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L37161 Kanalabgabe Burgenland;Norm
KanalabgabeG Bgld §2 Abs6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde 1.) des AR und 2.) der MR, beide in J, beide vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 15. Juni 1990, Zl. II-R-2/1-1990, betreffend Kanalanschlußbeitrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Jois), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bundesland Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligen Marktgemeinde Jois vom 7. Dezember 1989 wurde gegenüber den Beschwerdeführern für die Grundstücke Nr. xxxx, nnnn, aaaa und bbbb der KG J "gemäß der §§ 2, 3 und 5 des Kanalabgabegesetzes (Bgld KAbG), LGBl. Nr. 41/1984, in Verbindung mit § 150 der Landesabgabenordnung (LAO), LGBl. Nr. 2/1963, in der Fassung LGBl. Nr. 24/1983, und der Verordnung des Gemeinderates vom 22.10.1989" der Kanalanschlußbeitrag mit S 85.391,11 abzüglich eines geleisteten vorläufigen Anschlußbeitrages festgesetzt.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. Februar 1990 wurde die dagegen von den Beschwerdeführerin erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, mit Bescheid des Bürgermeisters vom 28. Juni 1979 sei die Anschlußverpflichtung ausgesprochen worden. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Die Verordnung der Gemeinde über die Erhebung von Kanalisationsbeiträgen sei am 22. Oktober 1989 beschlossen worden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. Juni 1990 wies die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See die dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde zur Vorstellungsbehauptung, die oben genannte Verordnung widerspreche dem Äquivalenzprinzip, aus, die belangte Behörde sei zur Überprüfung der Gesetzmäßigkeit einer (überdies bereits von der Aufsichtsbehörde geprüften) Verordnung nicht berufen. Auch der Vorwurf der Verjährung des Abgabenanspruches sei nicht richtig. Die Festsetzungsverjährung habe mit 1. Jänner 1985 zu laufen begonnen und mit Ablauf des 31. Dezember 1989 geendet.
Diesen Bescheid bekämpften die Beschwerdeführer zunächst mit Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 30. September 1991, B 880-889/90, B 940/91, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. In der Begründung dieses Beschlusses wird unter anderem ausgeführt, soweit die Beschwerdeführer eine Rechtsverletzung wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behaupteten, lasse dieses Vorbringen angesichts der aus den Akten ersichtlichen, von der mitbeteiligten Marktgemeinde dargestellten Berechnung der Kanalanschlußgebühren die behauptete Rechtsverletzung als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß die Beschwerde insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens in ihrem Recht verletzt, daß ihnen gegenüber ein Kanalanschlußbeitrag nicht oder nicht in der gegenständlichen Höhe festgesetzt werde. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer meinen weiterhin, der gegenständliche Abgabenanspruch sei verjährt. Das Bgld KAbG sei nach seinem § 16 Abs. 1 am 1. Dezember 1984 in Kraft getreten. Die Bestimmung des § 157 lit. a der Burgenländischen Landesabgabenordnung (LAO) beziehe sich lediglich auf § 156 Abs. 2 leg. cit., nicht jedoch auf die gegenüber der Landesabgabenordnung als lex specialis geltende Bestimmung des § 2 Abs. 7 Bgld KAbG. Die Festsetzungsverjährung habe daher am 30. November 1989 geendet, weshalb der Bescheid vom 7. Dezember 1989 wegen Ablaufes der Festsetzungsverjährung nicht mehr hätte erlassen werden dürfen.
Mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.
Gemäß § 156 Abs. 2 LAO beträgt die Verjährungsfrist für die Festsetzung einer Abgabe drei Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre. Gemäß § 157 lit. a LAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 156 Abs. 2 leg. cit. mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Gemäß § 2 Abs. 7 Bgld KAbG verjährt das Recht, die Kanalisationsbeiträge festzusetzen, binnen fünf Jahren.
Es braucht nun im Beschwerdefall nicht entschieden zu werden, ob sich - wie die Beschwerdeführer meinen - die Bestimmung des § 157 lit. a LAO NUR auf die dort genannten Fälle des § 156 Abs. 2 leg. cit. oder auch auf jene des § 2 Abs. 7 Bgld KAbG bezieht. Denn zu Unrecht gehen beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens offenbar davon aus, daß im Beschwerdefall die Übergangsbestimmungen des § 15 Bgld KAbG, im speziellen des Abs. 3 dieser Gesetzesstelle, anzuwenden wären, wonach dann, wenn der Abgabenanspruch hinsichtlich des Anschlußbeitrages oder der bisherigen Kanalanschlußgebühr vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden ist und noch keine Kanalanschlußgebühr erhoben wurde, der Abgabenanspruch mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entsteht. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 1989, Zlen. 88/17/0065 bis 0069, dargetan und dort näher begründet hat, setzt die Erhebung eines Anschlußbeitrages nach § 5 Bgld KAbG neben der Rechtskraft des Anschlußbescheides bzw. der Anschlußbewilligung nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle notwendigerweise auch die Festsetzung des Beitragssatzes durch Verordnung des Gemeinderates nach § 3 leg. cit. voraus, weil auch hier der auf den einzelnen Beitragspflichtigen konkret entfallende Beitrag nach § 2 Abs. 6 leg. cit. sich aus dem mit der Berechnungsfläche vervielfachten Beitragssatz ergibt und vor dessen Festsetzung daher eine Abgabenvorschreibung nicht erfolgen kann. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Daraus folgt im Beschwerdefall, daß - ungeachtet des Umstandes, daß nach der Aktenlage der Bescheid über die Anschlußverpflichtung vom 28. Juni 1979 datiert - der Abgabenanspruch doch erst mit der Erlassung der Verordnung vom 22. Oktober 1989 entstehen konnte. Bei Erlassung des Abgabenbescheides vom 7. Dezember 1989 war daher Verjährung keineswegs eingetreten.
Mit ihrem weiteren Vorbringen machen die Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Begründung ihrer Verfassungsgerichtshofsbeschwerde lediglich Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der genannten Verordnung geltend. Die Beschwerdeführer gehen hiebei von jener Berechnung aus, die in einem von ihnen vorgelegten Berufungsbescheid des Gemeinderates betreffend einen anderen Abgabepflichtigen enthalten ist. Dort heißt es im wesentlichen:
"Die vom Gemeinderat der Ermittlung des Beitragssatzes zugrundegelegten abgerechneten Errichtungskosten der Kanalisationsanlage betragen S 48,071.132,62. Die um 10 v.H. erhöhte Summe aller Berechnungsflächen gem. § 5 Abs. 2 KAbG in der Gemeinde beträgt 259.284,44 m2. Der Beitragssatz wurde mit S 83,43 festgesetzt."
An anderer Stelle heißt es in der Begründung dieses Bescheides im Zusammenhang mit dem vom damaligen Berufungswerber erhobenen Vorwurf eines Verstoßes gegen das Äquivalenzprinzip, zur Veranschaulichung der bislang (Stichtag 20.9.1989) erzielten Einnahmen und Ausgaben diene nachstehende Gegenüberstellung:
"EINNAHMEN:
Kanalanschlußgebühren S 11,667.199,30
Kanalbenützungsgebühren S 12,645.436,13
Transferzahlungen S 738.416,67
Sonstige Einnahmen S 54.986,32
Erlöse Grundverkäufe S 1,665.773,--
WWF - Darlehen S 29,260.000,--
GIF - Darlehen S 6,200.000,--
GIF - Beiträge S 5,422.000,--
Hypobankkredit X S 11,566.216,62
S 79,220.028,04
AUSGABEN:
Baukosten S 51,362.767,62
Betriebskosten S 31,423.183,70
Stand Landeswasserbauamt S 85.978,32
Gesamt S 82,871.929,64"
Saldiere man die genannten Einnahmen und Ausgaben, ergebe sich eine Mindereinnahme von S 3,651.904,60.
Unter Zugrundelegung dieser - offenbar auch von den Beschwerdeführern als ziffernmäßig richtig anerkannten - Aufstellung sind auch beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der der gegenständlichen Vorschreibung zugrundeliegenden Verordnung unter dem Gesichtspunkt des Äquivalenzprinzipes nicht entstanden.
Indem die Beschwerdeführer - offenbar willkürlich - lediglich einen Teil der oben aufgezählten Einnahmen im Gesamtbetrag von S 64,115.415,92 den bloßen Errichtungskosten von S 51,362.767,62 gegenüberstellen, gelangen sie rechnerisch zu einem Überschuß von S 12,752.648,30. Sie übersehen hiebei folgendes:
Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkannt hat, liegt es im Wesen einer Gebühr im Sinne des Finanzausgleichsgesetzes, daß ihre Höhe der Leistung der Gemeinde äquivalent sein muß. Der Grundsatz gebietet, daß die gesamten Erträge der Gebühren für die Benützung solcher Einrichtungen und Anlagen zuzüglich sonstiger Einnahmen nicht höher sein dürfen als die gesamten Kosten, die der Gemeinde durch die Schaffung, die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung erwachsen. Hiebei erfordert das Äquivalenzprinzip, daß die Anschluß- und die laufende Gebühr ZUSAMMEN diesem Grundsatz entsprächen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1993, Zl. 91/17/0128, und die dort angeführte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).
Die zuletzt genannte Voraussetzung ist jedoch im
Beschwerdefall, geht man von der im oben erwähnten
Berufungsbescheid vom 15. Juni 1990 dargestellten Aufstellung
aus, gegeben; dies selbst dann, wenn man die an anderer Stelle
des genannten Bescheides erwähnten Errichtungskosten von nur
S 48,071.132,62 zugrunde legt und den unter der kryptischen
Bezeichnung "Stand Landeswasserbauamt" aufscheinenden Betrag
von S 85.978,32 ausscheidet. Auch dann stehen Ausgaben an
Baukosten von S 48,071.132,62
und Betriebskosten von S 31,423.183,70
S 79,494.316,32
Einnahmen von nur S 79,220.028,04 gegenüber.
Wenn die Beschwerdeführer weiters behaupten, die gemäß § 2 Abs. 2 Bgld KAbG nicht anzurechnenden, nicht rückzahlbaren Zuschüsse seien in der genannten Aufstellung nicht berücksichtigt, so handelt es sich hiebei um eine bloße, durch nichts untermauerte Vermutung. Da es auch nicht Sache der Vorstellungsbehörde war, Ermittlungen über die der Gemeindeverordnung zugrunde liegenden Berechnungen anzustellen, konnte ihr diesbezüglich auch kein Verfahrensmangel (allenfalls auch in Form der Verletzung des Parteiengehörs) unterlaufen sein, wie die Beschwerdeführer vermeinen.
Letzteres gilt auch für die Frage des sogenannten "Hypobankkredites X".
Zu diesem Kredit bringen die Beschwerdeführer im übrigen vor, im Jahre 1982 habe die mitbeteiligte Gemeinde bei der Landes-Hypothekenbank Burgenland ein Darlehen mit der Bezeichnung X in Höhe von S 12,000.000,-- zur Fertigstellung des öffentlichen Kanalnetzes aufgenommen. Als Sicherstellung seien die zugesicherten "WWF- und GIF-Gelder" (damit sind, wie aus dem der Beschwerde angeschlossenen Auszug eines Rechnungshofsberichtes, Zl. 0180/9-IV/2/87, hervorgeht, Darlehen des Wasserwirtschaftsfonds und des Gemeindeinvestitionsfonds gemeint) herangezogen worden mit der Verpflichtung der Gemeinde, dieses zur Vorfinanzierung des Ausbaues der Ortskanalisation und der Kläranlage dienende Darlehen aus den zu erwartenden Darlehen des WWF und des GIF sowie den Subventionen des Landes Burgenland an die Hypo-Bank zurückzuzahlen. Die Gemeinde habe in der Folge zwar die Darlehen des WWF und des GIF in Anspruch genommen, das Darlehen X der Hypo-Bank jedoch nicht nur nicht zurückgezahlt, sondern 34 % dieses Darlehens für das sogenannte "Seeprojekt" der Gemeinde zweckwidrig verwendet und darüber hinaus die gesamte Darlehensvaluta inklusive des zweckwidrig verwendeten Betrages in die Errichtungskosten der Kanalisationsanlage eingerechnet.
Hiezu ist zu bemerken, daß, geht man von diesem Vorbringen aus, die Einsetzung der WWF- und GIF-Darlehen sowie der GIF-Beiträge einerseits, des Hypobankkredites X andererseits in die mehrfach erwähnte Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben überhaupt unzutreffend war, weil danach der Hypobankkredit aus den genannten anderen Eingängen zurückzuzahlen war und nicht mit ihnen kumulativ zu den Einnahmen gerechnet werden durfte. Richtigerweise würde sich unter Zugrundelegung dieser Behauptung die Summe der Einnahmen um den Betrag des Hypobankkredites in der Höhe (laut Aufstellung) von S 11,566.216,62 vermindern, sodaß auch aus diesem Grund keineswegs ein Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben und damit eine Verletzung des Äquivalenzprinzips gegeben sein konnte.
Unrichtig ist auch die Behauptung der Beschwerdeführer, die Darlehensvaluta aus dem Hypobankkredit X sei in die Errichtungskosten (also die AUSGABEN) eingerechnet worden; tatsächlich wurde dieser Betrag, wie dargestellt, (wenngleich vielleicht irrtümlicherweise) unter die Einnahmen eingereiht. Daß dieser Kredit angeblich widmungswidrig verwendet wurde, hat somit auch weder auf die Frage der Äquivalenz noch auch auf die Berechnung des Beitragssatzes irgendeinen Einfluß.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des von der belangten Behörde gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991170180.X00Im RIS seit
20.11.2000