Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 9. Juni 1992, Zl. 1-044347/16-92, betreffend Anrechnung von Vordienstzeiten nach § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Auwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit dem der Rechtsnatur nach als Bescheid zu wertendem Dekret der belangten Behörde vom 3. April 1989 gemäß §§ 4 und 5 des Gehaltsüberleitungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1947 und § 28 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in Verbindung mit § 2 des Steiermärkischen Landesbeamtengesetzes, LGBl. Nr. 124/1974, mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1989 zum provisorischen Revidenten auf einen Dienstposten der Verwendungsgruppe B, Dienstklasse III, Dienstzweig "Gehobener Baudienst", im Personalstand der Landesbeamten ernannt. Gleichzeitig wurde als Vorrückungsstichtag im Sinne des § 12 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 der 30. April 1981 festgesetzt.
Mit Eingabe vom 10. April 1991, bei der belangten Behörde am 18. April 1991 eingelangt, stellte der Beschwerdeführer den Antrag, seine Vordienstzeiten vom März 1977 bis Dezember 1987 zur Gänze anzuerkennen und begründete diesen Antrag im wesentlichen damit, durch seine Tätigkeiten bei der Firma S in der genannten Zeit sei es ihm möglich gewesen, die im öffentlichen Dienst geforderte Tätigkeit ohne Einarbeitungszeit übergangslos auszuüben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 ab. In der Bescheidbegründung wird festgestellt, der Beschwerdeführer habe in der Zeit vom 3. September 1973 bis 2. März 1977 seine Ausbildung zum Nachrichtenelektroniker bei der Firma S absolviert und die Lehre mit der Lehrabschlußprüfung im März 1977 abgeschlossen. Während seiner Ausbildungszeit habe der Beschwerdeführer die Möglichkeit gehabt, bei der Montage und Inbetriebnahme von Telefonanlagen mitzuwirken. Nach erfolgreichem Abschluß der Lehre sei der Beschwerdeführer entsprechend verwendet und mit der Montage und Inbetriebnahme von Telefon- und Brandmeldeanlagen betraut worden. Nach erfolgreichem Abschluß der zweijährigen Werkmeisterschule für industrielle Elektronik habe der Beschwerdeführer den Aufbaulehrgang für Berufstätige der Höheren Lehranstalt für elektrische Nachrichtentechnik und Elektronik besucht und in dieser Fachrichtung am 1. Juli 1986 die Reifeprüfung abgelegt. Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1988 sei der Beschwerdeführer als Vertragsbediensteter in den Landesdienst aufgenommen worden und seiner Ausbildung entsprechend in den Dienstzweig 2021, Gehobener Baudienst, Entlohnungsschema I, Entlohnungsgruppe b, eingereiht worden. Als Vorrückungsstichtag sei unter Vollanrechnung der Präsenzdienstzeit im Ausmaß von 7 Monaten und 9 Tagen und unter Halbanrechnung aller sonstigen Zeiten (sechs Jahre und zwei Tage) der 30. April 1981 festgestellt worden. Der Beschwerdeführer sei der Fachabteilung IVa zur Dienstleistung zugewiesen und dem haustechnischen Referat als Sachbearbeiter für nachrichtentechnische Anlagen, sowie Stark- und Schwachstromanlagen zugeteilt worden und größtenteils im Außendienst tätig gewesen. Nach erfolgreicher Ablegung der Dienstprüfung für den Gehobenen Baudienst am 14. April 1989 sei mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1989 das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis begründet worden. Hinsichtlich des mit 30. April 1981 festgestellten Vorrückungsstichtages sei anläßlich der Pragmatisierung keine Änderung eingetreten. Als Sachbearbeiter für Kommunikationssysteme und nachrichtentechnische Anlagen habe der Beschwerdeführer folgende Tätigkeiten zu erfüllen:
"Überprüfung der Kommunikationsanlagen
Feststellung von Anlagemängel und Koordinierung von
Serviceeinsätzen
Koordinierung der Planungsarbeiten von Ziviltechnikern Durchführung von Ausschreibungen
Projektleitung während der Ausführungsphase Entscheidung über Einsatz von digitalen Endgeräten Bauaufsicht
Kontrolle über Einrichtung und Veränderung von Telefonnebenstellen"
Sogenannte "sonstige Vordienstzeiten" könnten bei Ermittlung des Vorrückungsstichtages gemäß § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung sei. Von einer so qualifizierten Bedeutung sei die Vortätigkeit dann, wenn der durch sie verursachte Erfolg der Verwendung als Beamter ohne diese Vortätigkeit nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre. Für die Aufnahme des Beschwerdeführers in den Landesdienst sei seine dreieinhalbjährige Ausbildung als Nachrichtenelektroniker bei der Firma S und die erfolgreich abgelegte Reifeprüfung an der Höheren Lehranstalt für elektrische Nachrichtentechnik und Elektronik ausschlaggebend gewesen. Durch die Ausbildung bei der Firma S seien dem Beschwerdeführer die für den Beruf "Nachrichtenelektroniker" notwendigen Fertigkeiten und Kenntnisse entsprechend dem Berufsbild vermittelt worden. Im Zusammenhang mit dieser Ausbildung und durch die erfolgreiche Teilnahme am Aufbaulehrgang für Berufstätige der Höheren Lehranstalt für elektrische Nachrichtentechnik und Elektronik verfüge der Beschwerdeführer über eine berufliche Qualifikation, die ihm unabhängig von seiner eventuellen Praxiszeit, in die Lage versetze, den dienstlichen Anforderungen, die an seinem Arbeitsplatz gestellt würden gerecht zu werden. Durch seine eineinhalbjährige einschlägige Verwendung als Vertragsbediensteter habe er überdies die Möglichkeit, sich über die fachspezifischen Anforderungen hinaus mit den Gegebenheiten im öffentlichen Dienst vertraut zu machen und entsprechende praktische Erfahrung anzueignen. Den Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach seine privaten Dienstzeiten von März 1977 bis Dezember 1987 voll anzurechnen seien, weil er so viele Jahre zurücklegen hätte müssen, um die geforderte Tätigkeit übergangslos auszuüben, könne nicht gefolgt werden. Der Tätigkeit, die der Beschwerdeführer nach seiner Pragmatisierung auszuüben habe, sei eine völlig gleichartige Tätigkeit als Vertragsbediensteter in der Dauer von eineinhalb Jahren unmittelbar vorangegangen. Im Hinblick auf die Art dieser Tätigkeit und ihren Schwierigkeitsgrad einerseits und die dazu in einer eineinhalbjährigen einschlägigen Verwendung gesammelten Erfahrungen andererseits könne ausgeschlossen werden, daß der Erfolg der Verwendung als Beamter ohne die zurücklegende Tätigkeit bei der Firma S nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben gewesen wäre. Abschließend werde darauf hingewiesen, daß der Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers bereits bei seiner Aufnahme in den Landesdienst mit 30. April 1981 festgelegt worden sei. Der Beschwerdeführer habe diesen Vorrückungsstichtag als Vertragsbediensteter zur Kenntnis genommen und keinerlei Einwendungen gegen diese Festsetzung erhoben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäßt § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Im vorliegenden Fall ist über den Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers kein gesonderter Bescheid ergangen, die Feststellung erfolgte vielmehr in dem unter den eingeschränkten Formerfordernissen des § 10 DVG ausgefertigten Ernennungsdekret. Diese Vorgangsweise entsprach zwar nicht dem Gesetz, ändert aber nichts daran, daß dem Abspruch über den Vorrückungsstichtag Bescheidqualität beizumessen ist. Die Rechtskraft dieses Bescheides steht einer neuen Entscheidung der Sache entgegen. Eine Konkretisierung des Tatbestandes des § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 kann zwar nicht vor dem Beginn des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses erfolgen, doch steht im Beschwerdefall unbestritten fest, daß sich eine wesentliche Änderung in der Tätigkeit des Beschwerdeführers nach der Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses nicht ergeben hat, der unter den weiteren Voraussetzungen der positiven Ermessensübung die Erlassung eines neuen Bescheides ermöglichen würde (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 1981, Zl. 383/80, und vom 5. März 1987, Zl. 85/12/0103).
Gemäß § 12 Abs. 9 des Gehaltsgesetzes 1956 ist der Vorrückungsstichtag mit Bescheid festzustellen. Inhalt des Spruches dieses Bescheides bildet einzig und allein die datumsmäßige Festlegung dieses gemäß § 8 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 für die Vorrückung maßgebenden Stichtages. Hingegen sind die einzelnen vor dem Anstellungstag liegenden Zeiträume, mögen sie nun gemäß § 12 Abs. 1 lit. b des Gehaltsgesetzes 1956 zur Hälfte oder nach Abs. 2 oder 3 dieser Gesetzesbestimmung zur Gänze berücksichtigt werden, nur Bemessungselemente und keine rechtlich selbständigen Absprüche. Demnach schließt es die Rechtskraft eines Bescheides über den Vorrückungsstichtag grundsätzlich aus, daß nachträglich eine bisher nur zur Hälfte dem Anstellungstag vorangesetzte Zeit in Anwendung des § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 zur Gänze berücksichtigt wird. Daß mit einer solchen Maßnahme in die rechtskräfige Entscheidung eingegriffen würde, ergibt sich schon daraus, daß sie nicht selbständig bestehen, sondern nur durch entsprechende Änderung des Vorrückungsstichtages Wirksamkeit erlangen könnte. Die Dienstbehörde hat daher einen nach rechtskräftiger Feststellung des Vorrückungsstichtages gestellten Antrag auf Vollanrechnung einer bisher nur zur Hälfte berücksichtigten Zeit mit Rücksicht darauf, daß ein solcher Antrag auf Abänderung eines rechtskräftig gewordenen Bescheides hinausläuft gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, sofern er nicht zum Anlaß für eine aufsichtsbehördliche Maßnahme genommen wird (vgl. auch Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1985, Zl. 85/12/0049, Slg. N.F. Nr. 11.709/A, und vom 30. Mai 1988, Zl. 87/12/0105).
Mit dem angefochtenen Bescheid hat nun die belangte Behörde zwar das Ansuchen des Beschwerdeführers, betreffend Vollanrechnung von Vordienstzeiten, gemäß § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 abgewiesen, doch konnte der Beschwerdeführer durch diese unrichtige Anwendung des Gesetzes nicht in seinen Rechten verletzt werden. Daß die belangte Behörde diesen Antrag nicht zurückgewiesen, sondern nach meritorischer Prüfung abgewiesen hat, konnte nicht die Wirkung haben, die mit dem seinerzeitigen Bescheid erfolgte Feststellung des Vorrückungsstichtages, bei der die Vordienstzeit nur zur Hälfte angerechnet worden war, in ihrer Rechtskraft zu berühren (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1985, Zl. 85/12/0049, Slg. N.F. Nr. 11.709/A, und vom 21. September 1987, Zl. 86/12/0093).
Die Beschwerde mußte daher als unbegründet abgewiesen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 im geringeren von der belangten Behörde geltend gemachten Ausmaß.
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des BescheidcharaktersInhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungZurückweisung wegen entschiedener SacheRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeRechtskraft Besondere Rechtsgebiete DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992120144.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
20.01.2011