TE Vwgh Beschluss 1993/3/30 93/04/0033

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Veröffentlicht am 30.03.1993
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Index

L74007 Fremdenverkehr Tourismus Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;

Norm

B-VG Art131 Abs1 Z1;
MRK Art6;
TourismusG Tir 1991 §13 Abs3;
TourismusG Tir 1991 §39 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §42 Abs2 Z3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Jänner 1993, Zl. IIc-3/6157/250, betreffend Wahl des Aufsichtsrates eines Tourismusverbandes, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Jänner 1993 wurde dem u.a. vom Beschwerdeführer gestellten Antrag, die am 29. Oktober 1992 durchgeführten Wahlen des Aufsichtsrates des Tourismusverbandes L wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben, gemäß § 39 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991 keine Folge gegeben (ein weiterer Abspruch, und zwar betreffend die Wahl des Vorstandes, ist nicht Gegenstand der vorliegenden Beschwerde). Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, vom Zeitpunkt der Einladung des Wahlleiters, Wahlvorschläge einzubringen, bis zum Anschlag der einzelnen für die Stimmgruppen I, II und III eingebrachten Wahlvorschläge sei ein Zeitraum von mehr als einer Viertelstunde zur Verfügung gestanden. Nach Ablauf der zur Einbringung von Wahlvorschlägen offenen Zeit von ca. 30 Minuten sei auf Grund der Befragung durch den Wahlleiter, ob noch weitere Wahlvorschläge einlangten, noch einmal jedem Mitglied die Möglichkeit offengestanden, zu erklären, daß ein weiterer Wahlvorschlag noch in Vorbereitung sei und eingebracht werde. Von dieser Möglichkeit sei nicht Gebrauch gemacht worden. Es sei daher durch den Wahlleiter keinem Mitglied die Möglichkeit genommen worden, einen entsprechenden Wahlvorschlag einzubringen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Sie enthält folgende Erklärung über den Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG):

"Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer insbesondere in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten auf

a) Erstattung eines Wahlvorschlages und damit Ausübung seines aktiven Wahlrechtes i.S.d. § 13 Abs. 3 Tiroler Tourismusgesetz und

b) auf einen inhaltlich begründeten Bescheid i.S.d. § 58 Abs. 2 AVG verletzt."

Die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG), wurden dahin ausgeführt, daß aus dem angefochtenen Bescheid nicht ersichtlich sei, welche Erhebungen die belangte Behörde auf Grund der Wahlanfechtung des Beschwerdeführers gepflogen habe, welche Beweisergebnisse daraus resultierten und welcher Sachverhalt darauf aufbauend von der belangten Behörde angenommen worden sei. Insbesondere fehle es an jeglicher Begründung dafür, warum der Inhalt des Vollversammlungsprotokolles vom 29. Oktober 1992 trotz des Einspruches des Beschwerdeführers und der Wahlanfechtung samt identer Sachverhaltsdarstellung als richtig angenommen und dem angefochtenen Bescheid als maßgebender Sachverhalt zugrunde gelegt worden sei. Es sei nicht angeführt worden, welche Argumente dafür sprächen, daß der Ablauf der Wahl zum Aufsichtsrat des Tourismusverbandes L im Vollversammlungsprotokoll richtig wiedergegeben worden sei. Gerade der gegenständliche Sachverhaltsbereich sei nach der Wertung des Tiroler Tourismusgesetzes 1991 als besonders "sensibel" zu betrachten. Die belangte Behörde wäre umso mehr verpflichtet gewesen, gerade für diesen Sachverhaltsbereich im angefochtenen Bescheid eine penible und nachvollziehbare Begründung zu liefern. Der im § 13 Abs. 3 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991 normierten Frist von einer Viertelstunde vor dem Beginn der Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrates sei eine ganz zentrale und besondere Bedeutung zuzuschreiben. Aus dem Vollversammlungsprotokoll vom 29. Oktober 1992 sei nunmehr ersichtlich, daß dort davon gesprochen werde, daß vom Wahlleiter den Wahlberechtigten eine 30minütige Frist zur Erstattung von Wahlvorschlägen eingeräumt worden sei. Dem widersprächen massiv die Ausführungen des Beschwerdeführers in seinem Einspruch gegen das Vollversammlungsprotokoll. Es finde sich zwar auch in diesem Einspruch gegen das Vollversammlungsprotokoll vom 29. Oktober 1992 die 30minütige "Frist" wieder, dies jedoch in einem völlig anderen Zusammenhang. Während im "offiziellen" Protokoll von einer 30minütigen Frist zur Erstattung von Wahlvorschlägen nach erfolgter Wahl bezüglich der Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder die Rede sei, sprächen der Beschwerdeführer und drei weitere Mitglieder der Vollversammlung in ihrem Einspruch gegen das Vollversammlungsprotokoll von einer 30minütigen "Pause" zwischen der Auszählung der Stimmen bezüglich der Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder und der eigentlichen Wahl des Aufsichtsrates. Während dieser Pause habe sich sogar ein Großteil der Miglieder der Vollversammlung außerhalb des Sitzungssaales zum Buffet gegeben. "Pause" oder "Frist", das seien offensichtlich zwei wesentlich verschiedene Begriffe, welche in beiden Urkunden unterschiedliche Zeitspannen beschrieben. Die Gestattung einer Pause zwecks Auszählung der Stimmen bezüglich der Anzahl der Aufsichtsratsmitlieder könne weder begrifflich noch funktionell eine Frist i.S.d. § 13 Abs. 3 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991 sein. Diese Bestimmung wolle dem einzelnen Mitglied der Vollversammlung die Möglichkeit einräumen, für seine Stimmgruppe Wahlvorschläge zu erstatten, was selbstverständlich erst dann einen Sinn habe, wenn die Anzahl der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder pro Stimmgruppe feststehe. Die zentrale Bedeutung des § 13 Abs. 3 leg. cit. für die Ausübung des aktiven Wahlrechtes durch den Beschwerdeführer werde völlig klar, wenn man die Bestimmung des § 13 Abs. 4 leg. cit. in die Betrachtung miteinbeziehe. Diese Bestimmung normiere, daß dann, wenn "innerhalb der vom Wahlleiter nach Abs. 3 festgesetzten Frist in einer Stimmgruppe nur ein gültiger Wahlvorschlag eingebracht wird, die darin angeführten Personen mit Ablauf dieser Frist als gewählt gelten". Somit zeige sich aber ganz deutlich die Funktion der Festsetzung der 15minütigen Frist zur Erstattung von Wahlvorschlägen durch die einzelnen Mitglieder der Vollversammlung. Gerade in einem so sensiblen Bereich der Ausübung des Wahlrechtes genüge es keinesfalls, das Vollversammlungsprotokoll vom 29. Oktober 1992 apodiktisch als Sachverhalt in den Bescheid aufzunehmen, ohne ein Ermittlungsverfahren durchzuführen oder sich zumindest mit dem im Akt befindlichen Einspruch gegen die Richtigkeit des Vollversammlungsprotokolles auseinanderzusetzen. Es zeige sich damit deutlich, daß der gegenständliche Bescheid den Beschwerdeführer in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf Ausübung seines aktiven Wahlrechtes i.S.d. § 13 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991 sowie in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf einen inhaltlich begründeten Bescheid verletzte.

Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann nach Art. 131 Abs. 1 B-VG Beschwerde erheben, (Z. 1) wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Gemäß § 13 Abs. 3 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991 hat der Wahlleiter vor dem Beginn der Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrates eine Frist von mindestens einer Viertelstunde und längstens einer Stunde festzusetzen, innerhalb der ihm jeder Wahlberechtigte einen schriftlichen und unterfertigten Wahlvorschlag übergeben kann.

Im Grunde des zweiten Satzes des § 39 Abs. 3 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991 hat die Landesregierung auf Antrag eines bei der Wahl anwesenden oder ordnungsgemäß vertretenen Mitgliedes oder von Amts wegen Wahlen der Organe des Tourismusverbandes wegen Rechtswidrigkeit ganz oder teilweise aufzuheben, wenn die Rechtswidrigkeit erwiesen ist und auf das Wahlergebnis von Einfluß war.

Eine Verletzung des sich aus § 13 Abs. 3 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991 ergebenden Rechtes jedes Wahlberechtigten, einen Wahlvorschlag zu übergeben, muß auf der Grundlage des § 39 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. somit im Wege eines an die Landesregierung gerichteten Antrages geltend gemacht werden. In Ansehung des als Objekt einer Anfechtung vor dem Verwaltungsgerichtshof in Betracht kommenden Bescheides, den die Landesregierung auf Grund eines solchen Antrages zu erlassen hat, besteht ein Recht auf Aufhebung der Wahl eines Organes des Tourismusverbandes wegen Rechtswidrigkeit nur, wenn beide im Bedingungssatz am Ende des zweiten Satzes des § 39 Abs. 3 leg. cit. vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind, nämlich wenn die Rechtswidrigkeit erwiesen ist und wenn die Rechtswidrigkeit auf das Wahlergebnis von Einfluß war.

Im Sinne dieser Rechtslage ist dem Beschwerdeführer zuzugestehen, daß er mit den von ihm zur Umschreibung des Beschwerdepunktes gewählten Worten geltend macht, im Verwaltungsverfahren vor der Landesregierung nach § 39 Abs. 3 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 leg. cit. ein Recht auf Aufhebung der am 29. Oktober 1992 durchgeführten Wahl des Aufsichtsrates zu haben. Da ein solches Recht nicht voraussetzungslos besteht, ist zunächst die Frage zu behandeln, ob sich der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde auf die Erfüllung der Bedingungen für die Verfolgung eines solchen Rechtes beruft.

Hiezu ist festzustellen, daß in der vorliegenden Beschwerde lediglich abstrakt eine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens behauptet wird, hingegen eine konkrete Darstellung des möglichen Kausalzusammenhanges fehlt, nämlich, inwiefern durch den in der Beschwerde geschilderten Ablauf der Vollversammlung vom 29. Oktober 1992 (insbesondere durch das - auch nach der Darstellung in der Beschwerde die Übergabe von Wahlvorschlägen nicht schlechterdings ausschließende - Verhalten des Wahlleiters vor dem Beginn der Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrates) die Übergabe eines bestimmten Wahlvorschlages durch den Beschwerdeführer als Wahlberechtigten vereitelt worden sei und inwiefern im Hinblick darauf anstelle des tatsächlich erzielten Wahlergebnisses ein anderes Wahlergebnis eintreten hätte können. Solcherart wurde vom Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde nicht dargetan, daß er im Verwaltungsverfahren gegen eine Rechtswidrigkeit angekämpft hätte, die auf das Wahlergebnis von Einfluß hätte sein können. In diesem vom möglichen Einfluß auf das Wahlergebnis losgelösten Umfang besteht kein Recht eines Wahlberechtigten auf Wahlaufhebung durch die Landesregierung nach § 39 Abs. 3 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991.

Insoweit sich der Beschwerdeführer in seiner Formulierung des Beschwerdepunktes auf ein Recht auf einen inhaltlich begründeten Bescheid i.S.d. § 58 Abs. 2 AVG beruft, ist festzuhalten, daß eine Verletzung von Verfahrensrechten nicht losgelöst von materiellen Rechten zu einer Verletzung subjektiver Rechte führen kann (siehe u.a. den hg. Beschluß vom 24. November 1992, Zl. 92/04/0199).

Aus diesen Gründen war die vorliegende Beschwerde wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Sachverhalt Verfahrensmängel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993040033.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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