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64/01 Hochschullehrer;Norm
HSchAssG §10;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):88/12/0140Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth,
Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde der Dr. D in N, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 18. Mai 1989, Zl. 175.832/22-110A/89, betreffend Ruhegenußvordienstzeiten nach dem Pensionsgesetz 1965, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht (seit 1. Jänner 1972 als Hochschulassistent, ab 1. Oktober 1975 als Universitätsassistent) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1987 wurde sie nach ihrer 1985 erfolgten Habilitation nach § 10 des Hochschulassistentengesetzes 1962, BGBl. Nr. 216, (HAssG) in ein dauerndes Dienstverhältnis übergeleitet. Gemäß Art. VI Abs. 1 des Hochschullehrerdienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 148/1988, ist sie seit 1. Oktober 1988 Universitätsassistent im definitiven Dienstverhältnis (§ 178 BDG 1979). Sie ist dem Institut für zivilgerichtliches Verfahren der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität N zugeordnet.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. Mai 1989 rechnete die belangte Behörde der Beschwerdeführerin bestimmte zwischen der Vollendung ihres 18. Lebensjahres und dem Tag des Beginnes ihrer ruhegenußfähigen Bundesdienstzeit
(1. Jänner 1972) liegenden Zeiten als Ruhegenußvordienstzeit an. Soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist, wurde ihr die Zeit ihres Jusstudiums (1. Oktober 1965 bis einschließlich 2. Juni 1969 = Tag der Ablegung der dritten Staatsprüfung) im vollen Ausmaß nach § 53 Abs. 2 lit. i des Pensionsgesetzes 1965 (PG) unbedingt anerkannt; hingegen wurde der Zeitraum zwischen 3. Juni 1969 bis 17. April 1970 (Promotion) (das sind zehn Monate und 15 Tage) - im folgenden als Doktoratsstudium bezeichnet - gemäß § 53 Abs. 2 lit. i PG "wegen Übeschreitung des anrechenbaren Höchstausmaßes" nicht angerechnet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Anrechnung des Doktoratsstudiums als Ruhegenußvordienstzeit gemäß § 53 Abs. 2 lit. i PG verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 PG, BGBl. Nr. 340/1965, sind Ruhegenußvordienstzeiten die in den Abs. 2 bis 4 genannten Zeiten, soweit sie vor dem Tag liegen, von dem an die ruhegenußfähige Bundesdienstzeit rechnet.
Nach Abs. 2 lit. i sind folgende Ruhegenußvordienstzeiten anzurechnen:
"i) Die Zeit eines abgeschlossenen Studiums an einer Hochschule oder einer staatlichen Kunstakademie, das für den Beamten Anstellungs- oder Definitivstellungserfordernis gewesen ist, bis zum Höchstausmaß von fünf Jahren für jedes Studium. Zum Studium zählt auch die für die Ablegung der Abschlußprüfungen oder für die Erwerbung eines akademischen Grades erforderliche Vorbereitungszeit bis zum Höchstausmaß von einem halben Jahr,"
§ 10 Abs. 1 des Hochschulassistentengesetzes 1962, BGBl. Nr. 216, lautet:
"(1) Besitzt der Hochschulassistent die Lehrbefugnis als Hochschuldozent oder eine gleichzuhaltende künstlerische oder praktische Eignung und hat er bereits zehn für die Vorrückung anrechenbare Dienstjahre aufzuweisen, so kann er über eigenes Ansuchen bei besonderen wissenschaftlichen Leistungen in ein dauerndes Dienstverhältnis übergeleitet werden. Hat ein solcher Hochschulassistent bereits 20 für die Vorrückung anrechenbare Dienstjahre zurückgelegt, so ist auf sein Ansuchen nach Maßgabe seiner wissenschaftlichen Leistungen zu entscheiden, ob er in ein dauerndes Dienstverhältnis übergeleitet oder sein Dienstverhältnis nicht mehr verlängert werden soll. § 6 Abs. 1 gilt sinngemäß."
Nach § 36 Abs. 1 lit. b des Universitäts-Organisationsgesetzes (UOG), BGBl. Nr. 258/1975, ist im ersten Abschnitt des Habilitationsverfahrens zu prüfen, ob der Bewerber ein inländisches oder gleichwertiges ausländisches Doktorat besitzt, das für das Habilitationsfach in Betracht kommt.
Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, die von der belangten Behörde telefonisch vertretene Rechtsauffassung, ihr Doktoratsstudium komme (unabhängig von der im Beschwerdefall gleichfalls strittigen Frage, wann es beendet worden sei) als Ruhegenußvordienstzeit überhaupt nicht in Betracht, stehe mit der im angefochtenen Bescheid gewählten Begründung im Widerspruch: Aus dieser sei nämlich abzuleiten, daß eine Anrechnung der strittigen Zeit grundsätzlich in Frage gekommen wäre, hätte das Doktoratsstudium nicht länger als ein halbes Jahr gedauert. Das Doktorat sei zwar kein Anstellungs-, wohl aber ein Definitivstellungserfordernis gewesen. Ihre Definitivstellung stütze sich nämlich auf ihre Lehrbefugnis als Universitätsdozentin sowie die übrigen Voraussetzungen nach § 10 HAssG. Voraussetzung für den Erwerb der Lehrbefugnis sei jedoch der Besitz eines inländischen oder gleichwertigen ausländischen Doktorates, das für das Habilitationsfach in Frage komme (§ 36 Abs. 1 lit. c - richtig: lit. b - UOG). Ohne Doktorat hätte sie sich nicht habilitieren können und ohne Lehrbefugnis als Universitätsdozentin wäre ihr Dienstverhältnis nicht in ein definitives Dienstverhältnis übergeleitet worden. Daraus folge die Anrechnungsfähigkeit ihres Doktoratsstudiums.
Die Beschwerde ist berechtigt.
Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift eingeräumt, die Begründung für die Nichtanrechnung des Doktoratsstudiums der Beschwerdeführerin sei fehlerhaft. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Auffassung, doch führte dies allein noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sofern die Behörde im Ergebnis dem Gesetz entsprechend entschieden hätte. Dies ist jedoch aus den nachstehenden Gründen nicht der Fall.
Die Zeit eines abgeschlossenen Studiums an einer Hochschule (nur dies kommt im Beschwerdefall in Betracht) ist bei Zutreffen der Voraussetzungen nach § 53 Abs. 1 PG dann als Ruhegenußvordienstzeit anzurechnen, wenn das Studium FÜR DEN BEAMTEN ein Anstellungs- ODER Definitivstellungserfordernis gewesen ist (Abs. 2 lit. i leg. cit.).
Das Wort "oder" legt - mangels jeglichen Hinweises für eine vom üblichen Sprachgebrauch abweichende Bedeutung - eine gleichwertige Alternative fest.
Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob das Doktorat für die Ernennung der Beschwerdeführerin zum Hochschulassistenten auf Grund der damals geltenden Rechtslage ein Anstellungserfordernis war oder nicht. Strittig ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die jedenfalls vor dem Hintergrund der obigen Rechtslage zu prüfende Frage, ob das Doktorat ein Definitivstellungserfordernis für die Beschwerdeführerin war oder nicht. Definitivstellungserfordernis (im Sinne des § 53 Abs. 2 lit. i PG) bedeutet im Beschwerdefall unter Berücksichtigung der Eigenart des Hochschulassistentendienstverhältnisses Erfordernis für die Überleitung in das dauernde Dienstverhältnis nach § 10 HAssG (das im Beschwerdefall im Hinblick auf den Zeitpunkt der Überleitung des Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin anzuwenden war).
Bezugspunkt ist dabei - wie sich aus § 53 Abs. 2 lit. i PG klar ergibt - der Beamte, dessen Ruhegenußvordienstzeitenanrechnung Gegenstand des amtswegigen Verfahrens ist. Im Beschwerdefall ist daher davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin von den im § 10 HAssG alternativ eröffneten Möglichkeiten (Habilitation oder gleichzuhaltende künstlerische oder praktische Eignung) jene des Erwerbs der Lehrbefugnis (neben den sonstigen im Gesetz genannten Voraussetzungen) erfüllt hat. Die in der Gegenschrift von der belangten Behörde vertretene Auffassung, diese Frage sei gleichsam abstrakt anhand des § 10 HAssG schlechthin (und ohne Bezug auf die jeweils vom Beamten konkret erfüllten gesetzlichen Voraussetzungen) zu beurteilen, sodaß schon die gesetzliche Möglichkeit, ohne Habilitation (und damit ohne Doktorat) in das dauernde Dienstverhältnis übergeleitet zu werden, dem Beschwerdevorbringen entgegenstehe, ist daher verfehlt.
Zwar trifft es zu, daß das Doktorat einer der Verwendung als Hochschulassistent entsprechenden Fachrichtung im § 10 HAssG nicht ausdrücklich als Definitivstellungserfordernis genannt wird. Jedoch ist Voraussetzung für den Erwerb der im § 10 HAssG genannten Lehrbefugnis als Hochschuldozent der Besitz eines inländischen oder gleichwertigen ausländischen Doktorates, das für das Habilitationsfach in Frage kommt (§ 36 Abs. 1 lit. b UOG). Wegen dieses rechtlichen Zusammenhanges ist das Doktorat vom Definitivstellungserfordernis "Lehrbefugnis" nach § 10 HAssG mit umfaßt und daher nach § 53 Abs. 2 lit. i PG zu berücksichtigen. Daß diese Voraussetzung bei der Beschwerdeführerin gegeben ist, ist offenkundig.
Der Ausschluß des Doktoratsstudiums als anrechenbarer Ruhegenußvordienstzeit widerspricht aus den genannten Gründen dem Gesetz, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Was das Ausmaß der für die Anrechnung in Betracht kommenden Zeit des Doktoratstudiums betrifft, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zum Hinweis veranlaßt, daß er die in der Gegenschrift dazu vertretene Auffassung der belangten Behörde für zutreffend erachtet.
Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der nach ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1989120139.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
19.08.2009