TE Vwgh Erkenntnis 1993/5/3 93/18/0201

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Veröffentlicht am 03.05.1993
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §20 Abs1;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll,

Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des E in A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 17. Februar 1993, Zl. St 13-2/93, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Republik Bosnien-Herzegowina, ein auf § 18 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 sowie §§ 19 und 20 FrG gestütztes Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen. Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer am 15. Mai 1990 nach Österreich eingereist. Während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet sei er dreimal rechtskräftig gerichtlich verurteilt worden, und zwar am 8. September 1992 wegen des Vergehens der Sachbeschädigung sowie der Körperverletzung (§ 125, § 83 Abs. 2 StGB), am 8. Oktober 1992 wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls (§§ 15, 127 StGB) und am 5. November 1992 wegen des Vergehens der Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB). Ferner weise er eine Verwaltungsstrafe wegen der Übertretung nach § 64 Abs. 1 KFG sowie Verwaltungsstrafen im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden auf. Er sei auch deshalb verwaltungsbehördlich bestraft worden, weil er sich insofern unerlaubt im Bundesgebiet aufgehalten habe, als er den Antrag auf Ausstellung eines Sichtvermerkes erst vierzehn Tage nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Sichtvermerkes eingebracht habe. Trotz einer am 15. Mai 1992 erfolgten Androhung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes für den Fall weiterer Verstöße gegen österreichische Rechtsvorschriften habe er am 25. Mai 1992 die der Verurteilung vom 5. November 1992 zugrundeliegende Tat begangen. Der Beschwerdeführer stamme aus einem Gebiet, in dem Kriegswirren herrschten. Das von seiner Familie bewohnte Haus sei abgebrannt, die Mutter nach Deutschland geflüchtet und der Aufenthalt des Vaters dem Beschwerdeführer nicht bekannt. Der Bruder des Beschwerdeführers sei im Zuge der Kriegswirren ermordet worden. Seine Gattin sowie die 17 Monate alte Tochter hielten sich im Bundesgebiet auf. Aufgrund dieses Sachverhaltes ging die belangte Behörde vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG aus, aufgrund derer die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, und bejahte die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes nach den §§ 19 und 20 FrG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer pflichtet der belangten Behörde insoweit bei, als im Sinne des § 18 FrG gegen ihn Gründe vorlägen, die grundsätzlich die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigen würden. Damit räumt er selbst ein, daß eine bestimmte Tatsache - hier die des § 18 Abs. 2 Z. 1 vierter Fall FrG - vorliege, aufgrund deren die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers sei das Aufenthaltsverbot jedoch nach § 19 FrG nicht zulässig, weil es zur Erreichung der dort angeführten Ziele nicht dringend geboten sei. Es lägen gegen den Beschwerdeführer zwar rechtskräftige gerichtliche Verurteilungen vor, doch dürfe nicht übersehen werden, daß es sich um bloß geringfügige Straftaten gehandelt habe und auch die Verwaltungsübertretungen nicht besonders schwerwiegend gewesen seien.

Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizutreten. Die rasche Aufeinanderfolge der vom Beschwerdeführer während der verhältnismäßig kurzen Zeit seines Aufenthaltes in Österreich begangenen Straftaten und der Umstand, daß er sich trotz Androhung des Aufenthaltsverbotes nicht von einem weiteren Rechtsbruch abhalten ließ, rechtfertigen jedenfalls den Schluß, daß das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele - hier zur Verhinderung von strafbaren Handlungen - dringend geboten ist.

Der Beschwerdeführer ist auch nicht im Recht, wenn er meint, daß die in § 20 Abs. 1 FrG vorgesehene Interessenabwägung zu seinen Gunsten hätte ausfallen müssen. Es sei - so führt der Beschwerdeführer aus - zu berücksichtigen, daß seine gesamte Familie außerhalb Bosniens lebe und "ohne Familienoberhaupt dastehen würde", was für seine 17 Monate alte Tochter und für seine Ehegattin ein großes Problem wäre. Dazu komme, daß in seiner Heimat Kriegssituation herrsche, sein Wohnhaus durch den Krieg zerstört sei und er nicht einmal eine Unterkunft in seiner Heimat hätte. Dazu sei die Intensität der familiären und sonstigen Bindungen zu Österreich von besonderem Gewicht.

Dem ist entgegenzuhalten, daß die Vielzahl der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Straftaten und die Erfolglosigkeit der Androhung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eine beim Beschwerdeführer gegebene gefährliche kriminelle Neigung erkennen lassen; dabei fallen auch die von ihm begangenen Verwaltungsübertretungen nicht unerheblich ins Gewicht (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1992, Zl. 92/18/0341). Bei dieser Sachlage kann auch bei Bedachtnahme auf die familiäre Situation des Beschwerdeführers nicht gesagt werden, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Dazu kommt, daß die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich zu kurz ist, um eine vollständige Integration annehmen zu können. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Kriegswirren in seiner Heimat und die fehlende Unterkunft vermag die Interessenabwägung gleichfalls nicht entscheidend zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180201.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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