TE Vwgh Erkenntnis 1993/5/27 92/01/1013

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Veröffentlicht am 27.05.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1968 §1;
AVG §69 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der V in A, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Jänner 1992, Zl. 4.231.961/8-III/13/91, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens über einen Antrag auf Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. März 1989 wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin - eine rumänische Staatsangehörige, die am 29. Oktober 1987 in das Bundesgebiet eingereist ist - nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Der (am 5. Dezember 1989 zur Post gegebene) Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme dieses Verfahrens wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Jänner 1992 gemäß § 69 Abs. 4 in Verbindung mit § 69 Abs. 2 AVG zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 29. September 1992, B 325/92, nach Ablehnung ihrer Behandlung abgetretene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin hat ihren Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens "zum einen mit der für mich gefährlichen Situation kurz vor meiner Flucht nach Österreich, zum anderen mit den neuen Nachrichten aus Rumänien" begründet. Sie nahm hiebei zunächst Bezug auf ihr bereits im abgeschlossenen Verfahren erstattetes Vorbringen und machte diesbezügliche Ausführungen. Anschließend fuhr sie fort, daß es ihr endlich gelungen sei, telefonisch mit ihrer (in Rumänien zurückgebliebenen) Mutter zu sprechen und sie "daher" die Information habe, daß ihre Angst vor Verfolgung bei einer Rückkehr nicht unbegründet sei. Konkret werde die Beschwerdeführerin von den ihre Mutter kontrollierenden Beamten als Verräterin bezeichnet; die Urkunden und Briefe, die ihr ihre Mutter habe senden wollen, seien nie angekommen. Die Rückkehr in ihr Heimatland würde daher bedeuten, daß die Beschwerdeführerin schwerwiegende Verstöße gegen die Menschenrechte erleiden müßte, "umso mehr als Rumänien sich immer weiter vom sich lockernden Ostblock entfernt und der Diktaturcharakter der Regierung nicht mehr vertuscht werden kann". Sie hoffe daher auf Anerkennung als Flüchtling.

Die Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde gründet sich darauf, daß Angaben darüber, daß nunmehr im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. b (richtig: Z. 2) AVG neue Tatsachen hervorgekommen seien, von denen die Beschwerdeführerin "vor Abschluß des Verfahrens keine Kenntnis hatte", und über den Zeitpunkt ihrer "nunmehrigen Kenntnis" im Antrag nicht enthalten seien und dieser Mangel nicht als (der Behebung gemäß § 13 Abs. 3 AVG zugängliches) Formgebrechen anzusehen sei, sondern eine inhaltliche Fehlerhaftigkeit darstelle. Dies entspricht, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu auch das Erkenntnis vom 25. November 1992,

Zlen. 92/01/0962, 0963, mit weiteren Judikaturhinweisen), falls der von ihr angenommene Mangel tatsächlich vorliegt.

Die Beschwerdeführerin, die in der Beschwerde gar nicht die Auffassung vertritt, daß ihr aus anderen Gründen die Wiederaufnahme zu bewilligen gewesen wäre, macht der belangten Behörde zum Vorwurf, daß sie das Vorbringen im Wiederaufnahmsantrag hinsichtlich der nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens von der Mutter der Beschwerdeführerin erhaltenen Informationen unberücksichtigt gelassen habe. Es kann nun dahingestellt bleiben, ob der Umstand, daß auf diese Weise kein geeigneter Wiederaufnahmsgrund dargetan wurde, zumal es sich hiebei um keine neue Tatsache handelte, die bereits vor Abschluß des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstanden und nunmehr erst ohne Verschulden der Partei "hervorgekommen" ist (vgl. dazu unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1974, Slg. Nr. 8605/A, und vom 10. Juli 1985, Zl. 85/03/0041), einen Grund für die Zurückweisung oder vielmehr einen solchen für die Abweisung des Antrages gebildet hätte und die Beschwerdeführerin durch die damit begründete Zurückweisung allenfalls in ihren Rechten verletzt worden ist. Die Zurückweisung des Antrages erweist sich nämlich im Ergebnis jedenfalls nicht als rechtswidrig, weil er hinreichende Angaben über seine Rechtzeitigkeit vermissen ließ und daher von der belangten Behörde nicht beurteilt werden konnte, ob die im § 69 Abs. 2 AVG normierte Frist von zwei Wochen, gerechnet von dem Zeitpunkt an, in dem die Beschwerdeführerin nachweislich vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, gewahrt worden ist. Wenn die Beschwerdeführerin demgegenüber die Auffassung vertritt, daß "dies eindeutig gegeben, jedoch bei so massiven gesellschaftspolitischen fast revolutionären Umwälzungen in Rumänien, die sich nunmehr über Jahre hinwegziehen und andauern von einem Zeitpunkt (eher von Zeitraum) nicht zu reden ist, da man nicht auf einzelne revolutionäre Schüsse oder Hinrichtungen in Rumänien abstellen kann und ich auch nur anfänglich über Massenmedien informiert wurde", so ist ihr grundsätzlich entgegenzuhalten, daß auch das Ende eines Zeitraumes, zu dem Gewißheit über das Vorliegen einer neuen Tatsache im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG eintritt, einen Zeitpunkt darstellt, und sie im übrigen darauf hinzuweisen, daß für die Stellung des Wiederaufnahmsantrages nach seinem Inhalt ein mit ihrer Mutter geführtes Telefonat ausschlaggebend war, das zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfand, dessen Angabe aber im Antrag unterblieben ist.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Inhalt des Wiederaufnahmeantrages Neu hervorgekommene entstandene Beweise und Tatsachen nova reperta nova producta

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992011013.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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