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L24007 Gemeindebedienstete Tirol;Norm
ASVG §123 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des XZ in A, vertreten durch Dr. YZ, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid der Verwaltungsoberkommission der Kranken- und Unfallfürsorge der städtischen Beamten Innsbruck vom 22. Juli 1991, Zl. VOK 3/1990/Dr. Pra., betreffend Feststellung der Leistungspflicht, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Beamter im Ruhestand in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Stadtgemeinde Innsbruck (Stadtwerke Innsbruck).
Die Ehegattin des Beschwerdeführers übt den Beruf der Rechtsanwältin aus.
Mit Eingabe vom 1. Juni 1990 beantragte die Ehegattin des Beschwerdeführers bei der Geschäftsstelle der Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Beamten der Landeshauptstadt Innsbruck (K.U.F.) den ihr zustehenden Ersatzbetrag für die letzten eingereichten Kostenbeträge zu refundieren oder einen Feststellungsbescheid zu erlassen.
Mit Bescheid vom 20. August 1990 sprach die genannte Behörde erster Instanz gegenüber dem Beschwerdeführer aus, es werde gemäß § 59 Abs. 2 im Zusammenhang mit § 17 Abs. 2 Gemeindebeamten-Kranken- und Unfallfürsorgegesetz (GKUFG) festgestellt, daß dem Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Gattin Dr. YZ nur der Anspruch auf einen allfälligen Differenzbetrag zwischen den tarifmäßig vorgesehenen Leistungen der Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter und den Leistungen nach dem GKUFG zustehe. Dabei ging die Behörde davon aus, die Ehegattin des Beschwerdeführers sei offensichtlich namens und mit Vollmacht des Beschwerdeführers eingeschritten. Da die Einschreiterin auf Grund ihres Berufes als Rechtsanwältin zur Personengruppe des § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, BGBl. Nr. 624/1978, in der Fassung BGBl. Nr. 158/1987, gehöre, nämlich als Mitglied der Rechtsanwaltskammer, sei § 17 Abs. 2 GKUFG anzuwenden, wonach nur Anspruch auf einen allfälligen Differenzbetrag zwischen den tarifmäßig vorgesehenen Leistungen der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und den Leistungen nach diesem Gesetz bestehe. Maßgeblich sei entgegen der Rechtsmeinung des Beschwerdeführers nicht das Bestehen einer Pflichtversicherung, sondern nur die Zugehörigkeit zum oben genannten Personenkreis. Diese Rechtslage bestehe seit der Novelle LGBl. Nr. 57/1989, mit der das GKUFG in diesem Punkt geändert worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab und begründete diesen Spruch nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens damit, maßgebend sei ausschließlich § 17 Abs. 2 GKUFG. Danach bestehe für den Fall, daß ein Angehöriger weder nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften krankenversichert noch gegenüber einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers anspruchsberechtigt sei und es sich um eine Person, die im § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, BGBl. Nr. 624/1978, in der Fassung BGBl. Nr. 158/1987, (FSVG), angeführt sei, handle oder die eine Pension nach diesem Bundesgesetz beziehe, nur Anspruch auf einen allfälligen Differenzbetrag zwischen den tarifmäßig vorgesehenen Leistungen der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und den Leistungen nach diesem Gesetz. Nach dem Wortlaut dieses Gesetzes könne die Bestimmung nur so verstanden werden, daß allein der Umstand der Anführung eines Angehörigen im § 2 Abs. 1 FSVG zur Verwirklichung des Tatbestandes führe. Das Gesetz mache den beschränkten Anspruch auf einen allfälligen Differenzbetrag nur davon abhängig, daß es sich bei dem Angehörigen um eine Person handeln müsse, die im § 2 Abs. 1 FSVG ANGEFÜHRT sei. Daß eine entsprechende Pflichtversicherung vorliegen oder der Angehörige zumindest in der Lage sein müsse, eine solche abzuschließen, lasse die Bestimmung, die keineswegs unklar formuliert sei, nicht erkennen. Richtig sei zwar, daß § 2 FSVG von Pflichtversicherung spreche, doch sei nicht davon auszugehen, daß die Pflichtversicherung Basis dieser gesetzlichen Bestimmung sei. Vielmehr normiere die Bestimmung, unter welchen Voraussetzungen eine solche Pflichtversicherung allenfalls zum Tragen komme oder abgeschlossen werden könne. Diese Rechtsauffassung ergebe sich auch aus den Erläuternden Bemerkungen zur Novelle des GKUFG, LGBl. Nr. 57/1989, mit welchen die maßgebende Gesetzesstelle geschaffen worden sei. Nach den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 2. Oktober 1987, Zl. G 184/86 zu § 56 Abs. 9 BKUVG müsse die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Auslegung auch als verfassungskonform und sachlich gerechtfertigt angesehen werden. An die zuletzt zitierte Bestimmung lehne sich die hier angewendete Regelung an. Lasse der Wortlaut des Gesetzes nur eine Auslegung zu, so sei nicht mehr nach einem Sinn zu forschen, der sich mit dem Wortlaut nicht vereinbaren lasse.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof, welcher jedoch mit Beschluß vom 15. Juni 1992 deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragte der Beschwerdeführer Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Gemeindebeamten-Kranken- und Unfallfürsorgegesetz (GKUFG), LGBl. für Tirol Nr. 48/1979, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 57/1989, anzuwenden. Nach § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes sind Anspruchsberechtigte die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadtgemeinde Innsbruck stehenden Bediensteten des Dienst- und des Ruhestandes sowie Personen, die aus einem solchen Dienstverhältnis Versorgungsbezüge erhalten oder denen Unterhaltsbezüge zuerkannt wurden.
Nach § 2 Abs. 1 lit. a leg. cit. gilt der Ehegatte als Angehöriger im Sinne dieses Gesetzes. § 17 leg. cit. enthält Sonderbestimmungen für Angehörige, wobei für die Entscheidung im Beschwerdefall der Abs. 2 dieser Bestimmung, der wie folgt lautet, maßgebend ist:
"Ist der Angehörige weder nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften krankenversichert noch gegenüber einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers anspruchsberechtigt und handelt es sich um eine Person, die im § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Sozialversicherung freiberuflich selbständiger Erwerbstätiger, BGBl. Nr. 624/1978, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. Nr. 158/1987, angeführt ist oder die eine Pension nach diesem Bundesgesetz bezieht, so besteht nur Anspruch auf einen allfälligen Differenzbetrag zwischen den tarifmäßig vorgesehenen Leistungen der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und den Leistungen nach diesem Gesetz."
Das zitierte Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger (FSVG) bestimmt im § 2 Abs. 1, daß auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen pflichtversichert unter anderem nach Z. 2 die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern sind. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen wird die Pflichtversicherung der im Abs. 1 bezeichneten Personengruppen durch Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung begründet, sofern die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Angehörigen dieser Personengruppen die Einführung eines Versicherungsschutzes rechtfertigen und für diese Personengruppe nicht bereits Versicherungsschutz in den in Betracht kommenden Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung besteht. Das Verfahren zur Erlassung der Verordnung wird auf Antrag der für das Bundesgebiet jeweils in Betracht kommenden gesetzlichen beruflichen Vertretung eingeleitet. Eine solche Pflichtversicherung kann sich auch auf einzelne Zweige der Sozialversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) erstrecken.
Eine Verordung auf Grund der zuletzt genannten Bestimmung wurde für die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern nicht erlassen.
Im Beschwerdefall steht unbestritten fest, daß der Beschwerdeführer Anspruchsberechtigter im Sinne des § 1 Abs. 1 GKUFG ist. Ebenso unbestritten ist die Angehörigeneigenschaft seiner Ehefrau, die als Rechtsanwältin Mitglied der Tiroler Rechtsanwaltskammer ist.
Für die Entscheidung des Beschwerdefalls ist die Auslegung der zitierten Bestimmung des § 17 Abs. 2 GKUFG maßgebend. Die Auslegung der belangten Behörde hat den klaren Gesetzeswortlaut für sich. Bei der Ehegattin des Beschwerdeführers handelt es sich um eine Person, die im § 2 Abs. 1 FSVG angeführt ist, sodaß nur der Anspruch auf einen allfälligen Differenzbetrag zwischen den tarifmäßig vorgesehenen Leistungen der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und den Leistungen nach diesem Gesetz besteht.
Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, für den einzelnen Rechtsanwalt bestehe gemäß § 2 Abs. 2 FSVG nicht die Möglichkeit, für seine Person eine gesetzliche Sozialversicherung (Pflichtversicherung) zu begründen. Aus dem im Verfahren vorgelegten Schreiben der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 27. Juni 1990 ergebe sich, daß im Rahmen der Rechtsanwaltskammer auch die Möglichkeit einer freiwilligen Krankenversicherung nicht bestehe.
Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß die hier maßgebliche Bestimmung jener des § 123 Abs. 9 in der Fassung des Art. II Z. 1 der 38. Novelle zum ASVG BGBl. Nr. 647/1982, nachgebildet ist, die wie folgt lautet:
"(9) Die im Abs. 2 Z. 1 ... genannten Personen gelten nur als Angehörige, soweit es sich nicht um Personen handelt, die in § 2 Abs. 1 des Bundesgeseetzes über die Sozialversicherung freiberuflich selbständiger Erwerbstätiger, BGBl. Nr. 624/1978, angeführt sind."
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter ausführlicher Darlegung der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung mit Erkenntnis vom 9. Februar 1993, Zl. 92/08/0251, dargelegt, daß es dem Gesetzgeber nicht etwa darauf angekommen ist, jene Personen von der Angehörigeneigenschaft des § 123 Abs. 1 Z. 1 ASVG auszuschließen, die in die gesetzliche Krankenversicherung nach dem FSVG tatsächlich einbezogen sind, sondern, daß der Gesetzgeber mit der Verweisung auf den im § 2 Abs. 1 FSVG genannten Personenkreis unabhängig davon jene Gruppe von freiberuflich, selbständig Erwerbstätigen umschreiben wollte, von denen er mit Grund meinte annehmen zu können, daß sie in ihrer Erwerbstätigkeit über ein ausreichendes Einkommen verfügen, das es - auch unter den sozialpolitischen Zielsetzungen des § 123 Abs. 1 ASVG - als zumutbar erscheinen läßt, eine eigene Selbstversicherung in der Krankenversicherung einzugehen (vgl. hiezu auch das Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zl. 90/08/0013 zur entsprechenden Bestimmung des § 56 Abs. 9
BKUVG).
Die belangte Behörde hat daher zu Recht den oben wiedergegebenen Wortlaut des § 17 Abs. 2 GKUFG nicht in der Weise (einschränkend) ausgelegt, daß unter den im § 2 Abs. 1 FSVG angeführten Personen etwa nur jene zu verstehen seien, die in die Krankenversicherung nach dem FSVG einbezogen sind, wie dies in der vorliegenden Beschwerde vertreten wird.
Es trifft zwar zu, daß damit zwischen den in § 2 Abs. 1 FSVG genannten und anderen, dort nicht genannten im Inland freiberuflich selbständig Erwerbstätigen in der Weise differenziert wird, daß die nicht im FSVG genannten freiberuflich Erwerbstätigen als Ehegatten Angehörige in der Krankenversicherung des anderen Ehegatten sein können. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch in seinem Erkenntnis vom 2. Oktober 1987, Slg. 11.469, diese Differenzierung in der - im wesentlichen gleichartigen - Bestimmung des § 56 BKUVG mit der Begründung als verfassungsgrechtlich unbedenklich erachtet, daß der Gesetzgeber nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung dem Umstand Bedeutung beimessen dürfe, daß eine Berufsgruppe bisher eine Einbeziehung in die Pflichtversicherung abgelehnt hat.
Auf dieses Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof bereits in dem zitierten Beschluß, der in dieser Sache über die Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG ergangen ist, hingewiesen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist aus diesem Erkenntnis für den Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers, der auch in seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Ergänzung im wesentlichen wieder Gleichheitswidrigkeit geltend macht, nichts zu gewinnen.
Ebensowenig kann die Rechtsauffassung des Beschwerdeführers geteilt werden, Rechtsanwälte seien nicht in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätige im Sinn des § 2 Abs. 1 FSVG, da diese Meinung dem oben wiedergegebenen Wortlaut der Bestimmung insoweit widerspricht, als nach deren Z. 2 die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern kraft Gesetzes als solche Personen bezeichnet werden. Wenn der Gesetzgeber in anderen Bestimmungen den Begriff der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen anders faßt, so kann dies nicht zu einer abweichenden Auslegung der hier ausdrücklich normierten Pflichtversicherung der Mitglieder der Rechtsanwaltskammern führen.
Auf dem Boden der dargestellten Rechtslage erweist sich auch die Mängelrüge des Beschwerdeführers als unbegründet, weil nicht zu erkennen ist, daß die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992120136.X00Im RIS seit
20.11.2000