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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):93/12/0035 93/12/0031Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, in der Beschwerdesache des Dr. G in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten vom 5. Juli 1990, Zl. 475723/87-VI.1/90, betreffend Feststellung von Dienstpflichten, sowie über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, den Beschluß gefaßt:
Spruch
1) Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2) Der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird zurückgewiesen.
3) Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Legationsrat in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten. Er ist rechtskundiger Beamter im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG.
Am 26. Jänner 1993 brachte der Beschwerdeführer folgenden als "Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Wiederaufnahme des Verfahrens Beschwerde gem. Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG" bezeichneten Schriftsatz beim Verwaltungsgerichtshof ein:
"In den Beschwerden Zl. 92/12/0030 und 0119 des Verwaltungsgerichtshofes versucht die Behörde zu insinuieren, ich hätte anfänglich meine Versetzung aus X akzeptiert, jedoch erst später begonnen, daran Kritik zu üben.
Dem widerspricht der Aktenvermerk in Zl. 475723/87-VI.1/90, in dem festgehalten wird, daß der Leiter der Personalabteilung meinen damaligen Rechtsanwalt beeinflußte, daß ich die gehörige Fortsetzung des gegen seine Abteilung gerichteten Verfahrens unterlasse. Dr. P hätte sich in diesem Sinne mir gegenüber verwenden sollen. Das tat er auch.
Ich lege in der Anlage die Kopie eines Briefes vom 16.8.1990 vor, der die logische Konsequenz seines Verhaltens aus Zl. 475723/87-VI.1/90 ist.
Zur Wahrung aller meiner Rechte und ohne mein bisheriges Vorbringen präjudizieren zu wollen, beantrage ich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Wiederaufnahme des Verfahrens zu Bescheid Zl. 475723/87-VI.1/90 vom 5.7.1990. Gleichzeitig erhebe ich Beschwerde gem. Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegen diesen Bescheid mit dem Antrag, diesen seinem gesamten Umfange nach wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die nähere Ausformulierung der Anträge und der Beschwerde reiche ich in den nächsten Tagen nach.
Das Rechtsschutzinteresse ergibt sich daraus, daß die Behörde stets behauptet, dieser Bescheid vom 5.7.1990 sei eine vollständige Erledigung der Sache meiner Versetzung. Diese Ansicht konnte ich nie teilen, war anwaltlich vertreten, worauf die Behörde stets verweist, konnte jedoch aus nunmehr naheliegenden Gründen nicht erreichen, daß mein Anwalt in meinem Sinne eine Bescheidbeschwerde einbringt. Beweis anbei. Ich bestreite, daß eine solche Vorgangsweise einer Behörde, die in der Absicht gewählt wurde, mich wissentlich in Vollziehung der Gesetze in meiner Rechtssphäre zu schädigen, mit den Grundgedanken der österreichischen Rechtsordnung in Einklang zu bringen ist."
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, der Antrag vom 8. März 1990 auf bescheidmäßige Verfügung der Versetzung des Beschwerdeführers werde zurückgewiesen. Der Antrag auf bescheidmäßige Verfügung der Versetzung zu einer anderen Dienststelle sei mit Bescheid zurückzuweisen. Dieser Bescheid wurde dem damals anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer zu Handen seines Anwaltes nachweislich laut Rückschein am 10. Juli 1990 zugestellt. Dieser aus den vorliegenden Akten getroffenen Feststellung entspricht das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei anwaltlich vertreten gewesen.
Zum Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist der Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.
Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der behauptete Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag selbst glaubhaft zu machen (vgl. Beschluß vom 4. April 1984, Zl. 84/13/0011, 0020). Ein Auftrag an den Beschwerdeführer, den Wiedereinsetzungsantrag zu verbessern, erübrigt sich, wenn der Antrag zweifelsfrei erkennen läßt, daß keinerlei Anhaltspunkte für die Stattgebung des Wiedereinsetzungsantrages gegeben sind und somit auch nach Behebung von Formgebrechen die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausgeschlossen wäre (vgl. Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1969, Zl. 1678/69, und vom 25. Juli 1979, Zl. 1829/79).
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe "aus nunmehr naheliegenden Gründen" nicht erreichen können, daß sein Anwalt in seinem Sinne eine Bescheidbeschwerde einbringe, vermag nach der dargestellten Rechtslage den Antrag nicht zu begründen, weil damit kein Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des Gesetzes dargetan wurde. Ist nämlich der Bevollmächtigte einer Partei an der Fristeinhaltung nicht gehindert, so muß sich die Partei das Fehlen dieser Tatbestandsvoraussetzung des § 46 Abs. 1 VwGG zurechnen lassen (vgl. Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Jänner 1977, Slg. N.F. Nr. 9.226/A). Wird die Frist zur Einbringung der Beschwerde deshalb versäumt, weil der bevollmächtigte und beauftragte Vertreter die Entscheidung, ob die Beschwerde zu erheben ist, erst nach Befragung des - wie im Beschwerdefall sich im Ausland aufhaltenden - Beschwerdeführers treffen wollte, liegt ein Hindernis im Sinn des § 46 Abs. 1 VwGG nicht vor (Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 1985, Zl. 84/11/0002-0004).
Dem Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers war daher
nicht stattzugeben.
Zum Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers:
§ 45 Abs. 1 VwGG normiert die Voraussetzungen der Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes abgeschlossenen Verfahrens. Der Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers bezieht sich aber nicht auf ein solches Verfahren, sondern auf das Verwaltungsverfahren der belangten Behörde, das mit deren Bescheid vom 5. Juli 1990 abgeschlossen worden ist. Die Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist im § 69 AVG geregelt, nach dessen Abs. 4 die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zusteht, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem.
Daraus ergibt sich bereits, daß der Verwaltungsgerichtshof zur Wiederaufnahme des vom Beschwerdeführer bezeichneten Verfahrens nicht zuständig ist, weshalb sein Antrag zurückzuweisen war.
Zur Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG:
Wie sich bereits aus den zu Z. 1 getroffenen Feststellungen ergibt, wurde der angefochtene Bescheid der belangten Behörde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 10. Juli 1990 zugestellt. Die nach Ablauf der Beschwerdefrist erhobene Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993120030.X00Im RIS seit
03.04.2001Zuletzt aktualisiert am
14.01.2011