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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der K GesmbH in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 16. September 1992, Zl. IIc/6702B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei betreibt an ihrem Standort in W. ein Restaurant. Sie beantragte beim Arbeitsamt Persönliche Dienste - Gastgewerbe für den am 1. Mai 1965 geborenen türkischen Staatsangehörigen Z für die berufliche Tätigkeit als Kellner die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 (AuslBG).
Mit Bescheid vom 11. Mai 1992 lehnte das genannte Arbeitsamt gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG diesen Antrag ab.
In ihrer fristgerecht erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen vor, der beantragte Ausländer sei eine Schlüsselkraft, da er gut Deutsch spreche und die türkische Küche perfekt beherrsche. Dies sei deshalb wichtig, weil er den Gästen - vorwiegend Inländern, die erstmals die türkische Küche probierten - die Speisen und Getränke ausführlich beschreiben und empfehlen könne. Der Geschäftsführer müsse den Einkauf während der Öffnungszeit des Lokales (täglich von 10.00 bis 24.00 Uhr) selbst besorgen, weshalb ein Kellner, der das volle Vertrauen der beschwerdeführenden Partei genieße (Anvertrauen der Lokalkassa) benötigt werde. Dies sei beim beantragten Ausländer, der langjährig bekannt sei, der Fall.
Mit Schreiben vom 1. Juni 1992 teilte die Behörde erster Instanz der beschwerdeführenden Partei mit, sie könne aus ihrem Stand an arbeitslos vorgemerkten Personen Arbeitskräfte anbieten, die für die beantragte Tätigkeit zur Verfügung stünden. Von den formularmäßig eröffneten Antwortmöglichkeiten kreuzte die beschwerdeführende Partei die Alternative "Ich wünsche keine andere Kraft anstelle des(r) beantragten Ausländers/Ausländerin" an und retournierte dieses Formular mit Schreiben vom 4. Juni 1992.
Die Berufung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. September 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und 6 sowie § 13a AuslBG (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991) ab. Sie begründete ihre Entscheidung nach Wiedergabe der Rechtslage im wesentlichen damit, eine Überprüfung der Lage des im Beschwerdefall maßgebenden Teilarbeitsmarktes habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte zwecks Deckung des Arbeitskräftebedarfes der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung stünden, die zur Vermittlung vorgemerkt seien und die dem nach § 4b AuslBG begünstigten Personenkreis angehörten. Der beantragte ausländische Arbeitnehmer erfülle nicht die Voraussetzungen nach § 4b AuslBG. Im Berufungsverfahren sei der beschwerdeführenden Partei wegen dieser Situation am maßgeblichen Teilarbeitsmarkt mit Schreiben vom 1. Juni 1992 die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung angeboten worden. Mit Antwort vom 4. Juni 1992 habe die beschwerdeführende Partei eine solche jedoch abgelehnt. Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den beantragten Ausländer zu begründen. Außerdem sei die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 28. November 1991, BGBl. Nr. 598, für das Bundesland Wien für das Kalenderjahr 1992 festgesetzte Höchstzahl (95.000) seit Beginn des Kalenderjahres 1992 laut offizieller Statistik des genannten Bundesministeriums weit überschritten. Weder seien im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung der beschwerdeführenden Partei vorgebracht worden, die den Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG erfüllten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei bringt in ihrer Beschwerde folgendes vor:
"Die Arbeitsmarktverwaltung hält an ihrer gesetzwidrigen Praxis fest, in der ersten Instanz überhaupt kein Ermittlungsverfahren zu führen und der Partei noch viel weniger rechtliches Gehör einzuräumen (Rückfragen und Hinweise werden mit der Äußerung: "Daß soll die Instanz machn, wir haben keine Zeit dazu" quittiert), die zweite Instanz führt zwar ein solches Verfahren angeblich durch - es erschöpft sich meist in der Anhörung irgendwelcher Geheimausschüsse, deren Mitglieder, Verfahren und Grundsätze stets verborgen bleiben, ein Äußerungsrecht wird jedoch gar nicht unterstellt, da es im Akt auch nichts, außer einem Zettel über die angebliche Tatsache einer Ausschußsitzung, gibt, wozu Stellung genommen werden könnte.
Diese Praxis verstößt nicht nur gegen geltendes österreichisches Recht), sondern mißachtet auch die Garantien der EMRK über ein faires Verfahren. Die vom bekämpften Bescheid dargetane Bedeutsamkeit jenes Ausschusses aber auch das Recht auf den gesetzlichen Richter, sodaß die Bf.in beantragt, den bekämpften Bescheid aufzuheben und den Bund in den Kostenersatz zu verfällen."
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Im Beschwerdefall stützt die belangte Behörde ihre ablehnende Entscheidung ausdrücklich nicht nur auf § 4 Abs. 6 (in Verbindung mit § 13a AuslBG "in der Novelle vom 27.12.1991, BGBl. Nr. 684/1991"), sondern - insofern über die Behörde erster Instanz hinausgehend - auch auf § 4 Abs. 1 AuslBG. Dazu war die belangte Behörde nach § 66 Abs. 4 AVG auch berechtigt, da Berufungsgegenstand die Frage der Erteilung bzw. Nichterteilung der Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG (ohne Einschränkung auf die von der Behörde erster Instanz geltend gemachten Versagungsgründe) war (ständige Rechtsprechung vgl. z.B. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Mai 1988, Zl. 88/09/0015, vom 4. September 1989, Zl. 89/09/0058, vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0150, und vom 18. Oktober 1990, Zl. 88/09/0142).
Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinn des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und als vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser durch Art. I Z. 10 der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 geschaffenen Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Diese Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0179).
Die belangte Behörde stützt ihre Ablehnung primär darauf, der von der beschwerdeführenden Partei beantragte Ausländer gehöre nicht dem im Sinn des § 4b AuslBG begünstigt zu vermittelnden Personenkreis an, derzeit sei eine Ersatzkraftstellung aus diesem Personenkreis möglich, eine solche sei auch der beschwerdeführenden Partei im Zuge des Berufungsverfahrens angeboten, von ihr aber abgelehnt worden.
Diese die Ablehnung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nach § 4 Abs. 1 AuslBG tragenden Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde hat die beschwerdeführende Partei in ihrer oben wörtlich wiedergegebenen Beschwerde nicht bestritten. Insbesondere hat sie nicht behauptet, daß im Sinn des § 4b AuslBG vorrangig zu vermittelnde gleichwertige Arbeitskräfte im Beschwerdefall nicht zur Verfügung gestanden wären.
Im übrigen trifft es nach der Aktenlage auch zu, daß die beschwerdeführende Partei die Stellung einer Ersatzkraft von vornherein ohne weitere Begründung abgelehnt hat.
Damit fehlt es aber an einer der beiden gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG rechtserheblichen Tatsachen als Voraussetzung für eine Erteilung der begehrten Beschäftigungsbewilligung, sodaß auf den weiteren von der Behörde herangezogenen Versagungstatbestand nach § 4 Abs. 6 AuslBG im Beschwerdefall nicht einzugehen war.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie nach § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Parteiengehör Rechtliche BeurteilungUmfang der Abänderungsbefugnis Auswechslung des RechtsgrundesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992090310.X00Im RIS seit
27.11.2000Zuletzt aktualisiert am
26.01.2011