Index
L81705 Baulärm Salzburg;Norm
BauPolG Slbg 1973 §9 Abs1 litg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde 1) des A M und 2) der K M in L, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen die Gemeindevertretung der Gemeinde L, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht mangels Erledigung einer Berufung in einer Bausache, zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 62 Abs. 2 VwGG und § 66 Abs. 4 AVG wird die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters von L vom 12. September 1989, mit dem der E U für die Aufstockung des westseitigen, erdgeschoßigen Zubaues auf den Grundstücken Nr. 97 und 98 sowie Bp. 18, je KG. L, und der Abschleppung des Dachkörpers des Gesamtobjektes eine Baubewilligung erteilt wurde, als unbegründet abgewiesen.
Die Gemeinde L hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 5.440,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über Ansuchen der E U in L wurde dieser mit Bescheid des Bürgermeisters vom 12. September 1989 die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Zubaues beim bestehenden Wohnhaus und Gasthof L 3 nach Maßgabe der eingereichten Pläne unter Vorschreibung von insgesamt 13 Auflagen erteilt. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführer hat die Gemeindevertretung mit Bescheid vom 15. November 1989 als unbegründet abgewiesen. Auf Grund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführer hat die Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 28. August 1990 den Bescheid der Gemeindevertretung vom 15. November 1989 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen. Zur Begründung hat die Gemeindeaufsichtsbehörde ausgeführt, entscheidungswesentlich sei ausschließlich die Beantwortung der Frage, ob die in der Bauplatzerklärung der Bezirkshauptmannschaft vom 22. August 1989 festgesetzte Höhe der obersten Dachtraufe beim gegenständlichen Bauvorhaben eingehalten werde und ob die Höhenbemessung auf der Grundlage des § 11 Abs. 5 oder 6 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (bzw. auf der Grundlage beider Bestimmungen) zu erfolgen habe oder nicht. Das von der Berufungsbehörde als Entscheidungsgrundlage herangezogene bautechnische Amtssachverständigengutachten sei mangelhaft und widersprüchlich. Zum einen komme in seiner Befundaufnahme nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit zum Ausdruck, ob und aus welchen Momenten gegenständlich sowohl die Absätze 5 und 6 des § 11 (des Bebauungsgrundlagengesetzes) zur Anwendung zu kommen hätten. Hier werde die Berufungsbehörde das Verfahren insoweit zu supplieren haben, als ein weiterer bautechnischer Gutachter schlüssig darzutun habe, ob es sich beim zu verbauenden Grundstück um eine Hangverbauung im Sinne dieses Gesetzes handle oder nicht. Auf Grund dieser wesentlichen Sachverständigenfeststellung werde ein Sachverständiger die tatsächliche Höhe der obersten Dachtraufe zu bemessen haben. Dieser Bescheid wurde den Beschwerdeführern und der Gemeinde am 30. August 1990 zugestellt. Er blieb unangefochten.
Am 20. November 1991 langte beim Verwaltungsgerichtshof die Säumnisbeschwerde des A und der K M wegen Untätigkeit der Gemeindevertretung von L ein. Mit Verfügung vom 27. November 1991 leitete der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren ein und setzte der belangten Behörde eine Frist von 3 Monaten zur Nachholung des versäumten Bescheides. Auf Grund eines rechtzeitig eingebrachten Fristerstreckungsantrages der belangten Behörde wurde diese Frist mit Verfügung vom 2. April 1992 um drei Monate ab Zustellung der Verfügung verlängert.
In der Folge legte die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen, den Bescheid zu erlassen. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung geht, sofern der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt wird, auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde einzubringen. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Gemäß § 27 VwGG, in der Fassung BGBl. Nr. 330/1990, kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, bzw. der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Da die belangte Behörde zwischen 30. August 1990 und dem Einlangen der Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (20. November 1991) über die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 12. September 1989 nicht entschieden hat, ist die Säumnisbeschwerde berechtigt. Da die Gemeindevertretung auch in der vom Verwaltungsgerichtshof zunächst mit drei Monaten festgesetzten und sodann verlängerten Frist von weiteren drei Monaten nicht über die Berufung entschieden hat, hat der Verwaltungsgerichtshof selbst über die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 12. September 1989 zu entscheiden.
Der Bescheid der Gemeindeaufsichtsbehörde vom 28. August 1990 blieb unangefochten. An die die Aufhebung tragenden Gründe ist auch der Verwaltungsgerichtshof gebunden (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 22. Oktober 1971, Slg.N.F.Nr. 8091/A, sowie vom 28. April 1992, Zl. 91/05/0072).
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 22. August 1989 wurden die Grundstücke Nr. 97 und 98 sowie ein Teil der Bp. 18, je KG L, zum Bauplatz erklärt. Die Höchsthöhe des Bauwerkes wurde wie folgt bestimmt:
"Die Höchsthöhe des obersten Gesimses (Dachtraufe) des Bauwerkes wird mit 11,50 m festgelegt. Die Höhen sind auf das verglichene Niveau der Verkehrsfläche, GN 520, zu beziehen. Der Bezugspunkt für die Höhenbegrenzung verschiebt sich entsprechend der natürlichen Hangneigung."
§ 11 Abs. 5 und 6 des Bebauungsgrundlagengesetzes, LGBl. Nr. 69/1968, in der Fassung LGBl. Nr. 99/1992, lauten wie folgt:
"(5) Die Höhen sind auf das verglichene Niveau jenes Bereiches der Verkehrsfläche, die entlang des für die Bebauung in Betracht kommenden Grundstückes gelegen ist, zu beziehen. Erstreckt sich dieser Bereich über mehr als eine Länge von 20 m, so ist das verglichene Niveau abschnittsweise für je begonnene 20 m zu ermitteln.
(6) Bei von der Verkehrsfläche aus ansteigenden oder abfallenden Grundstücken (Hangverbauung) verschiebt sich der Bezugspunkt für die Höhenbegrenzung entsprechend der natürlichen Hangneigung."
Entsprechend der die Aufhebung tragenden Gründe des Bescheides der Gemeindeaufsichtsbehörde vom 28. August 1990 hat der Verwaltungsgerichtshof im fortgesetzten Verfahren ein ergänzendes Gutachten eines Sachverständigen eingeholt. Darin wird ausgeführt, daß die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 22. August 1989 zum Bauplatz erklärten Grundflächen einen Abhang zur Verkehrsfläche GN 520 aufweisen, der auf Grund des von Süden nach Norden gegebenen Straßengefälles im nördlichen Bereich höher sei. Aus der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes von einem Sachverständigen des Amtes der Salzburger Landesregierung vorgenommenen Vermessung, deren Ergebnisse dieser am 13. Jänner 1993 dem Verwaltungsgerichtshof übermittelt hat, geht hervor, daß die Straße (GN 520) im Bereich des zu verbauenden Grundstückes eine Steigung um insgesamt 4,37 m aufweist (Differenz zwischen 782,16 m und 786,53 m). Der natürlich gewachsene Hang steigt seinerseits im Bereich der vorgesehenen Traufe vom abschnittsweise verglichenen Straßenniveau (§ 11 Abs. 5 BGG) 4,6 m (ausgehend von der nördlichen Grundstücksgrenze) bzw. 3,8 m (ausgehend von der südlichen Grundstücksgrenze) auf.
Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens (Schreiben des Beschwerdevertreters und Niederschriften vom 21., 25. und 27. Jänner 1993 sowie das Schreiben des Amtssachverständigen vom 13. Jänner 1993 einschließlich der Pläne) wurde den Parteien mit der Möglichkeit, binnen 14 Tagen eine Stellungnahme abzugeben, zur Kenntnis gebracht. Die Parteien haben von der eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof nimmt auf Grund der oben wiedergegebenen Ergebnisse der Befragung der Bauwerberin und des Bürgermeisters, deren Angaben auch von den Beschwerdeführern nicht in Zweifel gezogen wurden, als erwiesen an, daß auf dem Grundstück der Bauwerberin im Bereich des Zubaues seit Ende der Fünfzigerjahre keine Geländeveränderungen vorgenommen wurden, sodaß die tatsächlich vorhandenen Geländegegebenheiten dem gewachsenen Gelände entsprechen. Davon ausgehend hat der Sachverständige aber auch schlüssig dargelegt, daß (unter Heranziehung des § 11 Abs. 5 und 6 BGG) die Traufenhöhe von 11,50 m eingehalten wird.
In rechtlicher Hinsicht hängt - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer - die Anwendung des § 11 Abs. 6 BGG nicht davon ab, ob die BAUFÜHRUNG selbst in der Hanglage erfolgt, sondern davon, ob die zu bebauende Grundfläche eine Hanglage zwischen Verkehrsfläche und dem Bauwerk aufweist. Im übrigen stünde im Beschwerdefall diese Auslegung im Widerspruch zur eindeutigen Anordnung der Höhenbemessung im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 22. August 1989.
Soweit in der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 12. September 1989 die Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe geltend gemacht wird, erweist sich die Berufung daher als unbegründet.
Auch mit dem weiteren Berufungsvorbringen, durch das geplante Bauvorhaben erfahre das Grundstück der Beschwerdeführer eine wesentliche Beeinträchtigung der Belichtung und Sonneneinstrahlung, insbesondere durch den Verlust der Morgensonne, vermochten die Beschwerdeführer die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte nicht darzutun. Der Verwaltungsgerichtshof ist stets davon ausgegangen, daß der Eigentümer eines Grundstückes durch Schaffung entsprechender Freiräume auf den eigenen Grundflächen für ausreichende Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse zu sorgen hat (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 2. Aufl., S. 171 und die dort zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie das zum Salzburger Baurecht ergangene Erkenntnis vom 9. März 1993, Zl. 92/06/0212).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, im Rahmen des Kostenbegehrens.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991060215.X00Im RIS seit
03.05.2001