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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde der S in N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in N, gegen die Erledigung des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 22. Februar 1993, ohne Geschäftszahl, betreffend Überstundenvergütung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht nach dem durch eine Ausfertigung der angefochtenen Erledigung belegten Vorbringen in der Beschwerde als Kindergartendirektorin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Innsbruck.
Auf Grund der von der Beschwerdeführer geltend gemachten Ansprüche auf Abgeltung von Überstundenleistung erging folgende vom Bürgermeister der Stadt Innsbruck leserlich gefertigte Erledigung an den für die Beschwerdeführerin einschreitenden Rechtsanwalt:
"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt
Mit Schreiben vom 14.12.1992 haben Sie zur Vermeidung der Klagsführung um Abrechnung von Frau S angeblich geleisteter und mit Schreiben vom 28.11.1991 geltend gemachter Mehrstunden um Übermittlung der Abrechnung zu Ihren Handen sowie um Überweisung auf Ihr Konto ersucht.
Nach Prüfung der Angelegenheit stellt sich hier folgender Sachverhalt dar.
Im Kindergartenjahr 1990/91 wurde der Kindergarten X umgebaut, wobei beabsichtigt war, daß der Kindergarten am 8.9.1991 wieder seinen Betrieb im Kindergartengebäude in der I-Straße aufnimmt. Nachdem die städt. Kindergärtnerinnen ihren Urlaub sowohl in der kindergartenfreien Zeit während des laufenden Kindergartenjahres (September bis Anfang Juli jeden Jahres) als auch in der kindergartenfreien Zeit während des Sommerferialzeitraumes konsumieren, war eine ordnungsgemäße Urlaubskonsumation durch Frau S selbst unter Ansehung der Tatsache, daß die Genannte in der Zeit vom 11.7. bis 29.7.1991 in M einen Kuraufenthalt absolvierte, möglich. Für das durchaus übliche Einräumen eines Kindergartens nach einem Umbau oder einer Neuausstattung von einer Woche hat Frau S ohnehin aus eigenem (ohne Genehmigung ihrer vorgesetzten Dienststelle) Ausgleichsstunden in Anspruch genommen.
Wenn nun Frau S begehrt, es müsse die Stadtgemeinde Innsbruck auch andere während des Urlaubes vorgenommene Tätigkeit entschädigen, ist festzuhalten, daß Frau S - genauso wie anderen Kindergartenleiterinnen auch - Dienstleistungen während des Urlaubes nicht angeordnet und auch von der Stadtgemeinde Innsbruck nicht entgegen genommen werden. Keinesfalls erfolgt ein Dienstauftrag zur Entgegennahme und Überwachung der Lieferung von Einrichtungsgegenständen während der kindergartenfreien Zeit im Sommer, zumal dies Aufgabe des Hausmeisters oder im Falle dessen Dienstverhinderung seines Vertreters ist. Sollte eine derartige Handlungsweise von Frau S während ihres Urlaubes gesetzt worden sein, ist dies ihren privaten Intentionen zuzurechnen. Eine solche Überlegung erscheint nicht denkunmöglich, zumal Frau S sei dem 1.7.1991 Mieterin einer im Gebäude ihres Kindergartens liegenden städt. Wohnung ist, die sie wahrscheinlich nach Rückkehr aus M bezogen und eingerichtet hat (Anmeldung am 3.8.1991). Auf die Optik, die in diesem Zusammenhang die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Stadtgemeinde Innsbruck erhalten würde, sollte ich wohl hinweisen müssen.
Es konnte mir auch kein Fall berichtet werden, in welchem bei Umbauten oder Adaptierungen von Kindergärten eine Vorgangsweise wie jene von Frau S Platz gegriffen hätte, wobei ich betonen muß, daß auch bei früheren Umbauten oder Adaptierungen keine Ansprüche von Mitarbeiterinnen auf Inanspruchnahme von Urlaub durch dienstliche Weisungen beeinträchtigt wurden. Ich muß daher die Vorgangsweise von Frau S zumindest für erstaunlich halten. Jedenfalls stelle ich fest, daß dienstlich weder Mehrstunden notwendig, noch angeordnet, noch stillschweigend entgegen genommen wurden. Es sollte auch nicht unerwähnt bleiben, daß während der Auslagerung des Kindergartenbetriebes im Kindergartenjahr 1990/91 Frau S in den Ausweichräumlichkeiten nur an Vormittagen Dienst versehen hat.
Inwieweit Ihnen der Inhalt vorstehender Ausführungen bekannt war, kann ich nicht beurteilen, doch nehme ich an, daß auf Grund dieser Fakten eine weitere Verfolgung der Angelegenheit wohl nicht mehr angemessen sein dürfte."
Die Beschwerdeführerin führt aus, das Schreiben vom 22. Februar 1993 sei als Bescheid aufzufassen, es erledige den Antrag vom 28. November 1991. Es enthalte eine Sachverhaltsfeststellung sowie die rechtliche Qualifikation, daß dem Begehren der Beschwerdeführerin nicht entsprochen werde. Darüber hinaus sei es vom Bürgermeister persönlich und im Original unterfertigt. Es enthalte sämtliche Formerfordernisse und inhaltliche Anforderungen, die an einen Bescheid gestellt werden und sei lediglich nicht als solcher bezeichnet.
Diese Auffassung der Beschwerdeführerin ist unrichtig:
Die angefochtene Erledigung ist weder ausdrücklich als Bescheid bezeichnet, noch weist sie sonst eine bescheidmäßige Gliederung in Spruch, Begründung, Rechtsmittelbelehrung auf. Dem Vertreter der Beschwerdeführerin wird lediglich eine Sachverhaltsdarstellung und die daraus abgeleitete Auffassung der belangten Behörde über die Ansprüche der Beschwerdeführerin mitgeteilt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9458/A und Beschluß vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/12/0261) kann ein Bescheid allerdings auch ohne förmliche Bezeichnung als solcher dann vorliegen, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift (oder auch die Beglaubigung) enthält. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes ENTSCHIEDEN hat. Der normative Inhalt muß sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, in diesem Sinne also auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Nur dann, wenn sich aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung für jedermann eindeutig ergibt, daß ein rechtsverbindlicher Abspruch vorliegt, ist ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher als gegeben anzusehen.
Im vorliegenden Fall ist jedoch die Fassung des in Beschwerde gezogenen Schreibens nicht so gestaltet, daß daraus jedermann zweifelsfrei erkennen könnte, es sei damit verbindlich und somit in einer der Rechtskraft fähigen Weise über eine Verwaltungsrechtssache, nämlich den behaupteten Anspruch der Beschwerdeführerin auf Vergütung von Überstunden, abgesprochen worden.
Da der bekämpften Erledigung solcherart die Eigenschaft eines Bescheides fehlt, war die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Mitteilungen und RechtsbelehrungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993120111.X00Im RIS seit
20.11.2000