TE Vwgh Erkenntnis 1993/5/25 90/04/0223

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.05.1993
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §13 Abs3;
AVG §37;
AVG §63 Abs1;
AVG §9;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1) der E,

2) des J und 3) des O, alle in N und vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 5. Juni 1990, Zl. 312.929/1-III-3/90, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: Y-Ges.m.b.H. in N, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in X), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 5. Juni 1990 wurde der Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 26. Jänner 1990 "behoben und die im Namen der "Bürgerinitiative der M-Siedlung und deren Anrainer" erhobene Berufung der E im Grunde des § 9 AVG 1950 zurückgewiesen".

Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Bescheid vom 20. Dezember 1988 habe die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen für die Änderung der Betriebsanlage (Beton- und Baustoffwerk) der mitbeteiligten Partei durch Errichtung und Betrieb einer stationären Steinfertigungsanlage mit Trocknungshalle und Errichtung einer zentralen Betonmischanlage im näher bezeichneten Standort die gewerbebehördliche Genehmigung unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt. Für den Betrieb der zentralen Betonmischanlage sei unter Vorbehalt einer Betriebsbewilligung die Durchführung eines Probebetriebes für die Dauer eines Jahres zugelassen worden. Gegen diesen Bescheid habe E im Namen der "Bürgerinitiative der M-Siedlung und deren Anrainer" an den Landeshauptmann von Niederösterreich Berufung erhoben, der mit Bescheid vom 26. Jänner 1990 der Berufung keine Folge gegeben habe. Dagegen hätten "J und Genossen, vertreten durch E" berufen.

Nach Wiedergabe der §§ 8 und 9 AVG heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides sodann weiters, zur Geltendmachung von Parteienrechten und damit auch des Berufungsrechtes sei nur derjenige berechtigt, der von der Rechtsordnung als Rechtssubjekt anerkannt werde. Einer Bürgerinitiative komme weder die Eigenschaft einer physischen noch einer juristischen Person zu; ihr fehle somit die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Im gegenständlichen Verfahren sei die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ausschließlich im Namen der "Bürgerinitiative der M-Siedlung und deren Anrainer" erhoben worden. Dieser Gemeinschaft fehle jedoch aus den dargelegten Gründen die Rechtsfähigkeit und es stehe ihr aus diesem Grund ein Berufungsrecht nicht zu. Könne eine Berufung einem bestimmten Rechtssubjekt nicht zugeordnet werden, so sei dieser Mangel nicht gemäß § 13 Abs. 3 AVG sanierbar. Die über Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 31. Jänner 1989 mit Schreiben der E vom 7. Februar 1989 nach Ablauf der Berufungsfrist, die für die Nachbarn am 25. Jänner 1989 geendet habe, vorgelegten Vollmachten einer Reihe von Nachbarn hätten daher an der Unzulässigkeit der Berufung nichts ändern können. Werde gegen einen Bescheid ausschließlich eine unzulässige Berufung erhoben, dann sei diese zurückzuweisen. Mangels Vorliegens einer zulässigen Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid, sei die Gewerbebehörde zweiter Instanz daher nicht berechtigt gewesen, in der Sache zu entscheiden und es fehle dem zweitinstanzlichen Bescheid die Rechtsgrundlage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - gleich wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Sachentscheidung verletzt. Sie bringen hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, den Ausführungen der belangten Behörde könne insoweit nicht entgegengetreten werden, als einer Bürgerinitiative unzweifelhaft keine Parteistellung zukomme, weil es ihr an Rechtssubjektivität mangle. Im übrigen könne den Ausführungen der belangten Behörde jedoch nicht gefolgt werden. Der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen bzw. dem zuständigen Organwalter Dr. H seien die Beschwerdeführer namentlich und persönlich seit Jahren als Anrainer der mitbeteiligten Partei bekannt. Der Behörde sei auch bekannt, daß diese Anrainer in verschiedenen gewerberechtlichen Verfahren Parteistellung hätten, und sie gegen diverse Ansuchen auf Genehmigung bzw. Änderung von Betriebsanlagen der mitbeteiligten Partei mit Einwendungen und Rechtsmitteln reagiert hätten. Der Behörde sei ebenso bekannt, daß diese Anrainer vielfach als "Bürgerinitiative der M-Siedlung und der Anrainer" aufträten. Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen habe genau gewußt, daß hinter der Berufungswerberin "Bürgerinitiative der M-Siedlung und deren Anrainer" vor allem die Erstbeschwerdeführerin und jene Personen stünden, an die der Bescheid erster Instanz persönlich zugestellt worden sei. Auf Grund dieser Kenntnis und mit vollem Wissen, daß eine Bürgerinitiative mangels Rechtssubjektivität keine Berufungsmöglichkeit habe, sei die Erstbeschwerdeführerin als Vertreterin dieser Bürgerinitiative aufgefordert worden, Vollmachten vorzulegen. Diesem Auftrag sei die Erstbeschwerdeführerin nachgekommen. Sie habe u.a. auch für die Zweit- und Drittbeschwerdeführer Vollmachten gelegt. Durch die Vorlage der Vollmachten sei für die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen auch geklärt worden, wer nun tatsächlich als Berufungswerber auftrete. Auf Grund dieser Umstände habe die Behörde zweiter Instanz über die Berufung der Beschwerdeführer meritorisch entschieden und es sei davon auszugehen, daß die Erstbeschwerdeführerin im eigenen Namen sowie die Zweit- und Drittbeschwerdeführer, jeweils vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, berufen hätten. Die Zustellung dieses Bescheides sei deshalb nur an die Erstbeschwerdeführerin erfolgt. Rechtlich sei die Vorgangsweise der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen dahingehend zu werten, daß gemäß § 10 Abs. 2 i.V.m. § 13 Abs. 3 AVG ein Mängelbehebungsverfahren eingeleitet worden sei. In diesem Zwischenverfahren sei dem Gesetz entsprechend abgeklärt worden, für wen die Erstbeschwerdeführerin tatsächlich einschreite und es sei der schriftliche Nachweis der erteilten Vollmachten beigebracht worden und aktenkundig. Da sohin durch die Vorlage der Vollmachten konkretisiert worden sei, wer tatsächlich als Berufungswerber auftrete, sei das Verfahren von der Behörde zweiter Instanz fortgesetzt, und es sei zu Recht davon ausgegangen worden, daß über diese Berufung eine meritorische Entscheidung zu fällen sei. Aus diesen Erwägungen wäre die belangte Behörde von Rechts wegen verpflichtet gewesen, sich mit der Berufung der Beschwerdeführer vom 20. Februar 1990 meritorisch auseinanderzusetzen und ihr entweder im Umfang ihres Antrages stattzugeben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben oder die Berufung abzuweisen und den angefochtenen Bescheid zu bestätigen. Der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen sei ebenso bekannt, daß die Erstbeschwerdeführerin häufig im Namen und im Auftrag der anderen Anrainer ihre eigenen und deren Interessen vertrete. Die Erstbeschwerdeführerin habe gegen die beantragte Änderung der Betriebsanlage schriftlich Einwendungen erhoben und sich aktiv an der gewerberechtlichen Verhandlung beteiligt. Sie habe im Namen der "Bürgerinitiative" die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid gezeichnet. Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen und die Behörde zweiter Instanz hätten sohin zu Recht davon auszugehen gehabt, daß die Erstbeschwerdeführerin selbstverständlich auch im eigenen Namen berufen habe. Folge man der Begründung der belangten Behörde, so vermöchten deren Argumente für die Zweit- und Drittbeschwerdeführer und die anderen Anrainer gelten, nicht jedoch für die Erstbeschwerdeführerin, weil diese im erstinstanzlichen Verfahren als Partei aufgetreten sei und mit ihrem vollen Namen und unter Angabe ihrer privaten Anschrift diese Berufung eingebracht habe. Die belangte Behörde übersehe auch, daß der Begriff "Bürgerinitiative" der Rechtsordnung fremd und nicht per se juristisch determinierbar sei. Jemand, der im Unterschied zu den Behörden erster und zweiter Instanz über keine lokalen Kenntnisse verfüge, müßte sich die Frage stellen, wer hinter dieser "Bürgerinitiative" stehe, bzw. welche Person bzw. Personen unter dieser Bezeichnung aufträten. Es wäre ohne weiteres denkbar, daß sich die Erstbeschwerdeführerin in der Öffentlichkeit als "Bürgerinitiative" bezeichne, um den Eindruck zu erwecken, daß verschiedene Personen ihre Forderungen und Anliegen unterstützten, sie jedoch tatsächlich einziges "Mitglied" dieser "Bürgerinitiative" sei. Dem Vertreter der Beschwerdeführer seien solche Fälle nicht unbekannt. Denkbar wäre auch, daß die Erstbeschwerdeführerin zwar die einzige Person sei, die im gegenständlichen gewerberechtlichen Verfahren Parteistellung beanspruchen könne, allerdings von anderen Personen unterstützt werde und sich diese Gruppe als Bürgerinitiative bezeichne. Diese Beispiele würden aufzeigen, daß verschiedene Varianten denkbar seien und damit Zweifel an der Identität der Beschwerdeführerin "Bürgerinitiative der M-Siedlung und Anrainer, vertreten durch E", bestehen müßten. In diesem Zusammenhang werde auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1983, Zl. 82/04/0086 (Slg. N.F. Nr. 11.210/A), verwiesen, in der der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen habe, daß eine Berufung als im Namen des Geschäftsführers eingebracht anzusehen sei, wenn es dieser unterlasse, darauf hinzuweisen, daß er in Vertretung der Gesellschaft (einer juristischen Person) gehandelt habe. Wenn nun eine Person wie die Erstbeschwerdeführerin, die zweifellos Parteistellung im gegenständlichen Verwaltungsverfahren habe und als Partei aufgetreten sei, als "Vertreterin" auftrete, wäre sie im Sinne des § 37 AVG aufzufordern gewesen, anzugeben, ob sie als Vertreterin oder auch als Partei im eigenen Namen berufe. Auch in diesem Umfang habe es die belangte Behörde verabsäumt, ein Ermittlungsverfahren zu führen bzw. Parteiengehör einzuräumen. In seiner Entscheidung vom 5. Juli 1976, Zl. 417/76, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß der Obmann einer Agrargemeinschaft, der nach deren Satzung zur Vertretung nach außen berufen sei, zur Erhebung einer Berufung berechtigt sei. Auch dieser Fall scheine mit dem gegenständlichen vergleichbar, wo die Erstbeschwerdeführerin jedenfalls auch im eigenen Namen berechtigt gewesen sei, zu berufen, und es daher zumindest bei der Erstbeschwerdeführerin nicht mehr darauf ankomme, ob sie im eigenen Namen oder als Vertreterin, sei es nun einer Bürgerinitiative oder einer juristischen Person, berufen habe. Die belangte Behörde hätte sohin zumindest über die Berufung der Erstbeschwerdeführerin meritorisch zu entscheiden gehabt. Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführe, daß dann, wenn eine Berufung einem bestimmten Rechtssubjekt nicht zugeordnet werden könne, dieser Mangel nicht gemäß § 13 Abs. 3 AVG sanierbar wäre, möge dies zutreffen, allerdings übersehe die belangte Behörde dabei, daß die Behörde erster Instanz eben keinen Zweifel an der Identität der Berufungswerber gehabt habe. Die Behörde erster Instanz sei davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführer und die anderen Anrainer als Berufungswerber aufgetreten seien und habe auf Grund ihrer Kenntnisse zu Recht ein Mängelbehebungsverfahren (Fehlen des schriftlichen Nachweises der Bevollmächtigung) eingeleitet. Andererseits wäre die Behörde erster Instanz, wenn sie Zweifel an der Identität der Berufungswerber gehabt hätte, verpflichtet gewesen, wohl nicht gemäß § 13 Abs. 3 AVG, sondern gemäß § 37 AVG sich Klarheit darüber zu verschaffen, wer als Berufungswerber auftrete (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11.625/A, und vom 16. Dezember 1985, Zl. 85/10/0129). Nach Ansicht der Beschwerdeführer habe dies die Behörde erster Instanz jedoch ohnehin durch die Einleitung des Mängelbehebungsverfahrens in hinreichendem Ausmaß gemacht. Zusammenfassend sei der belangten Behörde entgegenzuhalten, daß ihrer Rechtsansicht folgend zwar nicht gemäß § 13 Abs. 3 AVG die zweifelhafte Identität der Berufungswerber zu klären gewesen wäre, wohl aber gemäß § 37 AVG. Da dies unterblieben sei, habe die belangte Behörde das Risiko einer Bescheidaufhebung zu tragen, wenn sie eine Berufung, gestützt auf bestimmte Feststellungen, zurückweise, ohne diese Feststellungen der Partei vor ihrer Entscheidung vorgehalten zu haben (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 16. Juli 1985, Zl. 85/07/0123, vom 19. Juni 1990, Zl. 89/04/0276, und vom 26. Juni 1990, Zl. 89/05/0240). Zu berücksichtigen wäre auch, daß die Beschwerdeführer in allen bisherigen Verfahren, die sie im Zusammenhang mit den Betriebsanlagen und Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei geführt hätten, niemals anwaltlich vertreten gewesen seien. Es könne als erfreuliche Tatsache gewertet werden, daß in den letzten Jahren zahlreiche Menschen in diesem Land begonnen hätten, von ihren Rechten, die ihnen in umweltrelevanten Gesetzen, vor allem in der GewO 1973 und den diversen Bauordnungen eingeräumt würden, Gebrauch zu machen. Diese Personen seien - wie die Beschwerdeführer - im Regelfall rechtsunkundig. Ihren berechtigten Anliegen und ihrem für die gesamte Gesellschaft und unsere Umwelt so wichtigem Engagement im Zusammenhang mit umweltbelastenden und schadstoffemittierenden Unternehmen sollten keine spitzfindigen und formal-juridischen Schranken gesetzt werden. Dieser allgemeine Grundsatz leite sich vor allem aus § 37 AVG ab, der jede Behörde verpflichte, den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen, d.h., die materielle Wahrheit zu erforschen und den Parteien faktisch und tatsächlich die Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Schon auf Grund dieses allgemeinen Grundsatzes wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, vor der Zurückweisung der Berufungen Parteiengehör zu geben. Die Behörden erster und zweiter Instanz hätten in der Frage der Zulässigkeit der Berufung gesetzeskonform und ganz im Sinne des § 37 AVG entschieden.

§ 9 AVG bestimmt, daß die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten von der Behörde - sofern in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist - nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen ist. Damit wird die prozessuale Rechts- und Handlungsfähigkeit an die materiellrechtliche Rechts- und Handlungsfähigkeit geknüpft. Es gilt der Grundsatz, daß die Rechtsfähigkeit, die Parteifähigkeit und die Handlungsfähigkeit die Prozeßfähigkeit begründen (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz 131).

Ausgehend von dieser Rechtslage ging die belangte Behörde zu Recht davon aus - und es wird dies von den Beschwerdeführern auch gar nicht bestritten -, daß der "Bürgerinitiative der M-Siedlung und deren Anrainer" Rechts- und damit gemäß § 9 AVG auch Parteifähigkeit nicht zukam.

Ebenso ist die belangte Behörde im Recht, wenn sie davon ausging, daß die fehlende Rechts- und damit Parteifähigkeit nicht durch ein Mängelbehebungsverfahren im Sinne des § 13 AVG beseitigt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11.625/A).

Ausgehend von der Überlegung, daß die Berufung einer Gemeinschaft, die selbst keine Rechtspersönlichkeit besitzt, nicht dadurch "saniert" werden kann, daß (nach Ablauf der Rechtsmittelfrist) ein Austausch der "Nichtperson" durch andere, mit ihr bloß durch einen Überbegriff verbundenen, an ihre Stelle tretenden Personen stattfindet (vgl. hiezu sinngemäß den hg. Beschluß vom 17. Juli 1990, Zl. 90/07/0096), ist im Beschwerdefall entscheidend, ob die belangte Behörde (zweifelsfrei) davon ausgehen durfte, daß die in Frage stehende Berufung der keine Rechtspersönlichkeit zukommenden "Bürgerinitiative der M-Siedlung und deren Anrainer" zuzurechnen ist, oder ob - worauf das Beschwerdevorbringen in seinem Kern abstellt - ein Zweifelsfall vorliegt, in dem die Behörde im Grunde des § 37 AVG verpflichtet ist, sich darüber Klarheit zu verschaffen, wer Rechtsmittelwerber ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11.625/A).

Auf dem Boden des Grundsatzes, daß es bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten (wie etwa einer Berufung) unzulässig ist, entgegen dem ERKLÄRTEN Willen der Partei ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar erschlossen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1980, Slg. N.F. Nr. 10.179/A), vermag es nicht als rechtswidrig erkannt zu werden, wenn die belangte Behörde davon ausging, die in Frage stehende Berufung sei zweifelsfrei der "Bürgerinitiative der M-Siedlung und deren Anrainer" zuzurechnen. Läßt doch der Wortlaut des Berufungsschriftsatzes (die Berufung wurde von der "Bürgerinitiative der M-Siedlung und deren Anrainer - Bevollmächtigte E" erhoben und es ist diese unterfertigt mit "im Auftrage der Bürgerinitiative E") keinen Zweifel darüber entstehen, in wessen Namen (nämlich der Bürgerinitiative) die Berufung eingebracht wurde. Nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des Berufungsschriftsatzes bietet dieser - entgegen der von den Beschwerdeführern vertretenen Ansicht - auch keinen Anhaltspunkt für die Annahme, die Erstbeschwerdeführerin habe die Berufung (auch) im eigenen Namen eingebracht. Läßt doch der objektiv erkennbare Wortlaut des Berufungsschriftsatzes keinen Zweifel darüber, daß die Erstbeschwerdeführerin lediglich FÜR die bezeichnete Bürgerinitiative einschritt und nicht auch im eigenen Namen.

Im Hinblick auf die Eindeutigkeit des Wortlautes des Berufungsschriftsatzes, in bezug auf die Frage, wem die Prozeßerklärung zuzurechnen ist, vermögen daher auch die in der Beschwerde angestellten Erwägungen, wer "hinter" der bezeichneten Bürgerinitiative stehe bzw. ob diese Personen der Behörde bekannt gewesen seien, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Verfehlt ist es in diesem Zusammenhang auch, wenn die Beschwerdeführer zur Stützung ihres Standpunktes auf das hg. Erkenntnis vom 4. November 1983, Slg. N.F. Nr. 11.210/A, verweisen. Wie die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist, kann zur Stützung des Standpunktes der Beschwerdeführer aus diesem hg. Erkenntnis nichts gewonnen werden. In dem damaligen Beschwerdefall hat nämlich der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß bei einer in der Ich-Form abgefaßten und ohne einen Hinweis auf die Gesellschaft gefertigten Berufung des Geschäftsführers (eben) nicht davon ausgegangen werden kann, daß diese Berufung vom Geschäftsführer in Vertretung der Gesellschaft eingebracht worden wäre; bei diesem Sachverhalt ist die Berufung vielmehr allein dem Geschäftsführer und nicht der Gesellschaft zuzurechnen. Das von den Beschwerdeführern herangezogene hg. Erkenntnis spricht derart gerade gegen die Auffassung der Beschwerde.

Zur Stützung des Standpunktes der Beschwerdeführer vermag aber auch der Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1976, Zl. 417/76, nichts beizutragen, bezog sich dieses Erkenntnis doch allein auf die Rechtsfrage, ob es zur Erhebung einer Berufung durch eine (vom Obmann vertretene) Agrargemeinschaft einer Beschlußfassung des Ausschusses bedurft hätte.

Im Hinblick auf die Eindeutigkeit der Prozeßerklärung vermögen aber auch die weiteren Hinweise auf hg. Erkenntnisse, die Zweifelsfälle über die Person des Rechtsmittelwerbers betrafen, an dem Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Prüfung nichts zu ändern.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde im Rahmen des dargestellten Beschwerdepunktes gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Rechtsfähigkeit ParteifähigkeitSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des EinschreitersHandlungsfähigkeit ProzeßfähigkeitRechtsfähigkeit Parteifähigkeit Gebilde ohne Rechtsfähigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990040223.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

27.07.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten