Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §26;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der Tir GKK, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des BM für Arbeit und Soziales vom 28.6.1991, Zl. 120.724/4-7/91, betr Versicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG (mP: 1.) Reiseclub G in G, 2.) F, ebendort, 3.) PVAng, Wien, 4.) Allg Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 28. Mai 1990 stellte die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse fest, daß der Zweitmitbeteiligte F bei dem erstmitbeteiligten Verein seit 1. März 1989 NICHT sozialversicherungs- und arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt sei. Begründend führte die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse aus, der Zweitmitbeteiligte sei per 1. März 1989 als Arbeiter "für alle anfallenden Arbeiten" durch den erstmitbeteiligten Verein als Dienstgeber zur Sozialversicherung angemeldet worden. Am 7. Juni 1989 sei der Zweitmitbeteiligte rückwirkend ab 1. März 1989 ins Angestelltenverhältnis überstellt worden. Der erstmitbeteiligte Verein sei am 3. August 1989 noch nicht registriert gewesen; er habe sich schließlich erst am 13. Dezember 1989 konstituiert. Ab 1. März 1989 habe der Zweitmitbeteiligte als Obmann des erstmitbeteiligten Vereines fungiert, ab diesem Zeitpunkt bis zum 13. Dezember 1989 habe er alle Arbeiten in Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit erbracht. Auch nach diesem Zeitpunkt sei der Zweitmitbeteiligte wie ein selbständiger Unternehmer tätig gewesen, es seien ihm weder Weisungen erteilt worden noch sei seine Arbeitsleistung von irgend jemandem überprüft worden. Er habe daher zum erstmitbeteiligten Verein weder in einem persönlichen noch wirtschaftlich abhängigen noch entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Damit aber fehlten die wesentlichen Voraussetzungen, die für das Zustandekommen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erforderlich seien; der Zweitmitbeteiligte sei demnach nicht als Dienstnehmer beschäftigt gewesen.
Der erstmitbeteiligte Verein erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Einspruch und begründete diesen im wesentlichen damit, es sei wohl richtig, daß der Zweitmitbeteiligte Obmann des erstmitbeteiligten Vereines sei, doch habe er außerdem viele manuelle Arbeiten für den Verein verrichtet.
Mit Bescheid vom 20. November 1990 gab der Landeshauptmann von Tirol dem Einspruch des erstmitbeteiligten Vereines Folge und änderte den Bescheid der Beschwerdeführerin dahingehend ab, daß festgestellt wurde, daß der Zweitmitbeteiligte ab 1. März 1989 beim erstmitbeteiligten Verein sozialversicherungs- und arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Nach Zitierung der in Anwendung gebrachten gesetzlichen Bestimmungen ging der Landeshauptmann von Tirol davon aus, daß die Anmeldung des erstmitbeteiligten Vereines am 8. Dezember 1988 bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel erfolgt und mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 11. Jänner 1989 die Nichtuntersagung ausgesprochen worden sei. Die Konstituierung des Vereines sei erst am 13. Dezember 1989 erfolgt. Zum Obmann des Vereines sei der Zweitmitbeteiligte bestellt worden, der diese Funktion noch bis Ende des Jahres 1990 ausüben werde. Gleichzeitig sei der Zweitmitbeteiligte durch den erstmitbeteiligten Verein mit Wirkung vom 1. März 1989 als Arbeiter "für alle anfallenden Arbeiten" zur Sozialversicherung angemeldet worden. Diese Arbeiten bestünden darin, daß der Zweitmitbeteiligte für die Reinigung von Appartements, die von Tauschmitgliedern des Vereines benützt worden seien, zu sorgen gehabt habe; dazu habe auch das Saugen von Teppichböden, das Putzen von Schränken und dergleichen gehört. Außerdem hätte der Zweitmitbeteiligte für die Außenanlagen Sorge zu tragen gehabt; dabei hätte er jeden Tag das Schwimmbad zu putzen, den Rasen zu mähen, Unkraut zu entfernen, Reparaturarbeiten zu verrichten und im Winter den Schnee zu räumen gehabt. Zu seiner Funktion als Obmann habe es gehört, Amtsgänge zu erledigen, Briefe zu unterfertigen, Schreibarbeiten und die Buchführung zu erledigen. Grundsätzlich sei festzustellen, daß ein Verein auch mit dessen Obmann einen Dienstvertrag abschließen könne, in welchem sich der Obmann zur Ausführung von Tätigkeiten verpflichte, die über die Aufgaben hinausgingen, die er in seiner Funktion als Obmann zu erfüllen habe. Der Zweitmitbeteiligte habe für den erstmitbeteiligten Verein über seine Tätigkeit als Obmann hinaus manuelle Arbeiten verrichtet, für welche er eine monatliche Bezahlung in Höhe von S 10.000,-- erhalten habe. Hinsichtlich dieser Arbeiten habe der Zweitmitbeteiligte zum dienstgebenden Verein in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gestanden. So habe beispielsweise bei den Reinigungs- und Schneeräumungsarbeiten eine Gebundenheit hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort bestanden. Durch die übrigen Vereinsmitglieder sei der Arbeitserfolg überwacht worden. Schließlich hätten die Arbeiten den Zweitmitbeteiligten in einem größeren Ausmaß in Anspruch genommen, sodaß er über seine Zeit nicht auf längere Sicht hätte verfügen können. Dem Zweitmitbeteiligten sei daher neben seiner Funktion als Obmann auch Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gewesen. Im übrigen sei darauf hinzuweisen, daß die Frage nach der "Geburtsstunde" eines Vereines in der Judikatur und Lehre nicht einheitlich beantwortet werde. Der Verfassungsgerichtshof habe die Ansicht vertreten, daß ein Verein erst mit seiner (nach Nichtuntersagung erfolgten) Konstituierung rechtlich existent werde. Entgegen dieser Meinung vertrete aber der OGH den Standpunkt, daß ein Verein die Parteifähigkeit mit dem Zeitpunkt des Beginnes seiner Tätigkeit erlange, auch wenn nach Nichtuntersagung der Satzungen noch keine konstituierende Generalversammlung stattgefunden habe. Nach herrschender Zivilrechtslehre entstehe der Verein als juristische Person bereits mit seiner Nichtuntersagung. Der Landeshauptmann von Tirol ging davon aus, daß ein Verein die volle Rechtsfähigkeit erst mit seiner Konstituierung erlange, mit der Nichtuntersagung aber bereits, wenn auch weitgehend eingeschränkt, rechtsfähig sei. Da die Begründung von Dienstverhältnissen dem Zivilrecht und nicht dem öffentlichen Recht zuzuordnen sei, werde davon ausgegangen, daß der Verein ab dem Zeitpunkt der Nichtuntersagung seine Rechtsfähigkeit soweit erlangt habe, daß er die Anstellung des Zweitmitbeteiligten als Arbeiter "für alle anfallenden Arbeiten" hätte vornehmen können. Damit sei aber das mit 1. März 1989 eingegangene Beschäftigungsverhältnis bereits ab diesem Zeitpunkt wirksam gewesen.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung und verwies in deren Begründung insbesondere darauf, daß zum Zeitpunkt der Anmeldung zur Sozialversicherung mit 1. März 1989 mangels Konstituierung des Vereines, die erst im Dezember 1989 erfolgt sei, noch keine (Vereins)Organe vorhanden gewesen seien, die befugt gewesen wären, ein Dienstverhältnis abzuschließen und sich insbesondere aus der mit dem Zweitmitbeteiligten aufgenommenen Niederschrift vom 8. August 1989 ergeben habe, daß er sich die Arbeitszeit selbst einteilen könne, keine Anweisungen für die Arbeiten erhalte und eine Überprüfung seiner Tätigkeit durch niemanden erfolge, was darauf hindeute, daß es ihm sowohl an der persönlichen als auch an der wirtschaftlichen Abhängigkeit (zum erstmitbeteiligten Verein als Dienstgeber) gemangelt habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte den Bescheid des Landeshauptmannes. Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und der geltenden Rechtslage führte die belangte Behörde aus, die Angaben des Zweitmitbeteiligten vom 8. August 1989 und vom 22. Oktober 1990 enthielten keinen zwingenden Widerspruch. Vielmehr sei durchaus nachvollziehbar, daß der Zweitmitbeteiligte zunächst primär mit der Mitgliederanwerbung, mit dem Schriftverkehr mit diversen Reisebüros sowie mit dem Ausbau des Vereinsbüros beschäftigt gewesen sei und erst in weiterer Folge alle jene manuellen und nicht manuellen Arbeiten verrichtet habe, die ihm aufgrund der Vereinstätigkeit zugefallen seien. Daß die manuellen Arbeiten nicht vom Beginn seiner Anstellung in vollem Umfang getätigt worden seien, schließe nach Ansicht der belangten Behörde das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 4 ASVG ab 1. März 1989 nicht aus; auch der zunächst erforderliche Ausbau des Vereinsbüros hätte offensichtlich manuelle Arbeiten umfaßt. Der Zweitmitbeteiligte sei zwar laut eigenen Angaben an keine fixen Arbeitszeiten gebunden gewesen, er habe jedoch wöchentlich 5 x 4 Stunden für die anfallenden Arbeiten aufwenden müssen. Die Bestimmungsfreiheit des Zweitmitbeteiligten hinsichtlich seiner Arbeitszeit sei also somit weitgehend ausgeschaltet gewesen. Weiters sei der Zweitmitbeteiligte hinsichtlich eines Großteils der manuellen Arbeiten (Reinigung der Appartements nach deren Benützung, Schneeräumen, tägliche Reinigung des Schwimmbeckens) aufgrund der Art dieser Arbeiten hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort gebunden gewesen. Er habe dem Verein die regelmäßige Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft zur Durchführung aller anfallenden Arbeiten geschuldet. Diese seien vom Zeitpunkt der Anstellung an manueller und nicht manueller Natur gewesen. Zwar habe der Zweitmitbeteiligte anläßlich seiner Vernehmung am 8. August 1989 selbst angegeben, seine Arbeiten weisungsfrei durchzuführen, tatsächlich scheine auch laut Akteninhalt keine Instanz auf, die ihm unmittelbar Weisungen hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenem Verhalten erteilt hätte oder deren Einhaltung hätte kontrollieren können. Andererseits könne das Vorliegen einer gewissen Weisungs- und Kontrollbefugnis der Proponenten bzw. der Vorstandsmitglieder im Rahmen des sich ergebenden Gesamtbildes der Tätigkeit des Zweitmitbeteiligten nicht schlechthin ausgeschlossen werden. Der Zweitmmitbeteiligte sei aus einem Kredit bezahlt worden, den der Verein für seine Anstellung und für weitere anfallenden Ausgaben aufgenommen hätte. Damit sei der Vereinszweck wirtschaftlich ermöglicht und tatsächlich sichergestellt worden, sodaß auch ein Interesse aller unmittelbar am Bestand des Vereines Beteiligten an der regelmäßigen, teils täglichen Verrichtung der anfallenden Arbeiten durch den Zweitmitbteiligten angenommen werden müsse. Im vorliegenden Fall trage dies zum Überwiegen der Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit des Zweitmitbeteiligten im Rahmen der gegenständlichen Tätigkeit bei.
Zur Rechtsfähigkeit des erstmitbeteiligten Vereines werde die Ansicht vertreten, daß die Begründung und Durchführung eines Dienstverhältnisses weder ausschließlich dem Zivilrecht noch ausschließlich dem öffentlichen Recht zuzuordnen seien. Eine direkte Anlehnung an die Judikatur des OGH bzw. des Verfassungsgerichtshof erscheine verfehlt, richtig sei vielmehr, daß ein Verein in der Zeit zwischen der Nichtuntersagung und seiner Konstituierung insoweit rechtsfähig sei, als dies zur Vorbereitung der Konstituierung notwendig sei. Die Begründung und die Durchführung des gegenständlichen Dienstverhältnisses sei eine solche, die Konstituierung vorbereitende Tätigkeit gewesen. Der in der Berufung der Beschwerdeführerin enthaltene Hinweis auf § 4 Abs. 2 lit. h Vereinsgesetz sei nicht schlüssig, da diese Gesetzesstelle ausschließlich eine Ordnungsvorschrift darstelle, die die Bildung eines Vereines regle; ohne Einhaltung dieser Bestimmung könne die Nichtuntersagung nicht erreicht werden. Über die Art der Rechtsfähigkeit eines Vereines in der Folge der Nichtuntersagung könne die gegenständliche Gesetzesstelle nach Ansicht der belangten Behörde keine Aussage treffen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, nahm jedoch - wie auch die mitbeteiligten Parteien - von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist strittig, ob der Zweitmitbeteiligte in dem im Bescheid der Beschwerdeführerin genannten Zeitraum bei dem erstmitbeteiligten Verein als Dienstgeber beschäftigter Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG war und daher der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht nach § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag.
Unter einem "Beschäftigungsverhältnis" ist das dienstliche Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit des Dienstnehmers im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG zu dem Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG zu verstehen. Der Dienstgeber ist die "andere Seite" des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, ohne das die Pflichtversicherung nicht ausgelöst wird (vgl. Schrank, Der sozialversicherungsrechtliche Dienstgeber in Schrammel, Versicherungs- und Beitragspflicht in der Sozialversicherung, Seite 31). Ob jemand in einem "Beschäftigungsverhältnis" im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG steht, ist daher in der Regel immer in bezug auf eine bestimmte andere (auch juristische) Person (bzw. Personen), nämlich den (die) Dienstgeber zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Zl. 83/08/0200, VwSlg. 12.325/A, mit weiteren Judikaturhinweisen). Daher ist zunächst die Frage zu klären, ob der erstmitbeteiligte Verein überhaupt Dienstgeber iSd. § 35 Abs. 1 ASVG in dem hier auch relevanten Zeitraum vor seiner Konstituierung (1. März 1989 bis 13. Dezember 1989) sein bzw. ein Dienstverhältnis rechtswirksam abgeschlossen werden konnte.
Die belangte Behörde geht nun in diesem Zusammenhang davon aus, der erstmitbeteiligte Verein sei auch vor seiner Konstituierung am 13. Dezember 1989, nämlich bereits zum Zeitpunkt des "Einstellungsvertrages" am 1. März 1989, Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG gewesen, und zwar im Rahmen einer die Konstituierung vorbereitenden Tätigkeit. Sie vertritt damit die Ansicht, auch der im Gründungsstadium befindliche Verein - wie auch eine Vorgesellschaft im Sinne des § 2 GesmbHG - könne Dienstgeber sein.
Dieser Rechtsauffassung kann nicht gefolgt werden. Bei der Frage nämlich, wann der Verein als juristische Person entsteht, sind zwei Problemkreise zu unterscheiden. Der eine betrifft die privatrechtlichen Voraussetzungen der Errichtung der Körperschaft "Verein", der andere die Bedeutung des öffentlichen Rechts, insbesondere des Vereinsgesetzes für die Erlangung der Rechtsfähigkeit. Während über den ersten - wenigstens im Ergebnis mit Unterschieden im Detail - Einigkeit herrscht, ist der zweite insoweit kontrovers, als ein Teil von Lehr- und Rechtsprechung annimmt, die Nichtuntersagung nach § 7 Abs. 1 Vereinsgesetz sei Voraussetzung für den Erwerb der Rechtsfähigkeit, während der andere Teil die Ansicht vertritt, daß ein Verein mit einem grundsätzlich erlaubten Zweck mit seiner Konstituierung auch dann rechtsfähig wird, wenn ein Nichtuntersagungsverfahren nach dem Vereinsgesetz nicht in Gang gesetzt wurde. Obwohl die privatrechtlichen Voraussetzungen für die Vereinsentstehung weder im ABGB noch im Vereinsgesetz näher geregelt sind, besteht Einigkeit insoweit, daß der Verein mit seiner "Konstituierung" entsteht und daß das ein rechtsgeschäftlicher Akt der Gründer ist. Die privatrechtliche Innenbindung der Gründer entsteht aber durch die Aufnahme der Vereinstätigkeit in Form der Konstituierung, durch die die Gründer selbst mit allenfalls neu hinzutretenden Personen zum Vereinsorgan "Generalversammlung" werden, und gemäß ihrer Gründungsvereinbarung als letzten Akt die Satzung in Vollzug setzen. Das geschieht aber vor allem durch die Bestellung der Organwalter für die in der Satzung vorgesehenen Organe, womit der Verein dann auch die Möglichkeit erhält, seinen Zweck im allgemeinen Rechtsverkehr zu verfolgen, ohne daß es für die Bestellung der satzungsmäßigen Organe einer formellen "konstituierenden" Generalversammlung bedürfte (vgl. Sz 11/9; JBl. 1957, 510 und insbesondere Ostheim in Korinek-Krejci, Der Verein als Unternehmer, Seite 143 ff). Sowohl die Gründungsvereinbarung als auch die Konstituierung sind rechtsgeschäftliche Willenserklärungen der Gründer, für die ausschließlich der satzungsgemäß geäußerte Konstituierungswille der Gründer ausschlaggebend ist und auf die die allgemeinen Auslegungsregeln des Privatrechtes (§ 863 ABGB) zur Anwendung gelangen. Selbst wenn daher vor der gründenden Generalversammlung eine bindende Gründungsvereinbarung noch nicht bestanden hat oder an der Generalversammlung Personen teilnehmen, die nicht zum Kreis der ursprünglichen Gründer gehören, liegt in der Vollzugsetzung der Satzung durch Bestellung der Organwalter notwendig auch die (zumindest konkludente) Willenserklärung, den Verein aufgrund der vorliegenden Satzung ins Leben zu rufen, sodaß es eines eigenen formellen Gründungsbeschlusses nicht bedarf. Für das Entstehen des Vereines als juristische Person ist daher - in Übereinstimmung mit der herrschenden Judikatur des OGH - allein der Beginn der Vereinstätigkeit (allerdings nur auf die in der Satzung vorgesehene Weise) maßgebend. Davon zu unterscheiden ist die Frage der Unerlaubtheit, die - bei Vorliegen - die Nichtuntersagung zur Folge hätte (vgl. Ostheim, aaO). Im Sinne dieser Ausführungen vertritt daher der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, daß vor dem 13. Dezember 1989 als dem Tag der in Vollzugsetzung der Satzung durch Bestellung der satzungsmäßigen Organe der Verein noch nicht existent war und daher ein Dienstverhältnis zum Zweitmitbeteiligten gar nicht begründet werden konnte.
Für den Zeitraum ab 13. Dezember 1989 ist von folgenden Erwägungen auszugehen:
Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Beruht - sowie im Beschwerdefall behauptet - die Beschäftigung einer Person auf einer vertraglichen Verpflichtung, so hängt die Beantwortung der Frage, ob bei der Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs.2 ASVG gegeben ist, davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist.
Was nun die Merkmale persönlicher Abhängigkeit (also im Sinne der bereits oben wiedergegebenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit einer Person durch ihre und während ihrer Beschäftigung) im einzelnen anlangt, so sind als Ausdruck dieser weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene grundsätzlich persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen rechtlicher Gestaltung der Beschäftigung, während das Fehlen anderer Umstände (längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 89/08/0312). Auf den vorliegenden Fall angewandt ergibt sich aus dem Akteninhalt kein Anhaltspunkt einer Einschränkung oder Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Zweitmitbeteiligten durch Bindung an Ordnungsvorschriften über Arbeitsort, Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten. Daß eine umfängliche Begrenzung des Arbeitsortes durch die vom Verein zu betreuenden Anlagen, der Arbeitszeit durch die (teilweise auch täglich) anfallenden Arbeiten besteht, liegt in der Natur der Sache und ist keineswegs auf eine diesbezügliche einschränkende Ordnungsvorschrift des Dienstgebers zurückzuführen, ganz davon abgesehen, daß es für Weisungen im Bezug auf das arbeitsbezogene Verhalten (einschließlich persönliche Arbeitspflicht bzw. generelle Vertretungsbefugnis) ebensowenig Anhaltspunkte gibt, wie auf eine sich darauf beziehende Weisungs- und Kontrollbefugnis des Dienstgebers. Davon zu unterscheiden ist die de facto durch die die Anlage benützenden Vereinsmitglieder ausgeübte Kontrolle der tatsächlichen Durchführung der dem Vereinszweck dienenden Arbeitsleistungen. Hinzu kommt, daß der Zweitmitbeteiligte selbst zugegeben hat, sich die zu verrichtenden Arbeiten grundätzlich selbst einteilen zu können, keine fixe Dienstzeit zu haben sowie keine Anweisungen für die Arbeit zu erhalten; auch eine Überprüfung erfolge durch niemanden.
Durch den im angefochtenen Bescheid (S 11) dargestellten Sachverhalt, in welchem die belangte Behörde selbst von einer mangelnden Bindung des Zweitmitbeteiligten bezogen auf sein Arbeitsverhalten zum erstmitbeteiligten Verein ausgeht, dann aber - rechtsirrig - aus einem "es kann nicht schlechthin ausgeschlossen werden" ... und einem "Interesse aller am unmittelbar am Bestand des Vereins Beteiligten ..." ein Überwiegen der Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit bejaht, belastete sie ihren Bescheid auch darüberhinaus mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens gründet sich auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 ASVG.
Schlagworte
Besondere Rechtsprobleme Verhältnis zu anderen Normen Materien Sozialversicherung Zivilrecht VertragsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991080120.X00Im RIS seit
11.07.2001