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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Tir 1989 §1 Abs3 litf;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des HS in A, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 11. September 1991, Zl. Ve-551-475/5, betreffend Verwaltungsübertretung nach der Tiroler Bauordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkennntis der Bezirkshauptmannschaft Lienz (in der Folge: BH) vom 25. September 1990 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, ohne rechtskräftige behördliche Baubewilligung am 30. Mai 1990 auf der Grundparzelle n/1, KG J neben dem Parkplatz "XY" bei StrKm 10,63 Gemeindegebiet J, einen fahrbaren Verkaufswagen (Würstelstand) aufgestellt und laufend, so auch am 6. Juli 1990 benützt zu haben. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 12.000,-- (Ersatzarrest 12 Tage) verhängt. Der Begründung ihres Bescheides zufolge ging die BH davon aus, daß der Beschwerdeführer zwar am 8. Juni 1988 eine Bauanzeige betreffend das Aufstellen eines Würstelstandes auf der GP 841, KG J erstattet und - da kein Untersagungsbescheid erlassen worden war - den Verkaufswagen aufgestellt und bis ca. Ende Oktober 1988 benützt habe; im Winter 1988/89 sei der Verkaufswagen, ohne in Verwendung zu stehen, auf derselben Grundparzelle gestanden; Anfang Mai 1989 sei der Verkaufswagen wieder in Betrieb genommen und bis Ende Oktober 1989 verwendet worden; danach sei der Verkaufswagen in den Wintermonaten 1989/90 auf der alten Bundesstraße im XY abgestellt gewesen und am 30. Mai 1990 wieder auf der GP 841/1, KG J bei StrKm 10,63 neben dem Parkplatz "XY" zur Aufstellung gebracht worden, indem der Verkaufswagen durch Unterlegen von Holzklötzen an allen vier Ecken aufgebockt worden sei; der Verkaufswagen sei dann wieder in Betrieb genommen worden und - laut dem im Akt einliegenden Lichtbild - auch am 6. Juli 1990 zum Verkauf von Getränken und Speisen geöffnet gewesen.
In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, er sei wegen desselben Tatbestandes bereits mit Straferkenntnis der BH vom 12. Jänner 1990 (und zwar wegen Abstellens des Verkaufswagens am 2. Mai 1989 und Benützung desselben als Würstelstand bis 31. Oktober 1989) bestraft worden; das angefochtene Straferkenntnis übersehe, daß hier ein fortdauerndes Delikt und daher verfahrensrechtlich nur eine Tat vorliege, weshalb er auch nur einmal (wegen derselben Tat) bestraft werden könne. Im übrigen sei das Aufstellen des Verkaufswagens nach der damals (am 8. Juni 1988) geltenden Rechtslage zu beurteilen, wonach das Aufstellen nur anzeige-, jedoch nicht bewilligungspflichtig gewesen sei. Auch werde der Verkaufswagen nicht ortsfest benutzt, sondern jeweils außerhalb der Saison wieder entfernt; im übrigen werde der Wagen auf einer Straßenfläche aufgestellt und sei daher die Straßenverkehrsordnung anzuwenden.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die Tiroler Landesregierung die Berufung des Beschwerdeführers ab und führte begründend aus, im Gegenstand liege infolge Aufstellens und Benützens des Verkaufswagens ein Dauerdelikt vor; mit Inkrafttreten der dritten Bauordnungsnovelle, LGBl. Nr. 10/1989 am 1. März 1989 sei nach der neugefaßten Bestimmung des § 25 lit. f das Abstellen und Benützen von Verkaufswagen bewilligunspflichtig; es sei dem Beschwerdeführer als Kaufmann ohne weiteres zuzumuten, sich über entsprechende, seinen Betrieb betreffende Gesetzesänderungen zu informieren; als Verschulden sei daher zumindest grobe Fahrlässigkeit anzunehmen. Ob noch weitere Bewilligungen zur Aufstellung von Verkaufswagen auf Straßengrund notwendig sei, sei für das vorliegende, eine Übertretung des § 25 lit. f Tiroler Bauordnung LGBl. Nr. 10/1989 (TBO) betreffende Strafverfahren unerheblich. Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, der Unrechtsgehalt der vom Beschwerdeführer zu vertretenden Verwaltungsübertretung sei erheblich, da die Vornahme einer baulichen Maßnahme ohne rechtskräftige Baubewilligung den Schutzzweck der TBO, nämlich die Verhinderung von Bauwerken, die den Sicherheitsvorschriften, dem Orts- und Landschaftsbild, der Widmung des Grundstückes und dgl. widersprechen, ad absurdum führe; das im Hinblick auf die Höhe der Geldstrafe nicht bekämpfte Strafausmaß liege im untersten Bereich des Strafrahmens (Höchststrafe S 100.000,--).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Nach den Ausführungen erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, nicht bestraft zu werden, verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ausgehend vom Schreiben des Beschwerdeführers an die BH vom 7. August 1990 steht fest, daß der Beschwerdeführer das erstmalige Aufstellen des Verkaufswagens am 8. Juni 1988 bei der Gemeinde J als Baubehörde angezeigt und den Verkaufswagen am 8. August 1988 auf der GP 841/1, KG J aufgestellt und nach saisonbedingtem Offenhalten des Würstelstandes diesen "von einer Seite der Felbertauernstraße auf die andere Seite (alte Bundesstraße) überstellt" hat. Nach Ausweis der Akten hat ferner der Bürgermeister der Gemeinde J als Baubehörde erster Instanz nach Wiederaufstellen des Verkaufswagens im Frühjahr 1989 mit Bescheid vom 5. Mai 1989, dem Beschwerdeführer zugestellt am 9. Mai 1989, dem Beschwerdeführer die Entfernung dieses Wagens aufgetragen (vgl. hiezu das in diesem Verfahren ergangene Erkenntnis vom 8. April 1992, Zl. 89/06/0208); weiters hat die BH mit Straferkenntnis vom 12. Jänner 1990 den Beschwerdeführer für schuldig erkannt, "ohne rechtskräftige behördliche Baubewilligung am 2. Mai 1989 auf der GP n/1 KG J neben dem Parkplatz "XY" einen fahrbaren Verkaufswagen abgestellt und in der Folge zur Ausübung des freien Gastgewerbes in der Betriebsart eines Würstelstandes bis 31. Oktober 1989 benützt" zu haben (vgl. hiezu das in diesem Verfahren ergangene hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 90/06/0072, AW 90/06/0029); nach Wiederaufstellen des Verkaufswagens im Mai 1990 hat der Bürgermeister der Gemeinde J einen weiteren Beseitigungsauftrag mit Bescheid vom 1. Juni 1990 erlassen.
Gemäß § 25 ("Bewilligungspflichtige Bauvorhaben") lit. f der Tiroler Bauordnung in der Fassung LGBl. Nr. 10/1989 bedarf das Abstellen und Benützen von Verkaufswagen sowie das Aufstellen von Zelten mit einer Grundfläche von mehr als 100 m2 einer Bewilligung der Behörde. Nach § 36 (Baubeginn) TBO Abs. 1 darf mit der Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens, soweit es sich nicht um Vorarbeiten handelt, die nach § 34 bewilligt worden sind, vor dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung nicht begonnen werden.
Die mit der dritten Bauordnungsnovelle 1989, LGBl. Nr. 10 geänderte Bestimmung des § 25 lit. f TBO normiert somit die baubehördliche Bewilligungspflicht für das Abstellen und Benützen von Verkaufswagen. Vor Inkrafttreten dieser Novelle am 1. März 1989 war nur das Aufstellen von Verkaufswagen, die überwiegend ortsfest benutzt werden sollten, baubehördlich bewilligungspflichtig. Die neuerliche Aufstellung des Verkaufswagens nach dem 1. März 1989 ist sohin im Lichte der durch die dritte Bauordnungsnovelle gegebenen Rechtslage zu beurteilen, nach der jedenfalls ein bewilligungspflichtiges Vorhaben vorliegt. Diese Gesetzesänderung - generelle baubehördliche Bewilligungspflicht für aufgestellte Verkaufwagen unabhängig von der überwiegend ortsfesten Benutzung - mußte dem Beschwerdeführer spätestens mit Zustellung des baubehördlichen Beseitigungsauftrages vom 5. Mai 1989 am 9. Mai 1989 bekannt sein.
Gemäß § 53 Abs. 1 lit. a TBO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Bewilligung ausführt oder mit der Ausführung vor dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung beginnt (§ 36 Abs. 1).
Aus der seit 1. März 1989 bestehenden Bewilligungspflicht für das Abstellen und Benützen von Verkaufswagen sowie der oben zitierten Strafnorm folgt, daß - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Rechtsansicht - die konsenslos vorgenommene (Wieder)Aufstellung des Verkaufswagens am 30.Mai 1990 strafbar war. Anders wäre der Sachverhalt zu beurteilen, wenn der Verkaufswagen seit seiner erstmaligen Aufstellung im Jahre 1988 immer unverändert auf ein und demselben Grundstück ununterbrochen abgestellt gewesen wäre. Auch handelt es sich beim jährlichen Wiederaufstellen des Wagens entgegen den Beschwerdeausführungen nicht um ein fortgesetztes Delikt, wofür der Beschwerdeführer nur einmal bestraft werden könnte; vielmehr verwirklicht der Beschwerdeführer mit jedem konsenslosen Wiederaufstellen des Verkaufswagens neu den Tatbestand des § 53 Abs. 1 lit.a in Verbindung mit § 25 lit. f TBO. Die belangte Behörde ist daher nicht rechtswidrig vorgegangen, wenn sie infolge des konsenslos vorgenommenen Aufstellens des Verkaufswagens am 30. Mai 1990 gegenüber dem Beschwerdeführer mit Einleitung eines Strafverfahrens und Erlassung eines Straferkenntnisses vorgegangen ist.
Verfehlt ist die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, aus § 1 Abs. 3 lit. f TBO ergebe sich, daß das Aufstellen seines Verkaufswagens deshalb von der baubehördlichen Bewilligungspflicht ausgenommen sei, weil er zum Betrieb des Würstelstandes über eine gewerberechtliche Bewilligung verfüge. Dem ist entgegenzuhalten, daß der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 3 lit. f TBO ("Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten nicht für bauliche Anlagen, die keine Gebäude sind, soweit sie nach einer anderen gesetzlichen Vorschrift bewilligungspflichtig sind und bei der Erteilung dieser Bewilligung auf die Interessen der Sicherheit und Gesundheit von Menschen oder für Sachen sowie des Schutzes des Orts-, Straßen-, und Landschaftsbildes entsprechend Bedacht zu nehmen ist".) jedoch nur insofern gilt, als bei Erteilung dieser anderen Bewilligung auch auf den Schutz des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes Bedacht zu nehmen ist, derartige Interessen jedoch regelmäßig nicht im gewerbebehördlichen Verfahren berücksichtigt werden.
Sofern der Beschwerdeführer unter Hinweis auf zum Zeitpunkt dieser Beschwerderhebung noch anhängige Verwaltungs-, insbesondere Verwaltungsstrafverfahren abzuleiten versucht, "einen durchaus vertretbaren Rechtsstandpunkt" eingenommen zu haben und darin einen Schuldausschließungsgrund erblickt, ist noch einmal darauf hinzuweisen, daß dem Beschwerdeführer bereits mit dem ersten Beseitigungsauftrag vom 5. Mai 1989 die neue Rechtslage, insbesondere das Erfordernis der vorherigen Einholung einer baubehördlichen Bewilligung, bekannt sein mußte. Daran ändert auch nichts der Umstand, daß der Beschwerdeführer aus einer Äußerung des Straßenbauamtes im vorangegangenen Strafverfahren, die Zustimmung zur Wiederaufstellung von der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abhängig zu machen, folgerte, die Baubehörde sei zur Erteilung einer Baubewilligung nicht zuständig gewesen.
Die sich sohin in allen Punkten als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Damit erübrigte sich eine gesonderte Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Die Zuerkennung von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991060202.X00Im RIS seit
03.05.2001