TE Vwgh Erkenntnis 1993/4/20 93/03/0074

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Veröffentlicht am 20.04.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
92 Luftverkehr;

Norm

AVG §56;
AVG §8;
LuftfahrtG 1958 §68;
LuftfahrtG 1958 §70;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Leukauf, Dr. Sauberer, Dr. Kremla und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde der Stadtgemeinde M, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 3. Februar 1993,

Pr. Zl. 53.087/1-7/93, betreffend die Zurückweisung einer Berufung in einer Luftfahrtangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der von der beschwerdeführenden Gemeinde vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 13. Juli 1992 hat der Landeshauptmann von Niederösterreich gemäß §§ 68 ff des Luftfahrtgesetzes, BGBl. Nr. 253/1957 (LFG), dem Flugsportverein "W" unter Vorschreibung bestimmter Auflagen die Bewilligung zur Errichtung eines privaten Zivilflugplatzes (auf dem Grundstück Nr. nnnn des Grundbuches K) erteilt.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gemeinde Berufung, in der sie beantragte, die Zivilflugplatz-Bewilligung zu versagen und ihr Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zuzuerkennen. Durch die Erteilung der Bewilligung würden Raumordnungsgesetze sowie Natur- und Umweltschutzbestimmungen verletzt. Dennoch sei die beschwerdeführende Gemeinde lediglich als Beteiligte gehört worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. Februar 1993 wies die belangte Behörde die Berufung auf Grund des § 8 AVG in Verbindung mit §§ 68, 71 und 72 LFG mangels Legitimation der beschwerdeführenden Gemeinde zurück. Sie führte in der Begründung im wesentlichen aus, der Verwaltungsgerichtshof habe bereits mit Beschluß vom 20. September 1962, Zl. 1226/62, dargelegt, daß einer Gemeinde im Zivilflugplatz-Bewilligungsverfahren weder vor der Luftfahrtbehörde noch vor dem Verwaltungsgerichtshof Parteistellung zukomme. In dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes werde u.a. ausgeführt: "Gemäß § 70 Abs. 3 des Luftfahrtgesetzes hat die zuständige Luftfahrtbehörde bei Prüfung von Zivilflugplatz-Vorhaben u.a. den betroffenen Gemeinden Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dieser Anordnung kann aber nicht mehr entnommen werden, als daß die Behörde in die Lage versetzt werden soll, bei ihrer Entscheidung alle jene Umstände in Betracht zu ziehen, welche von den in Betracht kommenden Ortsgemeinden zur Wahrung der Interessen der durch sie vertretenen Bevölkerungsgruppen zu dem Flugplatzvorhaben vorgebracht werden. Zweck dieser Vorschrift kann also nur sein, der Behörde Unterlagen für ihre Entscheidung zu verschaffen, damit sie der ihr übertragenen Aufgabe, die Voraussetzungen für eine Zivilflugplatz-Bewilligung zu prüfen (§ 71 des Luftfahrtgesetzes), leichter gerecht zu werden vermag. Ein Anspruch auf Berücksichtigung der abgegebenen Stellungnahme wird damit aber den Ortsgemeinden nicht eingeräumt. Ein solcher Anspruch wäre nur dann gegeben, wenn ihn das Gesetz durch Einräumung eines Berufungsrechtes gegen Entscheidungen, die der Stellungnahme nicht gerecht werden, ausdrücklich zuerkannt hätte." Die beschwerdeführende Gemeinde habe somit keine Parteistellung. Da das Berufungsrecht nur der Partei im Sinne des § 8 AVG zustehe, fehle ihr die Legitimation zur Einbringung der Berufung. Das Rechtsmittel sei daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in Wahrheit Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bemerkt wird, daß die Ausführungen der beschwerdeführenden Gemeinde in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde, wonach "der Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. 07. 1992 in seiner Sachentscheidung noch nicht rechtskräftig sei, weil die belangte Behörde einer Berufung des Fliegersportvereines W durch Behebung des Bescheides und Zurückverweisung an die erste Instanz vorerst Folge gegeben habe", für das gegenständliche Verfahren ohne Bedeutung ist.

Die beschwerdeführende Gemeinde vertritt wie bereits im Verwaltungsverfahren die Meinung, es stehe ihr Parteistellung zu. Sie wäre dazu berufen, die Interessen ihrer Bewohner zu vertreten. Dies gelte insbesondere für die in besonderer Weise laut Bundesverfassung aufgezählten Agenden der örtlichen Sicherheitspolizei, der Flurschutzpolizei, der Gesundheitspolizei, der Baupolizei (inklusive Raumordnung) u. v.a. Mit einem Flugplatz seien Gefahren für die Bevölkerung, so z.B. wegen Lärmbelästigungen, verbunden.

Diesem Vorbringen kommt jedoch keine Berechtigung zu.

Die belangte Behörde hat bereits zutreffend unter Bedachtnahme auf die (ständige) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dargetan, daß der beschwerdeführenden Gemeinde keine Parteistellung und damit auch kein Berufungsrecht zukommt. Gemäß § 70 Abs. 3 LFG hat der Landeshauptmann, wenn es sich um die Errichtung eines Flugfeldes handelt, u.a. den zuständigen Gemeinden, die von dem Vorhaben berührt werden, Gelegenheit zu geben, zu dem Vorhaben Stellung zu nehmen.

Diese Gesetzesstelle räumt der durch den geplanten Zivilflugplatz (in der Form eines Flugfeldes) berührten Gemeinde lediglich das Recht ein, zum Vorhaben gehört zu werden und dazu Stellung zu nehmen. Dieses Recht wurde im vorliegenden Fall der beschwerdeführenden Gemeinde unbestritten gewährt. Durch dieses Recht zur Stellungnahme wird jedoch der Gemeinde - wie der Verwaltungsgerichtshof auch bereits zu vergleichbaren Rechtslagen ausgesprochen hat (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 5. Februar 1980, Slg. Nr. 10.031/A) - im luftfahrtrechtlichen Genehmigungsverfahren keine Parteistellung verliehen. Keiner Bestimmung des Luftfahrtgesetzes ist zu entnehmen, daß die Gemeinde berufen wäre, die Interessen der Gemeindeangehörigen in einem luftfahrtrechtlichen Genehmigungsverfahren wie dem vorliegenden als Verfahrenspartei wahrzunehmen. Die Bezugnahme der beschwerdeführenden Gemeinde auf § 8 AVG geht schon deswegen fehl, weil die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung besitzt, nicht anhand des AVG allein gelöst werden kann, die Parteistellung vielmehr aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden muß. Die bei der Erteilung der gegenständlichen Zivilflugplatz-Bewilligung anzuwendenden luftfahrtrechtlichen Vorschriften des Bundes sehen ferner die Anwendung landesgesetzlicher Vorschriften nicht vor, sodaß auch der Hinweis auf raumordnungsgesetzliche bzw. baurechtliche Vorschriften im gegebenen Zusammenhang der Grundlage entbehrt (vgl. zum Ganzen auch die hg. Judikatur zu der im wesentlichen gleichgelagerten Regelung des § 34 Abs. 3 des Eisenbahngesetzes, BGBl. Nr. 60/1957, so z.B. das

hg. Erkenntnis vom 24. April 1991, Zl. 90/03/0237). Die Wahrung öffentlicher Interessen obliegt im übrigen den Luftfahrtbehörden von Amts wegen.

Ausdrücklich wird bemerkt, daß die beschwerdeführende Gemeinde nach dem Inhalt der Beschwerde nicht als Eigentümerin von Grundstücken, die durch das Flugplatzprojekt für den Abflug oder die Landung von Luftfahrzeugen in Anspruch genommen werden, eingeschritten ist.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch die gegen die luftfahrtrechtliche Regelung von der beschwerdeführenden Gemeinde vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht zu teilen, dies umso weniger, als auch andere Bundesgesetze für vergleichbare Sachverhalte im wesentlichen gleichlautende Regelungen vorsehen, wie bereits oben erwähnt wurde. Er sieht sich daher im Sinne der Anregung in der Beschwerde nicht veranlaßt, insoweit an den Verfassungsgerichtshof heranzutreten. Eine bloße "Weiterleitung" an den Verfassungsgerichtshof sieht das Gesetz nicht vor.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der beschwerdeführenden Gemeinde behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993030074.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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