TE Vwgh Erkenntnis 1993/5/27 93/18/0233

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Veröffentlicht am 27.05.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

ARG 1984 §11 Abs1 Z1;
ARG 1984 §27 Abs1;
ARG 1984 §3 Abs1;
AVG §58 Abs2;
VStG §16 Abs1;
VStG §16;
VStG §19;
VStG §44a Z3;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 4. März 1993, Zl. MA 63-K 18/92/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (der belangten Behörde) vom 4. März 1993 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als "handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der als Arbeitgeber fungierenden K Gesellschaft m.b.H., etabliert in Wien, B-Straße 19, zu verantworten, daß diese Gesellschaft als Arbeitgeber am Sonntag, den 25. März 1990 im L-Markt in S folgende Arbeitnehmer jeweils zumindest acht Stunden mit Tischlerarbeiten beschäftigt hat: Herrn F und Herrn M"; er habe dadurch gegen § 3 Abs. 1 iVm § 27 Abs. 1 des Arbeitsruhegesetzes, BGBl. Nr. 144/1983, (ARG) verstoßen. Über den Beschwerdeführer wurden deshalb gemäß § 27 Abs. 1 ARG Geldstrafen in der Höhe von je S 1.000,-- (zusammen S 2.000,--), im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je einem Tag (zusammen zwei Tage), verhängt.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde hält den Bescheid zunächst deshalb für rechtswidrig, weil im Spruch zwar die Sanktionsnorm für die Verhängung der Geldstrafen, nicht aber auch die Sanktionsnorm für die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafen angeführt worden sei. Es liege daher ein Verstoß gegen § 44a Z. 3 VStG vor.

1.2. Diese Rüge ist verfehlt. Denn unter der "angewendeten Gesetzesbestimmung" i.S. des § 44a Z. 3 VStG ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels (Strafart) und des Strafausmaßes heranzuziehen ist, nicht aber unabhängig davon auch sonstige für die Strafbemessung in Betracht kommende allgemeine Bestimmungen des VStG, wie etwa jene des § 16 leg. cit. in Ansehung der Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1988, Zl. 88/04/0047).

2.1. Rechtswidrigkeit läge auch darin, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, bei Ausmessung der Ersatzfreiheitsstrafen den dafür bestehenden Strafrahmen zu nennen, innerhalb welchen sich diese Strafen bewegen dürfen.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend, besteht doch keine Vorschrift, die es der Strafbehörde zur Pflicht machen würde, in der Begründung für die Bemessung einer Ersatzfreiheitsstrafe den dafür bestehenden Strafrahmen anzuführen. Daß aber im vorliegenden Fall bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe mit je einem Tag das der belangten Behörde hiebei eingeräumte Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes geübt worden sei, wird selbst vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Auch der Gerichtshof hegt insoweit keine Bedenken.

3.1. Der Beschwerdeführer behauptet, vorliegend sei die als erste Instanz eingeschrittene Verwaltungsstrafbehörde (Magistrat Wien) örtlich unzuständig gewesen, weil das ihm vorgeworfene deliktische Verhalten in S gesetzt worden sei. Es liege auch keine Übertragung der Zuständigkeit nach § 29a VStG an die sachlich zuständige Behörde vor, in deren Sprengel der Beschwerdeführer als Beschuldigter seinen Wohnsitz und Aufenthalt habe.

3.2. Dem Beschwerdeführer wurde spruchmäßig zur Last gelegt, nicht dafür Sorge getragen zu haben, daß in Ansehung zweier seiner Arbeitnehmer die Wochenendruhe i.S. des § 3 Abs. 1 ARG eingehalten werde. In derartigen Fällen der Unterlassung gebotener Versorgehandlungen ist als Tatort der Ort der Unternehmensleitung anzusehen (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 14. Mai 1990, Zl. 90/19/0014, m.w.N.). Der im Beschwerdefall unbestrittene Unternehmenssitz ("Wien, B-Straße 19") wurde im Spruch angeführt. Da von jenem als Ort der Begehung i.S. des § 27 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 2 VStG (hier: als Ort, an dem der Beschwerdeführer hätte handeln sollen) auszugehen war, ist mit dem Magistrat der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 13./14. Bezirk) die nach § 27 Abs. 1 VStG zuständige Behörde als Strafbehörde erster Instanz tätig geworden. Dem bekämpften Bescheid haftet demnach auch insoweit Rechtswidrigkeit nicht an.

4.1. Der Beschwerdeführer bestreitet den objektiven Tatbestand der ihm angelasteten Ungehorsamsdelikte damit, daß vorliegend die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Z. 1 ARG Platz gegriffen habe. Ein entsprechendes Vorbringen sei von ihm im Verwaltungsverfahren unter Hinweis auf ein Schreiben der L-Gesellschaft m.b.H. vom 22. Mai 1990 erstattet worden.

4.2. Gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 ARG dürfen während der Wochenend- und Feiertagsruhe Arbeitnehmer in außergewöhnlichen Fällen mit vorübergehenden und unaufschiebbaren Arbeiten beschäftigt werden, soweit diese zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für die Sicherheit des Lebens oder der Gesundheit von Menschen oder bei Notstand sofort vorzunehmen sind.

Das vom Beschwerdeführer für das Vorliegen dieses Ausnahmetatbestandes ins Treffen geführe vorerwähnte Schreiben vom 22. Mai 1990 hat folgenden Wortlaut:

"Wir bestätigen hiermit, die Firma

K GESMBH

B-straße 19

Wien

am Nachmittag des 23. März 1990 telefonisch beauftragt zu haben, noch am selben Wochenende, die Restaurantdecke in o.a. L-Markt zu erneuern, da die Gefahr einer Loslösung einiger Deckenelemente bestand.

Um dem Risiko der Gefährdung von Menschen und einem größeren wirtschaftlichen Schaden entgegenzuwirken, mußten die Arbeiten unverzüglich durchgeführt werden."

Wenn die belangte Behörde dazu im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertrat, damit sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, das Vorliegen einer Ausnahme i.S. des § 11 Abs. 1 Z. 1 ARG darzutun, so kann diese Beweiswürdigung - anders als der Beschwerdeführer meint - nicht als unschlüssig erkannt werden. Denn die Argumentation, daß mangels Angabe des Zeitpunktes, an dem der besagte Schaden an der "Restaurantdecke" erstmals festgestellt worden sei, nicht zuverlässig beurteilt weden könne, ob die unmittelbare Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen, die es abzuwenden galt, erst am Sonntag, den 25. März 1990 (und nicht schon früher) eingetreten sei, ist durchaus nachvollziehbar.

Verfehlt ist in diesem Zusammenhang die Ansicht des Beschwerdeführers, maßgebend sei allein, wie er die Situation an Ort und Stelle zum Beginn der Arbeiten angetroffen habe, es könne ihm nicht die Pflicht auferlegt werden, zu eruieren, wann der in Rede stehende Schaden erstmals festgestellt worden sei, insoweit müßten die behördlichen Vorwürfe an die L-Warenhandel Gesellschaft m.b.H. gerichtet werden; läßt er doch mit diesem Vorbringen außer acht, daß ER es war, der mit dem an ihn gerichteten Schreiben der genannten Gesellschaft vom 22. Mai 1990 den Nachweis zu erbringen suchte, daß eine Ausnahme nach § 11 Abs. 1 Z. 1 ARG und damit das Fehlen der objektiven Tatseite in Ansehung eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 leg. cit. anzunehmen sei.

Die weiteren im Anschluß daran der belangten Behörde gegenüber erhobenen Beschwerdevorwürfe, welche die behauptete Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung untermauern sollen, entbehren, da zum Teil auf der oben dargestellten verfehlten Argumentationslinie liegend, zum Teil auf nicht tragende Begründungselemente Bezug nehmend, der Relevanz, weshalb sich eine nähere Auseinandersetzung mit ihnen erübrigt.

5. Was schließlich die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachte Rechtsmeinung der belangten Behörde anlangt, der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, so teilt der Gerichtshof diese Ansicht. In der Beschwerde findet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren ein in diese Richtung zielendes Vorbringen erstattet hätte. Der Beschwerdehinweis, der Beschwerdeführer sei "im Rahmen des Verfahrens im Umfange des Gebotes des § 5 Abs. 1 VStG vorgegangen", nimmt deutlich erkennbar auf die Geltendmachung der Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Z. 1 ARG Bezug. Damit aber hat der Beschwerdeführer, wie bereits dargelegt, und von ihm an anderer Stelle der Beschwerde auch richtig erkannt, die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes in Abrede gestellt, nicht hingegen die subjektive Tatseite bestritten.

6. Da nach dem Gesagten die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Geldstrafe und ArreststrafeStrafnorm Mängel im Spruch ErsatzfreiheitsstrafeVerantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180233.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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