TE Vfgh Erkenntnis 1990/11/26 B36/90

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.11.1990
beobachten
merken

Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
Tir GVG 1983 §1 Abs1 Z1
Tir GVG 1983 §4 Abs1
Tir GVG 1983 §6 Abs1 litc

Leitsatz

Zuständigkeit der Grundverkehrsbehörde zur Entscheidung über die grundverkehrsbehördliche Genehmigung eines Realteilungsvertrages bezüglich landwirtschaftlicher Grundstücke; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine denkunmögliche Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung aufgrund der Annahme mangelnder Selbstbewirtschaftung, auch wenn das Grundstück schon bisher vom Eigentümer nicht selbst bewirtschaftet wurde

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird daher abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Teilungsvertrag vom 7. Juli 1987 vereinbarten K H und

M F die Auflösung des Miteigentums an der Liegenschaft EZ 710 II KG Götzens durch den Erwerb von Alleineigentum, und zwar an der Gp. 935/2 durch K H und der Gp. 935/1 durch M F.

2.1. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Götzens bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 15. Dezember 1987 wurde die beantragte Genehmigung der Teilung und Eigentumsübertragung an den genannten Grundstücken gemäß §3 Abs1 lita und j des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983, LGBl. für Tirol Nr. 69/1983 idF LGBl. Nr. 44/1984 (im folgenden: GVG 1983), gemäß §4 Abs2 iVm §6 Abs1 litc sowie Abs4 leg.cit. nicht erteilt.

2.2. Die dagegen von beiden Vertragspartnern erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 25. September 1989, Z LGv - 465/4-88, - gestützt auf §6 Abs1 litc und e GVG 1983 - als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, daß beide Versagungstatbestände einer Genehmigung entgegenstünden. Zum einen erscheine nämlich in Ansehung des Umstandes, daß unbestrittenermaßen beide Vertragsteile Nichtlandwirte seien und das verfahrensgegenständliche Grundstück vom Bruder der Vertragsparteien bewirtschaftet werde, die Besorgnis begründet, daß auch in Zukunft mit einer Selbstbewirtschaftung nicht gerechnet werden könne. Zum anderen laufe das vorliegende Rechtsgeschäft im Ergebnis auf eine unwirtschaftliche Zersplitterung einer landwirtschaftlich genutzten Grundfläche hinaus.

3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, der Sache nach die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Unversehrtheit des Eigentums, sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend gemacht werden und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3.2. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

4.1. Die Beschwerdeführer meinen zunächst, daß eine Realteilung an sich keinen Rechtserwerb im Sinne des §3 Abs1 GVG 1983 darstelle, weil es sich hiebei "nicht um einen Grundverkehr handelt, sondern ... um die Umwandlung vorhandenen ideellen Eigentums in materielles Eigentum". Für diese Rechtsauffassung spreche auch, daß Realteilungen von der Grunderwerbsteuer befreit seien. Die Behörde habe daher schon aus diesem Grunde das Gesetz und damit auch §6 Abs1 litc und e GVG 1983 denkunmöglich angewendet.

Mit diesem Vorbringen behaupten die Beschwerdeführer der Sache nach, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt zu sein.

Die Beschwerde macht aber auch eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums mit der Begründung geltend, daß die Grundstücke auch vor der Realteilung von ihnen nicht selbst bewirtschaftet worden seien; es sei denkunmöglich, den Versagungsgrund nach §6 Abs1 litc GVG 1983 anzuwenden.

Schließlich behaupten die Beschwerdeführer aber auch die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich eines gesetzwidrigen Flächenwidmungsplanes. Ursprünglich hätten sich die in Rede stehenden Grundparzellen aufgrund des Flächenwidmungsplanes in dem als Bauland (Aufschließungsgebiet) ausgewiesenen Flächenteil befunden. Bei der Änderung des Planes sei auf die tatsächlich bestehende Situation keine Rücksicht genommen worden; die Widmung des in Rede stehenden Bereiches als Freiland sei mit Gemeinderatsbeschluß vom 13. März 1985 erfolgt, ohne daß sich hiefür ein sachlicher Grund finde.

4.2.1. Nach der vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 8718/1979, 9005/1981, 9063/1981, 10921/1986) vertretenen Auffassung ist bei verfassungskonformer Auslegung des §1 Abs1 Z1 GVG 1983 davon auszugehen, daß der Landesgesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Grundverkehrs (soweit es sich um einen Rechtserwerb durch Inländer handelt) nur den Verkehr mit solchen Grundstücken verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen darf, die gegenwärtig einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmet sind (vgl. VfSlg. 8257/1978). Aus der Widmung einer Grundfläche unter raumplanerischen und baurechtlichen Gesichtspunkten allein ist allerdings zur Beantwortung der Frage, ob ein Grundstück als land- oder forstwirtschaftliches Grundstück im Sinne des §1 Abs1 Z1 GVG 1983 zu gelten hat, nichts zu gewinnen (vgl. VfSlg. 7580/1975).

Soweit die Beschwerdeführer die Zuständigkeit der belangten Behörde bestreiten, weil es sich bei einer Realteilung um keinen grundverkehrsbehördlich genehmigungspflichtigen Rechtserwerb handle, ist ihnen nicht zu folgen. Daß der Wortlaut des GVG 1983 die Auffassung der Behörde deckt, daß auch Rechtserwerbe aufgrund einer Realteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürfen, wird selbst von der Beschwerde nicht in Frage gestellt. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles aber auch nicht veranlaßt, an der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der §§3 und 6 GVG 1983 aufgrund der unsubstantiierten Beschwerdebehauptungen zu zweifeln.

Da nach Inhalt der Administrativakten und auch nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführer die in Rede stehenden Grundstücke bisher vom Bruder der Beschwerdeführer, der eine Landwirtschaft betreibt, bewirtschaftet und sohin tatsächlich landwirtschaftlich genutzt wurden, hegt der Verfassungsgerichtshof keine Zweifel, daß der Realteilungsvertrag landwirtschaftliche Grundstücke im Sinne des §1 Abs1 Z1 GVG 1983 betraf. Die belangte Behörde war damit zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zuständig.

Bei diesem Ergebnis war auf die Frage, ob eine Änderung des Flächenwidmungsplanes zu Recht erfolgte (was die Beschwerdeführer in Frage stellen), nicht mehr einzugehen.

Die Beschwerdeführer sind daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.

4.2.2. Aber auch eine Verletzung des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums liegt nicht vor.

Der angefochtene Bescheid stützt sich in materiell-rechtlicher Hinsicht auf §4 Abs1 und §6 Abs1 litc GVG 1983. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieser Bestimmungen (vgl. VfSlg. 7538/1975, 7544/1975, 7546/1975, 7881/1976, 9063/1981, 10921/1986) läge eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums nur vor, wenn die Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet hätte. Dies behaupten die Beschwerdeführer mit der Begründung, daß eine Selbstbewirtschaftung durch die Vertragspartner auch vor der Realteilung nicht stattgefunden habe und sich durch die gegebene Realteilung daran nichts ändere. Mit Recht verweist die belangte Behörde hiezu auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (ua. VfGH 26.9.1989 B695/88), wonach der Wortlaut der vorzitierten Gesetzesstellen die Auslegung zuläßt, daß die grundverkehrsbehördliche Zustimmung auch dann zu versagen ist, wenn das Grundstück schon bisher vom Eigentümer nicht selbst bewirtschaftet wurde und diesbezüglich durch das genehmigungspflichtige Rechtsgeschäft keine Änderung eintreten würde. Entscheidend ist nur, ob der Erwerber einer Liegenschaft diese selbst bewirtschaften wird. Der Verfassungsgerichtshof hält an dieser Auffassung fest.

Auch eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums liegt somit nicht vor.

4.3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es aber auch ausgeschlossen, daß sie in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden sind.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches, Selbstbewirtschaftung, Behördenzuständigkeit Grundverkehr, Grundverkehrsrecht Kompetenz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B36.1990

Dokumentnummer

JFT_10098874_90B00036_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten