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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt Dr. E in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 7. Oktober 1992, Zl. IV-357.507/FrB/92, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines deutschen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines unbefristeten Sichtvermerkes "gem. § 25 (2) i. V.m. § 26 (2) PaßG 1969" abgelehnt. Nach der Begründung müßten bei der Erteilung eines unbefristeten Sichtvermerkes besonders strenge Maßstäbe angelegt werden. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers in Österreich habe gezeigt, daß diese Maßstäbe noch nicht erfüllt seien. Dies habe sich auch aus seinen bisherigen Beschäftigungen gezeigt, es könne nicht ausgeschlossen werden, daß er in absehbarer Zeit seinen Lebensunterhalt nicht zur Gänze aus seiner Arbeit bestreiten könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 25 Abs. 1 Paßgesetz 1969 kann einem Fremden ein Sichtvermerk auf Antrag erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß Abs. 3 vorliegt.
Gemäß § 25 Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde bei der Ausübung des ihr in Abs. 1 eingeräumten freien Ermessens auf die persönlichen Verhältnisse des Sichtvermerkwerbers und auf die öffentlichen Interessen, insbesondere auf die wirtschaftlichen und kulturellen Belange, auf die Lage des Arbeitsmarktes und auf die Volksgesundheit Bedacht zu nehmen.
Nach herrschender Auffassung (vgl. etwa die bei Ringhofer,
Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, 539 f, angeführte Judikatur sowie Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, 159 f) unterliegen auch Ermessensentscheidungen der Begründungspflicht. Dabei hat die Behörde die sachlichen Grundlagen festzustellen und die Erwägungen aufzuzeigen, welche auf Grund des Sachverhaltes für die Ermessensentscheidung maßgebend waren.
Dieser Begründungspflicht hat die belangte Behörde bei der im Beschwerdefall getroffenen Ermessensentscheidung nicht hinreichend entsprochen. Aus der Niederschrift vom 7. Oktober 1992, in der der Inhalt des mündlich erlassenen angefochtenen Bescheides beurkundet wird, ist zu ersehen, daß sich die Begründung des Bescheides aus formularmäßig vorgefertigten Textelementen zusammensetzt, die jeweils angekreuzt wurden. Die auf diese Weise zustande gekommene Begründung läßt aber nicht erkennen, von welchem konkreten, auf den Beschwerdeführer bezogenen Sachverhalt die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist. Dies wird dadurch unterstrichen, daß der letzte Satz der Begründung völlig an den Verhältnissen des Beschwerdeführers vorbeizugehen scheint, übt doch dieser nach der Aktenlage schon seit Jahren keine Berufstätigkeit aus und bestreitet seinen Lebensunterhalt aus Mitteln der Sozialhilfe.
Da der aufgezeigte Begründungsmangel die Überprüfung der Ermessensübung hindert, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Begründung von Ermessensentscheidungen ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992180459.X00Im RIS seit
20.11.2000