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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des P in J, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt, G, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Burgenland vom 9. September 1992, Zl. IV/7022 B Sch/Me, betreffend Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 AlVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand zuletzt in der Zeit vom 5. Juni 1991 bis 31. Jänner 1992 als Servicearbeiter in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mit der Firma A Gesellschaft m. b. H. in F. Am 19. Februar 1992 beantragte er die Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 16. März 1992 sprach das Arbeitsamt Stegersbach (erstinstanzliche Behörde) aus, daß der Beschwerdeführer gemäß § 10 AlVG den Anspruch auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 2. März 1992 bis 29. März 1992 verloren habe; eine Nachsicht werde nicht erteilt. Begründet wurde die Entscheidung damit, daß der Beschwerdeführer die angebotene Beschäftigung bei der Firma I in X nicht angenommen habe. Der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 20. Juli 1992 nicht statt.
Am 30. März 1992 wurde dem Beschwerdeführer von der erstinstanzlichen Behörde eine Beschäftigung als Autoverkäufer bei der Firma P. mit Arbeitsantritt 6. April 1992 zugewiesen. Nach der Niederschrift vom 29. April 1992 erklärte der Beschwerdeführer, das Beschäftigungsverhältnis sei aus folgenden Gründen nicht zustande gekommen: Er habe sich am 4. April 1992 bei dem Inhaber der Firma P. vorgestellt und ihm seinen Lebenslauf geschildert. Unter anderem habe er ihm mitgeteilt, daß er aufgrund seines Gesundheitszustandes um die "I-Pension" ansuchen werde. Daraufhin sei keine Einstellung erfolgt, da Herr P. einen Verkäufer längerfristig beschäftigen möchte.
Daraufhin sprach die erstinstanzliche Behörde mit Bescheid vom 27. Juli 1992 aus, daß der Beschwerdeführer gemäß § 10 AlVG den Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 6. April 1992 bis 17. Mai 1992 verloren habe; eine Nachsicht werde nicht erteilt. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß der Beschwerdeführer die angebotene Beschäftigung bei der Firma P. in H nicht angenommen habe; berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, nicht er habe eine angebotene Beschäftigung abgelehnt, sondern die Geschäftsleitung der Firma P. die Begründung eines Dienstverhältnisses. Er habe im Zuge des Gespräches wahrheitsgemäß alle ihn betreffenden Umstände dargelegt und demgemäß auch mitgeteilt, daß er einen Pensionsantrag stellen werde. Daraufhin habe die Firma P. seine Einstellung mit der Begründung verweigert, daß nur ein Dienstnehmer in Frage komme, mit dem ein Arbeitsverhältnis von längerer Dauer abgeschlossen werden könne. Die Ablehnung der Beschäftigung sei somit nicht auf seiner Seite gelegen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. Ihrer Entscheidung legte die belangte Behörde die Angaben des Beschwerdeführers in der Niederschrift vom 29. April 1992 zugrunde. Zu seinem Vorbringen in der Berufung, es sei von der Geschäftsleitung der Firma P. ein Dienstverhältnis abgelehnt worden, sei festzustellen, daß der Beschwerdeführer laut telefonischer Rücksprache eines Beamten der erstinstanzlichen Behörde mit Herrn P. am 6. April 1992 den Eindruck gemacht habe, als wolle er den Job sowieso nicht. Er habe nur seine negativen Seiten aufgezeigt (Exekutionen, dauernde Arztbesuche ...). Zum Schluß habe er noch gesagt, daß er demnächst sowieso einen Antrag auf Pension stellen werde. Letzteres sei eine reine Zweckbehauptung gewesen, weil er bis dato keinen Antrag auf Invaliditätspension gestellt habe, sondern wieder in Beschäftigung stehe. Die belangte Behörde vertrete daher die Ansicht, daß sein Verhalten als Arbeitsvereitelung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen zu qualifizieren sei. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Erteilung von Nachsicht von den Rechtsfolgen einer Arbeitsvereitelung habe er nicht vorgebracht bzw. hätten solche Gründe auch von Amts wegen aus dem Sachverhalt nicht ersehen werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst dagegen, daß die belangte Behörde den Ausschluß vom Bezug des Arbeitslosengeldes allein damit begründet habe, der Beschwerdeführer habe die Annahme der vermittelten Beschäftigung nach § 10 AlVG vereitelt, hiebei aber davon ausgegangen sei, der Beschwerdeführer sei arbeitsfähig und arbeitslos gewesen. Die Arbeitslosigkeit sei zweifelsohne gegeben gewesen, die Arbeitsfähigkeit im Zeitpunkt der Vermittlung bzw. des Vorstellungsgespräches aber zumindest zweifelhaft. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer auch nach dem Vorstellungsgespräch einen Antrag auf Gewährung der Invaliditätspension gestellt und sei aufgrund dieses Antrages in der Zwischenzeit auch am 29. September 1992 im Auftrag der zuständigen Pensionsversicherungsanstalt vertrauensärztlich untersucht worden. Ein Gutachten darüber sei zwar noch ausständig, aufgrund des röntgenologischen Befundes erscheine aber die Arbeitsunfähigkeit evident. Auch sei der Beschwerdeführer von der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse ab 1. Juni 1992 als arbeitsunfähig erklärt worden. Schon die erstinstanzliche Behörde wäre daher, nachdem sie vom Beschwerdeführer über seine körperlichen Beschwerden in Kenntnis gesetzt worden sei, gemäß § 8 Abs. 2 AlVG verpflichtet gewesen, seine ärztliche Untersuchung anzuordnen.
Bei diesem Einwand übersieht der Beschwerdeführer zunächst, daß ihm dann, wenn er, wie er behauptet, schon ab dem Zeitpunkt der Vermittlung bzw. des Vorstellungsgespräches arbeitsunfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 AlVG, das heißt invalid bzw. berufsunfähig im Sinne der für ihn in Betracht kommenden Vorschriften der §§ 255, 273 bzw. 280 ASVG, gewesen wäre, zwar nicht aus dem Grunde mangelnder Arbeitswilligkeit, wohl aber dem der mangelnden Arbeitsfähigkeit kein Arbeitslosengeld zugestanden hätte. Die als Verfahrensmangel gerügte Unterlassung von Ermittlungen über die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers kann daher im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 8 Abs. 1 AlVG von keiner rechtlichen Bedeutung sein.
Der Einwand könnte aber auch so verstanden werden, daß die belangte Behörde auf Grund der angeführten Umstände hätte prüfen müssen, ob dem Beschwerdeführer die zugewiesene Beschäftigung im Sinne des § 9 Abs. 1 und 2 AlVG zumutbar gewesen sei.
Nach § 9 Abs. 1 AlVG ist unter anderem arbeitswillig, wer bereit ist, eine durch das Arbeitsamt vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Zumutbar ist eine Beschäftigung nach § 9 Abs. 2 AlVG unter anderem dann, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist und seine Gesundheit nicht gefährdet. Wenn der Arbeitslose sich weigert, eine ihm vom Arbeitsamt zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, verliert er nach § 10 Abs. 1 erster Satz AlVG für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden vier Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Liegt im Zeitraum eines Jahres vor dem Beginn eines Anspruchsverlustes bereits ein früherer Anspruchsverlust, so beträgt der im ersten Satz genannte Zeitraum sechs Wochen.
Der Verlust des Arbeitslosengeldes nach § 10 Abs. 1 AlVG setzt somit unter anderem die Zumutbarkeit der vom Arbeitsamt zugewiesenen Beschäftigung im Sinne des § 9 Abs. 2 AlVG voraus. Hätten daher ernsthafte Zweifel an der körperlichen und geistigen Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Verrichtung der ihm zugewiesenen Beschäftigung im Zeitpunkt der Zuweisung der Beschäftigung am 30. März 1992 bzw. des Vorstellungsgespräches bestanden, so hätte schon die erstinstanzliche Behörde, wie der Beschwerdeführer ausführt, aber auch die belangte Behörde vor der Bejahung eines Vereitelungstatbestandes klären müssen, ob der Beschwerdeführer zu den genannten Zeitpunkten tatsächlich zur Verrichtung dieser Beschäftigung fähig war. Solche ernsthaften Zweifel brauchten aber die genannten Behörden des Verwaltungsverfahrens aufgrund der bloßen Erklärung des Beschwerdeführers in der Niederschrift vom 29. April 1992, wonach er dem Inhaber der Firma P. mitgeteilt habe, daß er aufgrund seines Gesundheitszustandes um die Invaliditätspension ansuchen werde, nicht zu haben, zumal der Beschwerdeführer auch in seiner Berufung nicht behauptet hat, er sei im Zeitpunkt der Zuweisung der Beschäftigung bzw. des Vorstellungsgespräches zu deren Verrichtung nicht in der Lage gewesen, sondern durch die Wendung, die Ablehnung der Beschäftigung sei nicht auf seiner Seite gelegen, zum Ausdruck brachte, daß er zur Annahme der (somit voraussetzungsgemäß zumutbaren) Beschäftigung bereit gewesen sei. Daß der Beschwerdeführer "nach dem Vorstellungsgespräch" (nach der Aktenlage am 1. Juli 1992) einen Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension gemäß § 271 ASVG gestellt hat (der im übrigen - ebenfalls nach der Aktenlage - mit Bescheid der Pensionsverischerungsanstalt der Angestellten vom 6. November 1992 abgewiesen wurde), indiziert ebensowenig wie die behauptete Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers ab 1. Juni 1992 (bei der es sich im übrigen nach der vom Beschwerdeführer beigelegten Auszahlungsanweisung der Gebietskrankenkasse lediglich um eine Krankheit und nicht um eine Arbeitsunfähigkeit im hier maßgebenden Sinn gehandelt hat: vgl. das Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/08/0132) die Unzumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung bei der Firma P.
Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie habe keine Ermittlungen (insbesondere durch Durchführung eines Augenscheines in der Werkstätte der Firma P.) dahingehend angestellt, wie der in Aussicht genommene Arbeitsplatz tatsächlich gestaltet gewesen und worin die Beschäftigung des Beschwerdeführers im einzelnen bestanden habe, und deshalb nicht geklärt, ob ihm die Beschäftigung im Hinblick auf die weitere Gefährdung seines Gesundheitszustandes zumutbar gewesen sei, ist er neuerlich darauf zu verweisen, daß er weder in seiner nach dem Vorstellungsgespräch stattgefundenen Niederschrift vom 29. April 1992 noch in seiner Berufung eine Gefährdung seines Gesundheitszustandes durch die in Aussicht genommene Beschäftigung als Autoverkäufer der Firma P. behauptet hat. Eine solche Behauptung stellt er (abgesehen davon, daß es sich dann um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung handelte) im übrigen auch in der Beschwerde nicht auf.
Gegen die entscheidungswesentliche Qualifizierung seines Verhaltens als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG wendet der Beschwerdeführer Nachstehendes ein: Er habe es im Vorstellungsgespräch vom 4. April 1992 als seine Pflicht angesehen, seinen möglichen künftigen Arbeitgeber davon in Kenntnis zu setzen, daß er schwere gesundheitliche Probleme habe und beabsichtige, einen Antrag auf Invaliditätspension zu stellen. Diesen Antrag habe er auch tatsächlich gestellt und sei daher die Feststellung der belangten Behörde, daß er die Absicht, einen solchen Antrag zu stellen, im Vorstellungsgespräch nur vorgetäuscht habe, unrichtig. Dem Beschwerdeführer könne daher aus seiner Wissenserklärung über seinen körperlichen Zustand im Vorstellungsgespräch kein Vorwurf am Nichtzustandekommen des Dienstverhältnisses gemacht werden, zumal er die angebotene Beschäftigung trotz seines körperlichen Zustandes habe annehmen wollen. Gänzlich unrichtig und durch kein Beweisergebnis gedeckt sei die Feststellung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer den "Eindruck machte", den Job sowieso nicht annehmen zu wollen. Der Beschwerdeführer habe lediglich wahrheitsgemäß auf seine persönliche und wirtschaftliche Lage aufmerksam gemacht (Beschreibung seines bisherigen Lebenslaufes, Auskunft darüber, daß das von ihm geführte Einzelunternehmen zu diesem Zeitpunkt überschuldet gewesen und er einen Antrag auf Konkurseröffnung über sein Vermögen gestellt habe), zumal jeder künftige Arbeitgeber das Recht habe zu erfahren, wie sich das bisherige Berufsleben des den Arbeitsplatz Nachfragenden gestaltet habe. Der Beschwerdeführer sei aber durchaus bereit gewesen, die vermittelte Beschäftigung anzunehmen. Das Dienstverhältnis sei nur deshalb nicht zustande gekommen, weil der präsumtive Arbeitgeber vom Angebot des Beschwerdeführers keinen Gebrauch gemacht habe. Darüber hätte die belangte Behörde den präsumtiven Arbeitgeber befragen müssen.
Die Bestimmungen der §§ 9 bis 11 AlVG sind Ausdruck der dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zugrundeliegenden Gesetzeszwecke, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muß sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene, im Sinne der Absätze 2 bis 5 des § 9 AlVG zumutbare Beschäftigung anzunehmen, das heißt bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein. Um sich in bezug auf eine vom Arbeitsamt vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits (und deshalb) aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, das objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines den Zustand der Arbeitslosigkeit beendenden (zumutbaren) Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen (sieht man vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen, ab) somit auf zwei Wegen verschuldet (das heißt dessen Zustandekommen vereitelt) werden: Nämlich dadurch, daß der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (Unterlassung der Vereinbarung eines Vorstellungstermines, Nichtantritt der Arbeit), oder aber, daß er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (vgl. das Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/08/0132, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Unter der (zuletzt angesprochenen) "Vereitelung" im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das - bei gegebener Zumutbarkeit der Beschäftigung - das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt. Das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses muß nicht nur in der Sphäre des Vermittelten, sondern darüberhinaus in einem auf das Nichtzustandekommen gerichteten oder dies zumindest in Kauf nehmenden Tun des Vermittelten seinen Grund haben (vgl. die Erkenntnisse vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0042, und vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0101, mit weiteren Judikaturhinweisen). Eine solche Vereitelung hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dann bejaht, wenn der Arbeitslose beim Vorstellungsgespräch, wenn auch wahrheitsgemäß, seine Intention zum Ausdruck bringt, die mit der Spezifikation einer Dauerstellung angebotene zumutbare Beschäftigung nur als Übergangslösung zu betrachten, weil er damit - bezogen auf den konkreten angebotenen Arbeitsplatz als Dauerstellung - seine Arbeitswilligkeit in Zweifel stellt (vgl. die Erkenntnisse vom 16. Oktober 1990, Zl. 89/08/0141, und vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0101, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers in der Niederschrift vom 29. April 1992 und in seiner Berufung erfolgte die Weigerung des P., den Beschwerdeführer einzustellen, nachdem er ihm mitgeteilt hatte, er werde einen Antrag auf Invaliditätspension stellen; dies mit der Begründung, daß nur Dienstnehmer in Frage kämen, mit denen Arbeitsverhältnisse von langer Dauer abgeschlossen werden könnten. An der Kausalität des Verhaltens des Beschwerdeführers für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ist daher nicht zu zweifeln, ohne daß darüberhinaus geprüft zu werden brauchte, ob die belangte Behörde mängelfrei feststellen durfte, der Beschwerdeführer habe, unabhängig von dieser Äußerung, den Eindruck gemacht, er wolle den Job sowieso nicht. Diese Äußerung des Beschwerdeführers, er werde demnächst um die Invaliditätspension ansuchen, konnte P. nur so verstehen, daß der Beschwerdeführer die angebotene (nach den obigen Ausführungen zumutbare) Beschäftigung nur als Übergangslösung betrachte. Andererseits mußte dem Beschwerdeführer bewußt sein, daß diese Mitteilung nach allgemeiner Erfahrung geeignet war, P. von der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Beschwerdeführer abzubringen. Mit dieser Äußerung nahm er somit das Nichtzustandekommen des Arbeitsverhältnisses zumindest in Kauf. Bleibt zu prüfen, ob der Beschwerdeführer im Sinne der obigen Darlegungen über die Arbeitswilligkeit verpflichtet war, diese Äußerung im Vorstellungsgespräch zu unterlassen, oder ob er, wie er in der Beschwerde meint, nicht vielmehr verpflichtet war, seinen künftigen Arbeitgeber davon in Kenntnis zu setzen. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist ersteres der Fall. Denn unter Bedachtnahme auf die obigen Darlegungen zum Verständnis der Arbeitswilligkeit einerseits und die sozialrechtliche Absicherung des Arbeitsunfähigen im Sinne des § 8 Abs. 1 AlVG bzw. der Person, die sich subjektiv für arbeitsunfähig im Sinne der eben genannten Gesetzesstelle hält, andererseits (§ 23 AlVG), hätte der Beschwerdeführer, selbst wenn er subjektiv der Auffassung gewesen sein sollte, arbeitsunfähig zu sein, auf die Zuweisung einer Beschäftigung durch das Arbeitsamt entweder mit einer entsprechenden Mitteilung gegenüber dem Arbeitsamt oder der Stellung eines Pensionsantrages bei der zuständigen Pensionsversicherungsanstalt (mit der Konsequenz einer möglichen Bevorschussung von Leistungen aus der Pensionsversicherung nach § 23 AlVG) reagieren müssen, aber nicht den von ihm eingeschlagenen Weg, dem präsumtiven Arbeitgeber von einer künftigen Antragstellung auf Invaliditätspension Mitteilung zu machen, von dem er, wie bereits ausgeführt wurde, wissen mußte, daß dadurch ein Dienstverhältnis nicht zustande kommen würde, wählen dürfen. Die belangte Behörde hat daher zu Recht den Tatbestand der Vereitelung des Antritts einer zugewiesenen Beschäftigung im Sinne des § 10 Abs. 1 erster Satz, zweiter Fall, AlVG angenommen.
Die Beschwerde war deshalb - unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG - nach § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992080219.X00Im RIS seit
18.10.2001Zuletzt aktualisiert am
10.10.2010