1988 noch des angefochtenen Bescheides war, sodaß es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt ist, aufzugreifen, was nicht "Sache" des Berufungsverfahrens im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG gewesen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991080102.X00Im RIS seit
20.11.2000