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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1991 §2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des H in F, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 18. März 1993, Zl. Sich-0702/8205/Gi, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer, einem türkischen Staatsangehörigen, aufgrund seines Antrages vom 17. Februar 1993 die Erteilung eines befristeten Sichtvermerkes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 und 6 FrG versagt. Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer am 28. Februar 1992 mit einem Schweizer Sichtvermerk nach Österreich eingereist. Den Schweizer Sichtvermerk habe er lediglich dazu benützt, um sich die Einreise nach Österreich zu verschaffen. Er habe nie die Absicht gehabt, in die Schweiz zu reisen. Am 6. März 1992 habe er einen Asylantrag gestellt, über den mit einem seit 8. Februar 1993 rechtskräftigen Bescheid negativ entschieden worden sei. Das Verhalten des Beschwerdeführers, der unter Umgehung gesetzlicher Bestimmung in das Bundesgebiet gelangt sei und versucht habe, sich unter Berufung auf das Asylrecht den dauernden Aufenthalt zu verschaffen, rechtfertige die Annahme, daß sein künftiger Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde. Darüberhinaus könne nach sichtvermerksfreier Einreise kein Sichtvermerk erteilt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 10 Abs. 1 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes - u.a. - zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde (Z. 4), ferner, wenn der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll (Z. 6).
Wohl ist dem Beschwerdeführer einzuräumen, daß er aufgrund des Sichtvermerkes der Schweiz gemäß § 23 Abs. 3 zweiter Satz Paßgesetz 1969 in Verbindung mit § 1 Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 95a/1990 auch ohne österreichischen Sichtvermerk berechtigt war, in das Bundesgebiet einzureisen und sich dort drei Monate aufzuhalten. Dennoch ist aber bei dem von der belangten Behörde angenommenen und vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Sachverhalt die Annahme gerechtfertigt, daß ein Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung gefährden würde. Dies deshalb, weil sein Vorgehen, sich zum ausschließlichen Zweck der Einreise nach Österreich einen Schweizer Sichtvermerk zu verschaffen, einen Rechtsmißbrauch darstellt, ist doch ein solcher Sichtvermerk zur Einreiseerlaubnis in die Schweiz bestimmt. Die solcherart rechtsmißbräuchliche Inanspruchnahme der Begünstigung des § 23 Abs. 3 zweiter Satz Paßgesetz 1969 in Verbindung mit § 1 Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 95a/1990 ist - wie sonstige Verfehlungen gegen paßrechtliche Normen - als schwerwiegender Verstoß gegen erhebliche öffentliche Interessen des österreichischen Staates anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 1993, Zl. 93/18/0174, betreffend die mißbräuchliche Inanspruchnahme eines Sichtvermerkes der Bundesrepublik Deutschland). Wenn die belangte Behörde bei einem derartigen Verhalten des Beschwerdeführers den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG als erfüllt ansah, kann ihr nicht entgegengetreten werden.
Der Beschwerdeführer ist auch nicht im Recht, wenn er meint, daß der Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG nicht vorliege, weil dieser Versagungsgrund nicht auf jene Fälle angewendet werden könne, bei denen die sichtvermerksfreie Einreise bereits vor dem 1. Jänner 1993 erfolgt sei. Mangels anderslautender Übergangsvorschriften hatte die belangte Behörde die erwähnte Bestimmung bei Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwenden, auch wenn der in Rede stehende Sachverhalt vor Inkrafttreten des FrG (vgl. § 86 Abs. 1) verwirklicht wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 1993, Zl. 93/18/0218). Auch der Umstand, daß im Falle des Beschwerdeführers "der Sichtvermerk ja nicht unmittelbar an eine sichtvermerksfreie Einreise anschließt, sondern an ein rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren," macht den Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG nicht unanwendbar. Die gegenteilige Auffassung des Beschwerdeführers findet im Gesetz keine Deckung und würde auch dem Zweck der Regelung widersprechen, der darin besteht, daß sichtvermerkspflichtige Fremde, die - aus welchem Grund immer - für einen längeren Aufenthalt nach Österreich einreisen wollen, sich in ihrem Aufenthaltsstaat zu dieser Absicht zu bekennen und einen gewöhnlichen Sichtvermerk zu beantragen haben (vgl. 692 Blg. NR. XVIII. GP, 34). Die Rechtsanschauung des Beschwerdeführers würde zudem darauf hinauslaufen, einen Fremden, der einen unberechtigten Asylantrag gestellt hat, besserzustellen als einen Fremden, der keinen Antrag gestellt hat, was nicht der Absicht des Gesetzgebers entsprechen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 1993, Zl. 93/18/0096).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993180237.X00Im RIS seit
06.08.2001