Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §366 Abs1 Z3;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 92/04/0224 E 27. April 1993 92/04/0225 E 27. April 1993Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des H in F, BRD, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 7. Juli 1992, Zl. UVS-4/71/1-1992, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 13. April 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als der gewerberechtliche Geschäftsführer der X-GmbH, L-Gasse, in S, zu verantworten, daß diese die gewerbebehördlich genehmigungspflichtige Betriebsanlage "Tiefgarage" im Rahmen des Airportcenters W auf Gst. 131/1, 1694/1, 1694/2, 1695/1, 1695/8, 1704/14, 2775/4, 1695/4 und 1695/5, KG W, im Tatzeitraum seit 28. November 1991 errichte, ohne die hiefür erforderliche, d.h. rechtskräftige gewerbebehördliche Genehmigung zu besitzen. Er habe dadurch die Bestimmung des § 360 Abs. 1 Z. 3 erster Fall GewO 1973 übertreten. Dafür werde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 360 Stunden) verhängt.
Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, daß auf Ansuchen vom 18. Jänner 1991 die Bezirkshauptmannschaft mit Bescheid vom 2. Oktober 1991 für die Betriebsanlage "Tiefgarage" im Objekt "Airportcenter W" in W die gewerbebehördliche Genehmigung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt habe. Gegen diesen Bescheid hätten Nachbarn der Betriebsanlage berufen. Der erstbehördliche Bescheid sei mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 5. Dezember 1991 ersatzlos behoben worden. Gegen diesen Bescheid hätten einerseits die Genehmigungswerber und andererseits Nachbarn der Betriebsanlage Berufung beim Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten eingebracht. Dieser habe mit Bescheid vom 28. Jänner 1992 den zweitbehördlichen Bescheid behoben. Das Genehmigungsverfahren sei bei der Zweitbehörde zur neuerlichen Entscheidung anhängig. Als Antragssteller in diesem Verfahren seien die C Immobilien Objekt M Gutsbestand I, II, III und IV (4 Gesellschaften) aufgetreten. Mit Schriftsatz vom 29. August 1991 habe die X-GmbH der Behörde mitgeteilt, daß sie die Errichterin und künftigte Vermieterin der Liegenschaft und der darauf zur Errichtung vorgesehenen Bauten und sonstigen Einrichtungen sei, die unter der Bezeichnung Airportcenter auf den im Spruch genannten Grundstücken zur Ausführung gelangen würden. Im September 1991 sei mit Vorbereitungsmaßnahmen zur Errichtung der Betriebsanlage im Rahmen des Airportcenter begonnen worden (Baugrubenaushub). Am 28. November 1991 sei die Bekanntgabe des offiziellen Baubeginns mit Beginn der Betonierungsarbeiten am Airportcenter erfolgt. Daraufhin habe die Bezirkshauptmannschaft sofort das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet.
Gegen dieses erstbehördliche Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 7. Juli 1992 wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Spruch des erstbehördlichen Bescheides mit der Maßgabe bestätigt, "als die Tatortumschreibung (auf Gst. 131/1, 1694/1, 1694/2, 1695/1, 1695/8, 1704/14, 2775/4, 1695/4 und 1695/5, KG W) wie folgt zu lauten hat: auf Gst. .131/1, 1694/1, 1694/2, 1695/1, 1695/4, 1695/5, 1695/8, 1704/14 und 2575/4, KG W I." Die im Spruch angeführte übertretene Rechtsvorschrift (§ 360 Abs. 1 Z. 3 erster Fall GewO 1973 habe "§ 366 Abs. 1 Ziff. 3 1. Falle Gewerbeordnung 1973" zu lauten. Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe wurde auf 336 Stunden herabgesetzt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Rechtfertigung des Beschwerdeführers gehe in einem wesentlichen Punkt davon aus, daß auf die Tätigkeit der X für die Errichtung des Airportcenters die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 nicht anzuwenden seien und ihn daher eine diesbezügliche verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung nicht treffe. Hiezu werde festgestellt, daß unter dem Begriff "Airportcenter" die Betriebsanlagen "Tiefgarage", "Geschäftszentrum" und "Hotel" vereinigt errichtet würden. Daß es sich dabei um Anlagen handle, von denen Beeinträchtigungen im Sinne von § 74 Abs. 2 GewO 1973 ausgehen könnten und damit eine entsprechende Bewilligungspflicht gegeben sei, erscheine insbesondere im Hinblick auf deren Dimensionen als zutreffend. Nach Einsicht in den entsprechenden Akt des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens der Bezirkshauptmannschaft seien laut Einreichunterlagen in der Tiefgarage 1191 PKW-Abstellplätze, im Hotel 124 Zimmereinheiten und im Geschäftszentrum eine Geschäftsfläche von 25 % der Gesamtgeschoßfläche vorgesehen. Wenn sich der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Rechtfertigung auf ein entsprechendes Gutachten eines österreichischen Rechtswissenschaftlers berufe, sei darauf hinzuweisen, daß dieser Gutachter bei seiner Definition von "Betriebsanlage" von einer gesetzlich nicht gedeckten Begriffsumschreibung ausgehe. Dies insoferne, als er die Verpflichtung zur Erwirkung einer gewerbebehördlichen Bewilligung nach § 74 GewO 1973 davon abhängig sehe, daß die Anlage der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit durch den Errichter der Anlage regelmäßig zu dienen bestimmt sei (Seite 2, Punkt 2 des Gutachtens von Dr. W vom 4. Oktober 1991, auf das in der Berufungsschrift verwiesen sei). Diese Formulierung "durch den Errichter der Anlage" finde im Gesetz keine Deckung. Die Bewilligungspflicht für eine Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO 1973 sei unabhängig von der Errichterperson allein nach den Kriterien "örtlich gebundene Einrichtung, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist" zu beurteilen. Im Hinblick darauf, daß diese Voraussetzungen auf das gegenständliche Objekt zuträfen, sei die betriebsanlagenrechtliche Bewilligungspflicht für das Airportcenter zweifelsfrei zu bejahen.
Wenn der Beschwerdeführer in der Berufungsschrift sowie dessen Vertreter im nachgereichten Schriftsatz beteuerten, die X werde im Airportcenter keinen Betrieb führen bzw. keine Tätigkeit entfalten, werde darauf hingewiesen, daß dies kein Vorwurf des Straferkenntnisses sei und auch nicht im Zusammenhang mit diesem gesehen werden könne, sondern daß es im vorliegenden Fall einerseits auf den Umstand ankomme, ob das gegenständliche Objekt als gewerbliche Betriebsanlage im Sinne von § 74 GewO 1973 zu qualifizieren sei, und andererseits darauf, ob die X als Errichterin dieser Betriebsanlage zu betrachten sei. Bezüglich der Errichtereigenschaft der X habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung als wesentlichen Rechtfertigungspunkt angeführt, daß die X und folglich ihn als deren gewerberechtlichen Geschäftsführer keine strafrechtliche Verantwortung für eine gewerberechtliche Übertretung treffe, weil die X nur im Auftrag für die Y-GmbH handle und dieses Auftragsverhältnis die Errichtung, Überarbeitung, Projektsoptimierung sowie Erstvermietung des gegenständlichen Objektes umfasse. Nach dem Straftatbestand des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 sei demgegenüber als Kernfrage jedoch der Umstand zu beurteilen, inwiefern die X als Errichterin des Airportcenters im Sinne der Gewerbeordnung 1973 zu bezeichnen sei und infolgedessen den Beschuldigten eine entsprechende verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung treffe. Wie der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Rechtfertigung vor der Erstbehörde sowie in der Berufungsschrift festhalte, sei die X mit der Errichtung usw. des Airportcenters im Rahmen ihrer Eigenschaft als konzessionierter Bauträger tätig. Die Tätigkeit eines Bauträgers umfasse alle Maßnahmen, die er als Bauherr oder für Bauherren im eigenen Namen für eigene oder fremde Rechnung zur Vorbereitung oder Durchführung von Bauvorhaben setze. Diese weiten Befugnisse hätten auch im Generalübernehmervertrag vom 9. August 1991 zwischen der Y-GmbH und der X ihren Niederschlag gefunden, der anläßlich einer Einvernahme im Rechtshilfeweg vor dem Magistrat Salzburg bzw. im Zuge des Berufungsverfahrens vorgelegt worden sei. Nach den Bestimmungen dieses Vertrages übernehme der Generalübernehmer (X) "gegenüber dem Auftraggeber die Errichtung der angeführten Baulichkeiten, einschließlich aller dafür erforderlichen Tätigkeiten, wie Planung, Bauüberwachung, insbesondere die erforderliche Überarbeitung der Einreichplanung sowie die Erstvermietung des Objektes. Der Generalübernehmer hat die Baulichkeiten in betriebs- und schlüsselfertigem Zustand, sowohl in technischer als auch in rechtlicher (insbesondere Bau- und Gewerberecht) Hinsicht herzustellen. Der Generalübernehmer wird für alle baulichen Maßnahmen befugte Ausführungsunternehmen bzw. Generalunternehmen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung beauftragen. Ausschreibungen, Einladungen zur Offertlegung, Vergabeverhandlungen, Auswahl von Professionisten, Abschluß der Werkverträge und Durchführung der baulichen Maßnahmen erfolgen durch den Generalübernehmer oder durch den beauftragten Architekten." Der diesbezügliche Einwand im Nachtrag zur Berufungsschrift (die X würde nicht "im eigenen Namen" tätig werden) erscheine damit widerlegt. Die rechtlichen und organisatorischen Möglichkeiten der Einflußnahme auf den Verlauf der Errichtung des Airportcenters gingen daher über jene eines "Professionisten" - wie es seitens des Beschwerdeführers darzulegen versucht werde - weit hinaus. In Ansehung dieser Ausgangslage könne sich die X bzw. der Beschwerdeführer als deren gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht dahin gehend rechtfertigend zurückziehen, sie hätten auf Grund privatrechtlich eingegangener Vereinbarungen der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Erwirkung der Betriebsanlagengenehmigung im Sinne der Gewerbeordnung 1973 nicht nachkommen müssen. In Ansehung ihrer vertraglichen Befugnisse sowie Stellung als konzessionierter Bauträger habe die X die Verpflichtung gehabt, die erforderlichen Genehmigungen einzuholen bzw. mit der Errichtung erst nach Vorliegen der rechtskräftigen Bewilligungen zu beginnen. Die X sei somit als im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelnder Vertragspartner (vergleiche Seite 6 Generalübernehmervertrag) mit umfassendsten Befugnissen bzw. als konzessionierter Bauträger und in dieser Eigenschaft handelnder Rechtsträger als Errichterin des Airportcenters bzw. der darin vereinigten Betriebsanlagen im Sinne von § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 zu verstehen und den Beschuldigten treffe daher als gewerberechtlichen Geschäftsführer der X die entsprechende verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung.
Wenn sich der Beschwerdeführer auf mangelndes Verschulden und auf die gutachtliche Stellungnahme eines Rechtswissenschaftlers bzw. auf diesbezügliche Zweifel der Gewerbebehörde erster Instanz berufe, werde, wie u.a. im weiteren ausgeführt wurde, darauf hingewiesen, daß einerseits zur inhaltlichen Richtigkeit des erwähnten Gutachtens oben bereits Stellung bezogen worden sei und andererseits es zutreffen möge, daß seitens der Behörde erster Instanz die erwähnten Zweifel bestanden hätten, dem Beschwerdeführer gegenüber jedoch nie eine Mitteilung oder Information dahin gehend geäußert worden sei, daß in gegenständlicher Angelegenheit die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 nicht Anwendung finden würden. Die X habe daher in Kenntnis dieser Unsicherheit bewußt in Kauf genommen, eine allfällige Übertretung der Gewerbeordnung 1973 zu begehen. Der Beschwerdeführer habe als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X die daraus sich ergebenden verwaltungsstrafrechtlichen Konsequenzen zu tragen. Relativiert werde das rechtfertigende Vorbringen des Beschwerdeführers in bezug auf das mangelnde Verschulden auf Grund der seiner Meinung nach nicht bestehenden Anwendbarkeit der Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 auch dadurch, daß am 18. Jänner 1991 um die entsprechenden Bewilligungen für die Betriebsanlagen "Tiefgarage", "Hotel" und "Geschäftszentrum" angesucht worden sei, die diesbezüglichen Verfahren nach wie vor nicht rechtskräftig abgeschlossen seien und somit mit der Errichtung der Betriebsanlagen in einem Zeitraum begonnen worden sei, in dem diese Genehmigungsverfahren noch anhängig gewesen seien und die X bzw. der Beschwerdeführer daher keinesfalls davon ausgehen hätten können, daß für diese Betriebsanlagen keine Betriebsanlagenbewilligungen notwendig wären. Von einer schuldausschließenden Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift könne daher im gegenständlichen Fall keinesfalls ausgegangen werden, sodaß dem Beschwerdeführer schuldhaftes Verhalten, jedenfalls in der Form des bedingten Vorsatzes vorzuwerfen sei, indem er den tatbildmäßigen Erfolg zwar nicht bezweckt haben möge, er seinen Eintritt auch nicht als gewiß vorausgesehen, ihn jedoch für möglich gehalten und sich damit abgefunden haben müsse. Auch der Hinweis auf das Vorliegen der rechtskräftigen Baubewilligung könne nichts am Erfordernis der gewerberechtlichen Bewilligung bzw. der Verantwortlichkeit für eine diesbezügliche Verwaltungsübertretung ändern.
Der Beschwerdeführer sei gewerberechtlicher Geschäftsführer der X, die wie oben ausgeführt, als Errichterin der in Rede stehenden Betriebsanlage im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 zu betrachten sei. Für die gewerblich genehmigungspflichtige Betriebsanlage "Tiefgarage" liege keine rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung gemäß § 74 GewO 1973 vor. Die Geldstrafe sei über den Beschwerdeführer daher zu Recht verhängt worden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erstattete mit Schriftsatz vom 22. Februar 1993 eine Gegenäußerung und mit Schriftsatz vom 4. März 1993 eine weitere Gegenäußerung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer spricht sich in seiner vorliegenden Beschwerde zunächst dafür aus, vorweg über die Legitimation zur Beschwerdeeinbringung zu befinden. Dies deshalb, weil im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen zustellrechtlichen Vorschriften die Annahme gerechtfertigt sei, daß keine rechtswirksame Erlassung eines Bescheides und damit auch kein geeigneter Verfahrensgegenstand vorliege. Mit der per Telefax am 8. Juli 1992 eingebrachten Eingabe sei der belangten Behörde die Zurücklegung der Vollmacht durch die zuvor im Berufungsverfahren eingeschrittenen Rechtsvertreter bekanntgegeben worden. Der Verteiler des angefochtenen Bescheides nenne - neben der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung - als Empfänger des Bescheides und damit als Zustellungsadressaten "Herr RA Dr. W ... als bevollmächtigter Vertreter von Herrn H". Der Empfänger eines Bescheides "ist von der Behörde in der Zustellverfügung zu bestimmen" (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., Anm. 1 zu § 4 Zustellgesetz). Im gegenständlichen Fall habe die belangte Behörde in der Zustellverfügung die Rechtsvertreter des Beschwerdeführers als Empfänger des Bescheides bestimmt. Tatsächlich sei jedoch wegen der - offenbar erst nach Festlegung der Zustellverfügung bekanntgewordenen - Zurücklegung der Vollmacht die Zustellung an den Beschwerdeführer selbst erfolgt. Den in der Zustellverfügung genannten Rechtsvertretern des Beschwerdeführers sei der Bescheid am 30. September 1992 durch Übermittlung durch den Beschwerdeführer tatsächlich zugekommen. Der Bescheid sei daher nicht an die in der Zustellverfügung genannten Empfänger zugestellt worden. Es könne im tatsächlichen Zukommen des Bescheides an die nunmehrigen Beschwerdevertreter aber auch keine Heilung eines Zustellmangels gemäß § 7 des Zustellgesetzes erblickt werden, weil eine rechtswirksame Zustellung in diesem Zeitpunkt an sie nicht (mehr) habe erfolgen können. Unter den gegebenen Umständen erscheine daher die Annahme gerechtfertigt, daß mangels rechtswirksamer Zustellung kein Bescheid erlassen worden sei. Damit fehle es an einem geeigneten Verfahrensgegenstand. Es werde daher beantragt, vorweg darüber zu befinden, ob die Beschwerde mangels Vorliegens eines anfechtbaren Bescheides zurückzuweisen sei.
Ist eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt, so hat die Behörde nach § 9 Abs. 1 erster Satz des Zustellgesetzes, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen.
Gemäß § 13 Abs. 1 erster Satz des Zustellgesetzes ist die Sendung dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.
Soll das Schriftstück durch Organe der Post zugestellt werden, so ist es nach § 5 Abs. 1 des Zustellgesetzes der Post als Sendung mit abtrennbarem Rückschein zu übergeben. Auf der Sendung und dem Rückschein sind der Empfänger, die Abgabestelle und die Behörde, in deren Namen zugestellt werden soll, sowie für die Zustellung sonst notwendige Vermerke anzugeben.
Im Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, wird u.a. in Ansehung der Verwaltungsstrafsachen in Art. 10 Abs. 1 bestimmt, daß Schriftstücke unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt werden; wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden; kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt der Schriftstücke nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen; die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.
Der im vorliegenden Fall angefochtene Bescheid vom 7. Juli 1992 enthält eine auf die damaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers (unter Nennung seines Namens) lautende Zustellverfügung (samt Ersuchen an die Erstbehörde, die Zustellung zu veranlassen). Auf dem Aktstück des angefochtenen Bescheides findet sich ein Abfertigungsvermerk vom 7. Juli 1992. In den Akten der belangten Behörde findet sich zu dem unter ONr. 9 das in der vorliegenden Beschwerde erwähnte Telefax vom 8. Juli 1992 mit der Bekanntgabe der "Zurücklegung der Vollmacht mit sofortiger Wirkung durch die außen bezeichneten Rechtsvertreter". Auf dem Telefax ist die Uhrzeit
15.45 angegeben. Daß der angefochtene Bescheid den in der Zustellverfügung bezeichneten Rechtsvertretern bereits zugestellt gewesen wäre, ist aus den Akten des Verwaltungsstrafverfahrens nicht ersichtlich (siehe hiezu auch den Aktenvermerk vom 8. Juli 1992 in den Akten der Erstbehörde unter - laut Aktenverzeichnis - ONr. 66).
Unter ONr. 15 der Akten der belangten Behörde findet sich das von einem Mitglied der belangten Behörde unterfertigte Ersuchen an die Regierung der Oberpfalz vom 27. August 1992, die Zustellung an den Beschwerdeführer persönlich zu veranlassen. Unter ONr. 22 der bezeichneten Akten findet sich ferner das - erst am 9. Dezember 1992 ausgefertigte - Zustellungszeugnis der Regierung der Oberpfalz mit der - unter Anschluß der betreffenden Postzustellungsurkunde belegten - Bescheinigung, daß das Ersuchen am 10. September 1992 durch Niederlegung beim dafür zuständigen Postamt erledigt worden sei.
In der vorliegenden Beschwerde findet sich des weiteren die entsprechende Prozeßerklärung, daß der Bescheid "durch Übersendung an den Beschwerdeführer persönlich in der Bundesrepublik Deutschland am 10.9.1992 als zugestellt" zu betrachten sei.
Nach Bekanntgabe der Zurücklegung der Vollmacht an die belangte Behörde kam nicht mehr der vormalige (und nunmehr wieder einschreitende) Rechtsanwalt des Beschwerdeführers als Empfänger (im Sinne des § 9 Abs. 1 erster Satz des Zustellgesetzes), sondern kam nur mehr der Beschwerdeführer als Empfänger in Betracht. Der sich aus den Akten des Verwaltungsstrafverfahrens ergebende Sachverhalt läßt erkennen, daß die entsprechende Zustellung unter Einhaltung der hiefür in Betracht kommenden Bestimmungen des § 13 Abs. 1 erster Satz und des § 5 Abs. 1 des Zustellgesetzes und ferner des Art. 10 Abs. 1 des Vertrages BGBl. Nr. 526/1990 vorgenommen wurde. Der nunmehr angefochtene Bescheid wurde somit entsprechend der auf Ersuchen namens der belangten Behörde vorgenommenen Nennung des Beschwerdeführers auf der Postsendung durch Zustellung am 10. September 1992 erlassen. Es liegt somit insbesondere ein Zurückweisungsgrund im Sinne der Ausführungen der Beschwerde zur Beschwerdelegitimation nicht vor.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und nicht dafür bestraft zu werden.
Er trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes u.a. vor (S. 18 ff der Beschwerde unter Punkt 3 der Rechtsausführungen), die Tathandlung werde im angefochtenen Bescheid zum einen mangelhaft umschrieben und zum anderen dem Beschwerdeführer zu Unrecht zur Last gelegt. In diesem Zusammenhang sei es einzig und allein um die Frage gegangen, ob die X, deren gewerberechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei, für die Durchführung der von ihr übernommenen Errichtungsaufgaben auch im Rahmen ihrer Stellung als diejenige, die sich um den Abschluß der ersten Mietverträge zu kümmern habe, einer vorangegangenen Betriebsanlagengenehmigung bedürfe; ob also sie die Errichterin der Betriebsanlage sei.
Die dabei vertretene Position stütze sich nicht allein auf die Stellungnahme des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers, sondern diese fuße ihrerseits auf den Ausführungen im Kommentar von Mache-Kinscher, Die Gewerbeordnung, 5. Aufl., 1980, in Anm. 50 zu § 74 GewO 1973, wobei die Autoren der obersten Gewerbebehörde angehörten. Dabei handle es sich nicht bloß um die Privatmeinung dieser Autoren, sondern um die Rechtsansicht der obersten Gewerbebehörde, die sie in der Gewerbereferententagung 1980 dargelegt habe, was einerseits bei der Abgabe der Stellungnahme an den Beschwerdeführer bekannt gewesen sei und andererseits vom Beschwerdeführer auch mit dem - bereits im Sachverhalt zitierten - Schreiben vom 28. August 1992 noch vor Bescheiderlassung mitgeteilt worden sei.
Wie auch immer man daher die zugrundeliegenden Rechtsfragen beurteilen möge, sei daraus doch jedenfalls unzweifelhaft zu ersehen, daß der Beschwerdeführer im guten Glauben davon habe ausgehen dürfen, daß die X keiner ihr zu erteilenden Betriebsanlagengenehmigung bedurft habe. Es fehle daher jedenfalls an einem dem Beschwerdeführer zur Last zu legenden Verschulden im Sinne des § 5 VStG an einer etwaigen Verletzung der Verwaltungsvorschriften. Es könne daher im gegenständlichen Verfahren dahingestellt bleiben, ob durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1992, Zl. 91/04/0332, die mit der Frage der Betriebsanlagengenehmigungspflichtigkeit von Objekten verknüpften Zweifel bereits ausgeräumt seien. Denn auch aus dieser Entscheidung sei nicht zu entnehmen, wo in einem Objekt die Grenze zu ziehen sei, wenn es eine Mischnutzung ausweise. Liege also bereits eine Betriebsanlagengenehmigungspflicht vor, wenn ein Objekt errichtet werde, bei dem im Erdgeschoß vorgesehen sei, daß Gewerbebetriebe einziehen sollen? Sei dann das gesamte Objekt betriebsanlagengenehmigungspflichtig und dürfe dann vor deren rechtskräftiger Erteilung schlechthin nicht mit der Errichtung begonnen werden? Da bei der angenommenen Konstellation die nichtbetrieblich genutzten Räumlichkeiten oberhalb der Betriebsräumlichkeiten lägen, sei eine getrennte Errichtung schon bautechnisch von vornherein ausgeschlossen.
Gerade die zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1992 bestätige aber den Standpunkt, daß der Tatvorwurf zu Unrecht gegenüber der X und in der Folge gegenüber dem Beschwerdeführer erhoben werde. Die belangte Behörde verkenne die Bedeutung der vertraglichen Vereinbarungen, die die X keineswegs zum Inhaber der Betriebsanlage machten. Nur der Inhaber sei aber "Errichter" im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO. Bei der X handle es sich jedoch um das baudurchführende Unternehmen, auf das die Tatbestandsvoraussetzungen des § 366 Abs. 1 Z. 3 erster Fall GewO 1973 nicht anzuwenden seien (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1992, Zl. 91/04/0332, S. 12).
Die X handle im Auftrag (vgl. zur Stellung auf Grund eines Auftragungsverhältnisses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1991, Zl. 88/04/0111) und keineswegs im eigenen Namen. Sie schließe, wie dies für Generalunternehmer kennzeichnend sei, weil sie ja auch das entsprechende Generalunternehmerrisiko zu tragen habe und abgegolten bekomme, die Verträge mit den Baufirmen und Professionisten im eigenen Namen ab. Sie besitze dafür dieselbe Stellung, wie "die beauftragten Architekten", was die belangte Behörde auch aus der von ihr selbst wiedergegebenen Passage aus dem Generalübernehmervertrag ersehen habe können (S. 8 f).
Abgesehen davon, daß die X als generalübernehmendes Unternehmen für die Baudurchführung selbst keinerlei Besitzhandlungen an Ort und Stelle ausgeübt habe und daher auch keine Akte der Innehabung gesetzt habe, wäre selbst dies ohne rechtliche Bedeutung für ihre Qualifikation als "Errichter". Vielmehr seien die jeweils beauftragten Bauunternehmungen zweifellos diejenigen, die die physische Innehabung ausübten, also rein äußerlich den Eindruck einer Besitzausübung vermittelten, jedoch seien diese ebenso wie die X nur Besitzmittler gegenüber der Auftraggeberin. Und ihre Vermittlungstätigkeit im Rahmen der Erstvermietung verleihe der X gleichfalls keine Errichterstellung.
Abgesehen davon, daß es nicht darauf ankomme, ob der belangten Behörde etwas "erscheint damit widerlegt" zu sein, sondern darauf, ob sie davon überzeugt sei, daß nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens dieser und nur dieser Sachverhalt als gegeben anzunehmen sei, veranschaulichten gerade auch diese Ausführungen auf S. 8 f des angefochtenen Bescheides, daß sich die belangte Behörde - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - auf Sachverhalte stütze, die erst im Zuge des Berufungsverfahrens bekannt geworden seien, nämlich den Wortlaut des Generalübernehmervertrags, ohne daß sie aber eine mündliche Verhandlung durchgeführt hätte.
Der angefochtene Bescheid laste daher die fehlende gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung zu Unrecht der X und damit dem Beschwerdeführer als deren gewerberechtlichem Geschäftsführer als Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 366 Abs. 1 Z. 3 erster Fall GewO 1973 an.
Gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer (Z. 3) eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.
Mit einer Bauführung zur Herstellung einer gewerblichen Betriebsanlage wird das Tatbestandselement des "Errichtens" erfüllt. "Errichter" einer Betriebsanlage ist derjenige, der als Inhaber eine Handlung zur Herbeiführung eines solcherart zu qualifizierenden Sachverhaltes durchführt bzw. dem eine derartige Auftragserteilung zuzurechnen ist (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 91/04/0332).
Objekt des in § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 mit dem Zeitwort "errichtet" umschriebenen Tatverhaltens ist "eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74)". Ferner ist entsprechend der Regelung des § 80 Abs. 4 GewO 1973 Träger einer im Hinblick auf die Genehmigungspflicht nach § 74 eingeholten Genehmigung der Inhaber der Anlage. Dementsprechend kommt in Ansehung des Tatverhaltens des Errichtens nur der Inhaber des betreffenden Standortes als unmittelbarer Täter in Betracht. Wer Maßnahmen zur Herstellung einer Betriebsanlage, insbesondere Maßnahmen zur entsprechenden Bauführung, vornimmt, ohne der Inhaber des Standortes zu sein, kann sich unter den Voraussetzungen des § 7 VStG wegen Beihilfe zur Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973, nicht jedoch wegen Verstoßes gegen § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 als unmittelbarer Täter strafbar machen.
Im angefochtenen Bescheid wurden Feststellungen über die vertraglich übernommenen Aufgaben betreffend die Abwicklung des der Errichtung des Airportcenters dienenden Bauvorhabens getroffen. Entgegen der dargelegten Rechtslage ging die belangte Behörde davon aus, daß mit der Abwicklung des Bauvorhabens unmittelbar das Tatbild des Errichtens im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 verwirklicht würde. Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992040223.X00Im RIS seit
17.01.2002