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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1968 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden
1.
der A, 2. der B, 3. der C, 4. des D, 5. der E, 6. des F,
7.
des G, 8. der H, 9. des I, 10. des J und 11. des K, alle in W, alle vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. Dezember 1991, Zlen. SD 378/91, SD 373/91, SD 415/91, SD 385/91, SD 384/91, SD 388/91, SD 414/91, SD 372/91, SD 416/91, SD 413/91, und SD 383/91 sämtliche betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Jeder der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen, oben näher bezeichneten Bescheiden der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) wurden gegen die Beschwerdeführer, Staatsangehörige von Sri Lanka, gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 Fremdenpolizeigesetz bis zum 30. Juni 1996 befristete Aufenthaltsverbote für das ganze Bundesgebiet erlassen.
In der Begründung dieser Bescheide wurde ausgeführt, die Beschwerdeführer seien am 3. Mai 1991 aus Deutschland ohne gültiges Reisedokument unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist. Unmittelbar darauf seien sie in Österreich festgenommen worden. Sie hätten die Mittel für ihren Unterhalt nicht nachzuweisen vermocht. Die Behauptung eines Amtshaftungsanspruches ersetze nicht den Nachweis des Besitzes der für den Unterhalt erforderlichen Mittel. Dasselbe gelte auch für den Hinweis auf das Bundesbetreuungsgesetz, weil das Asylverfahren bereits abgeschlossen sei. Im übrigen stehe auch ein noch nicht rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren und das Bestehen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegen. Unter Zugrundelegung ihrer Angaben liege ein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer nicht vor. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG durch die Erstbehörde stehe mit § 6 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz nicht im Widerspruch. Diese Bestimmung sei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht als Spezialnorm anzusehen.
Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluß vom 9. Juni 1992 ablehnte und sie mit Beschluß vom 13. Juli 1992 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges - die Beschwerden haben weitgehend denselben Wortlaut - zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:
1.1. Die Beschwerdeführer werfen der belangten Behörde vor, sie habe sich darauf beschränkt festzustellen, daß sie keine Barmittel zu ihrem Unterhalt besäßen, habe es aber unterlassen, im Rahmen der ihr aufgetragenen Vorfragenbeurteilung das Vorliegen von Amtshaftungsansprüchen zu prüfen. Die Beschwerdeführer beziehen sich damit erkennbar auf ihr Vorbringen in den Berufungen, wonach sie am 16. Mai 1991 einen Asylantrag gestellt hätten und erst am 14. Juni 1991 aus der Schubhaft entlassen worden seien. Sie hätten sich demnach zumindest 29 Tage lang rechtswidrig in Haft befunden, weshalb ihnen Schmerzengeldansprüche in der Höhe von je S 50.000,-- zustünden.
Die Beschwerdeführer vermögen damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Erstens ergibt sich nämlich aus einer allfälligen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 5 Abs. 1 Asylgesetz, BGBl. Nr. 126/1968, nicht die Rechtswidrigkeit der Schubhaft. Zweitens vermag die Behauptung von Forderungen, die nicht ohne weiteres realisiert werden können, nicht den Nachweis des Besitzes der für den Unterhalt erforderlichen Mittel zu ersetzen.
1.2. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, auf Grund ihrer Anträge auf Aufnahme in die Bundesbetreuung sei nicht von ihrer Mittellosigkeit auszugehen gewesen, ist nicht zielführend, weil bis zur Erlassung der angefochtenen Bescheide nach der Aktenlage eine Aufnahme in die Bundesbetreuung nicht erfolgt war und darauf auch kein Rechtsanspruch bestanden hat (vgl. das Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 92/18/0504).
2. Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, die belangte Behörde hätte im Rahmen der gemäß § 3 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz vorzunehmenden Interessenabwägung die Vertreibung der Beschwerdeführer aus ihren angestammten Wohngebieten und die weiteren in den Asylanträgen dargelegten Gründe berücksichtigen müssen.
Den Beschwerdeführern ist diesbezüglich entgegenzuhalten, daß es auf diese Umstände in den vorliegenden Verfahren nicht maßgebend ankommt. Eine allfällige Verfolgung der Beschwerdeführer in ihrer Heimat aus Gründen ihrer Rasse, Religion oder Nationalität ist im Asylverfahren, allenfalls bei der Prüfung von Abschiebungshindernissen gemäß § 13a Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz von entscheidender Bedeutung, nicht aber bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, weil in diesem Verfahren nicht zu beurteilen ist, in welchen Staat der Fremde zulässigerweise abgeschoben werden kann (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 14. Oktober 1991, Zl. 91/19/0273, vom 16. Dezember 1991, Zl. 90/19/0575, und vom 17. September 1992, Zl. 92/18/0363). Gleiches gilt für die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Kriegsereignisse in ihrer Heimat.
Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Verfassungswidrigkeit des § 3 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz behaupten, ist darauf hinzuweisen, daß dieselben Bedenken bereits in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof geltend gemacht worden waren und dieser im Hinblick auf seine ständige Rechtsprechung mangels hinreichender Erfolgsaussichten die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt hat. Schon im Hinblick auf die im Ablehnungsbeschluß beispielsweise zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sieht der Verwaltungsgerichtshof keinen Grund für eine Antragstellung im Sinne des Art. 140 Abs. 1 B-VG.
3. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer stellt § 6 Fremdenpolizeigesetz, der in seinem Abs. 1 die Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes innerhalb einer Woche nach Rechtskraft des Bescheides normiert und im Abs. 2 die Möglichkeit zur Verkürzung dieser Frist bei Gefahr im Verzuge vorsieht, nicht die Spezialnorm gegenüber § 64 Abs. 2 AVG dar, sodaß es von diesem Gesichtspunkt aus nicht rechtswidrig war, wenn die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführer gegen die von der erstinstanzlichen Behörde verfügte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung nicht stattgegeben hat. Im übrigen ist auf Grund des Beschwerdevorbringens und der Aktenlage nicht erkennbar, inwiefern die Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Einbringung ihrer Beschwerden durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in ihren Rechten verletzt waren, lagen doch in diesem Zeitpunkt die angefochtenen (rechtskräftigen und vollstreckbaren) Bescheide vor und waren nach der Aktenlage in der Zeit der Wirksamkeit des Ausspruches nach § 64 Abs. 2 AVG gegen die Beschwerdeführer keine darauf beruhenden Maßnahmen gesetzt worden.
4. Die Beschwerdeführer machen die Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend mit der Begründung, der auf dem erstinstanzlichen Bescheid genannte Organwalter habe keine Approbationsbefugnis. Den erstinstanzlichen Erledigungen komme daher kein Bescheidcharakter zu.
Worauf sich diese, erstmals in den vorliegenden Beschwerden als im Grunde des § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerungen erhobenen Behauptungen der Beschwerdeführer, die bereits im Berufungsverfahren anwaltlich vertreten waren, gründen, ist nicht erkennbar. Die belangte Behörde hat in der Gegenschrift unter Hinweis auf die in der Kanzleiordnung der erstinstanzlichen Behörde enthaltenen Bestimmungen überzeugend dargelegt, daß in Angelegenheiten unter anderem nach dem Fremdenpolizeigesetz die einzelnen Referenten Bescheide mit dem Zusatz "i.A." fertigen dürfen. Es ist daher davon auszugehen, daß der die erstinstanzlichen Bescheide Genehmigende dazu berechtigt war.
Die Behauptung der Beschwerdeführer, die erstinstanzlichen Bescheide hätten keines der im § 18 Abs. 4 AVG vorgesehenen Merkmale aufgewiesen, wird nicht näher ausgeführt und steht mit der Aktenlage im Widerspruch. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer waren die erstinstanzlichen Erledigungen Bescheide. Die belangte Behörde hatte sohin über die dagegen erhobenen Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Sache zu entscheiden.
5. Aus den dargelegten Gründen waren die vorliegenden Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der von den Beschwerdeführern beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992180321.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
15.04.2010