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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §57 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des C, Türkei, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 1. Juni 1992, Zl. Frb-4204/92, betreffend Abweisung eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht in Angelegenheit Sichtvermerk, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 13. März 1992 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers vom 6. November 1991 auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung" unter Berufung auf § 25 Abs. 1 und 3 des Paßgesetzes in Verbindung mit § 57 AVG keine Folge gegeben, wogegen der Beschwerdeführer mit dem am 23. März 1992 eingelangten Schriftsatz Vorstellung erhob. Mit einem weiteren, an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (die belangte Behörde) gerichteten, bei dieser am 13. Mai 1992 eingelangten Schriftsatz vom 11. Mai 1992 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht, weil die Erstbehörde über seinen Sichtvermerksantrag vom 6. November 1991 bisher "nicht endültig" entschieden habe.
Mit Bescheid vom 1. Juni 1992 gab die belangte Behörde diesem Devolutionsantrag des Beschwerdeführers unter Berufung auf § 73 AVG keine Folge. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Erstbehörde habe nach Einlangen der Vorstellung fristgerecht das Ermittlungsverfahren eingeleitet bzw. fortgesetzt. Somit sei davon auszugehen, daß der Bescheid der Erstbehörde vom 13. März 1992 nach wie vor in Kraft sei. Zwar stelle auch die Vorstellung nach § 57 Abs. 2 AVG einen Antrag im Sinne des § 73 AVG dar, seit dem Einlangen derselben seien jedoch noch keine sechs Monate vergangen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 29. September 1992, Zl. B 753/92, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 57 sowie des § 73 Abs. 1 und 2 AVG lauten:
§ 57. (1) Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.
(2) Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
(3) Die Behörde hat binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen.
§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
(2) Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Zunächst ist zu einem diesbezüglichen Vorbringen in der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Ergänzung der Beschwerde darauf hinzuweisen, daß es nicht darauf ankommt, ob sich der erwähnte Bescheid vom 13. März 1992 auf § 57 Abs. 1 AVG stützen konnte, sondern vielmehr darauf, ob er sich tatsächlich auf diese Vorschrift gestützt hat (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 5. Auflage, Rz 572, sowie das hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1991, Zl. 91/11/0058). Der der belangten Behörde in diesem Zusammenhang vorgeworfene Begründungsmangel liegt daher nicht vor.
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Erstbehörde habe nach Einlangen der Vorstellung gegen den erwähnten Mandatsbescheid nicht rechtzeitig im Sinne des § 57 Abs. 3 AVG agiert, so kann dahinstehen, ob dies zutrifft, weil die Erstbehörde jedenfalls bereits vor der Einbringung des Devolutionsantrages ihrer Entscheidungspflicht im Grunde des § 73 Abs. 1 AVG durch Erlassung des Mandatsbescheides vom 13. März 1992 nachgekommen ist und es infolgedessen auf die rechtzeitige Einleitung von Ermittlungsschritten nicht ankam.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht dem vorliegenden Devolutionsantrag keine Folge gegeben.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993180013.X00Im RIS seit
20.11.2000