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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der H-GmbH in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Oktober 1992, Zl. R/1-V-91143/00 und 01, betr die Versagung einer Baubewilligung und die Erteilung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages (mP: Stadtgemeinde E, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach Durchführung einer Augenscheinsverhandlung versagte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 12. November 1990 der Beschwerdeführerin die nachträgliche Baubewilligung zur Aufstellung von Werbeanlagen auf den Grundstücken Nr. 581 und 587, KG E. Mit Bescheid vom selben Tag erteilte der Bürgermeister der Beschwerdeführerin den Auftrag, die Plakatwände zu beseitigen.
Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufungen wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit zwei Bescheiden vom 18. Juni 1991 als unbegründet ab, setzte jedoch bezüglich des Beseitigungsauftrages die Erfüllungsfrist mit zwei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides neu fest.
Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellungen wies die NÖ Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet ab. Die Gemeindeaufsichtsbehörde teilte die Ansicht der Gemeindebehörden, daß der bautechnische Amtssachverständige bei der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 1990 zu Recht die beiden je 10,20 x 2,60 m großen Tafeln als Störung des gegebenen Orts- und Landschaftsbildes beurteilt habe. In diesem Zusammenhang verwies die Gemeindeaufsichtsbehörde auch auf die im Zuge des Vorstellungsverfahrens vom Sachverständigen ergänzend vorgelegten Fotos. Im einzelnen setzte sich die Gemeindeaufsichtsbehörde mit den Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihren Vorstellungen näher auseinander.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht, Werbeanlagen aufzustellen und für die Errichtung von Werbeanlagen Genehmigungen zu erhalten, verletzt, darüber hinaus in ihrem Recht auf Einhaltung der Verfahrensgesetze. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 89 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) dürfen Werbeanlagen das Orts- und Landschaftsbild nicht beeinträchtigen und müssen so beschaffen sein, daß sie mit amtlichen Hinweisen nicht verwechselt werden können und von derartigen Hinweisen nicht ablenken.
Schon nach § 61 Abs. 1 BO dürfen Vorhaben, die einer baubehördlichen Bewilligung bedürfen, das Orts- und Landschaftsbild nicht stören. Die Bautradition des Umlandes ist, soweit dieses eine kulturelle Einheit bildet, zu berücksichtigen. Unter Ortsbild ist nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle die bestehende Eigenart bzw. die im Bebauungsplan vorgesehene Gestaltung der baulichen Ansicht eines Ortes, Ortsteiles oder anderen bebauten Gebietes unter Einschluß der bildhaften Wirkung, die von nicht bebauten Gebieten ausgeht, zu verstehen.
Nach § 61 Abs. 3 BO sind bei der Beurteilung, ob ein Vorhaben das Ortsbild stört, die charakteristischen Merkmale des vorhandenen Baubestandes, und zwar der unmittelbaren Umgebung, der angrenzenden Straße (Straßenbild), des umliegenden Ortsteiles und des gesamten Ortes oder bebauten Gebietes zu berücksichtigen. Dabei ist zu prüfen, ob das Vorhaben auf Grund seiner Lage, Größe, Proportionen und Bauform, der verwendeten Baustoffe, Bauteile und bauchemischen Mittel bzw. des zu erwartenden Erscheinungsbildes als erhebliche Störung oder Verunstaltung des vorhandenen Baubestandes wirkt.
Bei der Bauverhandlung am 22. Juni 1990 wurden nun die gegenständlichen Werbetafeln näher beschrieben und der bautechnische Amtssachverständige hat unter Beschreibung des Aufstellungsortes und der dort gegebenen Bebauung die Werbetafeln als weit sichtbar und die bestehenden Einfriedungen weit überragend beurteilt. Er erachtete sie als im krassen Widerspruch zum vorhandenen Orts- und Landschaftsbild stehend und begründete dies mit dem vorhandenen Baubestand und der nicht harmonischen Einfügung in das gegebene Ortsbild. Der Vertreter der Beschwerdeführerin ist bei dieser Verhandlung dem Gutachten nicht entgegengetreten. Auch in der Berufung hat sich die Beschwerdeführerin im wesentlichen damit begnügt, formale Einwände zu erheben, wie nicht erkennbare Trennung von Befundaufnahme und Gutachten, im übrigen aber nur ganz allgemein behauptet, daß der "Nutzer" der Werbeanlage auf ästhetische und dem Betrachter angenehm ansprechende Elemente äußersten Wert lege, weshalb sich üblicherweise die Werbeanlagen keineswegs negativ von dem sie umgebenden Orts- und Landschaftsbild abheben. Eine Ergänzungsbedürftigkeit des Befundes wurde weder auf Gemeindeebene noch im Vorstellungsverfahren behauptet. Dennoch hat die belangte Behörde, wie in der Sachverhaltsdarstellung erwähnt, die bildhafte Wirkung der Werbetafeln durch die Vorlage von Fotos dokumentiert und auf diese Weise den von den Gemeindebehörden ermittelten Sachverhalt ergänzt. Die Beschwerdeführerin hat zu diesen Fotos lediglich ausgeführt, daß nicht ersichtlich sei, wann und von wem diese Fotos angefertigt worden seien und die Anfertigung von Fotos keineswegs das Erfordernis der gesetzmäßigen Abhaltung eines Ortsaugenscheines ersetzen könne. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde diese Frage in der Begründung des angefochtenen Bescheides klarstellte, hat die Beschwerdeführerin auch in ihrer Beschwerde die Richtigkeit des ermittelten Sachverhaltes nicht in Abrede gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde keine Bedenken, daß der Sachverhalt von den Verwaltungsbehörden ausreichend ermittelt wurde, um die Frage zu klären, ob die Werbeanlagen der Beschwerdeführerin eine Beeinträchtigung des Ortsbildes darstellen. Auch das kurz gehaltene Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen begründet ausreichend, daß im Hinblick auf die Größe der Tafeln, ihre Lage und das gegebene Ortsbild eine Beeinträchtigung des Ortsbildes zu Recht bejaht wurde. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin erachtet der Verwaltungsgerichtshof sohin das vor der Behörde erster Instanz abgegebene Gutachten eines bautechnischen Amtssachverständigen als nachvollziehbar, mag es auch knapp gehalten sein, sodaß dieses Gutachten zu Recht der Entscheidung der Baubehörde zugrunde gelegt werden durfte, zumal die Beschwerdeführerin nicht einmal den Versuch unternommen hat, dieses Gutachten durch ein Gegengutachten zu entkräften.
Soweit die Beschwerdeführerin rügt, daß ein Sachverständiger aus dem Baufach und nicht ein Architekt die hier wesentlichen Fragen beurteilte, hat der Verwaltungsgerichtshof gegen eine solche Vorgangsweise keine Bedenken (vgl. etwa das Erkenntnis vom 18. November 1982, Zl. 82/06/0097, Slg. N.F. Nr. 10.886/A - nur Rechtssatz).
Die Beschwerdeführerin konnte sohin nicht dartun, daß die Verwaltungsbehörden zu Unrecht durch die aufgestellten Werbetafeln eine Beeinträchtigung des Ortsbildes annahmen und aus diesem Grunde die beantragte Baubewilligung versagten.
Da die bewilligungspflichtigen Plakattafeln schon ohne baubehördliche Bewilligung errichtet wurden, sind die Verwaltungsbehörden auch zu Recht davon ausgegangen, daß ihre Beseitigung nach § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a BO anzuordnen war. Nach der genannten Gesetzesstelle hat die Baubehörde nämlich den Abbruch einer Baulichkeit anzuordnen, wenn für die Baulichkeit keine baubehördliche Bewilligung vorliegt und die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang behauptet, daß die von der Berufungsbehörde festgesetzte Erfüllungsfrist von zwei Monaten zur Räumung der Werbeanlagen zu kurz bemessen sei, übersieht sie, daß bewilligungslose Baulichkeiten schon im öffentlichen Interesse so rasch wie möglich zu beseitigen sind. Die Behauptung, daß in diesem Zeitraum eine technisch einwandfreie Entfernung nicht gewährleistet werden könne, widerspricht schon den Erfahrungen des täglichen Lebens, sodaß auf dieses Argument nicht näher einzugehen war. Soweit aber die Beschwerdeführerin behauptet, sie habe sich über einen längeren Zeitraum vertraglich gebunden, so verkennt sie, daß eine derartige vertragliche Bindung gar nicht hätte eingegangen werden dürfen, hätten doch die zweifelsfrei bewilligungspflichtigen Werbeanlagen erst nach rechtkräftiger Erteilung der hiefür erforderlichen baubehördlichen Bewilligung aufgestellt werden dürfen. Darüber hinaus kann eine derartige vertragliche Bindung keinesfalls zu Recht den öffentlichen Interessen an einer raschestmöglichen Beseitigung konsensloser Bauten entgegengehalten werden. Auch in dieser Beziehung erweist sich die Beschwerde als nicht zielführend.
Die in allen Punkten unbegründete Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG sowie die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Bautechniker Ortsbild LandschaftsbildEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992050315.X00Im RIS seit
03.05.2001