TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/30 91/04/0220

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.03.1993
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §366 Abs1 Z4;
GewO 1973 §81 Abs1;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der J in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 26. Juni 1991, Zl. IIa-90.108/4-90, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 26. Juni 1991 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt wie folgt:

"Sie haben jedenfalls ab 1.1.1990 bis 13.4.1990, insbesondere am 13.4.1990, im Rahmen ihres Barbetriebes in S, das im Untergeschoß gelegene Gastlokal als öffentlich zugängliches Barlokal verwendet, obwohl mit Bescheid vom 23.10.1987, Zl. I-1262/2, der Bezirkshauptmannschaft die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Barbetriebes nur mit der Beschränkung erteilt worden war, daß das untergeschossige Lokal nur für geschlossene Gesellschaften zur Einnahme von Begrüßungsdrinks bzw. für die Vorführungen verwendet werden dürfe und haben damit eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung geändert.

Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Ziffer 4, 1. Alternative, GewO 1973 begangen."

Zur Begründung wurde - nach Darlegung des Sachverhaltes - im wesentlichen ausgeführt, feststehe, daß der Bescheid, mit welchem der Beschwerdeführerin die beantragte Genehmigung der Änderung des Gastlokales im Untergeschoß des Hauses S, genehmigt worden sei, auf Grund der Berufung von Mag. E, welcher den gesamten Bescheid bekämpft habe, nicht in Rechtskraft erwachsen sei. Die Beschwerdeführerin habe zu dem vorgeworfenen Tatzeitraum dieses Barlokal im Untergeschoß jedoch in der von ihr beantragten Art und Weise betrieben. Eine rechtskräftige Genehmigung hiefür habe jedoch nicht vorgelegen. Die Beschwerdeführerin habe diesen Tatbestand auch nicht bestritten, und es sei damit die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht worden.

Weiters werden in der Begründung Ausführungen zur subjektiven Tatseite und zur Strafzumessung getroffen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden.

Die Beschwerde erweist sich schon auf Grund nachstehender Erwägungen als begründet:

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Nach § 81 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

Zufolge § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Ziffern 1 bis 5 angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Um den Erfordernissen der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A).

Nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 81 Abs. 1 GewO 1973 bedarf nicht jede Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung, sondern nur eine solche, die geeignet ist, die im § 74 Abs. 2 leg. cit. umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen.

Ein Schuldspruch nach § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 muß daher, um das Erfordernis des § 44a Z. 1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die im § 74 Abs. 2 GewO 1973 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist (vgl. dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 19. Mai 1992, Zl. 92/04/0049, und vom 28. Jänner 1993, Zl. 91/04/0204). Einen derartigen Inhalt weist der Spruch des angefochtenen Bescheides jedoch nicht auf.

Dem Sprucherfordernis des § 44a Z. 1 VStG wird aber auch noch aus folgendem Grund nicht entsprochen:

Wie sich aus dem Wortlaut des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 - ÄNDERT oder NACH DER ÄNDERUNG BETREIBT - ergibt, enthält diese Gesetzesstelle zwei - alternative - Straftatbestände. Der Spruch des angefochtenen Bescheides ist nun in sich nicht schlüssig, als die belangte Behörde zunächst darauf abstellt, die Beschwerdeführerin habe "jedenfalls ab ... das ... Gastlokal als öffentlich zugängliches Barlokal VERWENDET", dieser dann jedoch die Änderung und nicht - wie zunächst ausgeführt - des Betreiben nach der Änderung vorwirft. Auch damit verabsäumte es die belangte Behörde, das Tatverhalten hinlänglich - insbesondere widerspruchsfrei - darzustellen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991040220.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten