Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des P in T, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 7. April 1992, Zl. VII/2a-V-1356/3/1-92, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. März 1991 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als Bevollmächtigter der S.-A.G im Standort T. zu verantworten, daß hinsichtlich einer Reihe, namentlich genannter Arbeitnehmer die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden an näher angeführten Zeitpunkten in entsprechend angeführten Ausmaßen überschritten worden sei. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 AZG begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 29. September 1992, Zl. B 640/92, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:
Das Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie habe zu Unrecht die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 lit. b AZG als nicht gegeben erachtet. Damit vermag der Beschwerdeführer allerdings eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun:
Gemäß § 20 Abs. 1 AZG finden in außergewöhnlichen Fällen die Bestimmungen u.a. des § 9 keine Anwendung auf vorübergehende und unaufschiebbare Arbeiten, die ... b) zur Behebung einer Betriebsstörung oder zur Verhütung des Verderbens von Gütern oder eines sonstigen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Sachschadens erforderlich sind, wenn unvorhergesehene und nicht zu verhindernde Gründe vorliegen und andere zumutbare Maßnahmen zur Erreichung dieses Zweckes nicht getroffen werden können.
Nach der hg. Rechtsprechung sind außergewöhnliche Fälle im Sinne des § 20 Abs. 1 AZG Ereignisse, die außerhalb des gewöhnlichen Betriebsablaufes liegen und nur nach strengsten Maßstäben zu einer vorübergehenden Durchbrechung der gesetzlichen Schutzvorschriften berechtigen können; die das Erfordernis der Mehrarbeit bedingenden Umstände dürfen weder regelmäßig noch vorhersehbar sein. Handelt es sich um Arbeiten, die - worauf sich der Beschwerdeführer beruft - zur Verhütung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Sachschadens erforderlich sind, so müssen gemäß § 20 Abs. 1 lit. b AZG unvorhergesehene und nicht zu verhindernde Gründe vorliegen und andere zumutbare Maßnahmen zur Erreichung dieses Zweckes nicht getroffen werden können (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 24. September 1990, Zl. 90/19/0245). Weiters obliegt es dem Arbeitgeber, im Verwaltungsverfahren diesbezüglich konkrete, durch Beweisanbote untermauerte Behauptungen bezüglich der Verwirklichung der im § 20 AZG normierten Tatbestandsmerkmale aufzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1992, Zl. 92/18/0342).
In Hinsicht auf die letztgenannte Verpflichtung begnügte sich allerdings der Beschwerdeführer (vgl. sein Vorbringen in der gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhobenen Berufung) mit der Behauptung, daß die von ihm ins Treffen geführten Betriebsstörungen, welche zu den Arbeitszeitüberschreitungen geführt hätten, durch den Ausfall sogenannter "Unikatmaschinen" verursacht worden seien und daß Stillstände an diesen Maschinen, die in den Produktionsablauf eingegliedert seien, innerhalb kürzester Zeit aufgeholt werden müßten, da ansonst eine Störung des Produktionsablaufes des gesamten Werkes innerhalb kürzester Zeit hervorgerufen werden würde. Schon dieses nur allgemein gehaltene Vorbringen war daher nicht geeignet, den Beschwerdeführer zu entlasten. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer in der erwähnten Berufung selbst vorgebracht hat, als Maßnahmen, den reibungslosen Produktionsablauf wieder herzustellen, wären "Verstärkung des Personals, die Verlängerung der Arbeitszeit in den Samstag hinein oder ein früherer Arbeitsbeginn am Montag" zu Verfügung gestanden, woraus sich ergibt, daß auch die "Verstärkung des Personals" als zumutbare Maßnahme im Sinne des § 20 Abs. 1 lit. b AZG getroffen hätte werden können.
Schließlich sei vermerkt, daß der vom Beschwerdeführer aufgezeigten unterschiedlichen Begriffswahl durch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid gegenüber dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 lit. b AZG ("unvorhersehbare" statt "unvorhergesehene" Gründe) in Ansehung der hier anzuwendenden Vorschrift keine Wesentlichkeit zukommt. Auf die vom Beschwerdeführer vorgetragene Rüge der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses im Zusammenhang mit der in § 20 Abs. 2 AZG vorgeschriebenen Anzeige war nicht einzugehen, weil die belangte Behörde diese Begründung nicht übernommen hat.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Beweismittel Beschuldigtenverantwortung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992180482.X00Im RIS seit
20.11.2000