TE Vwgh Erkenntnis 1993/4/13 93/05/0003

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Veröffentlicht am 13.04.1993
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Index

L82404 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AbfallG OÖ 1975 §32 Abs1;
AbfallG OÖ 1975 §5 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VStG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Dr. H in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 13. November 1992, Zl. UR-210030/4-1992 P1/St, betreffend Übertretung des O.ö. Abfallgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte ist auf das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1992, Zl. 90/12/0217, zu verweisen. Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 8. September 1989 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, weil die belangte Behörde das Verhalten der Beschwerdeführerin als Beihilfe zur Übertretung des § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 32 Abs. 1 lit. a des O.ö. Abfallgesetzes gewertet hat, obwohl nach den Ausführungen dieses Erkenntnisses die Beschwerdeführerin als unmittelbare Täterin anzusehen gewesen wäre.

In der Folge hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid das erstinstanzliche Straferkenntnis vom 19. Oktober 1988, mit dem die Beschwerdeführerin gemäß § 7 VStG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 lit. a und § 5 Abs. 1 des O.ö. Abfallgesetzes, LGBl. Nr. 1/1975, bestraft wurde, weil sie das Abstellen eines Autowracks durch dritte Personen zumindest in der Zeit vom 19. Mai 1987 bis 13. Oktober 1988 bei Verunstaltung eines Ortsteiles wissentlich geduldet habe, in dem sie wiederholte Aufforderungen der Behörde, das Wrack zu entfernen, mißachtet habe, insofern abgeändert, als die verhängte Geldstrafe von S 10.000,-- auf S 5.000,--, und die Ersatzarreststrafe auf 10 Tage herabgesetzt wurde. Überdies wurde der Bescheid insofern abgeändert, als er lautete:

"Sie haben auf dem von Ihnen gemieteten Privatparkplatz in L durch Duldung des Abstellens eines Autowracks der Marke VW-Käfer, Farbe weiß, zumindest in der Zeit vom 15. August 1987 bis 13. Oktober 1988 dem Ablagerungsverbot des § 5 O.ö. Abfallgesetz zuwidergehandelt." Der Begründung des Bescheides ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin den Tatbestand des § 32 Abs. 1 des O.ö. Abfallgesetzes als unmittelbare Täterin verwirklicht habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ohne auf das Beschwerdevorbringen einzugehen, war der angefochtene Bescheid schon deshalb aufzuheben, weil die belangte Behörde als Berufungsbehörde, indem sie die von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Tat ausgewechselt hat, eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch genommen hat (vgl. Erkenntnisse des VwGH vom 27. Juni 1975, Slg.N.F. Nr. 8864/A, vom 27. Juni 1980, Slg.N.F.Nr. 10.186/A, u.a.). Zur Auswechslung der als erwiesen angenommenen Tat ist die Berufungsbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG nicht berechtigt (vgl. auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 1962, Slg.N.F.Nr. 5871/A, sowie vom 20. Oktober 1983,

Zlen. 83/06/0155, 0156), Sache im Sinne der Berufungsentscheidung nach § 66 Abs. 4 AVG - diese Bestimmung findet zufolge § 24 VStG auch bei Entscheidungen nach § 51 VStG Anwendung - ist nämlich immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1971, Slg.N.F.Nr. 8123/A, sowie das bereits zitierte Erkenntnis vom 20. Oktober 1983, Zlen. 83/06/0155, 0156). Im Beschwerdefall hat nun die Strafbehörde erster Instanz die Beihilfe zur Ortsteilverunstaltung im Sinne des § 7 VStG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 lit. a und § 5 Abs. 1 des O.ö. Abfallgesetzes, LGBl. Nr. 1/1975, angelastet, wogegen die Berufungsbehörde der Beschwerdeführerin anlastete, den strafbaren Tatbestand als Täterin verwirklicht zu haben. Damit hat die belangte Behörde die Tat ausgewechselt.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Mit der Erledigung der Beschwerde erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin, ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Lediglich aus verfahrensökonomischen Gründen wird darauf hingewiesen, daß nach allfälliger Aufhebung des Bescheides vom 19. Oktober 1988 durch die belangte Behörde zur Ermöglichung einer Bestrafung der Beschwerdeführerin als unmittelbare Täterin durch die Behörde erster Instanz, zu überprüfen wäre, ob nicht im Hinblick auf die unmittelbare Täterschaft durch die Beschwerdeführerin Verfolgungsverjährung vorliegt.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993050003.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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