TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/31 93/01/0168

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Veröffentlicht am 31.03.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftsführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Jänner 1993, Zl. 4.341.353/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der dem Beschwerdeschriftsatz beiliegenden Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist - von der Beschwerdeführerin unbestritten - zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin (eine türkische Staatsangehörige, die am 18. April 1992 in das österreichische Bundesgebiet einreiste und am 28. April 1992 einen Asylantrag stellte) bei ihrer niederschriftlichen Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien am 19. Oktober 1992 im wesentlichen folgendes angegeben hat:

Ihr Bruder V sei am 28. März 1983, kurz vor seiner ihm angeblich drohenden Hinrichtung aus dem Gefängnis geflohen und habe sich nach Deutschland abgesetzt. Obwohl es kein Geheimnis gewesen sei, daß sich der Bruder in Deutschland aufhalte, seien die Beschwerdeführerin und ihre Familie von der Polizei unter Druck gesetzt und von Soldaten regelmäßig (zwei- bis viermal im Monat) über den Aufenthaltsort des Bruders befragt worden. Bei diesen "Verhören", welche immer im Hause der Familie stattgefunden hätten, sei die Beschwerdeführerin zwar nicht mißhandelt, aber immer beschimpft worden. Diese Situation habe sie nicht länger ertragen können, weshalb sie sich zur Ausreise nach Österreich entschlossen habe. Ein Reisepaß sei ihr kurz vor Verlassen des Landes ohne Schwierigkeiten von den türkischen Behörden ausgestellt worden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach aus, Österreich gewähre der Beschwerdeführerin kein Asyl.

Begründend vertrat die belangte Behörde im Ergebnis die Auffassung, die Beschwerdeführerin habe nicht glaubhaft machen können, daß sie sich persönlich in einer Zwangslage befunden hätte, die ihr ein menschenwürdiges Leben in ihrer Heimat verunmöglicht oder in unzumutbarer Weise erschwert hätte, sodaß sie sich nur durch Flucht ins Ausland dieser Zwangslage hätte entziehen können. Die von der Beschwerdeführerin behaupteten mehrmaligen Befragungen über den Aufenthaltsort ihres untergetauchten Bruders seien nicht als gegen die Beschwerdeführerin selbst gesetzte Verfolgungsakte anzusehen, die eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes bescheinigen könnten, weil Hausdurchsuchungen bzw. Verhöre oder Befragungen nur dann, wenn sie aus den im Asylgesetz genannten Gründen erfolgten, Furcht vor Verfolgung auslösen könnten, sonst aber, wenn sie ohne weitere Folgen blieben, noch keine Verfolgungshandlungen darstellten. Allein aus dem Umstand, daß Brüdern der Beschwerdeführerin bereits Asyl gewährt worden sei, lasse sich logisch nicht ableiten, daß auch der Beschwerdeführerin dieser Schutz zugesprochen werden müsse, weil jeder Fall individuell verschieden und daher einzeln zu prüfen und zu entscheiden sei. Auch die Tatsache, daß der Beschwerdeführerin ein türkischer Paß ausgestellt worden sei, und daß sie mit diesem Dokument problemlos habe ausreisen können, spreche dafür, daß sie in ihrer Heimat keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin macht - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend und erachtet sich in ihrem Recht auf Anerkennung als Flüchtling iS des § 1 Z. 1 AsylG 1991 und damit auf Asylgewährung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin stellt die Richtigkeit der Wiedergabe ihrer Angaben in erster Instanz durch den angefochtenen Bescheid nicht in Frage und argumentiert im wesentlichen nur dahin, ihre Familie sei von den türkischen Behörden insbesondere wegen der Aktivitäten des Bruders der Beschwerdeführerin V für die politische Gruppe "TIKKO" unter Druck gesetzt worden.

Damit ist das Schicksal der Beschwerde aber bereits entschieden. Die belangte Behörde hat nämlich auf Grund der eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren im Ergebnis frei von inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verfahrensmängeln die beantragte Asylgewährung abgelehnt, weil die Beschwerdeführerin keine konkreten, gegen ihre Person gerichteten, aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention gesetzten Verfolgungshandlungen behauptet hat, die bei der gebotenen objektiven Betrachtung so gestaltet gewesen wären, daß ein weiterer Verbleib der Beschwerdeführerin in ihrer Heimat als unerträglich zu bezeichnen wäre (vgl. dazu die bei Steiner, Österreichisches Asylrecht 27 und in FN 65 referierte hg. Judikatur). Verhöre und Befragungen allein können nach ständiger hg. Judikatur, wenn sie ohne weitere Folgen geblieben sind, noch nicht als relevante Verfolgungshandlung angesehen werden (vgl. Steiner, a.a.O. 30, 31, sowie die dort FN 95 referierte hg. Judikatur).

Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen ließ, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen (§ 35 Abs. 1 VwGG).

Aus diesem Grunde erübrigte sich auch ein gesonderter Abspruch des Berichters über den zur hg. Zl. AW 93/01/0093 protokollierten Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993010168.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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