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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde
1.) der MR und 2.) des GR in F, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. Februar 1993, Zl. BauR-010910/1-1992 Ru/Lan, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1) X-GmbH in N, 2) Marktgemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 22. Juli 1992 wurde der erstmitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf dem Grundstück Nr. 1262/3, EZ 471 des Grundbuches über die Katastralgemeinde F, erteilt. Die u.a. von den Beschwerdeführern unter dem Gesichtspunkt einer unzumutbaren Lärm- und Geruchsbelästigung erhobenen Einwendungen wurden "als sachlich nicht gerechtfertigt" abgewiesen und die hinsichtlich der Wertminderung geltend gemachten Einwendungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Die Einholung eines verkehrstechnischen Gutachtens eines Zivilingenieurs wurde abgelehnt.
In ihrer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung forderten die Beschwerdeführer neuerlich die Einholung eines Verkehrsgutachtens eines Zivilingenieurs, da das zu dieser Frage bereits eingeholte Gutachten eineinhalb Jahre alt sei und mittlerweile wesentliche bauliche Änderungen in der Nachbarschaft eingetreten seien, die zu einer Erhöhung des Verkehrsaufkommens geführt hätten.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 26. November 1992 wurde dieses Rechtsmittel abgewiesen und der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid vollinhaltlich bestätigt.
Der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 26. Februar 1993 mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführer durch den erwähnten Berufungsbescheid nicht in ihren Rechten verletzt worden seien.
In Erwiderung auf das Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach es durch den Betrieb des geplanten Lebensmittelmarktes zu einer unzumutbaren Verkehrsbelastung in der Umgebung des geplanten Objektes kommen werde, führte die Aufsichtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides aus, daß die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Straßen nicht Gegenstand eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Nachbarn sind. Der Verwaltungsgerichtshof habe mehrfach die Auffassung vertreten, daß der Nachbar kein subjektives Recht darauf habe, daß sich die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Straßen durch den Betrieb eines beabsichtigten Bauvorhabens, z.B. eines gewerblichen Betriebes, nicht verschlechtern. Der Nachbar habe keinen Rechtsanspruch darauf, daß durch ein Bauvorhaben die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht verändert werden dürfen. Eine öffentliche Verkehrsfläche stehe - wie ihr Namen schon sage - der Allgemeinheit zum Gemeingebrauch und nicht nur den Nachbarn offen, weshalb für diesen kein subjektives Recht bestehen könne. Die im Verfahren geäußerten Befürchtungen, es würden auch Hauseinfahrten verparkt werden, müßten insofern ins Leere gehen, als es eben jedermann zustehe, die öffentlichen Verkehrsflächen im Rahmen der straßenpolizeilichen Bestimmungen zu benützen, womit aber ohnehin für den Bereich der Bauordnung keine Zuständigkeit mehr gegeben sei. Das von der mitbeteiligten Bauwerberin vorgelegte verkehrstechnische Gutachten habe primär im gewerbebehördlichen Verfahren, aber nicht im baubehördlichen Bewilligungsverfahren Bedeutung gehabt. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte werde auch verständlich, daß - so wie der Straßenverkehr insgesamt - auch die Frage des durch diesen erzeugten Lärmes lediglich im gewerbebehördlichen Verfahren, nicht jedoch im Verfahren vor den Baubehörden zu berücksichtigen sei. Die Berufungsbehörde habe daher zu Recht der Forderung nach einem weiteren verkehrstechnischen Gutachten keine Folge geleistet und ihre Entscheidung auf die ohnehin ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen gegründet. Insoweit die Beschwerdeführer im Verfahren vor den Gemeindebehörden Einwendungen vorgebracht hätten, die nicht den Straßenverkehr beträfen, sei festzuhalten, daß der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde zu Recht auf der Grundlage eines Gutachtens hinsichtlich der Betriebstype bzw. der Vergleichsprüfung des geplanten Bauvorhabens mit bereits bestehenden Objekten davon ausgegangen sei, daß das Bauvorhaben mit der Widmung "gemischtes Baugebiet" im Sinne des § 16 Abs. 7 des O.ö. Raumordnungsgesetzes übereinstimme. Die Einwendung hinsichtlich der behaupteten Grundentwertung sei im übrigen zu Recht auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden, weil es sich bei dieser Frage um eine Angelegenheit handle, deren Beurteilung als rein privatrechtliche Frage den Verwaltungsbehörden nicht zustehe.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die Beschwerdeführer meinen, die der hg. Judikatur entsprechende Auffassung der belangten Behörde, wonach der Nachbar im baubehördlichen Bewilligungsverfahren keinen Rechtsanspruch darauf besitze, daß sich die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht verändern, müsse "ihre Grenze ... dort finden, wo der bewilligende Bescheid direkt in die Sphäre absolut geschützter Rechtsgüter, wie etwa in das Recht auf körperliche Integrität des Nachbarn eingreift". Die Beschwerdeführer hätten "immer wieder vergeblich auf die konkret zu erwartende Zunahme der Unfallhäufigkeit in der Umgebung des zu errichtenden Einkaufsmarktes hingewiesen".
Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von seiner erwähnten, bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht,
2. Auflage, auf Seite 209 f., wiedergegebenen Rechtsprechung abzugehen, zumal die O.ö. Bauordnung keine Anhaltspunkte dafür enthält, daß die Baubehörden bei der Entscheidung über ein Bauansuchen auch auf die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Gesichtspunkte Bedacht zu nehmen hätten. In dieser Hinsicht bestehen daher auch keine Nachbarrechte im Sinne des § 46 Abs. 3 leg. cit. Den Beschwerdeführern ist zwar beizupflichten, daß bezüglich der "Sicherung der körperlichen Integrität der Straßenbenützer im öffentlichen Verkehr ... spezielle verkehrsrechtliche Normen existieren", doch dürften sie dabei übersehen haben, daß die Wahrnehmung dieser Belange nicht in die Zuständigkeit der Baubehörde fällt. Die Baubehörden hatten auch nicht auf allfällige Richtlinien und Vorschriften für den "Straßenbau" Bedacht zu nehmen, da im Beschwerdefall nicht ein "Straßenbau", sondern die Errichtung eines Einkaufsmarktes Gegenstand der erteilten baubehördlichen Bewilligung ist.
Da den Beschwerdeführern in jenem Baubewilligungsverfahren, welches dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegt, in bezug auf die Frage einer mit dem bewilligten Bauvorhaben möglicherweise verbundenen Änderung der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen kein Mitspracherecht zugestanden ist, braucht unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung ihrer Rechte auch nicht untersucht zu werden, ob der belangten Behörde in dieser Hinsicht eine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentliche, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Verletzung von Verfahrensvorschriften anzulasten ist, weil die Rechtsstellung des Nachbarn hinsichtlich der Einhaltung von Verfahrensvorschriften nicht weiter geht als seine materiellrechtlichen Ansprüche (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 26. November 1974, Slg. N.F. Nr. 8713/A). Es kann daher insbesondere dahingestellt bleiben, ob der im Gegenstande eingeholten Stellungnahme des Kuratoriums für Verkehrssicherheit "die Qualifikation eines Sachverständigenbeweises" zuzuerkennen ist, und ob im Rahmen dieser Äußerung auch zu klären gewesen wäre, "wie sich der Verkehr an der Einmündung zur Bundesstraße 1 künftig entwickeln wird". Schließlich stellt daher auch die Unterlassung der Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Verkehrswesen aus der Sicht der Nachbarrechte der Beschwerdeführer im abgeführten Baubewilligungsverfahren keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar.
Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung der Beschwerdeführer nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993050075.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009