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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der M in O, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 2. März 1993, Zl. 03-12 Ge 89-93/1, betreffend Einwendungen gegen eine Widmungsbewilligung (mitbeteiligte Parteien:
1. E-reg.Gen.m.b.H., 2. Marktgemeinde O, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:
Mit Ansuchen vom 16. Juli 1992 hat die erstmitbeteiligte Partei bei der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde um Erteilung der Widmungsbewilligung für den Neubau von zwei Seniorenwohnhäusern auf den Grundstücken Nr. 206, 207, 208 und .158 der KG O angesucht. Der Widmungsgrund liegt im "allgemeinen Wohngebiet". Über das Ansuchen wurde am 19. August 1992 eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle durchgeführt. Im Rahmen dieser Verhandlung habe die Beschwerdeführerin, die nach ihrem Vorbringen schon seit Jahrzehnten in O ein Transportunternehmen mit KFZ-Werkstätte betreibt, auf die Führung ihres Betriebes und auf die Problematik der Erteilung der Widmungsbewilligung ohne entsprechende Auflagen bzw. Maßnahmen hingewiesen. Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, daß sie insbesondere bei Erbauung von Seniorenwohnhäusern in unmittelbarer Nähe ihres Betriebes (der im Industrie- und Gewerbegebiet I liegt) ohne Erteilung von entsprechenden Auflagen bzw. Schallschutzmaßnahmen ihren Betrieb nicht wie bisher weiterführen können werde. Die Beschwerdeführerin habe ausdrücklich die Erklärung abgegeben, daß sie der Erteilung der Widmungsbewilligung lediglich unter der Voraussetzung zustimme, als von seiten der Behörde entsprechende Auflagen und Schallschutzmaßnahmen gegenüber der Erstmitbeteiligten aufgetragen würden. Es dürfe zu keinerlei betrieblichen Einschränkungen für das Unternehmen der Beschwerdeführerin kommen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 21. Oktober 1992 wurde der Erstmitbeteiligten die beantragte Widmungsbewilligung erteilt. Die von der Beschwerdeführerin beantragten Auflagen wurden nicht vorgeschrieben. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 22. Dezember 1992 mit der Begründung abgewiesen, daß die von seiten der Beschwerdeführerin im Rahmen der Verhandlung vom 19. August 1992 abgegebenen Erklärungen keine Einwendungen im Sinne des Gesetzes darstellten und aus diesem Grunde nicht berücksichtigt werden könnten.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 2. März 1993 wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates vom 22. Dezember 1992 abgewiesen. In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Stellungnahme der Beschwerdeführerin weise den Charakter einer bloßen Feststellung auf und lasse nicht erkennen, daß damit eine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes behauptet werde. Der offensichtlich eigenhändig abgefaßten und unterfertigten Stellungnahme komme durchaus die Qualität eines ordnungsgemäßen Bestandteiles der Verhandlungsschrift zu. Die Manduktionspflicht nach § 13a AVG gehe nicht soweit, daß eine Partei, die unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 Abs. 1 AVG zu einer mündlichen Verhandlung geladen wurde, vom Verhandlungsleiter ausdrücklich zur Erhebung von Einwendungen und deren inhaltlicher Ausgestaltung angeleitet werden müßte. Da die Stellungnahme der Beschwerdeführerin in der Verhandlung keine Einwendung im Sinne von § 62 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung darstelle, sei die Beschwerdeführerin mit ihren Einwendungen präkludiert. Eine Beurteilung des Vorbringens der Beschwerdeführerin in inhaltlicher Sicht ergebe jedoch, daß die Errichtung der Wohnhäuser mit der Widmung "allgemeines Wohngebiet" vereinbar sei. Ein Nachbar (Betriebsinhaber) könne nicht zu Recht gegen ein Bauvorhaben betreffend die Errichtung von Wohnungen einwenden, im Hinblick auf die vom Betrieb ausgehenden Immissionen sei das Vorhaben unzulässig bzw. die künftigen Bewohner hätten die Immissionen hinzunehmen. Zudem sei dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz 1974 ein "Gebot der möglichsten Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigung" wie es etwa im Oberösterreichischen Raumordnungsgesetz verankert sei, nicht bekannt. Eine Beeinträchtigung der Inhaberin des Gewerbebetriebes, von dem nicht zu vermeidende Emissionen ausgingen, durch vermutlich zukünftig auftretende Beschwerden der Bewohner der verfahrensgegenständlichen Seniorenwohnhäuser stelle kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht im Sinne des § 61 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung dar, weshalb mangels Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Parteistellung zur Geltendmachung des Nachbarschutzes und in ihrem Nachbarschutzinteresse verletzt. Zusammengefaßt führt die Beschwerdeführerin aus, aufgrund der sehr umfangreichten abgegebenen Erklärungen während der Verhandlung vom 19. August 1992, die aufgrund des Inhaltes eindeutig die Erhebung von Einwendungen erkennen ließen, wäre es die Pflicht des Verhandlungsleiters gewesen, die Beschwerdeführerin im Rahmen seiner Manduduktionspflicht auf die Bedeutung der Erhebung von Einwendungen oder Abgabe einer Erklärung bzw. Stellungnahme sowie die diesbezüglichen unterschiedlichen rechtlichen Folgen hinzuweisen. Jedenfalls wäre der Verhandlungsleiter verpflichtet gewesen, die Beschwerdeführerin dahingehend zu befragen, ob die von ihr abgegebenen Erklärungen Einwendungen oder lediglich eine Stellungnahme darstellten. Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit wurde vorgebracht, entgegen der diesbezüglichen Ausführung der belangten Behörde hätten wesentliche Beeinträchtigungen eines Gewerbebetriebes, von dem nicht zu vermeidende Emissionen ausgingen und hiedurch Beschwerden von Bewohnern eines erst zu bebauenden Wohnobjektes in unmittelbarer Betriebsnähe zu erwarten seien, sehr wohl berücksichtigt werden müssen, insbesondere dann, wenn wie im gegenständlichen Fall, der Betrieb der Beschwerdeführerin schon Jahrzehnte hindurch bestehe und betrieben werde. Daß ein solches Recht sehr wohl als subjektiv-öffentliches Nachbarrecht zu qualifizieren sei, zeige die derzeitige Entwicklung im Hinblick auf den solchen Betrieben zu gewährenden Schutz.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist § 61 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung (BO) LGBl. Nr. 149/1986, in der Fassung der Bauordnungsnovelle Nr. 14/1989 maßgebend. Nach dieser Bestimmung kann der Nachbar Einwendungen gegen die Erteilung der Baubewilligung erheben, wenn sie sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen. Die Bestimmungen, auf welche diese Voraussetzung zutrifft, sind in den lit. a bis k des §§ 61 Abs. 2 BO taxativ aufgezählt. Gemäß § 3 Abs. 1 BO ist diese Bestimmung auch im Widmungsverfahren sinngemäß anzuwenden.
Aus dieser Rechtslage ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Nachbarn im Widmungsbewilligungsverfahren nur ein beschränktes Mitspracherecht besitzen. In einem solchen Fall ist die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde und auch der Gemeindeaufsichtsbehörde im Vorstellungsverfahren auf jene Fragen beschränkt, hinsichtlich derer den Nachbarn ein solches Mitsprachrecht als subjektiv-öffentliches Recht zusteht (vgl. etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. N.F. Nr. 10.317/A, sowie das Erkenntnis vom 19. Jänner 1993, Zl. 92/05/0208, u.a.). Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, daß ein Recht auf Einhaltung der einzelnen Widmungskategorien des Flächenwidmungsplanes nur dann gegeben ist, wenn die bestimmte Widmungskategorie auch einen Immissionsschutz gewährleistet (vgl. etwa die bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 2. Auflage, Seite 172 ff, wiedergegebene Rechtsprechung), wobei der Verwaltungsgerichtshof ganz allgemein die Auffassung vertreten hat, daß es im Zusammenhang mit dem Immissionsschutz auf die Belästigungen ankommt, die vom Baugrundstück ausgehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. März 1993, Zl. 92/06/0192 mit zahlreichen weiteren Judikaturhinweisen). Immissionen durch das Widmungsvorhaben macht aber die Beschwerdeführerin gar nicht geltend, sodaß die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen durfte, daß eine Verletzung von subjektiv-öffentlich Rechten der Beschwerdeführerin durch die beantragte Widmungsbewilligung nicht gegeben ist.
Bei dieser Sachlage kann aber dahingestellt bleiben, ob allenfalls auf Gemeindeebene Verfahrensvorschriften verletzt wurden, da nur solche Verfahrensmängel, die sich als Beeinträchtigung prozessualer Rechte darstellen, die dieser Partei als Mittel der Rechtsverfolgung zur Durchsetzung eines materiellen Rechtes zur Verfügung stehen, subjektive Rechte einer Partei verletzen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 1974, Slg. N.F. Nr. 8713/A).
Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete BaurechtNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993060082.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
26.03.2010