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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §250 Abs1 litd;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde der K-GmbH in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat III, betreffend Zurücknahme der Berufung gegen die Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide 1983 und 1984, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.240,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach einer bei der Beschwerdeführerin vorgenommenen abgabenbehördlichen Prüfung wurden unter anderem Bescheide betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1983 und 1984 erlassen. In der Berufung gegen diese Bescheide wandte sich die Beschwerdeführerin insbesondere gegen die - im Hinblick auf das Fehlen von Büchern für die Jahre 1983 und 1984 auf der Vergleichsbasis der Ergebnisse der Vorjahre 1981 und 1982 vorgenommenen - Schätzung der Gewinne. So wurde in der mehrere Seiten umfassenden Berufung ausgeführt, ein Gewinn von S 5,343.000,-- für 1983 und ein solcher von S 3,732.000,-- für 1984 habe schon deswegen nicht erwirtschaftet werden können, weil das Unternehmen 1984 "zum Nominalwert" verkauft worden sei. Nach den Ermittlungen des Steuerberaters H. sei demgegenüber für die Jahre 1983 und 1984 ein Verlust von S 5,700.000,-- entstanden. Weiters wurde in der Berufung darauf verwiesen, daß die entstandenen Verluste dadurch finanziert worden seien, daß der Beschwerdeführerin Darlehen zur Verfügung standen. In der Berufungsschrift wurden ferner Einwendungen gegen die Beurteilung von Teilen der kalkulatorisch ermittelten Erträge als verdeckte Gewinnausschüttungen erhoben, wobei die Meinung vertreten wurde, daß die verdeckten Gewinnausschüttungen ohne jeden Anhaltspunkt ermittelt wurden. In diesem Zusammenhang wurde von der Beschwerdeführerin auf die Vermögensverhältnisse des Alleingesellschafters sowie den Aufwand für seine Lebensführung hingewiesen. In der Berufung wurde beantragt, den "Gewinn bzw. Verlust" für die Jahre 1983 und 1984 mit S 0,-- festzusetzen.
Nach Zustellung des Aktenvermerkes des Prüfers und einer Stellungnahme des Prüfers zur Berufung wurde in einer die Berufung ergänzenden Eingabe neuerlich darauf hingewiesen, daß die Ermittlung der verdeckten Gewinnausschüttungen für 1983 und 1984 nicht dargestellt worden sei.
Mit einem Bescheid der belangten Behörde vom 10. Juni 1991 wurde ausgesprochen, daß der Berufung die Erklärungen, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden und welche Änderungen beantragt werden, sowie eine Begründung fehlen. Der Beschwerdeführerin wurde daher aufgetragen, diese Mängel zu beheben (§ 275 BAO). In einer fristgerecht eingelangten Eingabe der Beschwerdeführerin wurde insbesondere auf die neun Seiten umfassende Berufungsschrift verwiesen.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde sodann die Berufung hinsichtlich Körperschaft- und Gewerbesteuer 1983 und 1984 als zurückgenommen erklärt. In diesem Bescheid wurde die Ansicht vertreten, die Ausführungen in der Berufungsschrift seien nicht näher begründete Behauptungen. Die Beschwerdeführerin hätte vielmehr ausführen müssen, aus welchen Gründen das angestrebte Ergebnis von S 0,-- richtig sei.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall steht in Streit, ob die Berufungsschrift betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1983 und 1984 eine Begründung im Sinne des § 250 Abs. 1 lit. d BAO enthalten hat. Es trifft zwar zu, wie die belangte Behörde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Jänner 1969, 1410/68, ausgeführt hat, daß nicht jede nicht näher begründete Behauptung, daß der Bescheid ungesetzlich oder die vorgeschriebene Abgabe zu hoch sei, eine Begründung im Sinne dieser Gesetzesstelle ist. Andererseits kann eine allenfalls unschlüssige oder unzutreffende Begründung eines Rechtsmittels dem Fehlen einer Begründung nicht gleichgesetzt werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1969, 1132/68). Im Streitfall hat sich die Beschwerdeführerin nun keinesfalls darauf beschränkt, die Unrichtigkeit der angefochtenen Abgabenbescheide zu behaupten. Vielmehr hat sie mit den Hinweisen auf die Veräußerung des Unternehmens sowie das Vermögen und den Privataufwand des Alleingesellschafters substantielle Einwendungen gegen die - auf Grund des behaupteten Verlustes der Buchhaltungsunterlagen durch einen Vergleich mit den Vorjahren vorgenommene - Schätzung erhoben. Derartige Einwendungen sind als Begründung des Rechtsmittels anzusehen.
Daran ändert auch nichts, daß diese Einwendungen - nach Auffassung der belangten Behörde - in einem Widerspruch zum Berufungsantrag, nach dem die Festsetzung eines Gewinnes von S 0,-- beantragt wurde, stehen. Der Umstand, daß die Einwendungen nicht mit einem rechnerisch ausgeführten Änderungsantrag verbunden waren, nimmt den Ausführungen in der Berufungsschrift nicht die Qualifikation einer Begründung im Sinne der hier maßgeblichen Rechtsvorschrift.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Im pauschalierten Schriftsatzaufwand ist dabei die Umsatzsteuer bereits enthalten.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991130223.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
05.12.2009