TE Vwgh Erkenntnis 1993/4/14 93/18/0151

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Veröffentlicht am 14.04.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
EheG §27;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
PaßG 1969 §27 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des H in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 6. Oktober 1992, Zl. Sich-III/162/1988/Sch, betreffend Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems (der belangten Behörde) vom 6. Oktober 1992 wurde der dem Beschwerdeführer, einem türkischen Staatsangehörigen, von derselben Behörde erteilte Sichtvermerk mit einer Gültigkeitsdauer bis 19. Juli 1993 gemäß § 27 Abs. 1 iVm § 25 Abs. 3 lit. d des Paßgesetzes 1969 (PG) für ungültig erklärt.

Begründend führte die belangte Behörde dazu aus, daß die ganz kurze Zeit nach der Einreise des Beschwerdeführers in das Bundesgebiet von diesem am 15. Oktober 1988 mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossene Ehe mit Urteil des Bezirksgerichtes Schwaz vom 18. Oktober 1991 (gemäß § 23 Abs. 1 Ehegesetz) für nichtig erklärt worden sei. Aus diesem in Rechtskraft erwachsenen Urteil gehe hervor, daß der Beschwerdeführer diese Ehe ausschließlich in der Absicht geschlossen habe, die österreichische Staatsbürgerschaft (und als Vorstufe dazu die Aufenthaltsberechtigung und einen Befreiungsschein nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz) zu erlangen. Der Beschwerdeführer habe seine Gattin lediglich zweimal (das zweite Mal anläßlich der Eheschließung) getroffen; diese habe angegeben, daß sie für die Eingehung der Ehe

S 15.000,-- erhalten habe, und daß nach Erlangung der Staatsbürgerschaft durch den Beschwerdeführer die Scheidung der Ehe vereinbart gewesen sei. Die Schließung der Ehe nur zu dem vorgenannten Zweck stelle seitens des Beschwerdeführers ein Verhalten dar, welches die Annahme rechtfertige, daß ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung gefährde, da ein solches Verhalten einen evidenten und eklatanten Rechtsmißbrauch darstelle (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0096).

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 27 Abs. 1 PG ist ein Sichtvermerk von der Behörde für ungültig zu erklären, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung des Sichtvermerkes gerechtfertigt hätten oder rechtfertigen würden.

Zufolge des § 25 Abs. 3 lit. d PG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

2. Die belangte Behörde hat diese gesetzlichen Tatbestände in ihrem Zusammenhalt unter Hinweis auf die gemäß § 23 Abs. 1 Ehegesetz rechtskräftig für nichtig erklärte Ehe als verwirklicht angesehen. Dies zu recht. Denn wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0096, zum Ausdruck gebracht hat, stellt die Eingehung der Ehe durch einen Fremden zwecks Beschaffung einer Aufenthaltsberechtigung und eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes einen evidenten Rechtsmißbrauch dar. Dieser im Beschwerdefall durch die rechtskräftige gerichtliche und daher für die belangte Behörde bindende Nichtigerklärung dokumentierte Mißbrauch stellt ein Verhalten des Beschwerdeführers dar, das als gravierende Beeinträchtigung des geordneten menschlichen Zusammenlebens und solcherart als ein Umstand zu werten ist, der die Annahme rechtfertigt, sein weiterer Aufenthalt in Österreich würde die öffentliche Ordnung in einem Maß gefährden, welches ein Zurücktreten der geltend gemachten (ohnehin nicht sehr gewichtigen) Privatinteressen an der Gültigkeit des Sichtvermerkes (geordnete Wohnsitzverhältnisse, gesicherter Lebensunterhalt aufgrund einer aufrechten Beschäftigungsbewilligung) jedenfalls geboten erscheinen läßt.

3. Bei diesem Ergebnis ist es rechtlich irrelevant, ob der Beschwerdeführer - wie von ihm behauptet - auch ohne die besagte Eheschließung durch Beibringung entsprechender Verpflichtungserklärungen sowie aufgrund der damaligen Arbeitsmarktlage eine Aufenthaltsberechtigung bzw. eine Beschäftigungsbewilligung erlangt hätte, weshalb auch der insoweit geltend gemachten Verfahrensrüge der Boden entzogen ist.

4. Da nach dem Gesagten dem angefochtenen Bescheid die behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht anhaften, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180151.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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