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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §34 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder sowie die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. W in H, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg, Berufungssenat II, vom 29. März 1990, 20-GA4BK-DVie/90, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erzielt als praktischer Arzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Für das Jahr 1988 machte er Aufwendungen von rund 83.000 S für das Studium seines Sohnes S (in der Folge: Sohn) am Konservatorium in Genf als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972 geltend.
Das Finanzamt wies dieses Begehren mit der Begründung ab, es bestehe weder eine gesetzliche, noch eine sittliche Pflicht des Beschwerdeführers, seinem Sohn das Studium an einer ausländischen Hochschule zu finanzieren, wenn das gewählte Studium mit wesentlich geringeren Kosten auch an einer inländischen Hochschule - in diesem Fall an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst "Mozarteum" in Salzburg (in der Folge: "Mozarteum") - absolviert werden könne.
Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, die Möglichkeit, ein Studium mit geringeren Kosten an einer inländischen Hochschule zu absolvieren, bestehe sicherlich für alle herkömmlichen Studienrichtungen, nicht jedoch für das Studium der Musikwissenschaften, im speziellen für die Ausbildung an einem Instrument. Nach Auskunft von Musikpädagogen sei es unerläßlich, daß Studierende ihr Instrumentalstudium bei mehreren Hochschullehrern absolvierten, um zB die verschiedenen auf der Welt existierenden Violinschulen kennenzulernen. Die Professoren am "Mozarteum" hätten daher jedem ihrer Studenten empfohlen, die Ausbildung bei einem anderen Lehrer fortzusetzen und bildeten ihrerseits Studenten weiter aus, die bei einem anderen Lehrer bzw an einer anderen Hochschule ihr Studium begonnen hätten. Daraus sei ersichtlich, daß ein Student des "Mozarteums" gezwungen sei, während seiner Studienzeit die Hochschule zu wechseln. Dies habe auch Professor Dr. Z im Schreiben vom September 1988 bestätigt. Sein Sohn hätte daher das Studium keinesfalls in der Nähe seines Wohnortes fortsetzen können, sondern hätte auf jeden Fall eine andere Hochschule (zumindest eine andere Hochschule im Inland, zB jene in Wien) besuchen müssen. Er habe sich daher aus sittlichen Gründen der Tragung der Studienkosten seines Sohnes nicht entziehen können.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung unter Hinweis auf die hg Erkenntnisse vom 20. September 1983, 81/14/0181, und vom 4. März 1986, 85/14/0164, ab. Da das Studium der Musikwissenschaften grundsätzlich zur Gänze auch an einer inländischen Hochschule absolviert werden könne, sei der Beschwerdeführer weder rechtlich noch sittlich verpflichtet gewesen, seinem Sohn das Studium in Genf zu finanzieren. Es werde nicht bestritten, daß der Wechsel an eine ausländische Hochschule für das Ausbildungsniveau sowie die spätere Berufslaufbahn des Sohnes von Vorteil sein könne. Zwingend sei ein derartiger Wechsel für die Erreichung des Ausbildungszieles hingegen nicht. Die mit dem ausländischen Studium verbundenen Kosten seien dem Beschwerdeführer daher nicht zwangsläufig erwachsen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Einwand des Beschwerdeführers, sein Fall unterscheide sich wesentlich von den den bereits genannten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1983 und vom 4. März 1986 zugrundeliegenden Fällen, ist nicht zutreffend. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war in den genannten Fällen nicht entscheidend, daß das im Ausland erworbene Wissen auch aus Büchern oder anderen Informationsquellen hätte bezogen werden können, was wohl nur teilweise zutrifft, sondern, daß nicht jeder Vorteil, den Eltern ihren Kindern angedeihen lassen, zu zwangsläufigen Kosten für die Eltern führt. Es ist, wie bereits in den genannten Erkenntnissen sowie zuletzt im hg Erkenntnis vom 2. Mai 1991, 90/13/0294, mwA, ausgeführt wurde, durchaus üblich, daß Eltern im Interesse einer möglichst guten und umfassenden Ausbildung ihrer Kinder neben der gesetzlich geregelten Unterhaltspflicht freiwillig und ohne sittliche Verpflichtung weitere Kosten auf sich nehmen.
Genau das aber trifft auf den gegenständlichen Fall zu. Unbestritten ist, daß die vom Sohn gewählte Studienrichtung (Ausbildung zum Geigensolisten) an dem in der Nähe des Wohnortes des Beschwerdeführers bzw seines Sohnes gelegenen "Mozarteum" angeboten wird. Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, die Qualität der Ausbildung am "Mozarteum" erreiche nicht jene ausländischer Hochschulen. Er wendet vielmehr ein, es sei für die Ausbildung zum Geigensolisten zwingend erforderlich, mehrere verschiedene Hochschulen zu besuchen, um verschiedene Stilrichtungen kennenzulernen. Zum Beweis für diese Behauptung führt der Beschwerdeführer das bereits erwähnte Schreiben des am "Mozarteum" lehrenden Professor Dr. Z an. Darin gibt dieser bekannt, er habe den Schritt (des Sohnes), ein vorübergehendes Auslandsstudium anzutreten, befürwortet, "weil es eine menschliche Bereicherung und eine wertvolle Erweiterung des künstlerischen Horizontes mit sich bringen" werde. Damit wird aber nichts anderes ausgedrückt, als daß das Auslandsstudium für das Ausbildungsniveau und die spätere Berufslaufbahn des Sohnes unbestrittenermaßen von Vorteil sein könne. Von einem zwingenden Wechsel der Hochschule, um das Studium überhaupt absolvieren bzw abschließen zu können, ist in diesem Schreiben keine Rede. Auch die Ausführungen im Studienführer des "Mozarteums" für das Jahr 1988/89 sprechen gegen die Behauptung des Beschwerdeführers, eine Ausbildung zum Geigensolisten sei an dieser Hochschule allein nicht möglich. Im Studienführer wird nämlich ausgeführt, "die Aufgabenbereiche der Abteilung III (Streich- und andere Saiteninstrumente) an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst "Mozarteum" in Salzburg sind die instrumentale und künstlerische Ausbildung bis zur höchsten Stufe, die hochqualifizierte Berufsausbildung zum Orchestermusiker, Kammermusiker und Solisten sowie in diesem Zusammenhang die Vermittlung einer umfassenden Bildung".
Die belangte Behörde war daher nicht verhalten, weitere Ermittlungen dahingehend anzustellen, ob es für die Ausbildung zum Geigensolisten nicht dennoch erforderlich gewesen wäre, die Hochschule zu wechseln sowie von Amts wegen Beweise aufzunehmen. Bei § 34 EStG 1972 handelt es sich um eine begünstigende Bestimmung, weshalb es vor allem am Beschwerdeführer gelegen wäre, das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen für die Abgabenbegünstigung darzulegen, während der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung demgegenüber in den Hintergrund tritt (vgl Stoll, Bundesabgabenordnung, Handbuch, Seite 270).
Unverständlich ist schließlich der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde gehe schon deshalb von falschen Voraussetzungen aus, weil sie vom "Studium der Musikwissenschaften" spreche. Der Beschwerdeführer hat das Studium seines Sohnes in der Berufung als "Studium der Musikwissenschaften" (im weiteren Sinn) bezeichnet, indem er ausführte, die in den genannten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes dargelegten Grundsätze seien sicherlich auf alle herkömmlichen Studienrichtungen, nicht aber "auf das Studium der Musikwissenschaften, im speziellen auf die Ausbildung an einem Instrument" anzuwenden.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1990140105.X00Im RIS seit
20.11.2000