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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1346;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des J in V, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom 21. Oktober 1992, Zl. 13/55/3-BK/Ma-1992, betreffend Einkommensteuer 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Steuerberater und ermittelt seine Einkünfte aus dieser Tätigkeit gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988. Dabei brachte er im Streitjahr als Betriebsausgabe Zahlungen für eine infolge Insolvenz des Schuldners schlagend gewordene Bürgschaft in Ansatz, die er 1987 und 1988 für eine GmbH (Unternehmensgegenstand: Radio- und Fernsehmechanik sowie Antennenbaugewerbe, Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, Import und Export sowie Groß- und Einzelhandel mit Waren aller Art), an der er zu 10 Prozent beteiligt war, übernommen hatte.
Zur Begründung der betrieblichen Veranlassung der Bürgschaft hatte der Beschwerdeführer vorgebracht, er habe den Geschäftsanteil an der GmbH erworben und die Bürgschaft übernommen, um "den Betrieb als Klienten" nicht zu verlieren (Berufung vom 13. Februar 1992). Die künftigen Honorareinnahmen wären nur durch die Beteiligung bzw. die Bürgschaftsübernahme möglich gewesen (Vorhaltsbeantwortung vom 7. August 1992, 8.).
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid anerkannte die belangte Behörde die Betriebsausgabeneigenschaft der Leistungen aus der Bürgschaft nicht. Im Hinblick auf die Art der Ermittlung der Einkünfte komme nur notwendiges Betriebsvermögen in Frage. Unter dieses falle die Bürgschaftsübernahme nicht, weil es an einem ursächlichen, unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb fehle. Für einen Steuerberater sei eine kapitalmäßige Betätigung nach Standesauffassung und allgemeiner Verkehrsauffassung berufsfremd. Es sei daher davon auszugehen, daß sie der Freiberufler im Rahmen seines Privatvermögens vornehme. Das gelte auch in Fällen, in denen der Freiberufler sich durch ein solches Geschäft einen Auftraggeber erhalte oder ihn zu gewinnen beabsichtige. Bürgschaften für Klienten lägen daher außerhalb der betrieblichen Sphäre. Es sei zu unterscheiden, ob der freiberuflich Tätige die Bürgschaft in Ausübung seines Berufes übernehme oder, ob die Berufsausübung nur die Gelegenheit schaffe und damit die Aufwendungen nach der Verkehrsauffassung nicht durch den Betrieb veranlaßt seien. Das Motiv des Beschwerdeführers, sich einen Dauerklienten zu erhalten bzw. zu schaffen, sei daher unbeachtlich. Eine betriebliche Veranlassung der Bürgschaft in Höhe von S 100.000,-- wegen zu erwartender Honorare von durchschnittlich S 64.000,-- jährlich sei zu verneinen. Der Tätigkeitsbereich der GmbH habe nichts mit der Steuerberatung zu tun. Außerdem habe der Beschwerdeführer die Beteiligung nicht 1987 in seinem Betriebsvermögen ausgewiesen, sondern erst in einer Abgabenerklärung im Jahre 1990, als ihm die Insolvenz der GmbH bereits bekannt gewesen sei, um so die geleisteten Zahlungen zu Lasten seines Gewinnes abzusetzen und damit auf die Allgemeinheit zu überwälzen. Die Übernahme der Bürgschaft für die GmbH, an der der Beschwerdeführer beteiligt gewesen sei, habe auch mangels Zwangsläufigkeit zu keiner außergewöhnlichen Belastung gemäß § 34 EStG 1988 geführt.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung seiner Aufwendungen aus der erwähnten Bürgschaft als Betriebsausgabe verletzt; er macht Mißachtung materieller und formeller Abgabenvorschriften geltend und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Übernahme von Bürgschaften zählt nicht zu den beruflichen Aufgaben eines Steuerberaters (vgl. §§ 33, 34 WTBO). Die Verkehrsauffassung spricht daher von vornherein nicht für die von § 4 Abs. 4 EStG 1988 für die Betriebsausgabeneigenschaft geforderte Veranlassung der Aufwendung oder Ausgabe aus der Bürgschaft durch den Betrieb.
Die belangte Behörde hätte die Leistungen aus der Bürgschaft daher nur dann als Betriebsausgabe im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers einstufen dürfen, wenn sie einen Sachverhalt festgestellt hätte, aus dem sich aus anderen Gründen die Veranlassung der Übernahme der Bürgschaft durch den Betrieb ergeben hätte. Dem einzigen in diese Richtung weisenden Vorbringen des Beschwerdeführers vor den Abgabenbehörden, er habe die Bürgschaftsverpflichtung übernehmen müssen, um sich den Dauerklienten zu sichern oder ihn zu gewinnen, hat die belangte Behörde aber aus den oben dargelegten Gründen nicht geglaubt. Diese Beweiswürdigung ist unter dem vom Verwaltungsgerichtshof allein wahrnehmbaren Gesichtspunkt der Schlüssigkeit nicht zu beanstanden, weil, von der Behauptung des Beschwerdeführers abgesehen, keine Ermittlungsergebnisse vorlagen, aus denen sich eine derartige Abhängigkeit der Aufträge des erwähnten Klienten an den Beschwerdeführer von der Übernahme der Bürgschaft durch diesen entnehmen ließ. Die belangte Behörde mußte es daher nicht als erwiesen annehmen, daß der Beschwerdeführer den Klienten nur durch Bürgschaftsübernahmen gewinnen bzw. halten konnte. Die Gegenüberstellung der Honorareinnahmen (S 255.000,--) zur Bürgschaft (rund S 100.000,--) zwingt zu keinem gegenteiligen Schluß. Die belangte Behörde durfte bei ihrer Beweiswürdigung auch berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer an der GmbH, deren Unternehmensgegenstand keinerlei Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Steuerberaters hatte, mit einer Stammeinlage von S 100.000,-- beteiligt war, von der nur die Hälfte bar einbezahlt wurde (vgl. den Gesellschaftsvertrag), und, daß nach der Darstellung des Beschwerdeführers (vgl. die Berufung) schon bei der Gründung eine Vereinbarung geschlossen wurde, nach der "bis zu einem gewissen Limit das nicht ausreichende Stammkapital mit Bürgschaften seitens der Gesellschafter aufgefüllt wird", die Bürgschaft also gleichsam als Ergänzung der Stammeinlage dienen solle. Gegen die Zugehörigkeit der Beteiligung an der GmbH zum Betriebsvermögen des Steuerberaters durfte sich die belangte Behörde zu Recht als Indiz darauf berufen, daß der Beschwerdeführer die Beteiligung ursprünglich, also zu einer Zeit, zu der er von der Insolvenz der GmbH noch nichts wußte, nicht als Betriebsvermögen ausgewiesen hatte.
Die belangte Behörde mußte daher nicht von einer überwiegenden betrieblichen Veranlassung der Übernahme der Bürgschaft und damit auch nicht von der Betriebsausgabeneigenschaft der Zahlungen aus der schlagend gewordenen Bürgschaft ausgehen.
Eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften läßt sich weder dem Beschwerdevorbringen noch der Aktenlage entnehmen.
Da der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid somit nicht in den vom Beschwerdepunkt umfaßten Rechten verletzt wird, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992140232.X00Im RIS seit
20.11.2000