Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrages auf teilweise Aufhebung eines Bebauungsplanes mangels Legitimation; Zumutbarkeit des Verwaltungsrechtsweges; Anhängigkeit eines BaubewilligungsverfahrensSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. In ihrem Antrag vom 16. August 1990 begehrt die Einschreiterin, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art139 B-VG den Bebauungsplan der Marktgemeinde Wattens i.d.F. der Beschlüsse des Gemeinderates der Marktgemeinde Wattens vom 5.4.1990 sowie vom 21.6.1990, betreffend die im Eigentum der Antragstellerin stehenden "Grundstücke 255/2, 258/3 und .605 KG Wattens" als gesetzwidrig aufheben.
2. Die Antragstellerin bringt vor, durch die angefochtene Verordnung werde in ihre Rechtssphäre deshalb tatsächlich eingegriffen, weil sie die genannten Grundstücke zum Zwecke der Errichtung einer Wohnanlage angekauft und ein Bauansuchen gestellt habe, dessen Erledigung jedoch von der Baubehörde erster Instanz bis zum Inkrafttreten der bekämpften Bebauungsplanänderung hinausgezögert worden sei, wodurch nunmehr eine Bewilligung des Bauprojektes in der eingereichten Form unmöglich geworden sei. Die Antragstellerin bringt weiters vor, es sei ihr nicht zuzumuten, das durch die Bebauungsplanänderung für sie jedenfalls aussichtslose Verfahren bis zur letzten Instanz weiterzuführen, um anschließend Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit des gemäß Art139 B-VG gestellten Antrages erwogen:
1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefungis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 10511/1985).
2. Ein solcher zumutbarer Weg besteht grundsätzlich dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren bereits anhängig ist, das dem von der generellen Rechtsnorm Betroffenen letztlich Gelegenheit bietet, die Einleitung eines amtswegigen Normprüfungsverfahrens durch den Verfassungsgerichtshof anzuregen. Eine Ausnahme besteht nur für den Fall, daß besondere, außergewöhnliche Umstände vorliegen, um der Partei des gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahrens trotz der ihr dort offenstehenden Möglichkeiten das Recht auf Einbringung eines Normprüfungsantrages einzuräumen (vgl. zB VfSlg. 8312/1978, 8552/1979, 10251/1984).
3. Wie aus den Ausführungen im Antrag hervorgeht, ist ein Baubewilligungsverfahren bereits anhängig. Daraus ergibt sich, daß die Antragstellerin die Möglichkeit hat, den administrativen Instanzenzug auszuschöpfen, nach Abschluß des Verwaltungsverfahrens eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde zu erheben und im Rahmen dieses Verfahrens ihre Bedenken gegen die bekämpfte Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Der Verfassungsgerichtshof wäre verpflichtet, wenn er gegen die - im Beschwerdeverfahren präjudizielle - Verordnung Bedenken wegen ihrer Gesetzmäßigkeit hätte, ein amtswegiges Verordnungsprüfungsverfahren einzuleiten. Es hat sich auch kein Anhaltspunkt für die Annahme ergeben, daß außergewöhnliche Umstände vorlägen, die der Antragstellerin das Recht auf Einbringung eines Normprüfungsantrages trotz Vorliegens eines anhängigen Verwaltungsverfahrens einräumen würden (siehe dazu insbes. VfGH 5.10.1987 V18/87, 13.6.1988 V89,90/87 und 14.3.1989 V196/88, wonach es sogar dem Beschuldigten eines bereits anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens zumutbar ist, den administrativen Instanzenzug auszuschöpfen, um sodann im Rahmen einer nach Art144 B-VG zu erhebenden Beschwerde seine Bedenken gegen die generelle Norm an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen).
Da sohin - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - ein anderer zumutbarer Weg gegeben ist, die gegen die angefochtene Verordnung sprechenden Bedenken geltend zu machen, ist der Antrag mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen (s. dazu auch VfGH 14.3.1989 V196/88).
III. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, BebauungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:V265.1990Dokumentnummer
JFT_10098873_90V00265_00