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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Leukauf, Dr. Sauberer, Dr. Kremla und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde der C in H, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 3. März 1992, Zl. 9/01-99/539/4-1992, betreffend eine Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 6. März 1991, ergänzt über Aufforderung der Behörde erster Instanz im Juni 1991, beantragte die Beschwerdeführerin eine "Ausnahmegenehmigung vom allgemeinen Altstadtfahrverbot für den Bereich X-Gasse", da sie durch die Anbringung eines Verkehrsschrankens in der Zufahrt zu ihrem Wohnsitz in der X-Gasse behindert werde. Sie führte aus, daß sie die Möglichkeit zur Einfahrt zu einem vor ihrer Wohnung gelegenen Hof habe und daher ihr Kfz nicht in der X-Gasse abstellen müsse. Auf Grund der in der Altstadt gegebenen Parksituation sei es ihr unmöglich, ihr Kfz ohne erhebliche Kosten in halbwegs akzeptabler Nähe zu ihrem Wohnsitz abzustellen. Neben diesem wirtschaftlichen Interesse an der beantragten Ausnahme habe sie auch ein erhebliches persönliches Interesse daran, schwere Einkaufstaschen, aber auch ihre Kinder nicht über lange Wegstrecken zu ihrer Wohnung tragen zu müssen.
Vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg wurde mit Bescheid vom 5. August 1991 dem Antrag der Beschwerdeführerin mit der Begründung nicht stattgegeben, daß u.a. die Erzdiözese Salzburg, die Erzabtei St. Peter, das Kloster des Ordens der Franziskaner, die Finanzlandesdirektion Salzburg, das Postamt 5010 Salzburg, die Y-GmbH & Co KG, die Firma G-GmbH sowie die Firma C-GmbH für die Zu- und Abfahrt zu und von den in ihrem Eigentum befindlichen Innenhöfen in der Salzburger Altstadt Ausnahmegenehmigungen entsprechend der Anzahl der vorhandenen Stellplätze erhalten hätten und aus diesem Grund eine weitere Ausnahmegenehmigung für die Zu- und Abfahrt zum und vom selben Abstellplatz nicht erteilt werden könne.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung verwies die Beschwerdeführerin darauf, daß sie durch Vorlage ihres Meldezettels sowie weiterer Dokumente ihren Wohnsitz in der X-Gasse nachgewiesen habe. Als Bewohnerin der Salzurger Altstadt habe sie Anspruch darauf, zu ihrem Wohnsitz zufahren zu können.
Im Berufungsverfahren erhob die belangte Behörde über das Gemeindeamt H, daß die Beschwerdeführerin seit 13. Februar 1987 in H mit ordentlichem Wohnsitz gemeldet, dort in der Wählerevidenz eingetragen und unter dieser Adresse auch regelmäßig wohnhaft sei. Dieses Ermittlungsergebnis wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 5. Dezember 1991 zur Kenntnis gebracht und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Mit ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 27. Dezember 1991 gab die Beschwerdeführerin erstmals an, es treffe zu, daß sie einen Wohnsitz in H habe und daß dieser auch durch ihre Verehelichung der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen und ihr Hauptaufenthaltsort sei. Dies ändere aber nichts daran, daß sie nach wie vor auch in der X-Gasse wohnhaft sei und zu dieser Wohnung (zwei- bis dreimal wöchentlich) zufahren müsse, insbesondere auch, um die Versorgung ihrer bedürftigen Mutter sicherzustellen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 3. März 1992 wurde der Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid im Ergebnis bestätigt. Die belangte Behörde argumentierte dahingehend, daß zwar die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht zutreffend sei, die beantragte Ausnahmebewilligung aber dennoch nicht erteilt werden könne. Die durch die belangte Behörde durchgeführten ergänzenden Ermittlungen hätten nämlich ergeben, daß die Beschwerdeführerin nicht nur in der X-Gasse, sondern auch in H mit ordentlichem Wohnsitz gemeldet sei, wobei der Wohnsitz in H nach eigenen Angaben der Beschwerdeführerin ihr Hauptaufenthaltsort sei. Nach Ansicht der belangten Behörde begründe der Umstand, innerhalb des Fahrverbotbereiches mit einem (Zweit)Wohnsitz gemeldet zu sein, noch kein erhebliches persönliches Interesse im Sinne des § 45 Abs. 2 StVO, sondern setze dieses grundsätzlich den ständigen regelmäßigen Aufenthalt an diesem Wohnsitz voraus, wenn nicht zusätzlich andere in der Person des Antragstellers gelegene Gründe vorliegen. Da dies nicht der Fall sei, liege ein erhebliches persönliches Interesse der Beschwerdeführerin im Sinne der zitierten Bestimmung hier nicht vor. Auch wenn ein Abstellplatz in einem Hofbereich zur Verfügung stehe, könne daraus kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung vom Fahrverbot im Sinne des § 45 Abs. 2 StVO abgeleitet werden, zumal dann nicht, wenn auf Grund der verordnungsmäßigen Regelung jedenfalls zu bestimmten Zeiten (werktags Montag bis Samstag 6.00 Uhr bis 10.30 Uhr) die Zufahrt zur Durchführung von Ladetätigkeit erlaubt sei. Auch werde allein durch die Tatsache, daß die im Nahebereich des Zielortes gelegenen Parkplätze gebührenpflichtig seien, noch kein erhebliches wirtschaftliches Interesse für eine Ausnahmebewilligung begründet. Die erforderlichen Einkäufe, die vor allem der Versorgung der Mutter dienten und mit denen der Antrag vor allem begründet werde, könnten bei entsprechender Einteilung auch während der erlaubten Zeiten durchgeführt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten und Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung von derartigen Ausnahmebewilligungen ein strenger Maßstab anzulegen und das Ermittlungsverfahren mit besonderer Sorgfalt durchzuführen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 1977, Zlen. 2215, 2216/76, und vom 20. März 1987, Zl. 87/18/0016). Eine Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO ist daher nur bei Vorliegen von gravierenden, die Person des Antragstellers außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1981, Zl. 03/3212/80). Denn würde die Behörde bei der Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen "erhebliches persönliches oder wirtschaftliches Interesse" einen großzügigen Maßstab anlegen, so würde sie sich im Falle der Stattgebung eines derartigen Antrages für zukünftige Anbringen präjudizieren, wollte sie sich nicht dem Vorwurf der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes aussetzen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1973, Zl. 102/73).
Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, daß sie schon auf Grund der Tatsache, mit ordentlichem Wohnsitz im vom Fahrverbot betroffenen Gebiet gemeldet zu sein, einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 2 StVO habe, ist dem entgegenzuhalten, daß dieser Umstand allein noch nicht ausreicht - wie die belangte Behörde zutreffend ausführte -, um ein erhebliches persönliches Interesse im Sinne der zuvor genannten Bestimmung zu begründen. Da die Behörde im Hinblick auf die schon zitierte Judikatur ihre Ermächtigung zur Erteilung von Ausnahmebewilligung restriktiv zu handhaben hat, hat sie auch in einem solchen Fall durch ein sorgfältig durchgeführtes Ermittlungsverfahren genau zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 StVO gegeben sind. Im Beschwerdefall ergab das in diesem Sinne durchgeführte ergänzende Ermittlungsverfahren der belangten Behörde, daß die Beschwerdeführerin nicht nur über den von ihr behaupteten Wohnsitz im verkehrsberuhigten Teil der Salzburger Altstadt, sondern auch über einen ordentlichen Wohnsitz in H verfügt, wobei der letztgenannte eigenen Angaben der Beschwerdeführerin zufolge ihren Hauptaufenthaltsort und Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen darstellt.
Die Beschwerdeführerin rügt, daß ihr die belangte Behörde, gestützt auf dieses Erhebungsergebnis, ein erhebliches persönliches Interesse an der beantragten Ausnahme ohne jegliche Begründung abspricht.
Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu.
Die belangte Behörde setzte sich sehr wohl mit der Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach das Verbringen von Lebensmittelvorräten mit ihren Kindern sowie die Sicherstellung der Versorgung ihrer Mutter ohne eine Zufahrtsmöglichkeit zu ihrer Wohnung de facto nicht möglich und unzumutbar sei, auseinander. Wenn sie aber unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Wohnung in der Salzburger Altstadt nicht der ständige Aufenthaltsort der Beschwerdeführerin ist, sondern - wie den Ausführungen der Beschwerdeführerin zu entnehmen ist - die Aufenthalte dort eher Besuchscharakter haben, die Voraussetzungen für die Genehmigung der Ausnahme vom Fahrverbot für nicht gegeben erachtete und die Beschwerdeführerin darauf verwies, daß die Anlieferung der Lebensmittel bei entsprechender Einteilung auch während der Zeit, in der die Zufahrt zur Durchführung von Ladetätigkeiten auf Grund verordnungsmäßiger Regelung erlaubt ist, durchgeführt werden könne, so steht dies im Einklang mit der anfangs angeführten hg. Rechtsprechung. Die Beschwerdeführerin vermochte mit ihren diesbezüglichen Ausführungen die Annahme des Vorliegens eines erheblichen persönlichen Interesses nicht darzutun.
Wenn die Beschwerdeführerin weiters ihr wirtschaftliches Interesse an der Erteilung der Ausnahmegenehmigung damit zu untermauern sucht, daß die dem Fahrverbotsbereich nahe gelegenen Abstellplätze gebührenpflichtige Parkplätze sind, ist sie darauf hinzuweisen, daß durch die Tatsache der Parkraumbewirtschaftung im Nahebereich des Zielortes - wie die belangte Behörde richtig erkannte - noch kein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der beantragten Ausnahmebewilligung begründet wird (vgl. hiezu das schon zitierte hg. Erkenntnis vom 20. März 1987, Zl. 87/18/0016).
Ein in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin behaupteter Verstoß gegen die Bestimmungen des § 58 Abs. 2 AVG ist nicht gegeben, da die belangte Behörde in eindeutiger Weise dargetan hat, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen sie bei der getroffenen Entscheidung ausgegangen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof kann weiters nicht finden, daß die Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig ist. Es liegt demnach auch insoweit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vor.
Die belangte Behörde hat vielmehr in richtiger Anwendung des § 45 Abs. 2 StVO das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Ausnahmebewilligung verneint.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992030109.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
17.12.2010