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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 30. September 1992, Zl. IV-688.656/FrB/92, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) vom 30. September 1992 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines befristeten Wiedereinreisesichtvermerkes gemäß § 25 Abs. 3 lit. d des Paßgesetzes 1969 (PG) mit der Begründung abgewiesen, daß der Beschwerdeführer mit Strafverfügung des Strafbezirksgerichtes Wien vom 25. Februar 1992 wegen §§ 15, 141 StGB zu
30 Tagessätzen zu je S 50,-- rechtskräftig verurteilt worden sei, und diese Verurteilung die Annahme rechtfertige, daß sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden würde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit dem Begehren, diesen kostenpflichtig wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes "respektive" wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte - unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift - die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 25 Abs. 1 PG kann einem Fremden ein Sichtvermerk erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß Abs. 3 vorliegt.
Nach § 25 Abs. 3 lit. d leg. cit. ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
2.1. Der Beschwerdeführer wurde mit Strafverfügung des Strafbezirksgerichtes Wien vom 25. Februar 1992 wegen des Vergehens der versuchten Entwendung nach §§ 15, 141 StGB gemäß der zweitgenannten Norm zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- (30 Tagessätze zu je S 50,--) rechtskräftig verurteilt, weil er am 11. Jänner 1992 an einem bestimmt bezeichneten Ort aus Unbesonnenheit versucht habe, Verfügungsberechtigten der "Fa. BILLA" Waren geringen Wertes, nämlich 2 Pkg. Duracell-Batterien im Gesamtwert von S 119,80 wegzunehmen, indem er die Waren in die rechte Außentasche seiner Jeansjacke gesteckt habe und ohne zu bezahlen das Geschäft habe verlassen wollen.
2.2. Der Gerichtshof vertritt die Auffassung, daß diese Straftat insbesondere im Hinblick auf das Motiv der Tatbegehung ("Unbesonnenheit") und den äußerst geringen Wert der Sache, deren Entziehung versucht wurde, nicht von solchem Gewicht ist, daß die Annahme gerechtfertigt wäre, der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet würde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden.
3. Da somit die belangte Behörde den (zwingenden) Versagungstatbestand des § 25 Abs. 3 lit. d PG rechtsirrig als verwirklicht ansah, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung Stempelgebühren lediglich in der Höhe von S 390,-- (Eingabengebühr S 360,--, Beilagengebühr S 30,--) zu entrichten waren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993180155.X00Im RIS seit
06.08.2001