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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der K GmbH in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 17. November 1992, Zl. IIc/6702 B/6745, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei, die ein Cafe-Restaurant betreibt, beantragte mit Schreiben vom 7. September 1992 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste-Gastgewerbe die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die am 21. Dezember 1954 geborene rumänische Staatsbürgerin P. für die berufliche Tätigkeit als "Küchenhilfe" mit einer monatlichen Bruttoentlohnung von S 9.420,--.
Diesen Antrag lehnte das genannte Arbeitsamt mit Bescheid vom 15. September 1992 gemäß § 4 Abs. 6 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) ab. Begründend führte die Behörde erster Instanz nach Wiedergabe dieser Gesetzesstelle aus, der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet, und darüber hinaus habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen vor, sie brauche P. als Ersatz für ihre derzeitige ausländische Küchenhilfe, die schwanger sei. Auf zwei Annoncen in einer Zeitschrift habe sich kein einziger österreichischer Staatsbürger gemeldet. Die Arbeitszeit sei von 16.30 bis 22.30 Uhr; der Arbeitsplatz liege entlegen.
Mit Schreiben vom 6. Oktober 1992 teilte die Behörde erster Rechtsstufe der beschwerdeführenden Partei mit, sie könne ihr aus dem Stand an arbeitslos vorgemerkten Personen Arbeitskräfte anbieten, die für die Tätigkeit, für die die beschwerdeführende Partei die Ausländerin beantragt habe, zur Verfügung stünden. Auf einem Formular, auf dem als Alternative auch das Ersuchen um Zuweisung von Ersatzarbeitskräften angegeben war, kreuzte die beschwerdeführende Partei die Erklärung mit folgender handschriftlicher Ergänzung an:
"Ich wünsche keine anderen Kräfte anstelle des(r) beantragten Ausländers/Ausländerin." ("Sie ist die Gattin eines Teilhabers in unserer GesmbH".)
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 17. November 1992 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 sowie § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen aus, für das Kalenderjahr 1992 sei die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 28. November 1991, BGBl. Nr. 598/1991, festgesetzte Landeshöchstzahl für Wien seit Beginn des Jahres 1992 weit überschritten. Es seien daher die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Werde ein Ausländer mit geringerem Integrationsgrad als gemäß § 4b AuslBG beantragt, sei zu prüfen, ob vorrangige Arbeitskräfte in der dort normierten Reihenfolge für die Vermittlung zur Verfügung stünden. P. verfüge jedoch nicht über solche Prioritätsmerkmale. Eine Überprüfung der Lage auf dem relevanten Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte aus der vorerwähnten Personengruppe zur Deckung des Arbeitskräftebedarfes der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung stünden. Somit sei gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG die Bewilligung im Hinblick auf die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes nicht zulässig. Angesichts der dargestellten Situation auf dem verfahrensrelevanten Teilarbeitsmarkt sei seitens des Arbeitsamtes an die beschwerdeführende Partei die Frage gerichtet worden, ob sie Interesse an der Einstellung von gemäß § 4b AuslBG begünstigt zu behandelnden Personen habe. In ihrem Antwortschreiben (vom 19. Oktober 1992) habe die beschwerdeführende Partei ausdrücklich erklärt, keine anderen Kräfte als P. zu wünschen und dies mit der Beteiligung des Gatten der P. an der beschwerdeführenden Partei begründet. Diese Argumentation stelle jedoch keinen anerkennenswerten Grund für die ablehnende Haltung der beschwerdeführenden Partei gegenüber dem beim Arbeitsamt vorgemerkten Ersatzarbeitskräften, die gemäß § 4b AuslBG vordergründig in den Arbeitsmarkt einzugliedern seien, dar.
Sinn und Zweck einer Ersatzkraftstellung sei, so führte die belangte Behörde im Zusammenhang weiter aus, herauszufinden, ob sich unter den beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stehenden und durch ihre Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 4b AuslBG bevorzugt zu betreuenden Arbeitssuchenden eine Person befinde, die bereit und fähig sei, die konkret beantragte Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben. Dazu sei es erforderlich, dem Arbeitgeber objektiv geeignete Bewerber zu vermitteln. Nur dann, wenn kein derart qualifizierter Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden könne, erlaube die Arbeitsmarktlage die Beschäftigung des beantragten Ausländers. Durch ihr Desinteresse an der angebotenen Ersatzkraftstellung hätte sich die beschwerdeführende Partei die Möglichkeit genommen, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen. Es sei nicht auszuschließen, daß die offene Stelle mit einer begünstigt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Diese Beweisführung erübrige sich jedoch, wenn der Arbeitgeber die Stellung von Ersatzkräften von vornherein ohne zwingenden Grund ablehne.
Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, P. solle als Ersatz für eine andere ausländische Küchenhilfe beschäftigt werden, führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, die Anwendung der Bestimmungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG (hier: § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG) könne erst erfolgen, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 und 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung vorlägen. Da dieses Erfordernis - wie zuvor aufgezeigt worden sei - nicht erfüllt sei, könne diese Argumentation nicht zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für P. führen. Die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei würden sie nicht davon entbinden, sich von der Eignung der gemäß § 4b AuslBG "vordergründig" in den Arbeitsmarkt zu integrierenden Arbeitskräfte, die beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stünden und für eine Zuweisung in Betracht kämen, zu überzeugen, weil auf Grund des "hohen Vorgemerktenstandes an Küchenhilfen" jederzeit die Möglichkeit bestehe, geeignete Ersatzarbeitskräfte zuzuweisen. Weiters habe die beschwerdeführende Partei in ihrer Berufung auf ihre erfolglosen Bemühungen hingewiesen, über zwei Inserate in einer Zeitschrift eine geeignete Arbeitskraft zu finden. Private Bemühungen der beschwerdeführenden Partei, ihren Arbeitskräftebedarf abzudecken, seien für das gegenständliche Verfahren von keiner Relevanz. Auch die behauptete Unattraktivität des Arbeitsplatzes - Beschäftigungszeit von
16.30 bis 22.30 Uhr, entlegener Beschäftigungsort - könne nicht entgegen den Bestimmungen des AuslBG die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für P. begründen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt der Beschwerde erachtet sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden, seit 1. Jänner 1992 in Kraft stehenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.
Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen - sei es auch aus familiären Gründen - zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Diese Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1992, Zl. 92/09/0215, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Im vorliegenden Fall hat die beschwerdeführende Partei in ihrer Mitteilung vom 19. Oktober 1992 unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie AUSSCHLIEßLICH P. als Küchenhilfe beschäftigen wolle. Sie hat dabei darauf hingewiesen, daß P. die Ehegattin eines ihrer Teilhaber sei. Sie hat im Verwaltungsverfahren niemals vorgebracht, an der Stellung einer Ersatzkraft interessiert zu sein. Mit Rücksicht darauf war die belangte Behörde auch nicht gehalten, vor ihrer die Abweisung des Antrages der beschwerdeführenden Partei bestätigenden Entscheidung den Versuch zu unternehmen, der beschwerdeführenden Partei Ersatzarbeitskräfte anzubieten.
Soweit die beschwerdeführende Partei erstmals in ihrem Beschwerdeschriftsatz auf die "besondere Vertrauensstellung der Ehegattin" eines ihrer Gesellschafter (für die beantragte Beschäftigung als "Küchenhilfe"), die als Abwägungskriterium auch iSd § 4b AuslBG zu berücksichtigen sei, hinweist, so handelt es sich hiebei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung (§ 41 Abs. 1 VwGG). Abgesehen davon ist für die beantragte Tätigkeit als "Küchenhilfe" nach allgemeiner Lebenserfahrung eine besondere Vertrauenswürdigkeit nicht erforderlich.
Die belangte Behörde hat schon im angefochtenen Bescheid zutreffend darauf hingewiesen, daß die Beteiligung des Ehegatten der beantragten Ausländerin an der beschwerdeführenden Partei (die antragstellende Arbeitgeberin) keinen ausreichenden Grund für die Ablehnung jeder Ersatzkraftstellung durch die beschwerdeführende Partei darstellt. Im Ausländerbeschäftigungsgesetz fehlt nämlich jeglicher Hinweis dafür, daß in einem solchen Fall (Beantragung einer Beschäftigungsbewilligung für eine ausländische Arbeitnehmerin, deren Ehegatte an der antragstellenden GesmbH - hier: mit einem Geschäftsanteil von 50 % - beteiligt ist) im Bewilligungsverfahren andere Beurteilungsmaßstäbe als sonst zu gelten hätten. Der von der beschwerdeführenden Partei in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, die belangte Behörde hätte von Amts wegen Einsicht in das Firmenbuch nehmen müssen, geht schon deshalb ins Leere, weil die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ohnedies von einer Beteiligung des Ehegatten der beantragten Ausländerin an der beschwerdeführenden Partei ausgegangen ist.
Die Beschwerde war deshalb, ohne daß auf den weiteren von der belangten Behörde herangezogenen Versagungsgrund nach § 4 Abs. 6 AuslBG und auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war, schon wegen des Fehlens einer der beiden gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG rechtserheblichen Tatsachen als Voraussetzung für die Erteilung der begehrten Beschäftigungsbewilligung gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992090395.X00Im RIS seit
20.11.2000