TE Vfgh Beschluss 1990/11/27 G53/90, G54/90, G55/90, G56/90, G57/90, G58/90, G59/90, G60/90, G61/90,

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Veröffentlicht am 27.11.1990
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
GehG-Nov 45., BG vom 26.06.86, BGBl 1987/386 ArtIII, ArtIV

Leitsatz

Zurückweisung von Individualanträgen auf Aufhebung von gehaltsrechtlichen Bestimmungen über eine Zulage; Zumutbarkeit der Antragstellung auf Zuerkennung der fraglichen Zulage

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit den vorliegenden, inhaltlich weitgehend übereinstimmenden, als "Verfassungsgerichtshofbeschwerden" bezeichneten, jedoch ersichtlich auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten Eingaben an den Verfassungsgerichtshof begehren die Antragsteller, die ArtIII und IV des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1986, mit dem das Gehaltsgesetz 1956 (45. Gehaltsgesetz-Novelle) und das Bundesgesetz, womit Bestimmungen über die Pensionsbehandlung von Hochschulprofessoren und über deren Emeritierung getroffen werden, geändert werden, BGBl. 387/1986 (im folgenden: Bundesgesetz vom 26. Juni 1986), als verfassungswidrig aufzuheben und den Antragstellern die verzeichneten Prozeßkosten zuzuerkennen.

Zur Begründung der Anträge wird im wesentlichen ausgeführt: Die Antragsteller seien emeritierte ordentliche Universitätsprofessoren (Hochschulprofessoren iS des Bundesgesetzes, womit Bestimmungen über die Pensionsbehandlung von Hochschulprofessoren und über deren Emeritierung getroffen werden), ihre Emeritierung sei vor Ablauf des 31. Dezember 1985 wirksam geworden. Durch ArtIII des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1986 sei für emeritierte Hochschulprofessoren eine besondere Zulage geschaffen worden, ArtIV dieses Gesetzes bestimme ergänzend, daß ArtIII nur in jenen Fällen anzuwenden sei, in denen die Emeritierung nach dem 31. Dezember 1985 wirksam geworden sei.

Die Antragsteller erachten sich durch die bekämpften Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1986 im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz deshalb verletzt, weil durch die bekämpfte Regelung emeritierte Hochschulprofessoren, deren Emeritierung vor Ablauf des 31. Dezember 1985 wirksam geworden sei, in einer sachlich nicht begründbaren Weise schlechter gestellt würden als nach diesem Zeitpunkt emeritierte Hochschulprofessoren. Überdies verstießen die bekämpften Bestimmungen "gegen das Rechtsstaatsprinzip gem. Art18 B-VG".

2. Die Bundesregierung trat in einer Äußerung dafür ein, die Anträge als unzulässig zurückzuweisen, und erachtete im übrigen die von den Einschreitern vorgebrachten Bedenken als nicht begründet.

3. Der Verfassungsgerichtshof hat beschlossen, die Verfahren gemäß §187 ZPO iVm §35 VerfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Anträge erwogen:

1. Die Eingaben sind trotz ihrer Bezeichnung als "Verfassungsgerichtshofbeschwerden" als (Individual-)Anträge iS des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG zu werten, weil sie - dem §62 Abs1 VerfGG entsprechend - die Aufhebung genau bezeichneter Normen begehren (vgl. zB VfGH 21.6.1989 G18/89 mwH).

2. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Die Antragslegitimation ist, wie im Beschluß VfSlg. 8009/1977 ausgeführt und in der späteren Judikatur - so zB in den Erkenntnissen VfSlg. 8485/1979, 8700/1979 - bekräftigt wurde, auch voraus, daß für den Rechtsschutz kein anderer zumutbarer Weg als die Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof zur Verfügung steht: Ein (Individual-)Antrag nach Art140 B-VG ist demnach jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die Wirkungen der bekämpften Normen in einem Verfahren eintreten, das Anlaß zu einer Beschwerde nach Art144 B-VG gibt, weil dies zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes führen müßte, die mit dem Grundprinzip der Subsidiarität des (Individual-)Antrages nicht im Einklang stünde (VfSlg. 10857/1986, 11045/1986).

Ein solcher Fall liegt hier vor, zumal acht der Antragsteller einen Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über ihren Antrag auf Zuerkennung einer Zulage gemäß ArtIII und IV des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1986 erwirkt und dagegen eine (zu B968/90 protokollierte) Beschwerde erhoben haben. Auch den beiden übrigen Antragstellern ist es nach Lage des jeweiligen Falles durchaus zumutbar, diesen Weg zu beschreiten (zB VfGH 21.6.1989 G18/89 mwH).

Da den Antragstellern somit die Möglichkeit offensteht, im Verfahren über eine Beschwerde nach Art144 Abs1 B-VG die ihrer Ansicht nach gegen die Verfassungsmäßigkeit der bekämpften gesetzlichen Bestimmungen sprechenden Bedenken darzulegen und die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens durch den Verfassungsgerichtshof von Amts wegen anzuregen, waren ihre (Individual-)Anträge als unzulässig zurückzuweisen.

3. Diese Beschlüsse konnten gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:G53.1990

Dokumentnummer

JFT_10098873_90G00053_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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