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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des P in S, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 29. Jänner 1992, Zl. UVS 303.3-5/91-6, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 25. März 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 16. Oktober 1990 um 14,30 Uhr ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kfz auf der B-Straße in S in Fahrtrichtung B vor dem Haus Nr. 56 gelenkt und sich auf dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (1,05 mg/l) befunden und dadurch eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 1 StVO wurde über ihn eine Geldstrafe von S 50.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Tagen) verhängt. In der bloß formale Stehsätze enthaltenden Begründung wurde auf ein Geständnis des Beschwerdeführers verwiesen, obwohl dieser nur mit Einschränkung den Sachverhalt zugegeben hatte.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung hat
u. a. folgenden Wortlaut:
"Berufung
gegen das Straferkenntnis mit der unverkraftbar
hohen Strafsumme
Hiemit lege ich Berufung gegen die ungeheure Strafsumme ein und ersuche zugleich mit der Begründung um die Beachtung der Voraussetzung und der Beurteilung meines Zustandes, der gar nicht auf eine Alkoholisierung schließen lassen ließ.
Ich war wegen einer Sozialaktion für die Armengebiete Südafrikas ...
Somit hieß es heimreisen. ...
In der Zwischenzeit kredenzte man mir auf dem Monsterflughaften einige sogenannte USOS. Ein Getränk, das ich gar nicht kannte - und mir vor allem die Folgewirkung in Verbindung mit meiner Übermüdung und Kopfwehtabletten gar nicht bewußt war.
Nach dem Heimflug erfuhr ich, daß eine mir bekannte Frau mit Kindern ... delogiert worden war und ihr Auto für die Abfahrt in einen neuen Wohnort defekt war.
Also nahm ich meinen Pkw und fuhr die wenigen Meter zum Hause hin, um ihr mein Fahrzeug für die Siedelei zu borgen.
Doch die Gendarmerie war "alarmiert" und stellte mir nach. Ich hatte gegen eine Alkomatprobe insofern nichts einzuwenden, weil ich mir einer Alkoholisierung gar nicht bewußt war ... immerhin war ja eine Nacht dazwischen
Auch auf der Bezirkshauptmannschaft hatte man nach der Alkomattestung d. Atemluft auch nicht den Eindruck von meiner Alkoholisierung.
Ich war somit selbst ganz überrascht von dem Ergebnis. ... Somit ersuche ich dringendst um den Nachlaß der Strafsumme.
..."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. Jänner 1992 wurde der Berufung Folge gegeben und die Strafe auf S 35.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 37 Tagen) herabgesetzt. In der Begründung heißt es zwar, in der Berufung werde im wesentlichen vorgebracht, daß sich der Beschwerdeführer "auf Grund der Voraussetzung und der Beurteilung seines Zustandes gar nicht einer Alkoholisierung bewußt gewesen sei. Er habe auf einem Flughafen ein Getränk getrunken, das er gar nicht gekannt habe, er sei in Verbindung mit der Übermüdung und der Einnahme von Kopfwehtabletten der Folgewirkungen gar nicht bewußt gewesen. Er habe daher einer Alkomatprobe zugestimmt, weil immerhin eine Nacht dazwischen war". Die belangte Behörde wertete dies jedoch dahin, daß somit lediglich die Höhe der Strafe bekämpft werde und damit der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen sei, weshalb es keiner mündlichen Verhandlung vor der Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates bedurft habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, die belangte Behörde habe sich zu Unrecht nur mit dem Strafausmaß, nicht jedoch auch mit der Anfechtung des Schuldspruches befaßt.
Damit ist der Beschwerdeführer im Recht: Aus der oben dargestellten Formulierung der Berufung des Beschwerdeführers läßt sich nämlich entnehmen, daß der Beschwerdeführer damit auch den Schuldspruch, nämlich in Ansehung der subjektiven Tatseite, bekämpft, da er vorbrachte, sich der Alkoholisierung nicht bewußt gewesen zu sein. Die belangte Behörde hat es daher in Verkennung der Rechtslage unterlassen, sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides darüber auseinanderzusetzen. Ihren diesbezüglichen nachträglichen Ausführungen in der Gegenschrift kommt daher keine Bedeutung zu (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/02/0269).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Aus verwaltungsökonomischen Gründen wird darauf verwiesen, daß sich die belangte Behörde insbesondere auch mit der vom Beschwerdeführer aufgestellten Behauptung, es sei der verwendete Alkomat entgegen den bestehenden gesetzlichen Vorschriften nicht geeicht und daher die Messung nicht verwertbar gewesen, auseinanderzusetzen haben wird. Die belangte Behörde wird sich auch mit den Einwendungen gegen die Strafhöhe eingehend zu befassen haben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992030165.X00Im RIS seit
12.06.2001