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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §68 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/11/0287Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden des R in Wien, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen 1) den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 28. Oktober 1992, Zl. 538.658/5-2.5/91, betreffend Befreiung von der Präsenzdienstpflicht (hg. Zl. 92/11/0282), und 2) den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 5. November 1992, Zl. W/63/04/03/97, betreffend Einberufung zum Grundwehrdienst (hg. Zl. 92/11/0287), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 6.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem erstangefochtenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 5. März 1991 auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 abgewiesen.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid des Militärkommandos Wien wurde der Beschwerdeführer gemäß § 35 des Wehrgesetzes 1990 zur Leistung des Grundwehrdienstes vom 4. Jänner 1993 an einberufen.
In seinen an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerden macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Die belangten Behörden haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1) Gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 können Wehrpflichtige auf ihren Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
Der Bundesminister für Landesverteidigung verneinte im angefochtenen Bescheid vom 28. Oktober 1992 das Vorliegen wirtschaftlicher Interessen des Beschwerdeführers an der Befreiung von seiner Präsenzdienstpflicht. Der Beschwerdeführer bekämpft diese Annahme nicht. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer seine angestrebte Befreiung damit begründen möchte, daß er in einem im Eigentum seiner Eltern stehenden Betrieb unabkömmlich sei, machte er auch keine EIGENEN wirtschaftlichen Interessen geltend.
Der Bundesminister für Landesverteidigung anerkannte das Vorliegen familiärer Interessen, verneinte aber deren besondere Rücksichtswürdigkeit. Die belangte Behörde ging dabei davon aus, daß der Vater des Beschwerdeführers zu 70 % und die Mutter zu 100 % in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert seien. Der Vater sei Inhaber von vier Betrieben (ein landwirtschaftlicher Betrieb und drei Gasthäuser, davon ein gepachtetes). Der Beschwerdeführer führe eines der Gasthäuser für seinen Vater. Die Führung der anderen Betriebe könne - wie bisher - von den beiden Geschwistern des Beschwerdeführers und - in eingeschränkter Weise - vom Vater selbst besorgt werden. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Vaters des Beschwerdeführers sei nicht eingetreten.
Vorauszuschicken ist, daß die Möglichkeit, daß der Beschwerdeführer durch den erstangefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt sein kann, nicht etwa dadurch weggefallen ist, daß er in seinem Antrag vom 5. März 1991 die befristete Befreiung für ein Jahr begehrt hat, dieser Zeitraum aber bei Erlassung des angefochtenen Bescheides schon längst verstrichen war. Die belangte Behörde hat nämlich den geltend gemachten Sachverhalt rechtskräftig und für die Zukunft (in einem allfälligen weiteren - einen anderen Zeitraum betreffenden - Verfahren) bindend derart qualifiziert, daß daraus kein Befreiungsgrund abgeleitet werden kann (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 1987, Zl. 87/11/0114). Der Beschwerdeführer behauptet, gegenüber seiner Befreiung von der Präsenzdienstpflicht mit Bescheid des Militärkommandos Niederösterreich vom 21. Dezember 1987 bis 15. November 1989 habe sich seine Situation nicht verbessert, sondern im Hinblick auf die Verschlechterung des Gesundheitszustandes seiner Mutter sogar verschlechtert. Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß er zuletzt mit Bescheid des Militärkommandos Niederösterreich vom 9. März 1990 bis 15. Februar 1991 von der Präsenzdienstpflicht befreit worden ist, und zwar wegen besonders rücksichtswürdiger familiärer Interessen "infolge derzeitiger Unabkömmlichkeit im Gasthaus der Eltern".
Besonders rücksichtswürdige familiäre Interessen im Sinne des Gesetzes liegen nur dann vor, wenn das Unterbleiben der Unterstützung des ihrer bedürftigen Familienangehörigen durch den Wehrpflichtigen infolge dessen präsenzdienstbedingter Abwesenheit zu einer Gefährdung lebenswichtiger Interessen des Angehörigen zu führen droht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. November 1988, Zl. 88/11/0235). Selbst wenn das vom Beschwerdeführer geführte Gasthaus seines Vaters für die Dauer der Präsenzdienstleistung des Beschwerdeführers geschlossen werden müßte, wäre keine Gefährdung lebenswichtiger Interessen der Eltern des Beschwerdeführers erkennbar. Der Beschwerdeführer selbst hat derartiges gar nicht behauptet. Es kommt daher auch gar nicht darauf an, ob sich seit der letzten Befreiung des Beschwerdeführers der Gesundheitszustand seiner Mutter verschlechtert hat und ob die Annahme der belangten Behörde, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes seines Vaters sei in nächster Zeit nicht zu befürchten, gerechtfertigt ist. Entscheidend ist vielmehr allein, ob der Ausfall des Beschwerdeführers als Arbeitskraft in einem Betrieb seines Vaters zu einer Beeinträchtigung der Interessen der Eltern in der genannten Art zu führen droht. Aus einer befristeten Befreiung in der Vergangenheit kann der Beschwerdeführer im übrigen keinen Rechtsanspruch auf eine weitere Befreiung ableiten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1987, Zl. 87/11/0064), sodaß der Hinweis in der Beschwerde auf die früheren Befreiungen nichts an der Beurteilung zu ändern vermögen.
Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid erweist sich als im Ergebnis unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
2) In seiner Beschwerde gegen den Einberufungsbefehl vom 5. November 1992 macht der Beschwerdeführer geltend, daß das belangte Militärkommando zur Erlassung des angefochtenen Bescheides unzuständig gewesen sei; seine bisherigen Einberufungsbefehle habe er vom Militärkommando Niederösterreich erhalten.
Der Beschwerdeführer selbst gibt in der Beschwerde - wie schon im Verwaltungsverfahren - eine Wiener Anschrift als seinen Wohnsitz an. Gemäß § 35 Abs. 1 des Wehrgesetzes 1990 in Verbindung mit § 3 Z. 3 AVG und Art. II Abs. 2 lit. A Z. 27 EGVG sind die Einberufungsbefehle von dem nach dem Wohnsitz des einzuberufenden Wehrpflichtigen zuständigen Militärkommando zu erlassen.
Seine Behauptung, Zeit und Ort seines Dienstantrittes, wie sie im angefochtenen Einberufungsbefehl genannt sind, entbehrten jeglicher gesetzlicher Deckung, entbehrt ihrerseits jeglicher Begründung und ist daher dem Verwaltungsgerichtshof unverständlich.
Daß der Beschwerdeführer zur Ableistung des Grundwehrdienstes einberufen wurde, wo doch im § 35 des Wehrgesetzes nur von der Einberufung zum PRÄSENZdienst die Rede sei, stellt im Hinblick auf den genauen Wortlaut des dritten Satzes des § 35 Abs. 1 des Wehrgesetzes 1990 eine schlechtweg unverständliche und nahezu mutwillige Beschwerdebehauptung dar.
Der Organwalter, dessen Name im angefochtenen Einberufungsbefehl aufscheint, ist nach dem der Gegenschrift der belangten Behörde angeschlossenen Dienstzettel vom 2. März 1992 mit Wirkung vom 1. März 1992 mit der Zeichnungsbefugnis "in allen Einberufungsangelegenheiten" betraut.
Schließlich hindert die Anhängigkeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof in Ansehung eines Bescheides, mit dem ein Antrag auf Befreiung von der Präsenzdienstpflicht abgewiesen worden ist, nicht die Erlassung eines Einberufungsbefehles (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. März 1991, Zl. 91/11/0013).
Die Beschwerde gegen den angefochtenen Einberufungsbefehl erweist sich damit als unbegründet. Auch sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
3) Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung in den beiden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerdefällen konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
4) Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Rechtskraft Besondere Rechtsgebiete Diverses Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992110282.X00Im RIS seit
03.04.2001