TE Vfgh Erkenntnis 1990/11/29 V143/89

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Veröffentlicht am 29.11.1990
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Allg
Verordnung der Gemeinde Orth / Donau vom 26.02.87, womit der Flächenwidmungsplan geändert wurde
Nö ROG 1976 §18
Nö ROG 1976 §22 Abs1
VfGG §57 Abs1 erster Satz

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit der Abänderung eines Flächenwidmungsplanes ohne Vorliegen der in der Raumordnung vorgesehenen Änderungsvoraussetzungen; allgemeine Verpflichtung des Verordnungsgebers zur Beseitigung rechtswidriger Verordnungen

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit ihrem als Beschwerde gemäß Art139 Abs1 B-VG bezeichneten Antrag begehren die drei Antragsteller, "die Verordnung der Gemeinde Orth/Donau vom 26.2.1987, womit der Flächenwidmungsplan geändert wird, als gesetzwidrig aufzuheben; in eventu jenen Teil der Verordnung der Gemeinde Orth/Donau vom 26.2.1989 ... als gesetzwidrig aufzuheben", womit eine öffentliche Verkehrsfläche auf dem im Eigentum der Erstantragstellerin stehenden Grundstück Nr. 1266, KG Orth an der Donau, auf den im Eigentum des Zweitantragstellers stehenden Grundstücken Nr. 1265/2, 1267, 1262, KG Orth/Donau und auf dem im Eigentum des Drittantragstellers stehenden Grundstück Nr. 1264 ausgewiesen wird.

Zum Sachverhalt führen die Antragsteller aus, daß die in ihrem Eigentum stehenden, oben bezeichneten Liegenschaften durch einen Privatweg teilweise durchtrennt werden, dessen Nutzung auf freiwilliger Basis erfolge. Dieser Privatweg ende in westlicher Richtung beim Vermessungspunkt 187, wo ein in westlicher Richtung führender als öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesener Weg beginne, welcher ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken diene und in den Äckern der KG Orth an der Donau ende. Mit der bekämpften Verordnung sei der an den Vermessungspunkt 187 in südöstlicher Richtung anschließende Privatweg als öffentliche Verkehrsfläche umgewidmet worden; dieser neue Weg soll in südöstlicher Richtung bei der Landesstraße enden.

Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führen die Antragsteller aus, daß sie durch die bekämpfte Verordnung in ihrem "Recht auf landwirtschaftliche Nutzung (§19 NÖ ROG) der durch die Umwidmung betroffenen Flächen verletzt" worden seien. Die bekämpfte Verordnung sei für die Antragsteller im Sinne des Art139 Abs1 B-VG "direkt wirksam" geworden, da ihnen ein anderer zumutbarer Umweg, sich gegen die Rechtswidrigkeit der Verordnung zu wehren, nicht zur Verfügung stehe. Insbesondere gehe die Provozierung eines abweisenden Baubewilligungsbescheides über das finanzielle Leistungsvermögen der Antragsteller hinaus. Die direkte Wirksamkeit folge auch aus der drohenden Enteignung der von der Umwidmung betroffenen Grundstücke sowie aus deren Entwertung.

Nach Meinung der Antragsteller ist die angefochtene Verordnung inhaltlich rechtswidrig, weil die Voraussetzungen einer Widmung als Verkehrsfläche gemäß §18 NÖ ROG nicht vorlägen. Für die Bewirtschaftung der betroffenen Liegenschaften "genügen durchaus die agrarrechtlichen Regelungen über die Zufahrt". Die Landwirte, die alle eine Zufahrtsmöglichkeit zur Ortsstraße hätten, hätten sich "mit den bisherigen Verhältnissen durchaus befriedigt gezeigt", sodaß es zur "Befriedigung des landwirtschaftlichen Verkehrs keinesfalls der Verlängerung des bisher bestehenden Weges" bedürfe. Der durch die Umwidmung zu befürchtende Verkehrssog in Richtung eines besonders sensiblen Teiles eines Landschaftsschutzgebietes hätte auch einer naturschutzgesetzlichen Bewilligung entgegenstehen müssen. Schließlich fehle es an den Voraussetzungen für die Änderung eines Flächenwidmungsplanes gemäß §22 Abs1 NÖ ROG: "Die Behebung von bei der Erstellung eines Flächenwidmungsplanes unterlaufenen Fehlern darf im übrigen wegen der Gefahren im Hinblick auf die Rechtssicherheit nicht über den Umweg der nachträglichen Änderung des Flächenwidmungsplanes (er)folgen". Die Änderung des Flächenwidmungsplanes stelle sich "in Wahrheit auch nicht als Verbesserung dar, da der verlängerte Weg ohne Ende ist und weiterhin in die Flur mündet."

In einem weiteren Schriftsatz gibt der Drittantragsteller bekannt, daß er sein Grundstück Nr. 1264, KG Orth an der Donau, an die Erstantragstellerin verkauft habe, sich aber in diesem Vertrag als Servitut ausbedungen habe, einen vier Meter breiten Streifen der Grundstücke Nr. 1267, 1266, 1265/1, 1265/2, 1264 und 1262 als Zufahrtsweg zu dem ihm verbleibenden Grundstück Nr. 82 zu benützen. Durch dieses Rechtsgeschäft habe sich also an der unmittelbaren Wirksamkeit der bekämpften Verordnung für den Drittantragsteller nichts geändert.

2. Die Gemeinde Orth an der Donau/NÖ legte dem Verfassungsgerichtshof die auf die angefochtene Verordnung bezughabenden Akten vor und teilte gleichzeitig mit, daß der Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes zur Abgabe einer Äußerung nicht entsprochen werden könne, da im Gemeinderat "durch Stimmengleichheit ... eine gültige Beschlußfassung nicht möglich" gewesen sei.

3. Die NÖ Landesregierung hält in ihrer Äußerung die Anfechtung der Verordnung der Gemeinde Orth an der Donau nur insoweit für zulässig, als durch die Festlegung der Widmungsart "Verkehrsfläche" Grundstücke der Antragsteller betroffen sind. Sie hält den Antrag sohin für unzulässig, soweit die Änderungsverordnung auch im Hinblick auf "die, sich auf andere Grundstücke beziehenden Wirkungen" angefochten wird und insoweit Dr. O S als Drittantragsteller auftritt, weil dieser nach Veräußerung seines Grundstückes Nr. 1264, KG Orth an der Donau, kein Eigentumsrecht mehr an den von der Änderungsverordnung betroffenen Liegenschaften besitze.

Nach Ansicht der NÖ Landesregierung wollte der NÖ Landesgesetzgeber mit der Regelung des §22 Abs1 NÖ ROG jedenfalls keine Perpetuierung von offensichtlichen Fehlern eines örtlichen Raumordnungsprogrammes festschreiben. Da dem Gemeinderat der Gemeinde Orth an der Donau bei der Erlassung des örtlichen Raumordnungsprogrammes am 29. Mai 1981 ein solcher Fehler dadurch unterlaufen sei, daß er im Gegensatz zum vordem geltenden vereinfachten Flächenwidmungsplan westlich des Vermessungspunktes Nr. 187 keine Verkehrsfläche mehr ausgewiesen habe, könne "man nun nicht davon ausgehen, daß der Gemeinderat im Jahr 1981 eine solche Aufschließung der landwirtschaftlichen Flächen normieren wollte, die weder Anfang noch Ende hat". Dadurch sei es zu keiner "Zerreißung einer einheitlichen Wirtschaftsfläche und zur Verursachung eines aus Verkehrsgründen nicht erforderlichen Verkehrssoges", wie die Antragsteller meinten, gekommen, weil die Nordseite des in der Natur bereits vorhandenen Agrarweges bereits derzeit "insbesondere zu den Grundstücken Nr. 71, 76, 77 und 82 durch feste, teilweise auch betonierte Zäune vom landwirtschaftlich genutzten Gebiet getrennt" sei. Der westlich des Vermessungspunktes 187 gelegene Teil des Agrarweges werde auch derzeit bereits "tatsächlich als Zufahrtsweg benützt".

Im übrigen sei eine Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes nach §22 Abs1 Z2 NÖ ROG wegen wesentlicher Änderung der Grundlagen deswegen zulässig, weil "im Laufe der Zeit feste, teilweise sogar betonierte Zäune" ... "an der Nordwestseite des als Verkehrsfläche gewidmeten Agrarweges" errichtet worden seien und eine in Aussicht genommene Grundstückszusammenlegung mit dem Ziel der Erstellung eines Wegenetzes gescheitert sei. Auch dem Erläuterungsbericht zur Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes vom 22. September 1986 lasse sich die Absicht des Gemeinderates entnehmen, die Verkehrsflächenwidmung deswegen vorzunehmen, weil eine Kommassierung samt einer Regelung des Agrarwegenetzes nicht absehbar sei.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch die Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Nach §57 Abs1 VerfGG 1953 muß der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, begehren, daß entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalte nach oder daß bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im einzelnen darzulegen. Wird ein solcher Antrag von einer Person gestellt, die unmittelbar durch die Gesetzwidrigkeit der Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, so ist auch darzutun, inwieweit die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für sie wirksam geworden ist.

a. Wie aus dem Vorbringen der Antragsteller hervorgeht, beantragen sie, jenen Teil der Verordnung der Gemeinde Orth an der Donau vom 26. Februar 1987 als gesetzwidrig aufzuheben, der für die Liegenschaften der Antragsteller Nr. 1262, 1264, 1265/2, 1266 und 1267, KG Orth an der Donau, eine teilweise, durch den der Verordnung beiliegenden Plan ausgewiesene Verkehrsflächenwidmung aufweist.

Damit ist der Umfang der von den Antragstellern begehrten Aufhebung der (Flächenwidmungsplanänderungs-)Verordnung der Gemeinde Orth an der Donau vom 26. Februar 1987 dem §57 Abs1 erster Satz VerfGG 1953 entsprechend bestimmt.

b. Die Verordnung greift auch in die Rechtssphäre der Antragsteller unmittelbar ein, insofern sie deren Eigentumsrechte an den betroffenen Liegenschaften Beschränkungen unterwirft.

Ein derartiger Eingriff in die Rechtssphäre liegt - anders als die NÖ. Landesregierung meint - auch hinsichtlich des Drittantragstellers Dr. O S vor. Es ist nämlich nicht auszuschließen, daß durch die Verkehrsflächenwidmung in der Verordnung der Gemeinde Orth an der Donau vom 26. Februar 1987 der Drittantragsteller in seinem, ihm an den oben genannten Grundstücken kraft Servitutsvertrag zustehenden dinglichen Wegerecht deswegen beeinträchtigt wird, weil durch die Verkehrsflächenwidmung die raumordnungsrechtliche Grundlage für eine - straßenrechtliche - Ausdehnung der Wegenutzung auf andere Personen geschaffen wurde.

c. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 8697/1979 ausführlich dargetan hat, ist ein anderer zumutbarer Weg, die behauptete Gesetzwidrigkeit einer die Bebauung beschränkenden Flächenwidmung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, nach Niederösterreichischem Landesrecht nicht erkennbar.

Der Verordnungsprüfungsantrag ist sohin zulässig.

2. Entgegen der Meinung der Antragsteller ist die Verordnung der Gemeinde Orth an der Donau vom 26. Februar 1987, zumindest soweit Teile der Grundstücke Nr. 1262, 1264, 1265/2, 1266 und 1267 dadurch als Verkehrsfläche gewidmet werden, nicht gesetzwidrig.

Gemäß §18 NÖ ROG sind als Verkehrsflächen im Flächenwidmungsplan solche Flächen vorzusehen, die u.a. der Abwicklung des Verkehrs und der Aufschließung des Grünlandes dienen und für das derzeitige sowie künftig abschätzbare Verkehrsaufkommen erforderlich sind.

Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung nimmt der Verfassungsgerichtshof an, daß der in der Verordnung vom 26. Februar 1987 neu festgelegte Teil einer Verkehrsfläche, welche den Anschluß einer bereits vordem (im örtlichen Raumordnungsprogramm der Gemeinde Orth an der Donau vom 29. Mai 1981) ausgewiesenen, als öffentliches Gut gewidmeten Verkehrsfläche an das öffentliche Wegenetz bewirkt, sowohl der Aufschließung des Grünlandes als auch dem Verkehrsaufkommen dient. Dies ergibt sich schon daraus, daß die Verkehrsflächenwidmung lediglich einen in der Natur bereits vorhandenen und (mindestens) zur Bewirtschaftung der angrenzenden Grünflächen bereits benutzten (Privat-)Weg betrifft.

Da nach §18 NÖ ROG Flächen, die der Aufschließung des Grünlandes dienen, "als Verkehrsflächen ... vorzusehen ... sind" (Hervorhebung vom Verfassungsgerichtshof), war der Gemeinderat der Gemeinde Orth an der Donau verpflichtet, Verkehrsflächen im Flächenwidmungsplan vorzusehen, die der Aufschließung jener landwirtschaftlich genutzten Grünlandgrundstücke dienen, zu denen der faktisch bereits bestehende Weg führt. Dazu tritt der Umstand, daß in der Plandarstellung des vereinfachten Flächenwidmungsplanes vom 31. August 1973 die verfahrensgegenständlichen Grundstücke bereits als "Verkehrsflächen" ausgewiesen waren und diese Verkehrsflächenwidmung westlich des Vermessungspunktes Nr. 187 erst im Flächenwidmungsplan fehlte, der einen Bestandteil der Verordnung der Marktgemeinde Orth an der Donau vom 29. Mai 1981 über ein örtliches Raumordnungsprogramm bildet, welches den vereinfachten Flächenwidmungsplan abgelöst hat. Gleichgültig ob man mit der NÖ. Landesregierung diese fehlende Verkehrsflächenwidmung eines faktisch bereits bestehenden Weges, dessen Fortsetzung (östlich des Vermessungspunktes Nr. 187) - rechtmäßigerweise - weiterhin im Flächenwidmungsplan als Verkehrsfläche ausgewiesen war, als "Übertragungsfehler beim Zeichnen des Flächenwidmungsplanes" oder als Absicht des Gemeinderates erklären will, bedeutete die mangelnde Verkehrsflächenwidmung westlich des Vermessungspunktes Nr. 187 und die dadurch im Flächenwidmungsplan fehlende Anbindung einer vorhandenen und ausgewiesenen Verkehrsfläche zur Aufschließung des Grünlandes an das öffentliche Wegenetz jedenfalls einen zur Rechtswidrigkeit führenden Mangel der Verordnung der Marktgemeinde Orth an der Donau vom 29. Mai 1981 über ihr örtliches Raumordnungsprogramm.

Wohl hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 11374/1987 (zum Burgenländischen Raumplanungsrecht) festgestellt, daß die Änderung einer Flächenwidmung mangels Vorliegen der raumplanungsrechtlichen Voraussetzungen rechtswidrig ist, wenn ihr lediglich die Auffassung des Gemeinderates zugrundeliegt, daß eine andere als die von ihm seinerzeit festgelegte Widmung besser, vernünftiger und zweckmäßiger ist. Diese Rechtswidrigkeit der Flächenwidmungsänderung beruhte jedoch auf der (in jenem Fall nicht weiter problematisierten) Annahme, daß auch die ursprüngliche - dann geänderte - Flächenwidmung im Rahmen des Planungsermessens des Gemeinderates gelegen und damit rechtmäßig gewesen war.

Demgegenüber hat der Gemeinderat im vorliegenden Fall eine wie gezeigt als rechtswidrig zu qualifizierende Flächenwidmung im örtlichen Raumordnungsprogramm vom 29. Mai 1981 durch die nunmehr angefochtene Änderungsverordnung vom 26. Februar 1987 korrigiert. Eine derartige Korrektur eines rechtswidrigen Flächenwidmungsplanes muß jedoch dem Verordnungsgeber auch unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Änderung eines örtlichen Raumordnungsprogramms nach §22 Abs1 NÖ ROG unbenommen bleiben. Nach dieser Bestimmung darf ein örtliches Raumordnungsprogramm (zwar) nur abgeändert werden:

"1. wegen eines rechtswirksamen Raumordnungsprogrammes des Landes oder anderer rechtswirksamer überörtlicher Planungen,

2. wegen wesentlicher Änderung der Grundlagen oder

3. wegen Löschung des Vorbehaltes."

Darüber hinaus muß aber schon aus Art18 Abs2 B-VG, wie die NÖ Landesregierung zu Recht sieht, ganz allgemein eine Verpflichtung des Verordnungsgebers abgeleitet werden, eine rechtswidrige Verordnung zu beseitigen oder durch eine rechtmäßige zu ersetzen. Es widerspricht schlechterdings den in Art18 Abs2 in Verbindung mit Art139 B-VG niedergelegten Grundgedanken der österreichischen Rechtsordnung, denen zufolge nur gesetzmäßige Verordnungen auf Dauer Bestand haben sollen, eine rechtswidrige Verordnung zwar vom Verfassungsgerichtshof - jederzeit - aufheben zu lassen, gleichwohl der Korrektur durch den Verordnungsgeber selbst - in einer der Rechtskraft individueller Verwaltungsakte vergleichbaren Weise - zu entziehen. Zwar hat, wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 11374/1987 (zum Burgenländischen Raumplanungsrecht) ausgesprochen hat, der Gesetzgeber "mit der verbindlichen Festlegung der Widmung durch den Verordnungsgeber auch jenes Maß an Rechtssicherheit ein(...)treten" lassen wollen, "welches es dem Rechtsunterworfenen ermöglichen soll, im Vertrauen auf die Rechtslage seine individuellen Planungsabsichten zu gestalten". Dieser Vertrauensschutz kann aber nur gegenüber einem vom Gemeinderat im Rahmen seines Planungsermessens rechtmäßig erlassenen Flächenwidmungsplan eintreten. Der Rechtsunterworfene darf eben nicht darauf vertrauen, daß ein Flächenwidmungsplan, der als Verordnung jedenfalls vom Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 B-VG jederzeit aufgehoben werden kann, nicht auch im Fall der Rechtswidrigkeit vom Verordnungsgeber selbst aufgehoben wird.

So wäre es schlechterdings verfassungswidrig, mangels Vorliegen der Änderungsvoraussetzungen gemäß §22 Abs1 NÖ ROG dem Gemeinderat die Möglichkeit zu nehmen, eine gesetzlich nicht vorgesehene, gleichwohl vom Gemeinderat im Flächenwidmungsplan ausgewiesene Widmungsart - sohin eine eindeutig rechtswidrige Flächenwidmung - zugunsten einer gesetzlich vorgesehenen Widmungsart richtigzustellen. Wenn der Gemeinderat aber berechtigt, ja sogar verpflichtet ist, eine gesetzlich nicht vorgesehene Widmung zu beseitigen und durch eine gesetzmäßige Widmung zu ersetzen, so muß dies auch dort gelten, wo der Gemeinderat in Überschreitung der Grenzen seines Planungsermessens für konkrete Liegenschaften rechtswidrige Flächenwidmungen verordnet hat.

Da mit Rücksicht auf die durch §18 NÖ ROG bewirkte Notwendigkeit einer Aufschließung des Grünlandes durch Verkehrsflächen, weiters wegen des in der Natur bereits faktisch bestehenden Weges und schließlich wegen der Notwendigkeit der Anbindung der östlich des Vermessungspunktes Nr. 187 gewidmeten öffentlichen Verkehrsfläche an das westlich gelegene Wegenetz der Gemeinde die Verordnung über das örtliche Raumordnungsprogramm der Gemeinde Orth an der Donau vom 29. Mai 1981 rechtswidrig war, ist die Verordnung vom 26. Februar 1987 jedenfalls insoweit rechtmäßig, als darin durch eine entsprechende Verkehrsflächenwidmung die dargestellte Rechtswidrigkeit beseitigt wurde.

Der Antrag auf Aufhebung dieser Verordnung war daher abzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Legitimation, VfGH / Individualantrag, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Verordnungserlassung, Abänderung (Flächenwidmungsplan), Widmungskategorien (Raumordnung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:V143.1989

Dokumentnummer

JFT_10098871_89V00143_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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