TE Vwgh Erkenntnis 1993/4/21 92/01/0956

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Veröffentlicht am 21.04.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. September 1992, Zl. 4.332.911/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. September 1992 wurde ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem türkischen Staatsangehörigen, der am 7. Jänner 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Daß ein Asylwerber durch einen Bescheid wie den angefochtenen - entsprechend dem vom Beschwerdeführer bezeichneten Beschwerdepunkt gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG - in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf "Feststellung der Flüchtlingseigenschaft" auch auf dem Boden des (bei Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits anzuwendenden) Asylgesetzes 1991 verletzt sein kann, hat der Verwaltungsgerichtshof unter anderem bereits in seinem Erkenntnis vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0834, zum Ausdruck gebracht. Ein Hinweis auf dieses Erkenntnis genügt aber gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auch hinsichtlich der Rüge des Beschwerdeführers, es fehle die deutliche Bezeichnung des Gegenstandes der Erledigung der belangten Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides, woraus sich ergibt, daß dieser Umstand im Hinblick darauf, daß sich der Gegenstand der Erledigung zweifelsfrei der Bescheidbegründung entnehmen läßt, keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit darstellt.

Der (bereits damals anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer hat seinen schriftlichen Asylantrag vom 10. Jänner 1992 damit begründet, daß er auf Grund seiner kurdischen Abstammung in der Türkei in allen Lebensbereichen benachteiligt und politisch verfolgt worden sei. In seinem Fall seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfüllt. Seine genauen Fluchtgründe werde er bei seiner Einvernahme zu Protokoll geben. Bei dieser Einvernahme, welche am 2. März 1992 erfolgte, gab der Beschwerdeführer an, daß sein Heimatdorf seit 1981 zeitweise von Terroristen aufgesucht und diesen von den Dorfbewohnern Verpflegung und Unterkunft gewährt werde. Das werde den Dorfbewohnern vom türkischen Militär zum Vorwurf gemacht, wobei ein Galgen errichtet worden sei, die Dorfbewohner von den Soldaten geschlagen und aufgefordert worden seien, Waffen abzuliefern. Der Beschwerdeführer habe zwar in Istanbul gearbeitet, sich jedoch zwischendurch immer wieder längere Zeit in seinem Heimatdorf aufgehalten. Im Juni 1991 sei er dort zu Hause von Gendarmen festgenommen und in ein Gefängnis gebracht worden, wo er 24 Stunden lang festgehalten worden sei. Man habe ihm vorgeworfen, Terroristen beherbergt und verpflegt bzw. der Gendarmerie "das Auftreten der Terroristen" in seinem Dorf nicht gemeldet zu haben. Er habe die Anschuldigungen geleugnet, und man habe ihm nichts nachweisen können, weshalb man ihn wieder freigelassen habe. Während der Haft sei er mißhandelt worden, wodurch er nicht verletzt worden sei, jedoch Schmerzen gehabt habe. Er habe in der Türkei keiner politischen Partei angehört und sei für eine solche nicht tätig gewesen. Wegen seiner politischen Einstellung sei er in der Türkei nicht verfolgt worden. Nur wegen des Umstandes, daß er Kurde sei, habe er in der Türkei keine Verfolgung zu erleiden gehabt.

Legt man - mangels Vorliegens eines der im § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 angeführten Fälle, wobei im übrigen im Berufungsverfahren gar kein zusätzliches Tatsachenvorbringen erstattet wurde, und demnach im Sinne des § 20 Abs. 1 leg. cit. - diesen Sachverhalt der Beurteilung zugrunde, so kann der belangten Behörde - der der Beschwerdeführer zu Unrecht zum Vorwurf macht, sie habe sich mit den von ihm "vorgebrachten Gesichtspunkten" nicht hinreichend auseinandergesetzt - nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers verneint und damit diese Voraussetzung für die Gewährung von Asyl nicht als gegeben erachtet hat. Es kann auf sich beruhen, ob ihre Auffassung, die vom Beschwerdeführer geschilderten, individuell gegen ihn gerichteten Maßnahmen seien lediglich zur Verhinderung bzw. Aufklärung von kriminellen Handlungen und deshalb nicht aus politischen Motiven erfolgt, sowie ihre Ansicht, diese Eingriffe hätten nicht eine solche Intensität erreicht, daß aus objektiver Sicht ein Verbleib in seinem Heimatland für ihn unerträglich gewesen wäre, zutreffen. Abgesehen davon, daß sich aus den Angaben des Beschwerdeführers kein Anhaltspunkt dafür ergibt, daß sich die von ihm behaupteten, allenfalls maßgeblichen Umstände auf das gesamte Gebiet seines Heimatlandes beziehen, er also Schutz vor Verfolgung nicht in anderen Teilen seines Heimatlandes hätte finden können (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0555, und vom 10. März 1993, Zl. 93/01/0079), ist nämlich der belangten Behörde jedenfalls darin beizupflichten, daß dem Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben in weiterer Folge keine Nachteile erwachsen sind, obwohl er bis zu seiner Ausreise noch (mehr als) fünf Monate zugewartet hat. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß der für die Annahme wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (in Übereinstimmung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) relevante zeitliche Zusammenhang zu seiner Ausreise (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/0725, und vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/0835) bestanden hat und eine solche Furcht auf seiten des Beschwerdeführers weiter besteht.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992010956.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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