TE Vwgh Erkenntnis 1993/4/29 90/06/0169

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.04.1993
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/02 Novellen zum B-VG;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
98/01 Wohnbauförderung;

Norm

AVG §52;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
BauO Stmk 1968 §1 Abs3;
BauO Stmk 1968 §2 Abs1;
BauO Stmk 1968 §2 Abs2 litd;
BauO Stmk 1968 §3 Abs2;
BauO Stmk 1968 §3 Abs3 idF 1989/014;
BauO Stmk 1968 §62 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art17 Abs1;
B-VGNov betreffend Volkswohnungswesen 1987 Art2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WFG 1984;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der 1. X Gesellschaft m.b.H., 2. des Dr. H und

3. der F in G, alle vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 13. September 1990, Zl. A 17-K-2294/1990-11, betreffend Erteilung einer Widmungsbewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. E in G, 2. Prof. K und 3. M in G),

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde der Zweit- und Drittbeschwerdeführer wird gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und den Zweit- und Drittmitbeteiligten insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem am 11. Februar 1987 beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz eingelangten Ansuchen beantragte die Erstbeschwerdeführerin die Erteilung der Widmungsbewilligung für die Grundstücke Nr. 106/1, 112/2 und 487 in EZ 87, KG A. Als Verwendungszweck war "Wohnen" angegeben. Der Magistrat holte daraufhin neben Stellungnahmen zu Fragen der Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung und der verkehrsmäßigen Erschließung ein städtebauliches Gutachten und eine Stellungnahme des Stadtplanungsamtes ein, wonach der Widmungsgrund gemäß dem Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Graz teilweise als "reines Wohngebiet" mit einer Bebauungsdichte von 0,1 bis 0,6 (Grundstücke 112/2 und 487) bzw. als "Wald" (Grundstück Nr. 106/1) ausgewiesen ist.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 1987, in deren Verlauf sich einige Anrainer, unter ihnen die nunmehrigen Mitbeteiligten, gegen die Erteilung der Widmungsbewilligung ausprachen, und Einholung eines Lärmgutachtens vom 10. Feber 1988 wurde der Erstmitbeteiligten mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 18. Mai 1988 die Widmungsbewilligung erteilt. Es wurde die offene Bebauung festgelegt sowie eine Bebauungsdichte von mindestens 0,1 höchstens 0,2 der Bauplatzfläche, ein Bebauungsgrad von mindestens 0,05, höchstens 0,15 der Bauplatzfläche. Straßenfluchtlinien wurden im Widmungsplan mit roten Linien eingezeichnet, mit blauer Strich-Punkt-Strich-Linie wurde eine Baugrenzlinie eingetragen. Weiters wurden Gebäudemindestabstände festgelegt, als zulässige Bauten (Verwendungszweck) wurden Wohnbauten gemäß § 23 Abs. 5 lit. a ROG 1974 und Nebengebäude festgesetzt. Die Gebäudehöhen wurden bei Hauptgebäuden mit mindestens 2,80, höchstens 7,50 m, bei Nebengebäuden mit mindestens 0, höchstens 3,00 m festgesetzt. Überdies wurde festgesetzt, daß auf dem Bauplatz in dem der Bebauung entsprechenden Ausmaß Freiflächen für einen Kinderspielplatz und Kraftfahrzeugabstellplätze vorzusehen seien. Die Einwendungen der Nachbarn, unter ihnen der mitbeteiligten Parteien, wurden teils als unbegründet ab, teils als unzulässig zurück - und zum Teil auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Gemäß § 68 Abs. 2 AVG wurde die Widmungsbewilligung vom 18. Juli 1903, GZ 7182, soweit sie die vorgenannten Grundstücke betrifft, mit dem Eintritt der Rechtskraft des gegenständlichen Widmungsbewilligungsbescheides behoben.

Gegen diesen Bescheid brachten die nunmehrigen Beschwerdeführer, vertreten durch Dr. J, sowie die Mitbeteiligten Berufungen ein. Während die Beschwerdeführer in ihrer Berufung darauf hinwiesen, daß die Bebauungsdichte mit 0,1, höchstens 0,2 der Bauplatzfläche zu gering und daher rechtswidrig, der Bebauungsgrad zu niedrig festgesetzt und eine Baugrenzlinie zu Unrecht festgesetzt worden sei, brachten die Mitbeteiligten im wesentlichen vor, die Bebauungsdichte sei zu Unrecht mit bis 0,2 festgesetzt worden, in der näheren Umgebung habe in letzter Zeit niemand eine höhere Bebauungsdichte als 0,15 zugesprochen erhalten. Mit Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 7. Juli 1988 wurde den Berufungen der Beschwerdeführer und der Mitbeteiligten keine Folge gegeben. Gleichzeitig wurde die Entscheidung der Behörde erster Instanz dahingehend abgändert, daß der Teil des Spruches, der sich auf die Behebung der Widmungsbewilligung vom 18. Juli 1903 bezog, behoben wurde.

Aufgrund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde der nunmehrigen Beschwerdeführer hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. April 1990, Zl. 88/06/0163, den Bescheid des Gemeinderates vom 7. Juli 1988 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 13. September 1990 wurde neuerlich den Berufungen der Beschwerdeführer und der Mitbeteiligten keine Folge gegeben. Gleichzeitig wurde auch die Entscheidung der Behörde erster Instanz dahingehend abgeändert, daß der Teil des Spruches, der sich auf die Widmungsbewilligung vom 18. Juli 1903 bezog, behoben wurde. Zur Begründung wurde hinsichtlich der Berufung der Mitbeteiligten u.a. ausgeführt, es bestehe kein Rechtsanspruch auf Beibehaltung der villenartigen Bebauung, da nach § 2 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 in der geltenden Fassung das dort eingerichtete Institut der Widmungsänderung unter Beweis stelle, daß auch erteilte Widmungsbewilligungen geändert werden könnten. Bezüglich des Vorbringens, daß die Bebauungsdichte in dieser Situation mit 0,2 zu hoch erscheine, wurde auf die nachfolgenden Ausführungen betreffend die Berufung der Beschwerdeführer verwiesen.

Zur Berufung der Beschwerdeführer wurde ausgeführt, daß die Festlegung der Bebauungsdichte, des Bebauungsgrades und der Baugrenzlinie eine Aufgabe der Stadtplanung darstelle. Wie jede Handhabung des Planungsermessens müsse auch eine solche im Sinne des § 3 Abs. 3 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 sachlich begründet sein. Die Behörde habe von dem ihr zustehenden Planungsermessen gesetzmäßig Gebrauch zu machen. Das Widmungsareal liege im "reinen Wohngebiet". Gemäß der Bebauungsdichteverordnung vom 7. Juli 1987 sei für das "reine Wohngebiet" eine maximale Bebauungsdichte von 0,8 zulässig. Im Flächenwidmungsplan 1982 der Landeshauptstadt Graz sei für dieses Gebiet als gebietsweiser Richtwert eine Bebauungsdichte von 0,1 bis maximal 0,6 ausgewiesen. Die Behörde erster Instanz habe vom Stadtplanungsamt (MA 14) ein Gutachten eingeholt, das logisch und nachvollziehbar und durchaus schlüssig begründe, weshalb die Bebauungsdichte mit 0,2 in diesem Widmungsrahmen festzulegen sei. In demselben Gutachten sei auch die Festlegung der Baugrenzlinie begründet worden. Die Lage der Baugrenzlinie entspreche annähernd dem unteren Rand einer Nußplantage, die quasi eine natürliche Grenze dafür darstelle, wieweit die Bebauung den Hang hinaufreichen sollte. Eine weiter hinaufreichende Bebauung zöge insofern die Störung des Landschaftsbildes nach sich, als der Gegensatz von bebautem Siedlungsbereich und unbebauter Landschaft aufgehoben und eine weithin sichtbare Zersiedelung des Landschaftsraumes die Folge wäre. Der Widmungswerber könne jederzeit die alte noch bestehende Widmungsbewilligung aus dem Jahre 1903 im Rahmen dieser seinerzeitigen Festlegungen ausnützen. Einen Anspruch auf Nichtveränderung der Bebaubarkeit des Grundstückes im Rahmen eines neuen Widmungsverfahrens habe er aber nicht. Er habe nur das Recht, im Rahmen des Bauverfahrens zwischen den beiden bestehenden Widmungsbewilligungen zu wählen bzw. jeweils eine davon auszunützen. Die im erstinstanzlichen Bescheid erfolgte Behebung der Widmungsbewilligung vom 18. Juli 1903, gestützt auf § 68 Abs. 2 AVG habe aber behoben werden müssen, weil nach dieser Gesetzesstelle nur Bescheide behoben werden dürften, aus welchen niemanden ein Recht erwachsen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch die Festsetzung einer Bebauungsdichte von 0,2 anstatt 0,6 sowie durch die Ziehung einer Baugrenzlinie quer über die Grundstücke 112/2 und 487 der EZ 87 KG Algersdorf trotz Ausweisung der gesamten Grundflächen im Flächenwidmungsplan der Stadt Graz als Bauland und trotz Bestehens einer Altwidmung aus dem Jahre 1903 auf villenartige Verbauung der gesamten Grundflächen beschwert.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die Zweit- und Drittmitbeteiligten dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

ad 1: Gemäß § 2 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr 149 (BO), (dieses Gesetz ist im Beschwerdefall gemäß Art. II Abs. 2 der Novelle LGBl. Nr. 14/1989 in der Fassung vor dieser Novelle anzuwenden) bedarf die Widmung von Grund zu einem oder mehreren Bauplätzen oder eine Widmungsänderung der Bewilligung der Baubehörde.

Im Beschwerdefall wurde das Ansuchen um Widmungsbewilligung nur von der Erstbeschwerdeführerin gestellt, wie dem aktenkundigen Ansuchen vom 11. Februar 1987 zu entnehmen ist. Die Zweit- und Drittbeschwerdeführer haben diesem Ansuchen als Eigentümer ihre Zustimmung erteilt, sind jedoch während des gesamten Verwaltungsverfahrens nicht selbst als Antragsteller dem Antrag der Erstbeschwerdeführerin beigetreten. Ihre Beschwerde war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen, weil ihnen als nicht antragstellenden Eigentümern im Sinn des § 2 Abs. 2 lit. d BO nur ein subjektives Recht darauf zukommt, daß ohne ihre Zustimmung keine Widmung erfolgt, sie jedoch sonst kein rechtliches Interesse am Ausgang des Widmungsbewilligungsverfahrens haben.

ad 2: Gemäß § 3 Abs. 3 BO sind in der Widmungsbewilligung der Verwendungszweck der Bauten, die Straßenfluchtlinien, die Baufluchtlinien, die Baugrenzlinien, die Höhenlage der Bauwerke und angrenzenden Verkehrsflächen, die Bebauungsweise, die Bebauungsdichte, der Bebauungsgrad, das Mindest- und Höchstmaß der Gebäudehöhe, die Abstände von anderen Gebäuden und von den Grundgrenzen, Lage und Größe der Freiflächen (Höfe, Gärten, Kinderspielplätze, Abstellflächen für Kraftfahrzeuge u.dgl.), die Grundabtretung für Verkehrsflächen (§ 6) sowie die von der Widmung erfaßte Grundfläche festzusetzen. Im übrigen gelten die Bestimmungen des § 62 Abs. 1 bis 3 und 5 auch für die Widmungsbewilligung.

§ 1 BO regelt die Lage und Beschaffenheit von Bauplätzen, demnach müssen Bauplätze einen trockenen und tragfähigen Boden aufweisen, sie dürfen nicht durch Schnee- oder Steinlawinen, Hochwasser, Rutschungen u.dgl. gefährdet sein. Für jeden Bauplatz muß eine geeignete Zufahrtsmöglichkeit von einer öffentlichen Verkehrsfläche, eine einwandfreie ausreichende Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gesichert sein. Weiters müssen Bauplätze eine der beabsichtigten Bebauungsweise entsprechende Größe und Gestalt haben. Gemäß § 3 Abs. 2 BO ist eine Widmungsbewilligung zu erteilen, wenn die im § 1 sowie im Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127, in der jeweils geltenden Fassung, genannten Voraussetzungen für eine Widmung vorliegen. In Schutzzonen nach dem Grazer Altstadterhaltungsgesetz 1980, LGBl. Nr. 17, und Ortsbildgesetz 1977, LGBl. Nr. 54, in ihrer jeweils geltenden Fassung, finden die Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes 1974 nur insoweit Anwendung, als die genannten Gesetze nicht abweichende Regelungen treffen.

Die Beschwerde rügt, rechtswidrig sei die Rechtsauffassung der belangten Behörde, wonach es ihr zustehe, im Rahmen der Planung Ermessensentscheidungen zu treffen, und diese Handhabung des Planungsermessens im Sinne des § 3 Abs. 3 BO nur sachlich begründet sein müsse. Es sei zwar richtig, daß § 3 Abs. 3 BO eine sachliche Begründung voraussetze, doch ließen sich aus dieser Gesetzesbestimmung nur Auflagen ableiten, die den im § 1 Abs. 1 und 2 leg. cit. festgelegten Voraussetzungen für die Eignung eines Grundes zu Bauplätzen dienten. Wenn die begehrte Bebauungsdichte von 0,6 den bodenmechanischen und geologischen Voraussetzungen des § 1 BO bzw. den Entsorgungs- und Aufschließungsvoraussetzungen nicht widerspreche, dann sei diese begehrte Bebauungsdichte in voller Höhe zu bewilligen. Dieser Ansicht ist entgegenzuhalten, daß gemäß § 3 Abs. 2 erster Satz BO eine Versagung der Widmungsbewilligung in der Tat nur dann rechtens ist, wenn es an den Voraussetzungen für eine Widmung nach § 1 fehlt. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind aber in der Widmungsbewilligung neben einer Reihe anderer, für die künftige Bauführung wesentlicher Kriterien auch Baugrenzlinien und die Bebauungsdichte festzusetzen. Diese gesetzliche Regelung kann sowohl sprachlich als auch nach ihrem erkennbaren Sinn - nämlich eine geordnete bauliche Entwicklung auch dort sicherzustellen, wo Bebauungspläne noch nicht bestehen - nur so verstanden werden, daß sie die Baubehörde ermächtigt, in die Willensbildung des Widmungswerbers durch Festsetzung einer bestimmten Bebauungsdichte und einer Baugrenzlinie gestaltend einzugreifen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1972, Zl. 2019/71). Schon in diesem Erkenntnis ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, daß der Baubehörde im § 3 Abs. 2 zweiter Satz BO (nunmehr § 3 Abs. 3 BO) ein Planungsermessen eingeräumt ist, das sachlich begründet sein muß. An dieser Rechtsansicht hat der Verwaltungsgerichtshof auch seither festgehalten (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1989, Zl. 88/06/0211), er sieht keine Veranlassung, von dieser Ansicht abzurücken. Die belangte Behörde hat in dem in Beschwerde gezogenen Bescheid darauf hingewiesen, daß die Behörde erster Instanz das ihr eingeräumte Planungsermessen bei der Festsetzung der Bebauungsdichte und der Baugrenzlinie eingeräumte Planungsermessen nicht gesetzwidrig ausgeübt habe. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Ansicht. Schon im Bescheid der Behörde erster Instanz wurde auf das Gutachten der MA 14-Stadtplanungsamt, eingegangen. Dieses Gutachten, das durch eine Luftbildaufnahme belegt ist, führt u.a. aus, daß den Festlegungen und Empfehlungen des Widmungsgutachtens die städtebauliche Intention zugrundeliege, die Auffüllung des angesprochenen Siedlungsbereiches ohne nachhaltige Störung des Gebietscharakters und des Landschaftsraumes durchzuführen. Entsprechend den Erläuterungen zum Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Graz 1962 sei für "reine Wohngebiete im Grüngürtel" die "...geordnete Weiterentwicklung durch Auffüllung des Bestandes und Inanspruchnahme der in Zusammenhang mit dem Bestand erschließbaren Baulandreserven anzustreben." Bei der Erstellung von Bebauungsplänen und bei Bewilligung nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 sei auf die Bewahrung der naturräumlichen Elemente (Gelände, Vegetation usw.) besonders zu achten. Diesen Forderungen trage die im Widmungsplan eingetragene Baugrenzlinie Rechnung, die eine Bautätigkeit nur im Nahbereich des bereits bebauten Siedlungsgebietes gestatte. Aus dem Befund dieses Gutachtens gehe hervor, daß die Grenze des nach dem Grazer Altstadterhaltungsgesetz geschützten Vorortes im Süd-Westen bis an den gegenständlichen Bauplatz reiche. Die weitere bauliche Entwicklung habe entlang des westlich gelegenen Weingartenweges stattgefunden, der durch die natürliche Ausnützung der Geländeverhältnisse die steile Handlage bis zur Hubertushöhe erschließe, sowie in einem Bereich von maximal 140 m nördlich der Bergstraße. Die übrigen Hangflächen seien unbebaut, bewaldet oder als Wiese genutzt. In dem Gutachten wird weiter ausgeführt, die Lage der Baugrenzlinie entspreche annähernd dem unteren Rand der Nußplantage, die quasi eine natürliche Grenze dafür darstelle, wieweit die Bebauung den Hang hinaufreichen sollte. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, daß eine weiter hinaufreichende Bebauung die Störung des Landschaftsbildes insofere nach sich zöge, als der Gegensatz von bebautem Siedlungsbereich und unbebauter Landschaft aufgehoben und eine weithin sichtbare Zersiedelung des Landschaftsraumes die Folge wäre. Hinsichtlich der vorhandenen Bebauung läßt sich dem Befund des Gutachtens des Stadtbauamtes entnehmen, daß die Bebauung am Weingartenweg und entlang der Bergstraße fast ausschließlich aus Einfamilienhäusern und Villen in offener Bauweise mit Bebauungsdichten von 0,1 bis 0,2 besteht. Wesentliche Gebäudekomplexe (das in der Ebene des westlichen Grazer Feldes errichtete Unfallkrankenhaus und das unmittelbar an der Bergstraße gelegene Krankenhaus der Barmherzigen Brüder) befänden sich erst in einer Entfernung von ca. 200 bis 350 m vom Bauprojekt. Dieses Gutachten wurde mit dem Vertreter der Widmungswerberin während der mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 1987 erörtert. Der Vertreter der Widmungswerberin sprach sich zwar für eine Festlegung der Bebauungsdichte mit 0,6 aus und begehrte Ergänzungen des Sachverständigengutachtens in diesem Sinne unter Berücksichtigung des Flächenwidmungsplanes und der derzeit geltenden Richtlinien für die Wohnbauförderung. Daß der Befund des Amtssachverständigen mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Widerspruch stünde oder daß sich das Gutachten (im engeren Sinne) nicht schlüssig aus dem Befund ergebe, hat der Vertreter der Widmungswerberin aber nicht behauptet. Auch das dem Gutachten des Stadtplanungsamtes beigelegte Foto stützt die Richtigkeit des Befundes, auf dem dieses Gutachten aufbaut. Bei einer vorhandenen Bebauungsdichte von 0,1 bis 0,2 kann die Festsetzung einer Bebauungsdichte im Beschwerdefall von mindestens 0,1 und höchstens 0,2 nicht als rechtswidrige Ausübung des Planungsermessens angesehen werden. Wenn die Beschwerde rügt, das Gutachten der MA 14 sei "ausschließlich kosmetischer Natur", so vermag der Verwaltungsgerichtshof diese Ansicht nicht zu teilen. Es liegt in der Natur der Sache, daß ein Gutachten darüber, ob eine Bauführung eine "nachhaltige Störung des Gebietscharakters und des Landschaftsraumes" darstellt, "schönheitliche Rücksichten und eine harmonische Einfügung eines Projektes" in die vorhandenen Gegebenheiten nicht außer acht lassen darf.

Die Erstbeschwerdeführerin kann auch nicht durch den Umstand beschwert sein, daß ihr über ihren Antrag eine neue Widmungsbewilligung erteilt wurde. Es steht ihr aber frei, wie schon die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, entweder die neue Widmungsbewilligung oder die alte Widmungsbewilligung aus dem Jahre 1903 im Rahmen der seinerzeitigen Festlegungen auszunützen. Keinesfalls ist es aber möglich - wie dies der Erstbeschwerdeführerin offenbar vorschwebt - aus jeder Widmungsbewilligung den Teil herauszunehmen, der der Erstbeschwerdeführerin zusagt, weil jeder Widmungsbewilligungsbescheid für sich ein unteilbarer Bescheid ist.

Schließlich beruft sich die Beschwerdeführerin auf ihre Eigenschaft als gemeinnützige Bauvereinigung. Nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1984 sei eine Förderung von Wohnungen und Geschäftsräumen nur dann möglich, wenn pro Wohneinheit maximal 400 m2 Grundfläche einschließlich verbauter Fläche benötigt werden und die Verbauungsdichte von 0,3 nicht unterschritten werde, die Errichtung von geförderten Eigentumswohnungen liege im vordringlichen Interesse des Landes Steiermark; durch diese gegenüber dem Stadtplanungsamt der Stadt Graz "sicher höherrangige Rechtsquelle" ergebe sich zwangsläufig die Rechtswidrigkeit des Bescheides, da sich daraus gegenüber der zitierten Verordnung ein Interessenskonflikt ergebe, der zugunsten des Landes Steiermark zu entscheiden gewesen wäre.

Dieses Vorbringen geht an der Rechtslage völlig vorbei. Abgesehen davon, daß es auch einer gemeinnützigen Bauvereinigung freisteht, mit anderen als öffentlichen Förderungsmitteln zu bauen, stellen Förderungsvorschriften wie das Wohnbauförderungsgesetz 1984 und die dazu ergangenen Verordnungen der Länder (ausgenommen die Bestimmungen über die Wohnbeihilfe) lediglich Selbstbindungsgesetze iSd Art. 17 B-VG dar, in denen festgelegt wird, unter welchen Voraussetzungen die öffentliche Hand zur Vergabe von Förderungsmitteln bereit ist (vgl. z.B. das grundlegende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1951, VfSlg. Nr. 2217), ohne daß dem einzelnen Förderungswerber daraus irgendwelche subjektiven Rechte erwüchsen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Mai 1977, Zl. 2234/76). An dieser Grundlage hat auch die Überführung von Bundes- in Landesrecht durch die B-VG-Novelle 1987 BGBl. Nr. 640 nichts geändert. Durch solche Vorschriften kann daher niemals in Bauordnungen und deren Vollziehung eingegriffen werden, vielmehr setzt die Gewährung von Förderung voraus, daß das Bauprojekt den jeweiligen Bebauungsbestimmungen entspricht. Außerdem übersieht die Beschwerdeführerin mit ihrem Hinweis auf ihre Eigenschaft als gemeinnützige Bauvereinigung, daß Widmungs- und Baubewilligung ausschließlich projektbezogen sind, was von vornherein ausschließt, auf die Person des Antragstellers und seine besonderen Eigenschaften Bedacht zu nehmen. Kann doch eine erteilte Bewilligung - mit Zustimmung des Grundeigentümers - von jedermann und nicht nur vom Antragsteller ausgenützt werden.

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 44 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Ermessen Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Baurecht Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Bautechniker Ortsbild Landschaftsbild Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990060169.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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