TE Vfgh Beschluss 1990/10/11 B1549/89, B1552/89, V134/89, V135/89, V136/89, V137/89, V138/89, V139/8

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Veröffentlicht am 11.10.1990
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand B-VG Art141 Abs1 lita

Leitsatz

Zurückweisung einer Anfechtung der Wahl des Kammervorstandes und des Präsidenten einer Ärztekammer mangels Zuständigkeit des VfGH; Zurückweisung von Individualanträgen auf Aufhebung näher bezeichneter Verordnungsbestimmungen und Wahlakte mangels unmittelbarer Wirksamkeit der bekämpften Verordnungen, mangels Verordnungscharakter der Kundmachung eines Wahlergebnisses und mangels rechtswirksamer Erlassung einer der angefochtenen "Verordnungen"; gleichzeitige Ablehnung der gegen ein auf einen Teil der angefochtenen Verordnungsbestimmungen gestütztes Rückzahlungsbegehren gerichteten Beschwerde

Spruch

I. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.

Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

II. Die Anträge nach Art139 und 141 B-VG werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und es sich nicht um einen Fall handelt, der von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist (Art144 Abs2 B-VG).

Die Beschwerde behauptet die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie die Anwendung gesetzwidriger Verordnungen. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes läßt ihr Vorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen (zur Frage der Rechtmäßigkeit der Vorstandswahl siehe die Ausführungen in der Erledigung der Aufsichtsbehörde vom 20. Juni 1990), aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof zu prüfenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen und sie gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (§19 Abs3 Z1 VerfGG).

2. Soweit sich die Eingaben auf Art141 B-VG berufen, sind sie unzulässig:

Gemäß Art141 Abs1 lita B-VG hat zwar der Verfassungsgerichtshof ua. auch über die Anfechtung der Wahl zu einem satzungsgebenden Organ (Vertretungskörper) einer gesetzlichen beruflichen Vertretung zu erkennen; die Anfechtung kann sich dabei auch auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens beziehen, wobei gemäß §67 Abs1 VerfGG dieser Antrag wegen jeder behaupteten Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erhoben werden kann. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. VfSlg. 3433/1958; vgl. in diesem Sinne auch VfSlg. 11157/1986) kann jedoch nur die Wahl der Vollversammlung der Ärztekammer als satzungsgebendes Organ, nicht jedoch auch die Wahl der sonstigen Kammerorgane ein nach Art141 Abs1 lita B-VG bekämpfbarer Akt sein.

Für die Durchführung eines Wahlanfechtungsverfahrens hinsichtlich der vom Antragsteller gerügten Wahlen des Kammervorstandes und des Präsidenten ist der Verfassungsgerichtshof unzuständig. Die Anträge sind insoweit gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG zurückzuweisen.

3. Soweit der Beschwerdeführer mit seinen Eingaben zusätzlich Individualanträge iSd Art139 Abs1 letzter Satz B-VG auf Aufhebung der den angefochtenen Bescheid wegen Abweisung eines Rückzahlungsbegehrens behauptungsgemäß tragenden Rechtsgrundlagen stellt, sind diese schon deshalb zurückzuweisen, weil hier die bekämpften Verordnungen - zutreffendenfalls - für den Antragsteller nicht unmittelbar, sondern eben im Wege des bekämpften Bescheides wirksam geworden wären (vgl. in diesem Sinne VfSlg. 7994/1977). Wenn der Beschwerdeführer darüber hinaus weitere Individualanträge auch gegen seines Erachtens rechtswidrige Wahlakte richtet, so sind diese deshalb zurückzuweisen, weil weder der Kundmachung des Wahlergebnisses noch den derselben vorausgehenden Teilakten der Wahl Verordnungscharakter iSd Art139 B-VG zukommt (vgl. dazu auch VfSlg. 8602/1979 mwN) und es somit bereits an einem tauglichen Beschwerdegegenstand mangelt. Was die Anfechtung der "Verordnung" über die Einsetzung eines Regierungskommissärs betrifft, ist diese Erledigung - wie sich aus dem Akt ergibt - wohl beschlossen, aber nie erlassen worden. Auch hier fehlt es somit an einem anfechtbaren Substrat.

Diese Anträge sind somit insgesamt gemäß §19 Abs3 Z2 lita und e VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ebenfalls zurückzuweisen.

Schlagworte

Wahlen, berufliche Vertretungen, Ärztekammer, VfGH / Individualantrag, Verordnungsbegriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B1549.1989

Dokumentnummer

JFT_10098989_89B01549_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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