TE Vwgh Beschluss 1993/5/25 93/07/0056

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Veröffentlicht am 25.05.1993
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Index

L66502 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Kärnten;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AVG §8;
FlVfGG §20 Abs3;
FlVfGG §37;
FlVfLG Krnt 1979 §52 Abs5;
FlVfLG Krnt 1979 §65 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §82 Abs1;
FlVfLG Krnt 1979 §82;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Aumayr, über die Beschwerde des M in R, BRD, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen das Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 14. Dezember 1992, Zl. Agrar 11-226/5/92, betreffend Minderheitenbeschwerde gegen einen Vollversammlungsbeschluß der Agrargemeinschaft "G", den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Am 29. März 1976 stellte der Beschwerdeführer bei der Agrarbezirksbehörde Villach (im folgenden: AB) den Antrag auf Sonderteilung mit dem Ersuchen, nach Feststellung des Teilungsgebietes und seiner Anteilsrechte den Abschluß eines Vergleiches über die auf ihn und die verbleibende Gemeinschaft entfallenden Teilflächen und über die anderen offenen Fragen zu versuchen und allenfalls den Vergleich zu genehmigen sowie zu beurkunden, wobei der Beschwerdeführer für den Fall, daß ein genehmigungsfähiger Vergleich nicht zustandekommen sollte, den Antrag stellte, das Verfahren nach den Bestimmungen über das Einzelteilungsverfahren sinngemäß durchzuführen.

Nachdem in den darauffolgenden zwölf Jahren vom Beschwerdeführer weitere Schriftsätze erstattet, von der AB mehrere Verhandlungen durchgeführt und innerhalb der Agrargemeinschaft Einigungsversuche unternommen worden waren, kam es am 8. Dezember 1988 in der Jahreshauptversammlung der Agrargemeinschaft unter Tagesordnungspunkt 3) "Beschlußfassung über eine Vereinbarung betreffend die Sonderteilung Agrargemeinschaft G. - (Beschwerdeführer)" zu einer Abstimmung, nach deren Ergebnis der Antrag auf Abschluß einer Sonderteilungsvereinbarung der Agrargemeinschaft mit dem Beschwerdeführer auf der Basis eines schriftlich vorliegenden Vertragstextes im Verhältnis von 1696:1509 Anteilsstimmen mehrheitlich akzeptiert wurde.

Gegen diesen Beschluß der Jahreshauptversammlung erhoben mehrere Mitglieder der Agrargemeinschaft Minderheitenbeschwerde. Der Beschwerde einiger dieser Mitglieder gab die AB dahin Folge, daß "der Tagesordnungspunkt 3), betreffend die Sonderteilung Agrargemeinschaft G. - (Beschwerdeführer) ersatzlos behoben" wurde. Die AB begründete ihren Bescheid damit, daß es an einem das Sonderteilungsverfahren einleitenden Bescheid fehle, der Abschluß eines Übereinkommens zwischen dem Beschwerdeführer und der Agrargemeinschaft aber nur im Rahmen und nicht außerhalb eines Sonderteilungsverfahrens möglich sei; zudem seien beim Abstimmungsvorgang Organisationsvorschriften der Agrargemeinschaft verletzt worden.

Gegen diesen Bescheid beriefen sowohl die Agrargemeinschaft als auch der Beschwerdeführer. Die belangte Behörde wies mit dem an die Berufungswerber - allerdings nicht an die erfolgreichen Minderheitenbeschwerdeführer - ergangenen, nunmehr angefochtenen Erkenntnis die Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950 als unbegründet ab, wobei sie den Spruch des vor ihr bekämpften Bescheides der AB im Sinne einer Behebung des unter Tagesordnungspunkt 3) gefaßten Beschlusses der Vollversammlung der Agrargemeinschaft verstand.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, es aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; der Beschwerdeführer erachtet sich im gesetzlich gewährleisteten Recht auf fehlerfreie Ausübung des Aufsichtsrechtes durch die Agrarbehörde und in seinem Recht darauf verletzt, daß von der Agrarbehörde ein Vergleich zwischen der Agrargemeinschaft und einem Mitglied über die Einzelteilung durch Ausscheidung eines Mitgliedes nicht deswegen aufgehoben werde, weil kein Bescheid über die Einleitung des Einzelteilungsverfahrens erlassen worden sei.

Dem Beschwerdeführer fehlt die Berechtigung zur Beschwerdeerhebung.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Maßgebend für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist damit die Frage, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den angefochtenen Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - in einem subjektiven Recht überhaupt verletzt sein kann (vgl. den hg. Beschluß vom 18. Februar 1992, 92/07/0009, mit weiteren Nachweisen). Die Möglichkeit der Verletzung subjektiver Rechte eines Beschwerdeführers scheidet aus, wenn es für seine Rechtsstellung keinen Unterschied macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. den hg. Beschluß vom 26. Jänner 1993, 92/07/0209, mit weiteren Judikaturnachweisen, ebenso die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 413, wiedergegebene

hg. Judikatur). Dieses Prozeßhindernis trifft den Beschwerdeführer auf Grund folgender Erwägungen:

Die Bestimmung des § 82 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 - FLG 1979 hat folgenden Wortlaut:

"(1) Soll die Einzelteilung lediglich durch Ausscheidung einzelner Mitglieder der Agrargemeinschaft unter Aufrechterhaltung der Gemeinschaft zwischen den übrigen Mitgliedern erfolgen, so ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 66 nach Feststellung der Parteien, des Teilungsgebietes und erforderlichenfalls der Anteilsrechte zunächst der Abschluß eines Vergleiches über die auf die einzelnen ausscheidenden Mitglieder und auf die verbleibende Gemeinschaft entfallenden Teilflächen und über die anderen zwischen ihnen schwebenden und etwa mit sonstigen Beteiligten zu regelnden Fragen zu versuchen. Kommt ein solcher Vergleich zustande und besteht gegen diesen, vom allgemein volkswirtschaftlichen oder besonderen land- oder forstwirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen kein Bedenken, so ist der Vergleich zu genehmigen und zu beurkunden.

(2) Kommt ein genehmigungsfähiger Vergleich nicht zustande, so ist das Verfahren nach den Bestimmungen über das Einzelteilungsverfahren sinngemäß durchzuführen."

Nach § 52 Abs. 5 FLG 1979 ist die Einzelteilung die Auflösung der Agrargemeinschaft durch Umwandlung der Anteilsrechte in Einzeleigentum (Einzelteilung im engeren Sinne) oder die Ausscheidung einzelner Mitglieder der Agrargemeinschaft unter Aufrechterhaltung der Gemeinschaft zwischen den übrigen Mitgliedern (Sonderteilung). Die mit "B) Einzelteilung" überschriebenen Bestimmungen der §§ 65 - 84 des FLG 1979 sind demnach in der Weise unterteilt, daß die Vorschriften der §§ 65 - 81 unter der gesetzlichen Überschrift

"a) Einzelteilung durch Auflösung der Agrargemeinschaft und Umwandlung der Anteilsrechte in Einzeleigentum" stehen, während sich vor den §§ 82 - 84 FLG 1979 als Überschrift die Einzelteilung durch Ausscheidung einzelner Mitglieder der Agrargemeinschaft unter Aufrechterhaltung der Gemeinschaft zwischen den übrigen Mitgliedern (Sonderteilung) findet (die Anführung des Buchstabens "B)" vor dieser Überschrift an Stelle des Buchstabens "b)" ist ein als solches erkennbares Redaktions- oder Druckversehen).

Während die Bestimmungen der §§ 82 - 84 FLG 1979 über die Parteien dieses Verfahrens nichts enthalten, regelt die an die Spitze der Bestimmungen über die Einzelteilung durch Auflösung der Agrargemeinschaft und Umwandlung der Anteilsrechte in Einzeleigentum gestellte Norm des § 65 FLG 1979 in ihrem zweiten Absatz die Parteistellung im Einzelteilungsverfahren wie folgt:

"(2) Im Einzelteilungsverfahren sind Parteien:

a) Die Miteigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke,

b) jene Nutzungsberechtigten, die ihre Ansprüche auf ihre persönliche oder mit einem Besitz verbundene Zugehörigkeit zu einer agrarischen Gemeinschaft oder auf die Teilnahme an Wechsel- oder Wandelgründen stützen,

c) jene Rechtspersönlichkeiten, die im tatsächlichen Bezug der nach Deckung der Ansprüche der Nutzungsberechtigten verbleibenden Ertragsüberschüsse stehen,

d) jene Rechtspersönlichkeiten, denen ein Anspruch auf Gegenleistungen zusteht, die alle oder einzelne Parteien für die Nutzung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke oder Teile dieser leisten,

e) die Ortsgemeinden, denen ein Anteilsrecht zusteht."

In der an die Spitze der mit der gesetzlichen Überschrift "A) Hauptteilung" versehenen Bestimmungen der §§ 55 - 64 FLG 1979 gestellten Norm des § 55 leg. cit. wird in dessen zweitem Absatz die Parteistellung für das Hauptteilungsverfahren in anderer Weise geregelt.

Die dargestellte Rechtslage führt nach der Auslegungsmethode der systematischen Gesetzesinterpretation für die Beurteilung der Parteistellung im Sonderteilungsverfahren zur Einsicht, daß auch in diesem Verfahren nur jene Personen Parteistellung haben, denen sie die Bestimmung des § 65 Abs. 2 FLG 1979 für die Einzelteilung im engeren Sinne (§ 52 Abs. 5 leg. cit.) einräumt. Da das Gesetz die Sonderteilung nur als Sonder- oder Unterfall der Einzelteilung versteht, kann das Fehlen ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmungen über die Parteistellung in diesem Sonderteilungsverfahren nur dahin verstanden werden, daß dafür das zu gelten habe, was bei der Einzelteilung im engeren Sinne über die Frage der Parteistellung angeordnet wird (vgl. dazu auch das zur ähnlichen Rechtslage nach dem Salzburger Flurverfassungs-Landesgesetz 1973 ergangene hg. Erkenntnis vom 20. April 1993, 92/07/0196). Abgesehen von den im § 65 Abs. 2 lit. b - e des FLG 1979 genannten Rechtssubjekten kommt demnach gemäß § 65 Abs. 2 lit. a leg. cit. Parteistellung auch im Sonderteilungsverfahren nicht der Agrargemeinschaft, sondern den Miteigentümern der agrargemeinschaftlichen Grundstücke zu.

Daraus aber folgt, daß auch unter einem Vergleich im Sinne des § 82 Abs. 1 FLG 1979 nur ein solcher verstanden werden kann, der zwischen dem ausscheidenden Mitglied der Agrargemeinschaft einerseits und jedem einzelnen der die verbleibende Gemeinschaft bildenden Miteigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke andererseits geschlossen wird. Entspricht es doch dem Wesen eines verfahrensbeendenden oder das Verfahren im Sinne des § 82 Abs. 2 FLG 1979 vermeidenden Vergleichs, daß er in der außerbehördlichen Einigung aller jener Rechtssubjekte besteht, denen im verglichenen Verfahren Parteistellung zukommt. Daraus wiederum resultiert die rechtliche Bedeutungslosigkeit eines von der Agrargemeinschaft im Sinne der Bestimmungen des § 82 Abs. 1 FLG 1979 mit dem ausscheidenden Mitglied geschlossenen Vergleichs. Hat die Agrargemeinschaft, wie dargestellt, im Sonderteilungsverfahren keine Parteistellung, dann vermag ein rechtsgeschäftliches Handeln dieses Rechtssubjektes den Abschluß eines Vergleiches im Sinne des § 82 Abs. 1 FLG 1979 nicht zu bewirken.

Bezogen auf den Beschwerdefall bedeutet dies, daß die mit Minderheitenbeschwerden bekämpfte Beschlußfassung der Vollversammlung der Agrargemeinschaft unter dem Gesichtspunkt der vom Beschwerdeführer daraus abgeleiteten Rechte ins Leere gegangen war, weil die Agrargemeinschaft zum Abschluß der mehrheitlich beschlossenen Vereinbarung rechtlich gar nicht befähigt war. Konnte der Beschwerdeführer aber aus dem Vollversammlungsbeschluß Rechte demnach ohnehin nicht ableiten, dann erfuhr seine Rechtsstellung durch die aufsichtsbehördliche Behebung dieses Beschlusses keine Veränderung. Da die Erreichung des in der Beschwerde angestrebten Verfahrenszieles für die Rechtsposition des Beschwerdeführers damit ohne objektiven Nutzen bliebe, der Verwaltungsgerichtshof aber zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist (vgl. den bereits zitierten hg. Beschluß vom 26. Jänner 1993, 92/07/0209), war die Beschwerde schon deswegen aus dem Grunde des Fehlens der Berechtigung des Beschwerdeführers zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen. Damit erübrigte es sich, zur Behebung des im Fehlen der im § 28 Abs. 1 Z. 7 VwGG erforderten Angaben gelegenen Mangels einen Auftrag im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG zu erlassen.

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993070056.X00

Im RIS seit

24.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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