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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des CH in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in O, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 21. Oktober 1992, Zl. 19/02/91 004/4, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der MAT/N und der MAT-Coop Sopron Stahlbaugesellschaft mit beschränkter Haftung (auch MAT Hungarion) mit dem Sitz in Sopron (im folgenden kurz MAT/S), an der die MAT/N beteiligt ist.
Mit Schreiben vom 18. Jänner 1991 erstattete das Arbeitsamt Oberpullendorf bei der BH Oberpullendorf (im folgenden BH) Strafanzeige: Auf der Baustelle in Wien 9 seien am 7. November 1990 vier namentlich genannte ungarische Staatsangehörige für die MAT/N mit Montagearbeiten beschäftigt gewesen, ohne daß der MAT/N hiefür eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden wäre (dies gelte allerdings nicht für einen weiteren dort angetroffenen ungarischen Staatsangehörigen, Laszlo N., für den der MAT/N eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei); die Ausländer wären auch nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines gewesen.
Bei seiner Vernehmung als Beschuldigter gab der Beschwerdeführer laut Niederschrift vom 22. Februar 1991 bei der BH an, er bekenne sich nicht schuldig. Bei den genannten (vier) Ausländern handle es sich um Arbeiter, die von der MAT/S beschäftigt worden seien. Die MAT/N habe den Auftrag für die Herstellung und Montage der Stahl- und Geländerkonstruktionen an der gegenständlichen Baustelle an die MAT/S weitergegeben; der Auftrag sei laut dem gleichzeitig vorgelegten Anbot der MAT/S vom 25. Juni 1990 erteilt worden. Der Beschwerdeführer sei auch als Geschäftsführer der MAT/S tätig und als solcher für die Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen gegenüber der Behörde verantwortlich. Seines Wissens seien für Montagearbeiten bis zu drei Monaten Bewilligungen nach dem AuslBG nicht erforderlich.
Das vom Beschwerdeführer unter anderem vorgelegte Angebot der MAT/S vom 25. Juni 1990 betrifft Liefer- und Montagearbeiten bei bestimmten aufgezählten In- und Auslandsprojekten der MAT/N, "wobei die Türen, Geländer, Stahlhallen, Sectionaltore, Kuppelkonstruktionen laut Ihren Zeichnungen zur Ausführung gelangen." Der durch Anstreichung hervorgehobene Punkt 7. enthält folgende das Projekt Mondial, Wien, betreffende Ausführungen:
"Eisenkonstruktionen für Gitterroste, Handläufe, Trennwände Herstellen, liefern und montieren, wobei die Abrechnung nach Aufmasz erfolgt.
3000 kg a S 9,-- 27.000,--"
Das Angebot enthält noch folgende (sich auf alle Projekte beziehenden) Ausführungen:
"Die oben angeführten Preise verstehen sich für die Herstellung, Lieferung und Montage der angefragten Konstruktionen (Kranwagen, Hebezeuge oder sonstige Hilfsmittel werden kostenlos beigestellt) laut den übergebenen Ausschreibungen. Nächtigungen, Nächtigungsgebühren, Montagezulagen, Flüge und sonstige entstehende zusätzliche Kosten werden von MAT N direkt beglichen.
Es ist weiter vereinbart, daß die Montagedauer maximal 3 Monate pro Monteur und pro Jahr dauern darf."
In seiner Stellungnahme vom 23. April 1991 vertrat das Landesarbeitsamt Burgenland die Auffassung, § 18 Abs. 3 AuslBG finde im Beschwerdefall deshalb keine Anwendung, weil unter "Anlagen" im Sinne dieser Bestimmung ausschließlich maschinelle Anlagen, nicht aber Baulichkeiten fielen. Im Beschwerdefall seien Eisenkonstruktionen (Gitterroste, Handläufe, Trennwände) in einem Bauwerk montiert worden, weshalb eine Beschäftigungsbewilligung nach § 3 Abs. 1 AuslBG notwendig gewesen wäre. Die MAT/N, die die MAT/S mit der Durchführung der Montagearbeiten beauftragt habe, bzw. deren handelsrechtlicher Geschäftsführer seien als Arbeitgeber im Sinne des § 2 Abs. 3 lit. b AuslBG anzusehen.
In seiner Stellungnahme vom 11. Juni 1991 bekräftigte der Beschwerdeführer erneut, es liege kein Verstoß gegen das AuslBG vor: Wie das Landesarbeitsamt Burgenland zutreffend ausgeführt habe, habe die MAT/S die Montagearbeiten an der Baustelle in Wien 9 durchgeführt. Die ausländische Firma, die als Auftragnehmerin tätig geworden sei, benötige für den Einsatz der Montagearbeiten nach § 18 Abs. 3 AuslBG keine Beschäftigungsbewilligung.
Mit Straferkenntnis vom 25. Juni 1991 erkannte die BH den Beschwerdeführer schuldig, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes und verantwortliches Organ der Fa. MAT Austria in N zu verantworten, daß zumindest am 7. November 1990 auf der Baustelle in Wien 9 vom ungarischen Vertragspartner Fa. MAT Hungaria die vier Ausländer (es folgt eine namentliche Aufzählung unter Angabe des jeweiligen Geburtsdatums) beschäftigt worden seien, obwohl für die Ausländer vom Arbeitsamt weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Dadurch habe der Beschwerdeführer folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und §§ 2 Abs. 3 lit. b, 18 Abs. 1 und 19 Abs. 1 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 231/1988. Die BH verhängte über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 120.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: zwölf Tage).
Sie begründete ihren Bescheid im wesentlichen damit, der Beschwerdeführer habe behauptet, die Arbeiter seien von einem ausländischen Arbeitgeber entsandt worden und hätten Montagearbeiten verrichtet, wofür eine Beschäftigungsbewilligung nicht erforderlich gewesen sei. Die BH habe sich jedoch der Meinung des Arbeitsamtes angeschlossen und sei der Ansicht, daß § 18 Abs. 3 AuslBG nicht anwendbar sei, weil es sich um eine Lieferung und Montage von Anlagen und Maschinen an einen Betrieb gehandelt habe. In der Folge begründete die Behörde erster Instanz noch die Strafbemessung näher.
In seiner Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, die Ausländer seien Arbeitnehmer der (ungarischen) MAT/S, nicht aber der MAT/N. Den Beschwerdeführer treffe als Geschäftsführer der MAT/N keine strafrechtliche Verantwortung für die allfällige Nichteinhaltung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes durch eine ausländische Firma. Wie bereits aus einem früheren Strafverfahren bekannt sei, stelle sogar die Beschäftigung von Ausländern ohne Beschäftigungsbewilligung in einem Betrieb in Österreich, bei dem Maschinen in Maschinenmiete zur Ausbildung dieser Ausländer zur Verfügung gestellt worden seien, keinen strafbaren Tatbestand nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz dar (Anmerkung: vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0062 und Zl. 91/09/0065, die gleichfalls den Beschwerdeführer als mitbeteiligte Partei betreffen). Umsomehr gelte dies im vorliegenden Fall, weil es sich bei den eingesetzten Arbeitern nicht um Beschäftigte der MAT/N, sondern um solche der MAT/S gehandelt habe. Die ausländischen Arbeitnehmer hätten als Arbeitnehmer einer ausländischen Firma Montagearbeiten, die die MAT/N in Österreich der MAT/S in Auftrag gegeben habe, durchgeführt. Es liege daher kein Verstoß gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. Oktober 1992 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahingehend Folge, daß die verhängten Geldstrafen auf je S 20.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf je zwei Tage herabgesetzt wurden. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen, der Tatvorwurf und die rechtliche Qualifizierung jedoch wie folgt neu gefaßt:
"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes und verantwortliches Organ der Firma MAT Maschinen-, Anlagen- und TankbaugesmbH in N, zu verantworten, daß am 07.11.1990 auf der Baustelle in Wien 9 folgende Ausländer beschäftigt wurden, obwohl für diese vom Arbeitsamt weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden war:
... (es folgt die namentliche Aufzählung der Ausländer) ...
Dadurch haben Sie jeweils folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes idgF BGBl. Nr. 450/1990 (AuslBG)."
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Beschäftigung der genannten ungarischen Staatsbürger zur Tatzeit auf der gegenständlichen Baustelle sei nicht bestritten worden. Da somit (in der Berufung) lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und nicht ausdrücklich eine mündliche Verhandlung verlangt worden sei, habe die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen können.
Entgegen dem Berufungsvorbringen seien keineswegs Arbeiten vorgelegen, die im Zusammenhang mit einer Maschinenmiete gestanden seien und die somit bis zur Gesamtdauer von maximal drei Monaten vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen gewesen wären. Montagearbeiten im Zusammenhang mit Lieferungen von Anlagen und Maschinen unterlägen nur dann nicht dem AuslBG, wenn diese Arbeiten lediglich von ausländischen Arbeitskräften durchgeführt werden könnten (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1991, Zl. 91/09/0080). Aus den zu Beweiszwecken vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen (Anbot der MAT/S) gehe hervor, daß von den genannten Ausländern in Ungarn angefertigte Gitterroste, Handläufe und Trennwände montiert worden seien. Dabei handle es sich zweifelsfrei - was auch einem bautechnischen Laien erkennbar sei - um Arbeiten, die auch inländische Arbeitskräfte durchführen hätten können. Das Ausländerbeschäftigungsgesetz sei daher auf die Beschäftigungsverhältnisse anzuwenden. Abgesehen davon seien Gitterroste, Handläufe und Trennwände keine Anlagen oder Maschinen. Schließlich finde das Berufungsvorbringen bezüglich der angeblichen Sachmiete auch im Anbot der MAT/S vom 25. Juni 1990 keine Deckung.
Auch das weitere Berufungsvorbringen (keine Strafbarkeit des Beschwerdeführers, weil es sich bei den Ausländern um Beschäftigte der MAT/S handle, die auf Grund eines Werkvertrages der MAT/N mit dem ausländischen Subunternehmen MAT/S tätig geworden seien) sei rechtlich verfehlt. Insbesondere aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Anbot der MAT/S vom 25. Juni 1990 gehe hervor, daß die eingesetzten Ausländer von BEIDEN Firmen beschäftigt worden seien. Während nämlich die MAT/S für die Herstellung, Lieferung und Montage der in Ungarn gefertigten Konstruktionen aufgekommen sei und dies in Rechnung gestellt habe, seien von der MAT/N die Nächtigungen, Nächtigungsgebühren, Montagezulagen, Flüge und sonstige entstehende zusätzliche Kosten DIREKT beglichen worden. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer (vgl. auch seine Angaben bei der Vernehmung vom 22. Februar 1991) auch handelsrechtlicher Geschäftsführer bei der MAT/S sei. Auf Grund dieser Personalunion sowie der Tatsache, daß die Entlohnung der Ausländer zum Teil durch die MAT/S als auch durch die MAT/N erfolgt sei, sei er berechtigt bzw. verpflichtet gewesen, die Interessen beider Firmen bei der Auswahl der Arbeitnehmer zu vertreten. Er hätte somit im Hinblick auf die Beschäftigungsfrage nicht nur ein auf Grund eines Werkvertrages bedingtes indirektes Durchgriffsrecht auf die von einem Subunternehmer beschäftigten Arbeitnehmer gehabt, sondern habe diesen in seiner Funktion als Geschäftsführer der MAT/N auch direkte Anweisungen erteilen können. Er sei daher für die Beschäftigung der eingesetzten Ausländer vollverantwortlich, da die ausländischen Arbeitnehmer auch mit der MAT/N in einem direkten Beschäftigungs- und somit Abhängigkeitsverhältnis gestanden seien.
Bei der Kontrolle sei auch ein weiterer Ausländer angetroffen worden, für den die MAT/N eine Beschäftigungsbewilligung erhalten habe. Der Beschwerdeführer habe daher bereits Erfahrungen mit der Anstellung ausländischer Arbeitskräfte gehabt. Auch wenn er - wie in der Berufung ausgeführt - der Ansicht gewesen sein sollte, die Montagearbeiten seien im Zusammenhang mit einer Maschinenmiete erfolgt, so sei nicht einzusehen, weshalb er trotz seiner verantwortlichen Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer der MAT/N nicht durch eine Anfrage beim zuständigen Arbeitsamt vor Beginn des Beschäftigungsverhältnisses abgeklärt habe, ob die vorliegenden Beschäftigungsverhältnisse tatsächlich vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommen seien. In seiner Stellungnahme vom 23. April 1991 habe das Landesarbeitsamt Burgenland darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer im Verlaufe mehrerer Anzeigen, Überprüfungen und Aussprachen über die Bestimmungen des AuslBG (unter anderem auch über Montagearbeiten durch Ausländer in Österreich) eingehend informiert worden sei. Sofern es sich dabei nicht ohnehin um reine Schutzbehauptungen handle, könne dem Beschwerdeführer ein entschuldigender Rechtsirrtum nicht zugute kommen: Der Beschwerdeführer hätte sich vor Beginn der Arbeiten mit den einschlägigen Bestimmungen des AuslBG ausreichend vertraut machen müssen; andererseits hätte er auf Grund der Auskünfte des Arbeitsamtes wissen müssen, daß die vier übrigen Ausländer illegal beschäftigt worden seien. Die Entscheidung der Behörde erster Instanz sei daher (im Ergebnis) zu Recht erfolgt. Die Spruchkorrektur habe zwecks Konkretisierung, daß dem Beschwerdeführer insgesamt vier Übertretungen des AuslBG vorgehalten würden, sowie zur Richtigstellung der verletzten Gesetzesvorschrift und Anpassung an deren Wortlaut vorgenommen werden müssen. Im übrigen begründete die belangte Behörde auch das Herabsetzen der Strafe näher.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 18 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung.
Nach § 18 Abs. 3 AuslBG ist für Ausländer nach Abs. 1, die bei
a) Montagearbeiten und Reparaturen im Zusammenhang mit Lieferungen von Anlagen und Maschinen an einen Betrieb oder
b) für die Inbetriebnahme solcher Anlagen von Maschinen nötigen Arbeiten, die von inländischen Arbeitskräften nicht erbracht werden können,
beschäftigt werden, eine Beschäftigungsbewilligung nicht erforderlich, wenn diese Arbeiten nicht länger als drei Monate dauern. Die Beschäftigung ist vom Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, spätestens am Tage der Arbeitsaufnahme dem zuständigen Arbeitsamt unter Angabe der voraussichtlichen Dauer anzuzeigen.
Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b AuslBG in der auf Grund der Tatzeit anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 450/1990, lauten (auszugsweise):
"(1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen
1. wer
a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den
weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, oder
b) entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung (§ 18 Abs. 1, 4 und 7) erteilt wurde ... bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern, für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 5.000 S bis zu 60.000 S im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 10.000 S bis zu 120.000 S ..."
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die belangte Behörde sei unzulässigerweise vom Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses abgewichen.
Bereits diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu.
Die gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG auch für das Verwaltungsstrafverfahren geltende Berechtigung der Berufungsbehörde, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, schließt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwSlg. 5871/A, 8855/A, 8864/A und 9222/A) nicht auch die Befugnis der Rechtsmittelbehörde ein, dem Beschuldigten eine andere Tat anzulasten als diejenige, die bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen ist (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes voom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0111).
Aus dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ergibt sich, daß die Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer zur Last gelegt hat, er habe "es als zur Vertretung nach außen berufenes und verantwortliches Organ der Fa. MAT Austria in N zu verantworten, daß zumindest am 7.11.1990 auf der Baustelle in Wien 9. vom ungarischen Vertragspartner Fa. MAT Hungaria die vier Ausländer ... beschäftigt wurden, obwohl für diese Ausländer vom Arbeitsamt weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch ein Befreiungsschein ausgestellt worden ist." Unter den im Spruch genannten verletzten Rechtsvorschriften wird (folgerichtig) ausdrücklich auch § 18 Abs. 1 AuslBG genannt. In der Begründung setzt sich die Behörde erster Instanz mit der Verantwortung des Beschwerdeführers (Anwendbarkeit des § 18 Abs. 3 AuslBG) auseinander und erklärt diese Bestimmung im Beschwerdefall für nicht anwendbar. Daraus leitet der Verwaltungsgerichtshof ab, daß die Behörde erster Instanz eindeutig und unmißverständlich dem Beschwerdeführer (als handelsrechtlichem Geschäftsführer der MAT/N) die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer DURCH eine ausländische Firma (MAT/S) ohne Vorliegen der hiefür (nach § 18 Abs. 1 AuslBG) erforderlichen Beschäftigungsbewilligung bzw. ohne einen Befreiungsschein zur Last gelegt und diese Tat dem § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG unterstellt hat.
Die Subsumtion dieses zur Last gelegten Verhaltens unter § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG ist zwar rechtlich verfehlt, zumal nur § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b den rechtswidrigen Einsatz betriebsentsandter Ausländer (§ 18 AuslBG) als Tatbestandsvoraussetzung kennt (zur Abgrenzung zwischen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a und lit. b AuslBG siehe die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes z.B. die Erkenntnisse vom 1. März 1989, Zl. 88/09/0121; vom 15. Dezember 1989, Zl. 89/09/0108; vom 13. Dezember 1990, Zl. 90/09/0074; vom 6. Juni 1991, Zlen. 90/09/0183, 91/09/0020; vom 26. September 1991, Zl. 91/09/0080; vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0062; vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0188; vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0245; vom 22. April 1993, Zlen. 92/09/0347, 0349). Auf Grund einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung kann die von der Behörde tatsächlich zur Last gelegte und eindeutig umschriebene Tat nicht berichtigend ausgelegt werden. Allerdings hätte die belangte Behörde - sofern sie vom Zutreffen der von der Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat überzeugt gewesen wäre - aus Anlaß der (vollen) Berufung des Beschwerdeführers den Subsumtionsirrtum der Behörde erster Instanz korrigieren müssen, ohne dabei den Gegenstand des Berufungsverfahrens zu überschreiten (vgl. dazu z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juni 1991, Zlen. 90/09/0183, 91/09/0020, sowie vom 19. Februar 1993, Zl. 92/09/0206).
Die belangte Behörde hat jedoch stattdessen - wie der von ihr neu gefaßte Spruch (siehe oben) zeigt - dem Beschwerdeführer (als handelsrechtlichem Geschäftsführer der MAT/N) die Beschäftigung von Ausländern (im Inland) zur Last gelegt, jeden Bezug zur MAT/S und damit auch die Stellung der Ausländer als betriebsentsandte Ausländer (im Sinne des § 18 AuslBG) im Spruch entfallen lassen und (von diesem Tatvorwurf ausgehend folgerichtig) diese Tat dem § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG unterstellt. Auch aus der Begründung ergibt sich klar und unmißverständlich, daß die belangte Behörde wegen bestimmter von der MAT/N an die Ausländer zu leistenden Direktzahlungen von der Arbeitgebereigenschaft der MAT/N (arg.: ... "die ausländischen Arbeitnehmer auch mit der MAT N in einem direkten Beschäftigungs- und somit Abhängigkeitsverhältnis standen.") ausgegangen ist.
Damit hat aber die belangte Behörde die von der Behörde erster Instanz als erwiesen angenommene Tat ausgewechselt und damit eine Befugnis für sich in Anspruch genommen, die durch den Wortlaut des § 66 Abs. 4 AVG nicht mehr gedeckt ist und den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, was zu seiner Aufhebung nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu führen hatte (vgl. zu einer ähnlichen Fallkonstellation betreffend § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b AuslBG das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0111). Auf das weitere Beschwerdevorgehen (insbesondere das Zutreffen der Annahme der Arbeitgebereigenschaft der MAT/N sowie Fragen der Auslegung des § 18 Abs. 3 AuslBG) war daher nicht einzugehen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Berufungsverfahren Befugnisse der Berufungsbehörde hinsichtlich Tatbestand und Subsumtion Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte Parteistellung VerfahrensbestimmungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992090360.X00Im RIS seit
20.11.2000